Von Marlene bis Benin

Fufu und Fernweh

Es ist so weit…

Sonnencreme. Mückenspray. Shampoo? Ne, das kauf ich dort. T-Shirts. Hosen. Pullis? Brauch ich überhaupt Pullis? Wenn ja, wie viele. Und welche Schuhe nehme ich mit? Letzter Arzttermin, letzte Impfung, letzter Großeinkauf. Ich habe mein Abi, ich bin 18 geworden und hatte den schönsten Sommer überhaupt. Alles einpacken, Koffer zu. Koffer wieder auf und Auspacken, weil er viel zu schwer ist. Koffer wieder zu. Wiegen. Einpacken, Auspacken, Umpacken. Koffer zu, Wiegen, sehr gut. Koffergurt zu, fertig.

Ich mach nach dem Abi ein Fsj, habe ich gesagt. Nach dem Sommer. Nächsten Monat. In ein paar Wochen. In ein paar Tagen. Morgen.

Freust du dich schon? Bist du aufgeregt? Sehen wir uns nochmal bevor du weg bist…?

Hab Spaß! Pass auf dich auf! Fang dir kein Malaria ein…!

Letztes Mal mit meinen Freunden am Späti sitzen, Karten spielen und die Menschen am Mehringdamm beobachten. Guten Flug, Frohe Weihnachten, Frohe Ostern, Happy Birthday…

Um 3.30 Uhr klingelte mein Wecker. An der Strandpromenade. Letztes Mal Bett machen, letztes Mal Anziehen, letztes Mal aus meiner Haustür gehen.

Nach der tränenreichen Verabschiedung am Flughafen ging es durch die Ticketkontrolle und dann gab es kein Zurück mehr. Draußen liefen die Regentropfen die Flugzeugscheibe hinab und drinnen die Tränen über mein Gesicht. 6.20 Uhr Abflug, 8.10 Ankunft in Paris. Nachdem Matilde und ich uns im Charles-de-Gaulle-Labyrinth gefunden haben hatten wir noch sechs Stunden zum totschlagen, bis wir im Flieger saßen.

Durch die Übermüdung und die Aufregung ging der Flug relativ schnell vorbei. Das Anschnallsymbol leuchtete grell über unseren Köpfen und die ersten Lichter Cotonous waren aus der kleinen Plastikscheibe zu erkennen. Der Flieger flog immer tiefer bis er rumpeld landete. Da waren wir. Benin. Die Hitzewelle, die uns beim Aussteigen entgegenschlug, verdeutlichte, dass wir nun da waren. Visumkontrolle, Koffer abholen, Koffer durch den Zoll. Geld tauschen, SIM-Karte kaufen, durch die Glastür nach draußen. Dort warteten Jacques, der Direktor der DonBosco-Einrichtung, und sein Chauffeur schon auf uns. Nachdem Jacques genug Selfies mit uns gemacht hat stiegen wir ins Auto. 48 Minuten braucht man mit dem Auto nach Porto-Novo- 10 davon konnte ich noch aus dem Fenster gucken, bevor ich eingeschlafen bin. Hier zu sein fühlt sich an, als wäre man in eine Doku gebeamt worden sein. Die Palmen, das Meer, rote Sandstraßen und Frauen in bunten Kleidern, die beachtlich viele Sachen auf ihrem Kopf balancieren. 

Um 9 Uhr klopfte die Köchin an unserer Tür um uns zum Frühstück zu holen. Zu unserer Überraschung bestand dies aus Baguette mit Käse oder Erdbeermarmelade. Dann kam Jacques und zeigte uns das Gelände. „La maison“, wie die Einrichtung hier genannt wird, ist sehr viel größer, als ich es mir vorgestellt hatte. Jacques zeigte uns das Gebäude, in dem die Kinder schlafen, die Küche, das Sekretariat, sein Büro, die Sportplätze, die Schule und die Werkstätten. Neben einer Schneiderei gibt es eine Motorroller-Werkstatt und eine Holzwerkstatt, dessen entspannende Sägegeräusche einen den ganzen Tag begleiten. 

Das Wetter ist erstaunlich angenehm. Es ist zwar heiß und die Luft ist durch die Feuchtigkeit wie greifbar, doch durch die Regenwolken ist es bewölkt und es gibt viel Wind. Mal sehen wie es wird, wenn die Regenzeit vorbei ist…

Wir sind nun seit vier Tagen hier. Wir haben unsere Zimmer eingerichtet- die Koffer sind nun leer und die Wände zugekleistert mit Fotos von zu Hause. Wir haben die Gegend erkundet- uns über die freilaufenden, lauthals meckernden Ziegen auf den Straßen amüsiert und uns von Père Arnaud das Schwimmbad in einem benachbarten Hotel zeigen lassen, das wir benutzen können. Wir haben viel Zeit mit den Kindern verbracht- den Unterricht in der Schule beobachtet, den Kleinen das Lied „Salibonani“ beigebracht ( bzw. „Salut mon ami“, was die Kinder daraus gemacht haben) und ihnen am Abend bei ihrem Hausaufgaben geholfen. Es wird viel gesungen, getanzt, herumgealbert und vorgelesen. Gespielt, Händchen gehalten und „Quoi?“ gefragt. Ins Französisch reinzukommen ist schwer, aber ich bin zuversichtlich, dass es mit der Zeit schnell besser wird. Gegessen wird mit den vier Salesianern der Einrichtung- Jacques, Arnaud, Adolf und Julian. 

Abends sitzen Matilde und ich auf der Hollywoodschaukel auf unserer Dachterrasse, lesen, quatschen und tauschen uns aus, über die Dinge, die wir heute so erlebt haben. Es tut gut nicht alleine hier zu sein, die Erlebnisse teilen zu können, sich bei der Vokabelsuche beim Französisch-Sprechen zu unterstützen und über Dinge zu sprechen, die einen hier so beschäftigen. Und es tut gut, dass es halt Matilde ist und Matilde so ist, wie sie ist 💞. 

Alles in einem ist es eine Unmenge an neuen Eindrücken, die wir verarbeiten müssen, ein Alltag und Routinen, die erstmal geschaffen werden müssen, einige Vokabeln, die uns noch fehlen und die Realisation, die noch kommen muss- „Ihr seid hier keine Fremde- das ist euer neues zu Hause“ hat Jacques gesagt und mehr als recht damit. 

Wir sind glücklich hier. Wir fühlen uns willkommen und gebraucht, was guttut. Und wir sind gespannt auf alles, was kommt.

Fühlt euch gedrückt, bis bald et beaucoup des bisous💞💞💞

Marlene 

PS: Auf unserem Instagram-Account @beninjournal findet ihr mehr Bilder!!

Und kommentiert doch gerne etwas, damit ich sehe, wer meinen Blog alles so liest 😘😛

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Auf dem Weg zum Anfang

  1. Sabine Hilscher

    So schön geschrieben! So können wir ein bisschen mit Dir mitspazieren in Deine neue Umgebung…. Kuss, ich drück Dich auch -Mama

  2. Angelika Hilscher

    Liebe Marlene,
    Mama liest uns deinen Blog vor. Sie heult dabei sehr viel, weil sie ganz aufgeregt und gerührt ist. Wor sind gespannt, was als nächstes kommt.
    Deine Cousins Frederic und Vincent

  3. Aylin Cesme

    Hi hübsche, bitte ganz viel mehr blogs von eurer Reise. ich will alles wissen!
    Berlin ist nicht das gleiche ohne dich (wir vermissen dich), aber dank deinem Blog hört sich Benin nicht so weit entfernt an, fast so als würdest du uns am emmas markt von deinem Tag erzählen. Gib uns soviele Updates über dein Benin Alltag wie du nur kannst! Bleib Präsent und live life
    Ily xx
    -deine Sada

  4. Christine Rosenthal

    Liebe Marlene,
    was für ein wunderbar geschriebener Reise-und Ankunftsbericht! Ich habe ihn jetzt schon dreimal gelesen, weil ich ihn so toll finde und weil ich vor lauter Rührung über diesen riesigen Schritt, den du da gemacht hast, beim ersten Lesen mir gar nicht alles gleich merken konnte.
    Der wichtigste Satz ist für mich „Wir sind glücklich hier“… so schön, dass du und Matilde euch gefunden habt! Alles Liebe und Gute für die nächste Zeit! Christine

    • Clara Braune

      Mein liebstes Marlenchen. Genau eine Woche bist du jetzt weg und die Zeit ist wie stehn geblieben. Ich habe deine Rolle übernommen und wurde mit grippeviren und entzündungen nur überschüttet. Wir vermissen dich alle sehr und ich wünsche mir der herbst wird nicht zu dunkel ohne dein lachen. Es freut mich so das du gut angekommen bist und ich bin zuversichtlich das du sprachenprofi dich ganz schnell ans französisch gewöhnen wirst. Fühl dich gedrückt ganz lange! Tausende bisous😘 und grüße an Matilde.
      Deine Clara

  5. Ulla

    Marlene- ich mag das zurückschreiben, was deine Verwandtschaft geschrieben hat. Toll geschrieben und „wir sind glücklich hier“ freut uns im Team natürlich auch total. Wir wissen, es wird auch andere Tage geben:-) So freuen wir uns aber, dass ihr Pioniere in Porto Novo einen guten Start hattet! Liebe Grüße
    Ulla von Don Bosco Volunteers

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