Ich muss zugeben, dass ich die Tage meines bisherigen Lebens, an denen ich vor 6 Uhr morgens aufgestanden bin, an einer Hand abzählen kann. Heute war einer davon. Schweißgebadet von der nächtlichen Hitze sprang ich in die Dusche, um mir die Perlen der Transpiration und Überreste der letzten Nacht vom Körper zu waschen. Nach dem Frühstück (Reis!) ging es los in die Provinz Takeo im Süden von Phnom Penh. Mein Mitvolontär, der Father und ich fuhren den Highway Richtung Dschungel entlang. Der letzte Schriftzug der Metropole, der mir in Erinnerung geblieben ist, war: ‚A new lifestyle arrived‘. Er sollte mich auf dieser Tour begleiten. Schon bald wurden die Straßen schlechter und irgendwann von Sandpisten abgelöst. Das erste Mal konnte ich die Natur Kampucheas in ihrem vollen Ausmaß bewundern: riesige Weiten mit Reisfeldern, vereinzelten Palmen, kleinen und großen Bäumen, verschlungenen Pagoden. Auch die Menschen waren immer weniger westlich angezogen, es gab nur noch vereinzelt Autos. Sogar wir fielen mehr auf, weil in diesen Gefilden kaum Touristen unterwegs sind. Als wir uns später auf der Ladefläche des Wagens den Wind um die Ohren pfeifen lassen konnten, wurden wir oft mit Skepsis, doch vor allem mit freundlichen Gesichtern und großen Augen begrüßt.
Wir waren also auf dem Weg, einige Schüler zu besuchen, die im nächsten Jahr an die Don Bosco Schule kommen sollten und nun ‚interviewt‘ wurden. Dabei konnten wir die typischen Khmer-Häuser betrachten, die auf Stelzen errichtet sind. So ist unter dem Schlafplatz im ersten Stockwerk ein schattiger Platz, auf dem sich alle Menschen und Tiere zum Essen, Erzählen und überhaupt Zusammenleben versammeln. Als wir eine Zeit lang auf den Father warteten, bot uns der Fahrer an, in den Garten der Nachbarn (nein, er kannte die Familie nicht!) zu gehen und einige Früchte zu kosten. Darunter waren vor allem viele, die wir nicht kannten. Zwischen den Bananenstauden krochen immer wieder Hühner oder Hunde herum. Ich fraget dann aus purer Neugier, ob sie auch Kokospalmen besäßen. Kurze Zeit später hatte der Fahrer eine aus dem ‚Vorgarten‘ gepflückt, diese aufgeschnitten. Zack, schon hatten wir unsere Erfrischung von der Mittagshitze. Die Mutter der Familie war danach sehr stolz, uns ihre gewebten Stoffe zu präsentieren. Es ist faszinierend, wie jeder einzelne Faden verwebt wird, um einen klitzekleinen Part des fertigen Kunstwerks auszumachen. Der Webstuhl erinnerte mich sehr an Museumsequipment und genau dieses Gefühl von stehengebliebener Zeit macht die Provinzen Kambodschas zu zauberhaften Orten.
Die Infrastruktur auf dem Land würden unsere Post sicherlich überfordern. Einerseits führen zu manchen Häusern nur kleinere Pfade. Andererseits gibt es zwar Straßen, aber keine Hausnummern. Zum Glück hatten wir einen einheimischen Lehrer mit: ‚Ach ihr sucht diese Familie. Das ist doch die Enkeltochter vom Cousin zweiten Grades meines Vaters, der mir kürzlich auf dem Hof geholfen hat!‘ Meistens war nur ein Elternteil der Schüler Zuhause, aber nach einigen Minuten hatte sich sowieso das halbe Dorf um uns versammelt und gab weise Ratschläge.
Schon auf der Rückfahrt gab es dann Aussicht auf Regen, der plötzlich und heftig einsetzte. Als wir wieder in Phnom Penh landeten, waren die Straßen überflutet. Das Leben geht trotzdem recht normal weiter. Die Erwachsenen lassen nicht vom alltäglichen Treiben ab, doch viele Kinder genießen das manchmal kühle Nass. Sie veranstalten Wasserschlachten und kühlen sich selbst und ihre Kleider ab. Es ist ein verrücktes Schauspiel. Meistens ist kurze Zeit später der Boden wieder trocken, die Sonne macht ihren Job ordentlich.
Auf der Heimfahrt erzählten wir mit dem Father über unsere Eindrücke. Sein Fazit: ‚Now you know the real Cambodia‘
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