Religiöse Feste und ein kleines bisschen Urlaub

In Indien gibt es viele verschiedene hinduistische Feste, die besonders gefeiert werden. Diese Information hatte ich bereits bevor ich meinen Freiwilligendienst antrat, doch eine wirkliche Vorstellung davon, hatte ich nicht. Nun, nach drei verschiedenen Festen, die ich bereits in meinen ersten zwei Monaten miterleben durfte, habe ich schon ein etwas genaueres Bild wie die InderInnen feiern.

Unser erstes Fest war Garnesha Chaturthi. Garnesha ist eine hinduistische Gottheit mit Elefantenkopf, deren Geburt in diesen Tagen gefeiert wird. Wie in ganz Vijayawada wurde auch in unserer Straße ein kleiner Altar aufgebaut, aus welchem den gesamten Tag über Musik aus den Boxen schallte. Diese war zwar relativ laut, vor allem in Anbetracht der wenigen Menschen die sich tagsüber dort aufhielten, jedoch gewöhnten wir uns nach den ersten Tagen recht schnell daran. Gegen Abend füllte sich dann der Bereich um die Altäre und es wurde vor allem von den Kindern viel getanzt. Wenn man hier nicht mit in die Menge gezerrt werden wollte, musste man versuchen möglichst unbemerkt daran vorbeizukommen. Meine zwei Mitvolontäre ließen sich hin und wieder überreden und tanzten ein wenig mit den Kindern, was bei diesen natürlich auf große Begeisterung stieß. Auf die Frage, wie lange das Fest gehen würde, antworteten unsere Fathers nur mit der Aussage, solange die Leute Geld hätten. Das war wohl dieses Jahr bei Garnesha etwas mehr vorhanden, weshalb sich das Ganze länger als zwei Wochen zog. Bereits nach weniger als einer Woche jedoch sehnten wir Volos das Ende des Festes herbei. Die Musikboxen wurden von Tag zu Tag etwas lauter aufgedreht und gegen Ende zogen sogar ganze Wägen mit etwa 20 riesigen Musikboxen darauf durch die Straßen, sodass man in unserer Wohnung teilweise sein eigenes Wort nicht mehr verstehen konnte.

Die Kinder im Projekt Chiguru durften kleine Garneshafiguren aus Ton formen
Der Altar in unserer Straße

Das darauffolgende Fest Dussehra oder von den Kindern vor allem Dasara genannt, war im Vergleich dazu eine recht ruhige hinduistische Feierlichkeit. Hier wird ganz allgemein der Sieg des Guten über das Böse gefeiert. Bei uns im Südosten steht dabei der Sieg der Göttin Durga über den Dämon Mahishasura im Vordergrund, weshalb das Fest auch den Namen Vijay Dashami trägt (das bedeutet so viel wie der zehnte Tag des Sieges). Bei den Altären rund um unsere Wohnung, welche ebenfalls wieder aufgebaut wurden, war deshalb meist eine Statue dieser Göttin zu sehen. Ganz anders als bei Garnesha Chaturthi zuvor kam aus den Lautsprechern keine Musik, sondern vor allem gegen Abend Gebete. Auf mich persönlich wirkte dieses Fest sehr viel religiöser und spiritueller. In der gesamten Stadt trugen die Männer und Jungen rote Kleidung und hatten ein traditionelles Zeichen mit rot, weiß und orangen Farben auf die Stirn aufgemalt. Auf unserem Weg zum YB (Head Quarter) kamen wir jeden Abend an betenden InderInnen vor einem der Altäre vorbei. Hier wurde neben dem Gebet auch getrommelt und dazu gesungen. Einige Male mussten wir uns sogar durch eine sehr provisorisch aufgebaute Küche mit riesigen Töpfen voll Reis und verschiedenen Currys schlängeln, in welchen für alle Gläubigen gekocht wurde. Eine ebenfalls sehr beeindruckende Beobachtung war ein Umzug, welchen ich auf meinem Heimweg vom Einkaufen miterleben durfte. Hier zogen sowohl Männer, Frauen als auch Kinder durch die Straßen, alle in Rot gekleidet, teils betend, teils trommelnd mit Kerzen in den Händen. Mehrmals konnten wir am Sonntag nicht zu unserer Arbeit ins etwas außerhalb gelegene Chiguru fahren, da die Straße wegen Pilgernden zum Tempel gesperrt war. Alles in allem ging das Fest zwar immer noch sehr lange (10 Tage), war aber deutlich angenehmer als Außenstehender mitzuerleben und zeigte die doch recht starke Religiosität vieler InderInnen auf.

Das dritte hinduistische Fest liegt nun genau eine Woche zurück. Es ist Diwali, das Lichterfest (auch Deepawali wie „Lichterschwarrm“ genannt), welches dieses Jahr am 12.11. und am darauffolgenden Tag gefeiert wurde. Es ist eine der wichtigsten Feierlichkeiten im Hinduismus und auch diese symbolisiert wie so viele andere den Sieg des Guten über das Böse. Geplant war, es gemeinsam mit den Boys und den Staff Members im Projekt Deepa Nivas zu feiern. Mit der Vorwarnung der Fathers sich auf den Straßen vor Böllern und Feuerwerken in acht zu nehmen und dem bereits sehr lauten Vormittag, an welchem alle fünf Minuten ein neuer lauter Böller gezündet wurde, hielt sich die Begeisterung für den bevorstehenden Abend eher in Grenzen. Angekommen im Deepa Nivas wurde jedoch zunächst mit den Boys gemalt und gespielt und es herrschte ausgelassene Stimmung, sodass sich meine Befürchtungen langsam in Luft auflösten. Der Abend gestaltete sich dann so: alle bekamen Wunderkerzen, kleine Feuerwerksvulkane und Feuerwerkskreisel in die Hand gedrückt, welche dann auf dem großen Platz entzündet wurden. Es erinnerte vielmehr an ein „harmloses“ Silvester zuhause und mit dem anschließend wahnsinnig leckeren Abendessen ist es bisher mein liebstes hinduistisches Fest, was wohl auch daran liegt, dass wir das erste Mal aktiv in die Feierlichkeiten involviert waren.

Teelichter auf den Fenstersimsen

Neben den Festen, an welchen wir häufig einige Tage frei bekommen, nahmen wir uns Anfang November eine Woche Urlaub und fuhren gemeinsam mit sieben weiteren Volontären aus Indien nach Goa, einem westlich gelegenen Bundesstaat. Die schließlich 27-stündige Hinfahrt erwies sich als schwieriger als vermutet. Der erste Bus nach Hyderabad, welcher ursprünglich um 18:00 Uhr gehen sollte, wurde sehr kurzfristig auf 12:00 Uhr verlegt, sodass wir kurzerhand in unserer Wohnung alles liegen und stehen ließen und ohne Mittagessen gerade noch rechtzeitig an der Haltestelle ankamen. Der Zweite, ein Sleeperbus, wurde uns ganze zwei Stunden früher storniert. Mit etwas Hilfe der Busfahrer aus dem ersten Bus, gelang es uns glücklicherweise noch einen Neuen zu buchen und anschließend lagen wir etwa 20 Stunden in doch recht schmalen Betten und wurden holprig, aber sicher nach Goa kutschiert. Angekommen in unserem Hostel lernten wir dann nach und nach die anderen Volos aus Bangalore, Hyderabad und Gedilam kennen, die mit meinen österreichischen Mitvolos aus Vijayawada gemeinsam vorbereitet worden waren. Sie waren alle natürlich total nett und wir hatten von Minute Eins an nette Gespräche und machten während des gesamten Urlaubes wunderschöne gemeinsame Erfahrungen. Insgesamt bestand unser Urlaub vor allem aus Essen in sehr westlichen Restaurants und Cafés, Baden im arabischen Meer mit riesigen Wellen, ein bisschen Kleidung und Schmuck einkaufen an Ständen auf dem Weg zum Strand und ganz viel Beisammensitzen und Ratschen. Durch unseren entspannten Tagesablauf kam die Tage über richtige Urlaubsstimmung auf und das Gefühl statt in Indien an einem typischeren Reiseziel zu sein stieg immer mehr an. Doch auch nach dieser schönen Woche freuten wir uns alle wieder auf unsere Wohnung in Vijayawada, wobei mir nochmal deutlicher bewusst wurde, dass es sich hierbei nun doch schon langsam um ein wirkliches Zuhause handelt.

Unsere Hinfahrt

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In der Community Penamalurus

  1. Hela moser

    Liebe Antonia, vielen Dank für deinen tollen Bericht. Da gibt es ja wirklich viel zu sehen und erleben in deiner momentanen Wahlheimat. Das können wir uns für Deutschland alles gar nicht so vorstellen. Aber du beschreibst es so anschaulich, dass ich es mir gut vorstellen kann. Die lauten musikboxen wären nix für mich, aber deine Ohren halten es noch aus,
    Wir müssen heute im Haus bleiben, weil pocking fast zugeschneit ist. Liebe Antonia, weiterhin viele schöne Erlebnisse und ich freue mich auf den nächsten Bericht
    Liebe Grüße Opa und Oma

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