Ein Monat Indien und schon so viel erlebt! Wer nun denkt, es kehre nach den ersten Wochen langsam Alltag ein, der irrt sich gewaltig, denn jeden Tag kommt eine oder auch mehrere neue Erfahrungen dazu und ich kann wirklich kaum glauben, was ich mittlerweile schon alles erlebt habe.
Vor etwa drei Wochen haben meine Mitvolontärin Zora und ich nach der Registrierung bei der indischen Regierung mit den Exposure Visits begonnen. Das heißt, wir durften insgesamt acht verschiedene Projekte der Salesianer Don Boscos hier in Vijayawada besuchen und uns selbst ein Bild von deren Arbeit machen. Das lief die ersten Tage so ab: am Morgen tauchten wir um 9:30 Uhr im Headquarter auf und warteten eine Zeitlang auf Joseph, der uns schließlich erklärte mit welcher Person wir an diesem Tag mitgehen sollten. Teilweise mussten wir dann auf diese Person wiederum einige Zeit warten (die angeblichen 5 Minuten stellten sich hier oft als mindestens eine halbe Stunde heraus) und fuhren dann mal mit dem Motorrad, mal mit Bussen zu den Projekten. Hier konnten wir dann mit den Kindern spielen und malen oder uns wurden die Räumlichkeiten gezeigt. Auch wenn der Kontakt mit den Kindern und Jugendlichen hier immer sehr schön war, waren wir froh den Großteil unserer Exposure Visits mit unseren MitvolontärInnen in deren Projekte mitgehen zu können. Diese sind schon etwas länger im Lande, hatten sich somit schon gut eingearbeitet und konnten uns alles zeigen. Sie arbeiten zurzeit fast alle in sogenannten Bridge Schools in den Slums Vijayawadas. Das ist eine Art von Schule, in welche die Kinder und Jugendlichen kommen können, die aufgrund fehlender Papiere nicht auf staatliche Schulen gehen dürfen. Hier versuchen meine MitvolontärInnen ihnen auf spielerische Art und Weise grundlegende schulische Inhalte zu vermitteln, um sie unter anderem auf einen späteren Schulbesuch vorzubereiten. Da die Kinder und Jugendlichen, die hier hin kommen nur wenig bis gar kein Englisch sprechen können und meine Telugukenntnisse sich auf die Zahlen 1 bis 10 beschränken, blieb es bei Zeichensprache und einfach gemeinsamen Gummitwist-, Ballspielen oder Malen und Tanzen. Auch wenn es also wichtig für die Kinder und Jugendlichen ist, Englisch zu lernen, ist es auch ohne Sprache ein Leichtes Zeit miteinander zu verbringen und Spaß zu haben.
Auch wenn all das sehr interessant war, bin ich nun froh, dass Zora und ich Ende letzter Woche unserem eigenen Projekt zugeteilt wurden. Wir unterrichten in einer High School jeden Nachmittag für 6., 7., und 8. KlässlerInnen Spoken English, was uns mittlerweile sehr viel Freude bereitet. Zu Beginn musste ich mich etwas daran gewöhnen, vor 40 SchülerInnen zu stehen und Englisch zu sprechen, doch diese Unsicherheit war schon nach den ersten zwei Stunden verflogen. Das liegt wohl auch daran, dass die Kinder sehr offen und größtenteils sehr lernfreudig sind. Beginnend mit indisch-deutschen Vergleichen, bei welchem wir zunächst den indischen Tanz zu Ra Ra Rakkamma und schließlich einen bayrischen Plattler performten, beschäftigten wir uns die letzte Woche mit den verschiedenen hinduistischen und christlichen Festen, bei welchen die SchülerInnen wahnsinnig viel Begeisterung zeigten. Um einen solchen Unterricht zu halten, bereiten wir uns nun jeden Vormittag darauf vor und radeln dann etwa um 13 Uhr los, um eine Stunde später an der Schule in Penamaluru, einem Nebenort Vijayawadas anzukommen. Danach muss man dann erstmal eine halbe Stunde nachschwitzen, um den hochroten Kopf loszuwerden und trotzdem ist das Fahrradfahren hier, neben kurzen stressigen Phasen im indischen Verkehr, einfach schön.
Neben der Arbeit ist unsere WG mit den Mitvolos ein riesengroßer Bestandteil meines Alltags. Zusätzlich zu gemeinsamen Essen, Spielen und Kochen machen wir in letzter Zeit auch immer mal wieder kleine Ausflüge oder Spaziergänge in und rund um Vijayawada und lernen so, wenn auch sehr langsam die Stadt etwas besser kennen. Da es doch oft sehr laut ist und durchgehend Leute auf den Straßen unterwegs sind, freuen wir uns alle immer wieder auf grüne Flecken, die um unsere Flat herum leider sehr rar, dafür aber etwas außerhalb zu finden sind. Hin und wieder genehmigen wir uns dann einen Abstecher in eher westlich angehauchte Cafés oder Essensketten und genießen in klimatisierten Räumen das relativ unscharfe Essen. Um das westliche Essen auch den Fathers etwas näher zu bringen, haben wir ihnen vor zwei Tagen Kaiserschmarrn serviert, wobei wir uns teils sichtlich mehr darüber gefreut haben als sie und das in Zukunft wohl noch öfter machen werden.
Nach und nach habe ich das Gefühl in meiner neuen „Heimat“ angekommen zu sein und mich immer selbstbewusster auf den Straßen zu bewegen. Und obwohl es immer noch wahnsinnig viel Neues zu entdecken gibt und immer neue Eindrücke Indiens hinzukommen, lebe ich mich mehr und mehr ein und bin gespannt auf die kommenden Wochen und Monate!
Helamoser@yahoo.de
Liebe antonia , danke für deinen tollen Bericht von den ersten Tagen bzw Wochen in Indien. Das Leben dort ist ja wohl wirklich ganz anders als bei uns. Opa und ich finden es total spannend und interessant. Du beschreibst auch alles so anschaulich, dass wir es uns gut vorstellen können. Die Fotos dazu sind natürlich klasse. Nebenbei lernen wir noch eine Menge neues . Wir freuen uns schon auf den kommenden Eintrag. Liebe Grüße und dir keine Langeweile aus dem herbstlichen pocking von Opa und Oma