Da bin ich wieder. Eigentlich wollte ich schon vor vier Wochen einen neuen Blogeintrag hochladen. Aber dann hat Anne meine Blogeinträge kritisiert, da sie angeblich nicht informativ genug sind. Seitdem habe ich drei Mal versucht, einen informativen Blogeintrag zu schreiben. Klappt nicht. Bin ich nicht für gemacht. Hab ich keinen Spaß dran. Also bevor hier einfach nie wieder was hochgeladen wird, habe ich beschlossen, dass ich euch einfach weiter mit dem täglichen Schmarn aus Vijayawada zutexte und wenn ihr wirklich was über das Projekt und Indien lernen wollt, dann geht ihr zum Blogeintrag der lieben Anne Roth. Die macht das wirklich wundervoll.
Seit meinem letzten Bloeintrag ist eine Menge passiert, so viel, dass ich es gar nicht alles hier beleuchten kann. Also das wichtigste zuerst: Lukas ist Ende Januar endlich nach Afrika abgehauen! Ne Spaß. Eigentlich gefällt es mir gar nicht, dass Lukas nicht mehr da ist, da jetzt keiner mehr freiwillig bei English Class vorne an der Tafel steht. Anne und ich haben zwei Monate lang immer schön jeder mit drei Kindern ABC schreiben geübt und jetzt müssen wir beiden diesen Job übernehmen, der uns wirklich gar nicht liegt. Mir noch weniger als Anne. Wie soll ich denn bitte Wörter an die Tafel schreiben, wenn ich nicht mal weiß, wie sie auf Deutsch geschrieben werden? Aber mit 10 Mal pro Stunde Anne fragen, wie Dinge geschrieben werden, geht es dann doch irgendwie.
Barbara kann uns diese Aufgabe momentan auch nicht abnehmen, da sie ganz fleißig die Wand vor dem YB (dem Headquater von NavaJeevan) anmalt. Das hatten uns die Fathers aufgetragen und da Barbara die einzige mit ein bisschen künstlerischem Talent ist, hat sie sich dieser Aufgabe angenommen und ist jetzt tatsächlich auch bald am Ende angekommen (Wir anderen haben auch fleißig geholfen und schwarze Buchstaben gemalt). Bild gibt es wenn die Wand fertig ist.
Dieser Blogeintrag heißt „Einfach loslassen“, denn in den letzen Wochen ist so viel passiert, wo wir uns gedacht haben einfach los lassen, einfach nicht drüber nachdenken, was du gerade eigentlich tust, es wird sicher super. Perfektes Beispiel: Bei uns im Chiguru hat eine hinduistische Hochzeit stattgefunden. Also nicht die Hochzeit an sich, sondern eines von den Ritualen davor (hinduistische Hochzeiten gehen über mehrere Tage, ich weiß aber leider nicht aus dem Kopf, wie die einzelnen Rituale und Feierlichkeiten heißen und bin auch ehrlich zu faul nachzugucken). Anne und Barbara wollten eigentlich nur nachfragen, ob es ok ist, wenn sie ein Foto machen und zackbum waren wir alle eingeladen, zum entspannten Familientanzabend vor der Hochzeit. Wir kannten niemanden, hatten keine Ahnung zu was wir da eigentlich eingeladen waren, was man anzieht, ob man ein Geschenk mitbringt, aber wir haben einfach losgelassen, haben unsere Christmasdresses nochmal rausgekramt und sind hingesteppt. Komplett losgelassen wurde dann, als nachdem alle Familien Mitglieder ihre hochprofessionellen Tänze vorgeführt haben, wir gebeten wurden, etwas zu tanzen und die anderen auf die Idee kamen, das Fliegerlied zu tanzen. Gesagt getan und so haben fünf Vollidioten auf einer Hochzeit, bei der sie nicht mal das Brautpaar kannten, vor ca. 150 Leuten das Fliegerlied getanzt. Nach dieser brillianten Show wurden wir vom Cousin der Braut eingeladen, auf die richtige Hochzeit mit 2000 Gästen zwei Tage später zu kommen. Und wenn man von dem Cousin der Braut eingeladen wird, dann kann man natürlich nicht nein sagen. Am nächsten Tag wurden Speedy Gonzales Style Kleider geshoppt und dann ging’s auch schon los. Es war echt verrückt. Wir konnten uns davor nicht ganz vorstellen, dass wirklich 2000 Leute da sind. Aber so war es. Allerdings nur zum Essen und um dem Brautpaar einen Segen mitzugeben. Bei der eigentlichen Zeremonie war nur noch die engste Familie da und eben wir. In Andhra Phradesh ist es wohl Tradition, dass die Hochzeitszeremonie um Mitternacht startet. Das ganze ging ca. drei Stunden. Es war wirklich interessant, die ganzen verschiedenen Abläufe und Rituale zu beobachten, wobei ich ehrlich sagen muss, dass ich zum Ende hin fast eingeschlafen bin (was aber auch an der Uhrzeit gelegen haben kann). Es war auf jeden Fall eine sehr tolle Erfahrung. Damit die ganze Hochzeitserfahrung dann auch komplett ist, waren wir auch noch beim letzten Tag der Hochzeit, einem Familienessen im engsten Kreis. Da gehören wir jetzt halt auch zu. Wer das anzweifelt ist ein Hater, ich meine wir kennen ja sogar den Spitznamen der Braut. Als wir dann in irgendeinem Bett der Familie der Baut saßen und mit Essen überhäuft wurden, wurde auch einfach wieder losgelassen.


Danach ist nicht viel Erzählenswertes passiert. Wir hatten Zwischenseminar in Hyderabad. Kurze Ansage an zukünftige Indien-Volos. Vertraut dem Schild im Aufzug, das 6 Personen sagt. Auch wenn ihr denkt, ach, der schafft doch locker auch 8. Ja schafft er. Genau 50 Zentimeter. Aber keine Sorge, Niklas weiß jetzt wie man acht dumme Volos aus einem Aufzug rettet. Danach wurde eine Woche Urlaub in Goa gemacht mit sechs anderen Volontären aus Indien und Sri Lanka. Was soll ich sagen. Strand Urlaub war supi, wenn auch manchmal ein wenig zu heiß. In diesem Urlaub wurde auch sehr oft einfach losgelassen. Warum, darauf möchte ich nicht genauer eingehen.

Danach wieder zurück nach Vijajawada kommen, war, obwohl ich noch nicht lange hier bin, trotzdem ein bisschen so, als würde man wieder nach Hause kommen. Und es wurde wieder ganz viel losgelassen. Oh, wir wollten Murmelbilder malen, aber irgendwie hat das nicht geklappt und alle Bilder sind einfach nur schwarz geworden, einfach loslassen. In den Communitys hüpfen nur halbangezogene Kinder auf dir rum als wärst du ein Trampolin, einfach loslassen. Ich hab euch ja auch schon vom Krishna berichtet und den tollen Tieren und Sachen, die da eventuell drin rum schwimmen. Ja, auch da wurde einfach los gelassen. Denn wenn Freunde fragen, ob man Lust hat, 1,5 km zu einer Insel zu schwimmen und dann 1,5 km wieder zurück, ja da kann man doch gar nicht nein sagen. Ist Gott sei Dank auch nichts passiert. Bis auf die Tatsache, dass ich drei Mal mit meinem Fuß in Fischernetzen hängen geblieben bin (aber nur ganz leicht) und das ich danach einen Ausschlag an der Hand hatte. Das können aber auch Mückenstiche gewesen sein. Das weiß ich bis heute nicht so genau. Sie sind auf jeden Fall weg. Nicht mehr weg geht die verschissene Sonne. Die Temperaturen steigen hier stetig und kratzen mittlerweile an den 40 Grad. Ich stehe schwitzend auf, ich schwitze beim zur Arbeit fahren, ich schwitze bei der Arbeit, in der Mittagspause schwitze ich nicht, nur um dann auf dem Weg in die Communitys und in der Community wie verrückt zu schwitzen, dann Abends duschen zu gehen und morgens wieder verschwitzt aufzustehen. Aber auch da wird einfach akzeptiert, in was für eine Lage ich mich da gebracht habe und los gelassen.
Das mit dem einfach los lassen denken sich aber glaube ich nicht nur wir, sondern auch die Fathers und Mitarbeiter in unseren Projekten. Unsere neuste Schnapsidee wurde erst heute umgesetzt. Nachdem Anne von ihrer Familie Kinderschminke zugesendet bekommen hat, haben wir beschlossen, nachträglich mit den Kindern Karneval zu feiern. Als wir der Chefin des Shelters erzählt haben, dass in Deutschland vor kurzem ein Fest war und ob wir das mit den Kindern im Shelter feiern dürfen, hat sie einfach nur gelacht und genickt. Denn das letzte Mal als wir das gefragt haben, kam Engjell als Nikolaus verkleidet. Ja… Dieses Mal kam nicht nur Engjell sondern wir alle vier mit geschminkten Gesichtern in den Shelter. Aber die Kinder hatten total Spaß und die Inder, die uns auf unseren Fahrrädern und geschminkten Gesichtern durch Vijajawada haben fahren sehen, auch. Was man nicht alles tut, damit die Leute was zu lachen haben oder so. Mir ist sowas momentan immer noch ein bisschen unangenehm. Aber die Anderen tuen ihr Bestes, sich immer neue schreckliche Dinge auszudenken, um mein Schamgefühl verschwinden zu lassen. Vielleicht Denke ich dann in sechs Monaten auch wirklich bei allem:
Einfach loslassen!

Ulla
Oh Luca danke für deine uniformativen Blogs. Darf gern so bleiben, ich hab gelacht😃