Kenia – ein anderes Afrika

„Ich gehe nach Afrika!“ reicht eigentlich als Aussage. Afrika ist ja schließlich Afrika, oder? – Von wegen.
Es gibt da einmal das „Bilderbuch-Afrika“ mit Wüste, Savanne, vielen bunten Märkten, Kleidern und vielem mehr. Und dann gibt es noch das „Europa-Afrika“, wie ich es im Moment gerne nenne.
Vom 23.-28.Februar war unser Zwischenseminar mit allen Don Bosco Volontären aus Deutschland, die in Afrika sind, was dieses Jahr in Kenia stattfand. Da man ja jetzt nicht alle paar Wochen mal in Kenia landet, haben wir – sechs Volontäre, die zusammen in Benediktbeuern vorbereitet wurden und alle in Westafrika sind – uns gedacht wir gönnen uns eine Woche davor ein bisschen Urlaub.
So, ich fange am besten von vorne an. Wir haben uns alle zusammen in Ghana getroffen und sind zusammen von Accra nach Nairobi, die Hauptstadt Kenias, geflogen. Da wir um 3:oo Uhr in der Früh ankamen, haben wir die erste Nacht einfach auf dem gemütlichen Boden der Flughafenhalle verbracht. Es hat für verwirrte Blicke gesorgt, aber wir sind ja schließlich arme Volontäre und kennen die Stadt in der Nacht nicht. Also sind wir am nächsten Morgen fast ausgeschlafen rein in die Stadt, die so gegensätzlich zu Togo/Lomé ist: die Frauen tragen keine Sachen auf dem Kopf oder keine Babys auf dem Rücken, es gibt keine Märkte, auf denen alle Gerüche von Fisch, Fleisch, Gewürzen, Abgase und Schweiß zusammenkommen, alle Leute herumschreien und viel Gedränge ist, sondern nur langweilige Supermärkte und Shoppingcenters; es gibt riesige Straßen, die alle geteert sind – und zwar ohne riesen Schlaglöcher und es gibt auch kaum Motorräder. Also ist das vom-einem-zum-nächsten-Punkt-kommen ein bisschen erschwert: man muss solche komplizierten Teile wie Shuttle- Busse oder Autotaxis suchen und kann nicht einfach schnell mal ein Motorrad an den Rand pfeifen und mitfahren. Aber einen Vorteil gibt es: man hat im Bus meistens seinen eigenen Platz und muss sich nicht zu zweit auf einen quetschen oder sich seinen Sitz nicht mit Hühnern und Ziegen teilen.
Also ich persönlich kam mir in der Stadt vor wie in Europa. Laut Internet zählt Kenia noch nicht zu den Schwellenländern, also würde es mich jetzt noch interessieren wie es in den sogenannten Schwellenländern so aussieht.
Wir haben uns jedenfalls in der Stadt erst mal ein Frühstück gegönnt, es gibt nämlich sogar richtige Bäckereien:-) Anschließend wurde Nairobi erst mal ein bisschen angeschaut, mit seinen Hochhäusern auf der einen Seite, Parkanlagen auf der anderen Seite und wenn man etwas weiter außerhalb war, allerdings wieder Slums. Wir konnten auf das Dach von einem hohen Gebäude hoch, was laut eines Einheimischen, der uns hoch begleitet hat, der höchste Turm Nairobis sein soll, doch direkt daneben waren leider noch ein paar Gebäude, die noch etwas höher waren. Sei ihm verziehen, die Sicht war trotzdem toll 😉
Nach einem Tag Stadtbesichtigung ging unsere Reise dann weiter in Richtung Massai Mara Nationalpark und uns wurde das „Bilderbuch-Afrika“ mit Landschaft und Tieren offenbart. Es ging ein paar Stunden lang auf einer traumhaften Straße (und das mein ich völlig ernst) mitten durch die Pampa. Ab und zu sind wir durch kleine Ortschaften durchgefahren, die uns an Westernfilme erinnert haben. Nachdem wir dann in so einer kleinen Ortschaft Fahrzeug gewechselt haben, ging es noch weiter rein in die „grüne Wüste“. Irgendwann war die Traumstraße allerdings vorbei und es ging hopp, hopp drei Stunden über eine Sand-Huckelpiste, was bedeutete: entweder viel Staub im Auto oder Fenster zu und durch, selbstverständlich ohne Klimaanlage. Wir hatten dann – wer hätte es anders erwartet – auch bald einen Reifenplatzer, aber der war nach wenigen Minuten gewechselt und es konnte weiter gehen. Wir haben tatsächlich auf dem Weg schon Giraffen, Zebras, Affen, Garzellen und Antilopen gesehen. Wie wir die folgenden Tage festgestellt haben, kann das in Kenia öfters mal passieren, dass solche Tiere die Straße überqueren.
Wir hatten einen Wahnsinns Sonnenuntergang, der aussah wie die Deutschlandflagge auf dem Kopf und am nächsten Morgen ging es mit Sonnenaufgang los auf eine tolle Safari-Tour. Wir haben eine Morgen- und eine Abendtour gemacht, sodass der Tag mit einem super Sonnenuntergang wieder endete. Löwen, Leopard, Elefanten, Giraffen, Büffel, Nashorn, Nilpferde, Krokodile, es war wirklich alles dabei und das in einer fantastischen freien Natur.
Am nächsten Tag ging unsere Reise weiter zu einem Campingplatz am sogenannten Naivashasee, von dem man gut Tagesausflüge machen konnte: am selben Tag noch haben wir eine Bootstour über den See gemacht, auf der wir Nilpferden begegnet sind, Giraffen und Zebras und noch ganz viele anderen schöne Tiere gesehen haben. Eines der Highlights waren an dem Tag die Flamingos, die in einem riesigen Schwarm vom Wasser aus startend in den Sonnenuntergang geflogen sind.
Gleich in der folgenden Früh sollte es mit dem Fahrrad weiter gehen in den Nationalpark „Hells Gate“, in dem man einfach mit dem Fahrrad mal durchstrampeln konnte. Durchstrampeln ist glaube ich ein recht passendes Wort, denn die Fahrräder waren teilweise nicht wirklich in Schuss, die Strecken ziemlich mühsam mit dem vielen Sand und es wurde tagsüber einfach heftig heiß. Wir haben uns mit unserem Trinkwasser etwas verschätzt, weshalb wir völlig fertig und ausgetrocknet bei einem kleinen Rastplatz angekommen sind und erst einmal literweise Wasser verdrückt haben. Aber lange ausruhen war nicht geplant, es ging gleich mit einem Massai weiter ins „Höllentor“. Der Weg ging über Kletterwege, vorbei an Wasserfällen durch eine Art Schlucht, in der etwas Wasser fließt und wegen dem nahe liegenden Vulkan heiße Quellen sprudeln.
Nach einer langen Tour sind wir mit dem Fahrrad wieder zurückgestrampelt und sind erst wieder am Zeltplatz angekommen, als es schon dunkel war. Dort wurden wir von Affen, Pelikanen und einem Hippo begrüßt, das direkt vor unseren Zelten aus dem See gestapft kam. Fix und fertig sind wir ins Bett gefallen, doch Ausschlafen war nicht, denn an unserem letzten Tag war nochmal Sport angesagt: auf den Longonot-Vulkan hinauf und um den Krater herum „spazieren“, was insgesamt doch ein ganz schönes Stück war. Wir sind also nochmal früh aufgestanden und als wir aus den kleinen Zelten herausgekrochen kamen, saß da einer dieser Affen auf unserem Tisch und verdrückte unsere Kekse, die wir am Vortag draußen vergessen hatten. Diejenigen, die das Buch „Hummeldumm“ kennen, wissen, dass Affen ein kleines Andenken anstelle des Stibitzten hinterlassen. Es ist leider nicht erfunden, wir haben anstatt Kekse zu essen erst einmal den Tisch gesäubert… Nichts desto trotz hatten wir einen wunderschönen Tag und einen tollen Abschluss unserer kleinen Keniareise und das Seminar konnte beginnen 😉

Nach ein paar Tagen Austausch von Erfahrungen, Projektvorstellungen und viel Erzählen ging die Reise wieder zurück nach Ghana und nach einer Nacht in Tema nach Togo. Da ich leider zeitlich nicht an einem Tag von Tema nach Lomé und gleich anschließend nach Kara kann, habe ich noch eine Nacht in Lomé bei kanadischen Freunden verbracht, die ich im Urlaub mit Vroni und Basti kennengelernt habe. Sie haben mich auch gleich noch auf ein kleines Barbecue mitgenommen, auf dem ca. 13 Personen waren und neun Nationalitäten vertreten waren: Kanada, USA, Ghana, Burkina Faso, Nigeria, Neuseeland, Frankreich, England und letztendlich ich aus Deutschland. Es war einfach ein toller Abend, auch wenn es manchmal etwas chaotisch für mich war ständig zwischen Französisch und Englisch zu wechseln, denn ich war ja die einzige, die zwei Fremdsprachen zu meistern hatte;-)

Gut, nach einer weiteren Halb-Tagesreise bin ich dann am Samstag wieder in Kara angekommen und wurde von allen herzlich empfangen. Es ist wirklich schön wieder hier zu sein und es wird einem nicht langweilig: am Montag hatten ein paar Kinder in der Baracke Messer, Klingen und spitze Schraubenzieher in ihren Taschen, die wir ihnen gleich abgenommen haben. Heute ist ein Junge schon wieder mit einem neuen Messer angekommen. Man muss ehrlich sagen, dass die Aggressivität und Gewaltbereitschaft bei den Jungs ziemlich hoch ist und wenn sie mal auf der Straße aufeinander ausrasten, weiß ich nicht was sie machen, wenn sie die Waffen bei sich tragen. Man weiß ja nicht für was sie sich das Zeug beschaffen.
Auch im Erstempfangsfoyer „Ignace“ gibt es Neuigkeiten: wir haben zwei neue Jungs aufgenommen, der eine ist seit einer guten Woche bei uns und der andere hatte heute seinen ersten Tag. Beide schätze ich vom Alter so auf 14 Jahre – so genau weiß man das ja oft nicht. Es sind jetzt also sieben Jungs im kleinen Foyer und ich freue mich riesig auf die Arbeit mit ihnen.

So, jetzt ist der Eintrag doch wieder ganz schön lang geworden;-)
Ich sende euch sonnige Grüße nach Deutschland. Habe gehört es kommen die ersten Frühlingstage nach einem dunklen Winter. In Kenia war es übrigens oft wahnsinnig kalt! Ich zumindest habe mir eine Erkältung zu gezogen 😉

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  1. Caroline

    Hallo Anna,

    Afrika ist nicht eben Afrika 🙂 Es freut mich dass es Dir/ Euch in Kenia gut gefallen hast. Das Land ist sehr vielfältig, nicht nur im Hinblick der Natur sondern die Menschen, ihr Mentalität, ihre Perspektive…..Und so kalt ist es aber auch nicht 😉

    Grüße aus dem (wirklich) kalten Bonn

    • Hallo Caroline,
      leider hatten wir in der einen Woche nur einen wirklich klitzekleinsten Einblick in die Kultur, Mentalität, usw.
      Das mit der Kälte ist natürlich alles relativ… also in Togo habe ich jedenfalls noch nie zwei Pullis mit Schal getragen, auch nicht in der Nacht 😉
      Liebe Grüße aus Kara

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