Fast einen Monat bin ich jetzt schon wieder in Deutschland und nachdem ich endlich einen Studienplatz bekommen habe, ist es an der Zeit den letzten Blogeintrag zu schreiben.
Das Wichtigste zuerst: die Spenden. Insgesamt sind über das Jahr 3960 € zusammengekommen. Abzüglich der 1800€, die für Don Bosco Volunteers sind (mehr Informationen findet ihr dazu unter Spenden), bleiben 2160€. Das ist ein großer Haufen Geld, weshalb ich mich nochmal bei allen Spendern herzlich bedanken möchte.
Wie schon in dem Blogartikel „Wie feiert man in Indien Geburtstag?“ beschrieben, wollen wir den Bau der Grundschule in Bommaya Puram unterstützen. Von den insgesamt gesammelten Spenden gehen 90% also an die Grundschule. Zu Beginn des Baus hieß es ja, dass wir noch selbst in der neuen Grundschule unterrichten können, jedoch merkten wir ab Juni/Juli, dass dies leider nichts mehr wird, da es unter anderem kurze Zeit Engpässe mit dem Geld gab. Ein Grund mehr unser Geld für die Grundschule zu spenden. Auf jeden Fall wird die Grundschule noch dieses Jahr eingeweiht.
Mit den restlichen 10% Prozent haben wir den Jungs vom Hostel noch etwas Gutes getan. Da die T-Shirts, die wir an Weihnachten den Jungs überreicht hatten, gut angekommen sind, haben wir uns gedacht, als Dankeschön für das Jahr und als Erinnerung an uns, noch einmal T-Shirts zu drucken. Diesmal haben wir sie komplett selbst entworfen.
Dazu haben wir an unserer Abschiedsfeier im Hostel mit den Spenden ein großes Festessen organisiert. Es gab Chicken Curry, vegetable Byriani, Onion Curd, Chips, Bananen, Eis und Soft Drinks. Also genug für eine Horde hungriger Jungs 😉.
Zu guter Letzt wollten wir noch für jeden, mit dem wir mehr zu tun hatten, ein Foto ausdrucken, dass heißt, wir haben zum Beispiel mit den Klassen aus Bommaya Puram Klassenfotos gemacht.
So jetzt aber zu dem eigentlich Wichtigsten: die letzten Tage in Keela Eral. Knapp 4 Wochen vor unserem Rückflug dachten wir, dass wir von unserer Planung mit den ganzen Verabschiedungen und Terminen ganz gut dabei waren, und ich sah den letzten Wochen sehr entspannt entgegen. Je näher aber der Tag der Abreise rückte, wurde uns klar, dass dies wahrscheinlich die stressigsten, aber auch schönsten Tage des ganzen Jahres werden. Also verbrachten wir viel Zeit der letzten Tage damit, alles zu organisieren (Essen, T-Shirts, Spenden und Abschiedsfeier). Jedoch zeigte sich Indien noch einmal von der Seite, die ich das ganze Jahr über nicht zu sehen bekam. Ziemlich genau 10 Tage vor unserer Abreise bekam ich noch einmal alles an Krankheiten. Alles fing an mit einer leichten Erkältung, wo noch Fieber hinzukam und mit großen Magen-Darm-Beschwerden aufhörte. Stefan erwischte es ca. 3 Tage nach mir. Da also der Stress alleine nicht ausreichend war, durften wir uns auch noch mit unserem Magen auseinandersetzen.
Das erste Stück des Abschieds-Marathons begann bereits am Donnerstag, eine Woche vor unserem Rückflug. Das Abschiedsessen und die danach anstehende Abschiedsfeier im Hostel war die offizielle Verabschiedung von unseren Jungs, da danach Feiertage waren und ein Großteil erst am Abend oder am Morgen vor unserem Abflug zurück gekommen sind.
Stefan und ich warfen uns noch einmal in traditionelles Gewand. Zusammen wurden uns ein paar lustige, aber auch ernste Fragen zu unserem Jahr gestellt. Eine der lustigen Fragen war u.a., wo die Mädchen/Frauen den hübscher wären, in Indien oder in Deutschland? Als ich diese mit Deutschland beantwortete, hagelte es natürlich sofort Buh-Rufe, bis ich mich schnell für die andere Antwort entschied. Zum Schluss gab es noch zwei Dankesreden von zwei Community-Mitgliedern, und wir hielten natürlich auch nochmal eine Rede und bedankten uns für das unvergessliche Jahr. Da am nächsten Tag wieder College war, ging es dann auch nicht mehr so lange, was auch gut für unsere Mägen war.
Der nächste Tag wurde der emotionalste Tag in unserem Marathon. Der letzte Schultag in Bommaya Puram stand vor der Tür. In der ersten Stunde holten wir jede Klasse einzeln zu uns. Wir übergaben die Klassenfotos und in den Klassen 3-5 gab es noch die letzten Examen mit Belohnung zurück. Schon dort machte das ein oder andere Kind ein trauriges Gesicht, und ich merkte auch schon, dass ich die Tränen heute nicht zurückhalten werden kann. Aber da mussten wir durch. Also ging es in der zweiten Stunde los mit der Abschiedsfeier in der Kirche. Eine Klasse nach der anderen führte einen von uns beigebrachten Actionsong vor und setzte sich dann wieder hin. Schon von Beginn an musste ich mit den Tränen kämpfen, aber als dann die fünfte Klasse dran war und dort auch schon die ersten weinten, rollten mir auch die ersten Tränen über das Gesicht. Bei der anschließenden Dankesrede von uns an die Schüler, die von einer Lehrerin übersetzt wurde, fiel es schwer, klare Worte zu fassen. Besonders, wenn vor einem fast 60 Kinder weinen oder Tränen in den Augen haben. Nachdem wir unser Mittagessen unter dem Geräusch weinender Kinder wie immer vor der Kirche eingenommen hatten, hieß es schlussendlich Abschied nehmen.
Ein Grund dafür, dass die Kinder so emotional waren, ist unter anderem, dass wir die ersten Volunteers waren, die dort für so lange Zeit am Stück unterrichteten.
Die Halbzeit unseres Marathons verbrachten wir mit einem letzten Besuch in dem Projekt von Anna und Lydia, unseren Nachbarn. Zusammen ließen wir am Abend nochmal das ganze Jahr mehr oder weniger Revue passieren. Es sammelt sich ja doch einiges an über ein ganzes Jahr 😉. Am Ende unseres Besuches verabschiedeten wir uns noch von den Fathers dort, die wir ja nach dem Jahr auch gut kannten.
Als nächste Etappe stand uns die Verabschiedung von unser Evening-Study Gruppe am Montag an. Ein Jahr lang waren wir fast jeden Abend, wenn wir im Projekt waren, bei den Kindern und haben mit ihnen gelernt und gespielt. Bewaffnet mit Kamera, Gruppenfotos, Gummibärchen und Taschentüchern machten wir uns also auf den Weg. Wie zu erwarten, warteten fast alle Kinder schon auf uns und hatten eine große Feier mit viel Programm vorbereitet. Es gab mehrere Tänze ein kleines
Geschenk und sogar eine komplette Rede auf Englisch von einer der älteren Schülerinnen. Nachdem wir noch die Gruppenfotos und Gummibärchen verteilt hatten, hielten wir jeweils noch eine kleine Abschiedsrede. Diesmal kam mir keine Träne über das Gesicht, was vielleicht daran lag, dass auch keines der Kinder weinte, da sie schon den ein oder anderen Abschied von Volunteers hinter sich hatten. Trotzdem ein weiterer wunderschöner Abend.
Zu guter Letzt hatten wir dann noch ein Abschiedsessen mit der gesamten Community. Bevor wir richtig angefangen hatten zu essen, hörte man in der Ferne den Donner und reichlich Blitze zuckten über den Himmel. Aber es blieb trocken und so konnten wir an der kühlen Abendluft sitzen bleiben. Zusammen saßen wir auf der Dachterrasse und aßen gemeinsam. Wir überreichten unsere Fotos und die T-Shirts, wo sich auch jeder Father und Brother eins bestellt hatte. Es war so ein bisschen wie eine Familienfeier. Wenn man ein Jahr lang immer mit den gleichen Leuten am Tisch seine Mahlzeiten zu sich nimmt, so entsteht doch eine enge Bindung untereinander.
Trotz unserer Magen Probleme haben wir die Tage gut überstanden und so mussten wir „nur“ noch unsere Sachen packen. Dürfte ja eigentlich kein Problem… weit gefehlt. Schon von vornherein war uns klar, dass wir ein paar Sachen in Indien lassen werden. Dinge, die wir entweder in Deutschland nicht gebrauchen konnten, aber für unsere Nachfolger (hier der Blog von Hendrik und Jakob ) vielleicht von Nutzen sein könnten. Auch freuten sich ein paar Jungs vom Hostel über Fußballschuhe, Hygieneartikeln oder Klamotten, die wir aus Platzgründen nicht mitnehmen konnten. Also verbrachten wir ein Großteil des letzten ganzen Tages damit, mit einer Waage bewaffnet das maximale an Gepäck-Gewicht auszureizen.
Am Morgen des Abflugs verteilten wir noch die T-Shirts an die Hostel Boys, da sie zur Abschiedsfeier noch nicht da waren. Dann nahmen wir noch von jedem Jungen Abschied und kurz bevor es ins Auto ging, war noch die Community dran. Dann ging es Richtung Madurai zum Flughafen. Dort warteten wir dann noch auf Anna und Lydia, die mit uns zusammen flogen.
24 Stunden später stieg ich aus dem Zug in München. Irgendwie krass… . Man lebt ein Jahr lang in einer fremden Kultur, der man sich immer mehr nähert und sie annimmt, lebt mit anderen Menschen zusammen, bekommt eine „neue“ Familie und plötzlich ist man wieder dort, wo man hergekommen ist: Im kalten, überalterten reichen Deutschland, wo Menschen zum Lachen in den Keller gehen.
Nein so schlimm ist es auch nicht 😉, aber ich muss zugeben, dass ich mich, wenn ich ehrlich bin, immer noch etwas ungewohnt in „meiner Kultur“ fühle. Wie eine alte Jacke, die zwar noch irgendwie passt, sich aber dennoch anders anfühlt. Es ist aber auch wunderschön mit seiner echten Familie zu essen und sich mit seinen Freunden zu treffen.
Abschließend bleibt nur zu sagen, dass natürlich in so einem Jahr so manche Unbequemlichkeit auf einen wartet, jedoch ist das im Vergleich mit den ganzen Dingen, die man mitnimmt, vollkommen zu vernachlässigen.
Nun sage ich auch Auf Wiedersehen, vielen lieben Dank für die Kommentare und für die Spenden, die ihr gespendet habt. Ich hoffe, ich konnte euch auf meiner Reise mitnehmen.
Bis Bald,
Felix Kappert
Christoph
Hallo Felix,
während deines Jahres in Indien hatte ich zwar keine Kommentare zu deinen Blogs geschrieben, habe diese aber jedes Mal mit Interesse gelesen – Vielen Dank.
An meinem Arbeitsplatz habe ich sehr viel mit indischen Kollegen zu tun, u. a. teile ich seit zwei Jahren das Büro mit einer Software-Ingenieurin aus der Nähe von Kalkutta. Interessant waren deine Beschreibungen verglichen mit denen meiner Kollegen, die sicherlich eher dem gehobenen indischen Mittelstand, d. h. Studienabschluss etc. angehören. Sicherlich verschiedene Welten in einem Land.
Für deinen nächsten Schritt, das Studium wünsche ich dir gutes Gelingen.
Christoph