Hallo! Da bin ich wieder! Jetzt ist es doch schon knapp 3 Wochen her seit meinem letzten Blogeintrag – anders als ich gedacht hatte, aber mir haben sich zwei altbekannte Feinde in den Weg gestellt: Krankheit und Faulheit. Krankheit und Faulheit waren und sind zur Zeit das Terrain, auf dem ich mich bewege. Ich vegetiere entweder wegen Fieber, Kopfweh und Schnupfen leidend vor mich hin oder liege antriebslos da. Beides meistens auf der Couch im Aufenthaltsraum, zum Leidwesen von mir selber und der anderen, nehme ich einmal an. WĂ€hrend ich das hier schreibe, bin ich immer noch leicht krank, denke aber, dass ich morgen wenigstens wieder auf die Arbeit gehen kann. So viel zu den letzten drei Wochen.

1. Jetzt möchte ich einen Blick auf das werfen, was davor passiert ist und das ist einiges! Also zurĂŒck zum Flug. Wie immer habe ich die “Flugzeugfilme” gebinged und bin wie immer in jeder anderen Sekunde entweder vor Langeweile oder Schreck (bei Böen/Luftlöchern) halb umgekommen; ich habe leichte Flugangst. Ordentlich gefĂŒttert wurde diese Angst, als unser erster Flieger seine Landung in Frankfurt a.M. in letzter Sekunde wegen Luftverwirbelungen Not-Abbrechen musste, und als wir im zweiten Flieger Richtung BogotaÂŽ ĂŒber die Anden durch ein Gewitter flogen. So etwas wie das letztere hatte ich davor noch nie gesehen und hing daher von Neugier gepackt am Fenster und beobachtete wie in den zusammengeballten schwarz-grauen Wolken, die sich schier unendlich weit nach oben zu erstrecken schienen, blaue-, gelbe- und rosafarbene Blitze zuckten. Was ein Spektakel! Ich verlor mich richtig in den Wolken und RegenfĂ€llen. Mich freute das. Elias freute das nicht, denn mein Gesicht war (leider) zwischen seinem und dem Bildschirm. Unser dritter und letzter Flug, ein Nachtflug nach Santa Cruz de La Sierra (unserem Einsatzort), war auch ein “Erlebnis”. Ich verbrachte ihn dösend und zitternd; das Flugzeug kam, nach meiner EinschĂ€tzung, direkt aus der Arktis. Es war, als wĂŒrde uns jemand ein letztes Mal das spĂŒren lassen wollen, was wir in Bolivien die nĂ€chsten paar Wochen nicht empfinden wĂŒrden: KĂ€lte. Im Nachhinein betrachtet waren die FlĂŒge vielleicht doch nicht so langweilig. Ich glaube jede Flugreise ist ein Erlebnis fĂŒr sich. (Wenn ich es hinkriege, kommen hier auch Bilder:)

2. Wir landeten um 3.30 Uhr nachts in Santa Cruz. Unser Mentor Paolo holte uns mit seinem Pick-up Van ab. Dass wir nicht mehr in Deutschland waren, wurde uns spĂ€testens dann klar, als wir mĂŒde auf der RĂŒckbank gequetscht in PauloÂŽs Auto saßen. Wie ein Irrer – und das ist kein Witz – hat uns Paolo nach Hause gefahren. Verkehrszeichen: egal, mit 120 innerorts: kein Problem. Als Anna Paolo dann fragte, warum er nicht angeschnallt sei, meinte er mit einem LĂ€cheln, das sei die bolivianische Art. Tolle bolivianische Art! – gerne fĂŒr dich, aber nicht fĂŒr mich, dachte ich mir dann und wollte mich anschnallen. Aber da war nichts. Die Gurte waren abmontiert worden! “Zuhause” sind wir dann doch irgendwann, wenn auch ein bisschen schockiert, Freitag Nacht angekommen und wurden von den anderen beiden deutschen Freiwilligen Karl (Essen) und Max (Potsdam) empfangen. Sie waren beide extra um halb fĂŒnf aufgestanden, um “Hallo” zu sagen. Paolo hat uns dann noch unsere Zimmer gezeigt und wir haben uns ins Bett geschmissen. Ich und Eli sind Roommates, also Zimmerpartner. Den Fakt, dass unsere Dusche dauerhaft getropft hat, unser Klo (noch) keine Brille hatte und das Bad generell gestunken hat wie Sau, haben wir beide glaube ich etwas notgedrungen ignoriert. Umso schlimmer war dann natĂŒrlich das Aufwachen. Aber keine Sorge, alle Probleme haben sich innerhalb der ersten Woche lösen lassen. Zeit zum Nachdenken und Verarbeiten hatte ich erst ungefĂ€hr zwei Wochen spĂ€ter, dazu komme ich noch. Es gab zu viel Neues, zu viele EindrĂŒcke, eine fremde Sprache, fremde Menschen, ein fremdes Klima und es ist noch einiges am Ankunfts Wochenende passiert!

“Der Jetlag hat natĂŒrlich reingekickt wie sonst was”, wie Eli das formuliert hat. Ziemlich passend finde ich. Ausschlafen konnten wir den Jetlag aber nicht, denn Karl kam am Samstagmittag auf die fantastische Idee:” Leute lasst mal Club gehen heute Abend” und ja was soll ich sagen, wir sind natĂŒrlich gegangen. Wir haben zuerst in einer Bar vorgeglĂŒht und sind dann in die Disco gegangen. Der Alkohol ist leider ziemlich billig in Bolivien, dementsprechend gab es viel zu viel. Am Ende des Abends ging es manchen besser und manchen schlechter. Mir ging es nicht so gut. Das Erholungswochenende war daher fĂŒr mich geplagt von “Nachwehen”.  Dazu kam ab Samstag noch Durchfall, weil ich mich oder besser gesagt mein Magen sich an das (unhygienische) Essen und Wasser gewöhnen musste. Ich hatte die ersten zwei Wochen kaum Hunger. Das liegt auch daran, dass die Bolivianer echt keine Genies sind, was die Essenskultur angeht. Es gibt immer entweder Reis/Kartoffeln/Nudeln mit Fleisch – und mit immer meine ich IMMER! Dem versuchen wir (5 Volos) aber abends mit unserem Kochplan entgegenzuwirken. Ich finde es schon etwas ironisch, beim Essen auf der Arbeit zu sehen, wie einige der Jungs vor Freude in die Luft springen, wenn es wieder HĂŒhnchen mit Reis gibt (jede Woche mindestens drei mal). EuropĂ€ische KĂŒche vermisse ich auf jeden Fall jetzt schon. 

Wenn mich jemand fragen wĂŒrde, was meiner Meinung nach das beste Essen in Bolivien ist, wĂŒrde ich wohl Obst sagen. Im Vergleich zu Deutschland schmeckt hier alles um LĂ€ngen besser; bis vielleicht auf Äpfel, aber die sind ja auch eigentlich im Kaukasus heimisch. Vor allem Mangos, Ananasse (z.B. 1 fĂŒr umgerechnet 20 ct!)  und Papayas kann man hier zum Spottpreis erwerben, wenn man das ĂŒberhaupt muss. Denn in der Stadt verteilt gibt es beispielsweise mehrere Mango Parks, in die man einfach hinein spazieren kann und einem die reifen Mangos wortwörtlich vor die FĂŒĂŸe fallen. Wir waren mehrmals in solchen Parks und haben im letzten Monat Massen an Mangos gegessen. Am Anfang habe ich mich gewundert, warum die Einheimischen bei den ganzen gratis Mangos nicht selber zugreifen, so wie ich. Nach etwa 70 Mangos in 20 Tagen, weiß ich es besser und kann das Zeug schon fast gar nicht mehr sehen.

3. In der Woche darauf wurden wir dann in unsere Arbeit und Arbeitsumfeld eingefĂŒhrt. Wir alle arbeiten im “Proyecto Don Bosco” fĂŒr Kinder und Jugendliche in Santa Cruz. Das Projekt hat mehrere Einrichtungen, die ĂŒber die Stadt verteilt sind. Anna arbeitet im “Mano Amiga”, einem Heim fĂŒr missbrauchte MĂ€dchen, Karl im Straßenkinderheim “Techo Pinardi” oder einfach auch nur “Techo”, und Elias, Max und ich im “Hogar”, dem Heim fĂŒr Jungen von 7 bis 17 Jahren.

Zur Arbeit und allem weiteren ein anderes Mal mehr.