Lang, lang ist der letzte Blogeintrag her. Solang, dass ich völlig vergessen habe, was in der Zwischenzeit passiert ist und vor allem in welcher zeitlichen Reihenfolge. Deshalb wird dieser Blogeintrag ein bunter Mischmasch an random Informationen und ich entschuldige mich jetzt schon mal, falls es unübersichtlich werden sollte.
Zwei Tage nachdem ich meinen letzten Blogeintrag hochgeladen hatte, war einer der bekanntesten hinduistischen Feiertage und eines der Feste, auf die ich mich schon in Deutschland gefreut habe: Holi. Falls euch der Name nichts sagt, das ist das Fest, bei dem sich alle den ganzen Tag mit Farbpulver abwerfen. Für die Hindus ist es ein Fest der Versöhnung und ein Symbol für den Sieg des Guten über das Böse. In Vijayawada auf den Straßen wird Holi gar nicht so gefeiert, was ich ein bisschen schade fand. Dafür gab es im Shelter eine fette Wasserschlacht mit gefärbtem Wasser und auch am Nachmittag in der Community gab es zumindest eine kleine Farbenschlacht. War auf jeden Fall sehr witzig und die Kinder hatten eine Menge Spaß.


Danach hat Anne mich verlassen, um mit ihrer Schwester drei Wochen durch Indien zu reisen. Was sie sich dabei gedacht hat… keine Ahnung. Damit waren auf jeden Fall unseren tollen Teams Anne und Luca und Barbara und Engjell hin. Die drei Wochen waren ein kompletter Freestyle. Da es nachmittags unerträglich heiß war, sind wir weniger oft in die Communities gefahren und dafür ins Deepa Nivas. Das Hostel (hier eine Art Begriff für Heim) für Jungen, in dem bis jetzt keiner von uns gearbeitet hat. Die Abwechslung zu Shelter und Community hat auf jeden Fall gut getan, auch wenn mir die Arbeit dort weiterhin sehr gut gefällt.
In der Zeit hat Barbara auch endlich nach drei Monaten die Wand vor dem YB fertig gestellt.


Dann, kurz nachdem Anne endlich wieder da war, hat es mich und Barbara mit fett Margen-Darm aus dem Leben gescheppert. Drei Tage lagen wir nur rum und haben erstmal noch schön Paul angesteckt, der uns in der Zeit aus Sri Lanka besuchen gekommen ist. Als es mir dann endlich wieder gut ging, hat’s komplett gescheppert. Denge Fieber, Malaria ist natürlich alles scheiße. Aber was richtig scheiße ist, wenn man Haare wie Hagrid, keine Waschmaschine hat und in zwei Tagen in den Urlaub fahren will, dass sind Läuse. Die drecks Viecher habe ich schon in den Vorbereitungsseminaren als meine größte Angst angemerkt. Läuse lassen sich schwer vermeiden, wenn man jeden Tag mit über 40 verschiedenen Kindern arbeitet. Das wochenlange jucken auf meinem Kopf habe ich aber sehr lange auf eine trockene Kopfhaut, dank der Sonne, geschoben, da ich trotz täglichem gucken keine Läuse in meiner Löwenmähne entdecken konnte. Als ich die Läuse dann entdeckt habe, haben die scheiß Viecher auf meine Kopf schon eine eigene kleine Stadt errichten und wollten diese auch wirklich erst nach einem sehr harten Kampf verlassen. Sollte so ein Szenario sich nochmal ereignen, mache ich es mir leicht und werde zum Gundo-Boss (Gundo ist Telugu und heißt wörtlich übersetzt meine ich so viel wie rasiert, wird hier aber einfach benutzt für jeden, der ne Glatz oder sehr kurze Haare hat).
Dann kam noch Ostern. Das war wieder ein Fest. Wir mussten Paul ja noch zeigen, wie man sich in Indien richtig schön zum Affen macht und haben ihn deshalb in ein innerhalb von 15 Minuten gebasteltes Hasenkostüm gesteckt. In dem Müllsack, der Schminke im Gesicht und dem Schweiß, der hier seit zwei Monaten einfach dauerhaft am Rinnen ist, sah er ein bisschen aus wie ein Hase auf Kokain. Das war den Kindern im Shelter und im Chiguru aber egal. Im Shelter wurden trotzdem fleißig Osternester gesucht und auch im Chiguru haben sich alle über Easter Gifts gefreut. Am Abend im Deepa Nivas wurde das Hasenkostüm dann weggelassen. Paul sah nämlich nach dem Chiguru aus, als würde er nicht mehr lange leben, was ich nicht verstehen kann. Ich kann mir wenig Schöneres vorstellen, als einen ganzen Tag in einen Sack schwitzen zu dürfen und dann nicht mal den Schweiß aus dem Gesicht wischen zu können, denn da ist ja das essenzielle Hasen-Makeup.


Am Tag nach Ostern ging es dann für Barbara, Paul und mich trotz Magenproblemen, Läusen und verkacktem Zugticket (haben nicht gesehen, dass wir nur auf der Warteliste standen und mussten uns deshalb Tickets für die unterste Klasse kaufen) in den Urlaub. Unser erstes Ziel war Agra. Wie gesagt wurde die Buchung der Tickets leicht in den Sand gesetzt, weshalb wir den Großteil der 24-stündigen Zugfahrt entweder auf dem Boden oder auf einer winzigen Liege zu dritt verbracht haben. Geschlafen wurde wenig, Schmerzen und Gemecker gab es dafür umso mehr. Das es schrecklich war, würde so aber jetzt keiner mehr von uns behaupten. Wenn man uns fragt wie die Zugfahrt ohne Klimaanlage und Essen (wir hatten ja immer noch leicht Magen-Darm und die Toilette war nicht wirklich einladend) so war, sagen wir: also jetzt so im Nachhinein war’s arsch lustig. Wir haben sogar Freunde gefunden (drei Inder aus Delhi, die alle kein Wort Englisch konnten, die auf der Liege gegenüber von uns lagen und mit denen wir auf der Suche nach einer gemütlichen Schlafposition wilde Pyramiden gebaut haben).

In Agra selber haben wir uns dann erstmal in die Second Class Waitinghall geschmuggelt, da in Indien keiner davon ausgeht, das drei Weiße Generell Class fahren. In der Waitinghall haben wir nicht mehr viel geschafft, außer uns auf den Boden zu schmeißen und zu schlafen. Zu meinem Glück bin ich irgendwann aufgewacht. Denn es kam eine Putzfrau, die sehr viel Rücksicht genommen hat und Paul und Barbara den Müll erstmal voll in die Fresse gefegt hat. Ich habe eine Minute sehr angestrengt nach den beiden getreten, um sie aufzuwecken, bevor die Putzfrau auch sie wegfegt. Aufgewacht sind sie aber wirklich erst, als der Besen ihre Nasenspitzen gekitzelt hat. Da merkt man, wie dolle uns die Zugfahrt mitgenommen hat.
Als wir alle wieder einigermaßen gelebt haben, ging’s dann los. Wir hatten uns einen ausgeprägten Plan überlegt, was wir alles sehen wollten in den 12 Stunden, die wir noch in Agra hatten. Das Taj Mahal. Das war’s dann auch wieder. Wir wurden von einem sehr netten Tuktukfahrer aufgegabelt, der uns angeboten hat, uns den ganzen Tag durch die Stadt zu fahren und auch am Abend zu unserer Bushaltestelle. Das kam uns sehr gelegen, da wir alle fertig waren und keinen Bock auf viel Gesuche und Gehandel hatten. Wir haben umgerechnet ca. 15€ gezahlt, womit er uns wahrscheinlich ziemlich abgezogen hat, das war uns aber in dem Fall aber egal (wichtig für später ist es anzumerken, dass Paul und Barbara beide fest davon überzeugt waren, dass wir nicht abgezogen werden und die 15€ völlig gerechtfertigt sind). Der Tag in Agra war trotz Müdigkeit sehr schön, ich hab nur vielleicht ein bisschen zu viel Geld ausgegeben, aber wir haben für die 24 Stunden Zugfahrt immerhin nur drei Euro gezahlt, da war das dann auch wieder ok.

Abends ging es weiter nach Dharamsala (ein kleines, von israelischen Hippies bevölkertes Dorf im Himalaya). Dort angekommen hatten wir ab einem Punkt dann die Wahl. Müde mit Rucksäcken einen fetten Berg hoch laufen, ca. 30 Minuten oder entspannt Taxi fahren für 2€. Wisst ihr, was wir nicht gemacht haben? Das Taxi genommen, genau. Denn der böse Taxifahrer wollte uns mit den zwei Euro so böse abziehen. Ihr wisst gar nicht, wie sauer ich war, als Barbara und Paul mir erklären wollten, das die 15€ am Tag davor total fit gingen und die zwei Euro heute aber wirklich einer zu viel sind. Bin fast wieder umgedreht und nach Hause gefahren. Gott sei Dank hab ich das nicht gemacht. Denn Dharamsala war wirklich schön. Wir sind eine Menge gewandert wie ordentliche Deutsche das halt so tun und mussten dabei erschreckender Weise feststellen, dass wir aufgrund des Sportmangels hier in Indien alle ein bisschen fat on the inside geworden sind (so haben die Inder es genannt, wenn man eigentlich gar nicht so unsportlich aussieht, beim Wandern aber trotzdem nach zwei Minuten fragt, ob es bald geschafft ist).


Nach Dharamsala ging es nach Manali (auch ein von israelischen Hippies besetzter Ort im Himalaya). Dort hatten wir dann irgendwie ein kleines Reisetief, weshalb wir die ersten zwei Tage nur so ein bisschen vor uns hinvegetiert sind. Für den dritten Tag hatten wir ne fette Wanderung geplant. Aber drei mal dürft ihr raten, was passiert ist. Genau. Der Magen-Darmvirus kam zurück und hat Paul aus dem Leben gescheppert. Barbara und mir ging es aber noch gut, weshalb wir auch ohne Paul zu unserer tollen Wanderung aufgebrochen sind. Eventuell haben wir uns allerdings fett verlaufen und anstatt der geplanten Route, haben wir uns dann zwei Indern angeschlossen, die zu irgendeinem Wasserfall wollten. Nachdem wir ihnen zwei Stunden gefolgt sind und die beiden aber irgendwie auch keinen Plan hatten, wo wir hinmüssen und der Wasserfall auf Google Maps auch nicht näher kam, haben wir beide beschlossen, umzudrehen, denn wir waren zu dem Zeitpunkt schon vier Stunden unterwegs und mussten ja auch noch alles wieder zurück. In der Nacht dann die böse Überrascht. Barbara und mich hatte es auch wieder erwischt. Am nächsten Tag wollten wir eigentlich auschecken, da ich aber nachmittags Fieber bekommen habe, wurden die Reisepläne kurzfristig geändert und wir haben beschlossen, eine Nacht länger zu bleiben und am nächsten Tag direkt nach Delhi, unserem letzen Stop, zu fahren.
In Delhi haben wir es irgendwie geschafft, trotz massivem Energiemangel zwei schöne Tage zu haben.
Dann wurde nur noch Paul verabschiedet, der von Delhi zurück nach Sri Lanka geflogen ist und mittlerweile auch schon wieder in Deutschland gammelt. Ab dem Zeitpunkt war die Reisegruppe Olchis dann getrennt (so hatten wir uns nach der Agra Zugfahrt genannt, als wir stinkend und ranzig durch Agra gelaufen sind und da Komfort in diesem Urlaub generell Fehlanzeige war, hat es auch für die restliche Zeit sehr gut gepasst).
Wir sind auch zurück nach Vijayawada, wo das Theater dann irgendwie auch nicht wie gehofft geendet hat, sondern weiterging. Als Barbara und ich beide nur noch laufende Leichen waren, haben wir dann dem indischen Krankenhaus einen Besuch abgestattet. War für mich das erste Mal, war aber nicht so spannend. Uns wurde nur eine wilde Mischung an Medikamenten mitgegeben. Mittlerweile geht es uns allen auch wieder super. Barbara hat zwischendurch noch Engjell angesteckt, das war nicht so gut, denn Engjell leidet sehr laut und sehr lange.
Jetzt hat bei uns das Summer Camp gestartet (hier ist den kompletten Mai schulfrei aufgrund der Hitze und für die Kinder, die in der Zeit nicht zurück zu ihren Familien können, gibt es das Summer Camp). Zum Summer Camp mache ich nochmal einen Blogeintrag wenns vorbei ist. Es macht schon Spaß. Aber bei der Hitze von morgens bis abends Kinder scheppert schon ordentlich.
Das war’s auch schon wieder. Nächster Blogeintrag kommt dann hoffentlich in einem Monat nach dem Summer Camp oder auch nicht, das sehen wir dann.
PS: Ich hab’s heute übrigens endlich geschafft und meinen ersten Sari gekauft. Wurde nach nem halben Jahr in Indien auch mal Zeit.
PPS: Engjell hat gestern endlich seinen zweiten Blogeintrag mit Themen aus dem November hochgeladen. Ist zwar ein Kampf gegen die deutsche Grammatik, aber lohnt sich zu lesen. Also jetzt alle ab zu Engjells Gehirndurchfall aus Indien.
Mirwali
Liebe Luca, ich hoffe dass es dir gut geht und wünsche dir Gesundheit und Freude in Indian.
Ich habe dein Blogeintrag bis zum Ende gelesen.
Es war spannend.
Ich beim lesen: 🤔😳😂😁🫠😧🥱
Liebe Grüße
Mirwali
Ulla von Don Bosco Volunteers
Ach Luca, so bleiben auch die Zugreisen Geschichten, die man noch Jahre später erzählt! Wärt ihr einfach easy in der First class mit aircondition und co nach Agra gereist, hättest du das jetzt schon vergessen. Aber bei den Läusen leide ich sehr mit dir! Aber eine glatze steht dir bestimmt auch-du hast ja noch ein paar Wochen🤪