Hola amigos,
und schon ist es wieder ein Monat her, seit ich meinen letzten Blog veröffentlicht haben. Die Zeit rennt und gleichzeitig erlebt man so viel, dass man sich an manche Sachen schon nicht mehr erinnern kann. Zum Glück schreibe ich mir immer alles fleißig auf 😀
Am 2. November wurde hier Allerseelen gefeiert. Wie auch in Deutschland geht man dazu auf den Friedhof um an seine verstorbenen Angehörigen zu denken. Nur läuft das hier ein bisschen anders ab. Der Tag hat eigentlich so angefangen wie ein Novembertag in Deutschland, das bedeutet Regen und Wind, aber natürlich nicht so kalt. Für mich war es von der Stimmung her echt wie Allerseelen/Allerheiligen in Deutschland. Nach einem gemeinsamen Frühstück mit den Jungs hieß es dann fertig machen für den Friedhof. Ich hab mich dabei die ganze Zeit schon gefragt wie wir mit so vielen Jungs zu dem Friedhof kommen, der schon ein ganzes Stück entfernt liegt. Als dann ein Viehtransporter vor am Eingang auf uns gewartet hat, hab ich mich umso mehr gefreut. Und ich muss sagen, trotz dem nicht sooo tollen Wetter hat die Fahrt echt Spaß gemacht. Dabei wurde natürlich immer versucht so viele Blätter wie möglich von den herunterhängenden Ästen abzureißen oder auch der ein oder andere Klimmzug an der Stange über dem Wagen gemacht. Beim dem Friedhof angekommen wurden wir erstmal von einer Menschenmasse und Verkaufsständen in Empfang genommen. Für uns ging es aber erstmal in eine Kapelle, die speziell für die Verstorbenen des Projektes Don Bosco ist. Da dann zu sehen, wie jung teilweise die Kinder waren als sie starben war schon ein etwas bedrückendes Gefühl. Nach einem gemeinsamen Gottesdienst ging es dann so richtig los für die Jungs. Mit Tüten bewaffnet sind wir von Grab zu Grab gezogen. Wobei man sagen muss, dass es sich hierbei eher um kleine Kapellen, Häuser oder Nischen in einer Mauer handelt. Selbst hier auf den Friedhof sieht man den Kontrast von Arm und Reich sehr deutlich an der Art des Grabes. Warum die Jungs alle Hände voll zu tun hatten wurde mir relativ schnell klar. Für ein Gebet das die Jungs sprachen, gab es etwas zu Essen. Das reichte von Brot, Kuchen und Gebäck bis hin zu Süßigkeiten, Obst und belegten Broten. Ich habe auch manchmal etwas bekommen, obwohl ich mit etwas Abstand, aber natürlich trotzdem, leise mitgebetet habe. So lieb und andächtig wie die Jungs an den Gräbern sein konnten, habe ich sie zuvor noch nie gesehen – fast wie Engel :).
Nach gut zwei Stunden ging es dann mit wirklich vollen Tüten auf den Heimweg. Und mich würde es nicht wundern wenn die Jungs immer noch von den Süßigkeiten essen würden, die sie auf dem Friedhof ergattern konnten.


Von Ruhe in Frieden in die Stadt des Friedens. (Mir ist hier irgendwie erst aufgefallen was die Städtenamen übersetzt bedeuten). Und ich muss sagen Frieden wollen wir ja schließlich alle! So sind wir am 05.11 um 4:50 aufgestanden um zum Flughafen zu fahren. Eigentlich hätten wir lieber einen Nachtbus genommen, aber durch die politischen Unruhen und die dadurch aufkommenden Straßenblockaden war das unsere einzige Möglichkeit. Wir würden nämlich von der Deutschen Botschaft in La Paz zu einem gemeinsamen Treffen zusammen mit allen anderen deutschen Freiwilligen eingeladen. Und wenn es schonmal nach La Paz geht, dann sicher nicht nur für einen Tag. Wir wurden nach unserer Landung in El Alto von einem lieben Chauffeur der Universidad Salesiana abgeholt. Schon am Flughafen hat man den Höhenunterschied deutlich gemerkt. Von knapp 420 Meter in Santa Cruz auf etwas über 4000 Meter war dann die Luft schon dünner und auch auf jeden Fall kälter. Bei der Uni angekommen wurden wir erstmal mit Käse, Cracker und Obst begrüßt. Über den Käse haben wir und besonders gefreut, da in Santa Cruz überall der gleiche Käse verwendet wird und naja sagen wir es mal so es gibt auf jeden Fall besseren Käse :). Etwas müde aber trotzdem neugierig, wurden wir dann durch die Stadt geführt oder besser gesagt über die Stadt getragen. Mario, auch ein Mitarbeiter der Uni, der uns alles gezeigt hat, tat mir im nachhinein echt etwas leid. Mit sechs nicht besonders aufnahmefähigen Personen unterwegs zu sein und zu reden ist sicher nicht ganz einfach. Umso dankbarer waren wir, dass wir einfach „nur“ hinterherlaufen durften und uns sonst nicht viele Gedanken machen mussten. Mit der Teleferico (Seilbahn) haben wir die ersten Eindrücke über die Stadt bekommen. Auffällig sind hier vor allem die unverputzten Backsteinhäuser. Der Schein von unfertigen Häusern hat vor allem den Grund, dass man in Bolivien erst dann Steuern zahlt, wenn das Haus offiziell fertig gebaut ist. Also der fertige unfertige Rohbauzustand wird bewusst so belassen. Am nächsten Tag sind wir früh Richtung Copacabana und von dort zum Titicacasee aufgebrochen. Nach einer kleinen Stadtführung und einem Mittagessen ging es für uns über den Titicacasee zur „Isla del Sol“. Die Sonneninsel ist vor allem in der Inca-Mythologie ein sehr wichtiger Ort. Die Fahrt auf dem Boot war zwar windig und auch etwas frisch, was wir mittlerweile nicht mehr so gewohnt sind, aber trotzdem sehr schön. Auf der Insel angekommen haben wir mal wieder direkt gemerkt was die Höhe mit uns macht. Man hätte meinen können, man hätte über Nacht jegliche Ausdauer verloren. Den Anblick wie wir die Treppenstufen laut atmend bestiegen haben, möchte ich niemandem antun wollen. Aber zum Glück ging es dort allen anderen Menschen bzw. Touris genauso. Für mich war es irgendwie auch ein Sprung zurück in die Vergangenheit, als ich gesehen habe, dass wirklich noch Esel als Lasttiere gebraucht werden, um zum Beispiel Lebensmittel auf der Insel zu transportieren. Uns wurde auch erklärt, dass die Menschen die auf der Insel leben generell sehr gesund sind und sich ihre Medikamente selbst anbauen (Pflanzen). Das einzige Problem soll vor allem sein, dass durch das schwere Schleppen und Arbeiten, vor allem der Rücken der Bewohner darunter leidet. Bei der einstündigen Rückfahrt mit dem Boot hatten wir ein sehr unterhaltsames Programm. Ein kleines Kind war sehr aufgedreht und fand vor allem die Touris sehr spannend. Neben anstarren und dem ein oder anderen Kunststück auf dem Dach des Bootes, waren vor allem die Kommentare der anderen Menschen auf dem Boot sehr unterhaltsam – war zwar auf Französisch aber Lene konnte es mir zum Glück übersetzten. Die dreistündige Rückfahrt zurück nach La Paz hat den Tag dann abgerundet, neben einer wunderschönen Landschaft, die ich in Santa Cruz doch echt vermisse, kam dazu noch der Sonnenuntergang, der das dann nochmal toppte.
Am nächsten Morgen, nachdem ich sehr gut geschlafen hatte – mit 4 Decken wohlgemerkt, wurden wir von unserem Guide abgeholt und ab ging es zur Todesstraße. Auf dem Weg dorthin wurde dann noch eine kleine Klopause eingelegt. Also die Türen bei den Klos wären auf jeden Fall nicht nötig gewesen sagen wir es mal so 🙂 Am Startpunkt angekommen gab es erstmal Frühstück, bestehend aus Brot, Dulce de leche (ist quasi wie Karamell), Bananen und was bei der Höhe natürlich nicht fehlen durfte Coca-Tee. Nach einer kleinen Einweisung der Fahrräder ging es dann auch schon los. Viel mit Fahrradfahren hatte es tatsächlich nicht zu tun, eher mit bremsen und auf den Weg achten, da es eigentlich immer Bergab ging – also das einzige was am Fahrradfahren spaß macht 🙂
Durch regelmäßige Stops konnten wir unsere Arme entspannen und vor allem die Aussicht genießen. Auf der Todesstraße gibt es eine Italienische und Französische Ecke. Bedeutet soviel, dass an der Stelle schon Menschen dieser Nationen gestorben sind.
Beinahe hätte ich noch eine Deutsche Ecke eröffnet, da ich einmal fast mein Gleichgewicht verloren hatte. Für mich war der Abhang aber schon noch weit genug entfernt, sodass auch zum Glück nichts passiert ist.
Am Ende der Tour gab es dann noch Mittagessen und eine entspannte Zeit im Pool bevor es dann auf den Rückweg ging. Hier gabs dann erst nochmal Coca-Blätter, die Höhe war hier echt nochmal krass. Bei 4650 Meter ist es uns dann doch nochmal in den Kopf gestiegen – aber hey die Coca-Blätter haben auf jeden Fall ihren Zweck erfüllt, da es uns auch schnell wieder besser ging. Mit unserem Tourguide Marco haben wir dann noch unsere Lieblingslieder bzw. deutsche Banger angehört und so unsere Tour beendet. Am zweitletzten Tag sind wir dann zur Deutschen Botschaft in La Paz. Hier hatten wir dann die Möglichkeit alle anderen deutschen Freiwillige kennen zu lernen und uns über unsere Arbeit und Erfahrungen auszutauschen. Nach einem gemeinsamen Mittagessen ging es dann noch eine Runde durch die Stadt und auf der Hexenmarkt (mercado de las brujas) Hier riecht es vor allem sehr besonders, bisschen verbrannt, nach Kräuter und Gewürzen.
Der Tag wurde dann noch mit den anderen Freiwilligen mit dem ein oder anderen Getränk und Musik abgerundet bevor es für uns dann am nächsten Tag wieder nach „Hause“ ging.
Während diesem Trip wurde mir auch nochmal mehr bewusst, was für ein Privileg es ist, hier zu sein und diese Erfahrungen machen zu dürfen, worüber ich echt dankbar bin.

Sodale, hasta luego
Anni

volle tüten mir essen
auf dem friedhof beim beten
grab von armen
ausblick bei der heimfahrt
todesstraße
schlafender hund in der bar
frühstück