Ankunft
Nachdem wir nach unserem 14-stündigen Flug aus der Tür des Flughafens in Goa traten, wurden wir von einer laut hupenden Masse aus stehenden Autos begrüßt. Zum Glück haben wir Father Jose schnell gefunden, und 15 Minuten später war der Stau so weit vorgerückt, dass das nicht weit entfernte Auto mit unseren Koffern beladen werden konnte.
Auf dem Weg zu unserer Unterkunft und dem „Boys‘ House“ strömten die ersten Eindrücke auf uns ein: unglaublich bunte Straßen mit weißen Kühen, streunenden Hunden und noch bunteren Menschen. Motorräder, die sich ihren Weg zwischen den Autos hindurchschlängelten, und ein Fluss mit mehreren großen schwimmenden Kasinos.
Als wir schließlich angekommen waren, brachten wir unser Gepäck in unsere kleine Wohnung und betraten zum ersten Mal das Boys‘ House, in dem wir das nächste Jahr verbringen würden. In der Woche darauf lernten wir erst einmal unsere Umgebung kennen. Wir bekamen einen Überblick über den ganzen Papierkram, spielten das erste Mal Tischtennis mit den Jungs und machten das erste Mal Hausaufgaben mit ihnen. Nebenbei fuhr uns der Father fleißig in Goa herum und stellte uns viele weitere Schulen und Boys‘ Houses von MBBS (Margaret Bosco Bal Sadan) vor.
(Eines der ersten Frühstücke: ein für Goa typisches Brötchen, das meistens auch mit Currys gegessen wird, dazu Guave)
Während der zweiten Woche folgte unser erster Strandbesuch, das Diwali-Festival und eine Reise nach Gandhinagar.
Diwali
Das Diwali-Festival ist das Festival der Lichter. An jeder Haustür und an etlichen Fenstern werden lampionartige Lichter aufgehängt, und alles Mögliche wird mit bunten Lichterketten und orangeroten Blumenketten geschmückt. Am Tag des Festivals, dem 31. Oktober, wurden überall metergroße Skulpturen aus Papmaschee aufgestellt. Sie dienen als Symbol für das Böse und den Teufel und wurden schlieslich um dieses auszuloschen um 5:00 Uhr morgens verbrannt. Die Figuren wurden mit ohrenbetäubender Musik untermalt und Lichtern, die man noch von weitem sehen konnte. Das diente der Ortung, da viele Inder an diesem Tag von Ort zu Ort fuhren, um sich die unterschiedlichen Skulpturen anzuschauen.
Klara und ich haben das Verbrennen leider nicht miterlebt, da wir uns am nächsten Morgen auf die Reise nach Gandhinagar machten. An Schlaf war aber trotz Ohrstöpseln nicht zu denken. Eine Ecke weiter von unserer Wohnung war eine Skulptur, und wir konnten die Musik nicht nur durch unsere Ohrstöpsel hören, sondern auch fühlen, da sie so laut war, dass alles mitvibrierte. Als wir uns am nächsten Morgen zusammen mit Father und einer anderen Person auf den Weg machten, waren wir dementsprechend müde. Auf der Zugfahrt versuchten wir deswegen, ein bisschen zu schlafen.
Die Streetvendors
In Gandhinagar angekommen, fuhren wir mit einem der vielen Tuk-Tuks, einem Motorrad, das hinten eine Kabine zum Transportieren von höchstens drei Personen besitzt. Wir waren gekommen, um zusammen mit den Kindern der Streetvendors das Diwali-Festival zu feiern. Bei Streetvendors handelt es sich um arme Frauen, deren Männer aus irgendwelchen Gründen nicht genug Geld verdienen, um die Familie zu versorgen. Sie gehen von Haus zu Haus und versuchen, unechten Schmuck zu verkaufen, der von Frauen getragen wird, die sich keinen echten Schmuck leisten können.
Als wir in dem kleinen Raum, in dem die Feier stattfinden sollte, ankamen, trafen wir auf etwa 80 mit bunten Trachten und klimperndem Schmuck herausgeputzte Kinder. Sie alle starrten uns staunend an, da sie, wie Father uns erklärte, in ihrem Leben noch nie „weiße“ Menschen gesehen hatten. In der darauffolgenden Prozedur tanzten die älteren Mädchen (ca. 5–7 Jahre) zu orientalischer Musik. Als diese vorbei war, kamen alle Kinder auf uns Erwachsene zu, um uns die Hände zu schütteln, uns ein frohes Diwali zu wünschen und vor uns niederzuknien, um unsere Füße zu berühren. Später wurde uns dann erklärt, dass sie dies tun, um sich unseren Segen für eine gute Erziehung bzw. ein gutes Aufwachsen zu erbitten. Nach der Zeremonie zeigte uns eine Frau die Unterkünfte der Streetvendors, die slumähnliche Zustände aufwiesen. Wir lernten eine Frau und ihre Familie besser kennen, und sie präsentierte uns ihren Schmuckkoffer. Als die Verabschiedung schließlich näher rückte, wollten alle ein Foto mit uns machen und unseren namen wissen.
Nach diesem Erlebnis waren wir erst einmal ziemlich geflasht. Wir fragten uns, womit wir diese Ehrfurcht der Menschen verdient hatten, wenn es uns doch so viel besser ging als ihnen. Schon alleine der Flug nach Indien hätte vermutlich eine Familie für mehrere Jahre ernähren können. Als wir dies fragten, sagte Father, dass die Menschen so dankbar waren, weil sie das Gefühl hatten, gesehen zu werden.
Ich danke allen, die meinen Blog bis hierhin gelesen haben und sende ganz warme Grüße aus Goa (:
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