Am 4. Oktober haben wir uns voneinander und Benediktbeuern verabschiedet und verschiedene Züge haben uns an verschiedene Orte gebracht. Mich hat der Zug in Würzburg abgesetzt und mit mir meine 3 Lieblingsvolos: Pauline, Daniel und Anna <3
Hier leben und arbeiten wir auf dem Gelände der Caritas-Don Bosco GmbH. Pauline und ich arbeiten in der Kita Margherita, die – wie ich nach 5 Wochen herausgefunden habe- nach der Mutter Don Boscos und nicht nach der Pizza benannt wurde. Daniel arbeitet in der BvB Jugendhilfe (berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme) mit Jugendlichen, die wegen bestimmter Einschränkungen z.B. Autismus, auf eine Ausbildung unterstützend vorbereitet werden. Anna hilft in der MuKi mit, einer Mutter- Kind- Wohngruppe, in der Kinder mit ihren Müttern, die ihren Alltag aus diversen Gründen nicht allein bewältigen können, begleitet und betreut werden.
Die Kinder aus dem Kindergarten denken zwar oft, dass wir auch im Kindergarten schlafen und wohnen, aber das stimmt nicht so ganz.
Wir wohnen bei 4 Patern oder auch Salesianer Brüder genannt. Das sind Menschen, die sich einem katholischen Männerorden verpflichtet haben und den Fokus nicht auf sich selbst, sondern auf Kinder und Jugendliche richten, deren Leben von Schwierigkeiten und Problemen geprägt ist.
Manchmal fühlt es sich so an, als hätte ich 4 Papas und schon immer hier gelebt. Andererseits ist es aber auch eine ganz neue Art zu leben. Ich habe zwar eine große Familie, aber jeden Abend mindestens zu acht zu essen, bin ich auch nicht gewöhnt. Das Beste daran sind die guten und hitzigen Diskussionen und Gespräche über: Sexismus, Rassismus, Gendern, die Kirche als Institution, Sex und Ehe, oder das „NachdemTodthema“, kurz gesagt: über Gott und die Welt.
Ich schätze diese Menschen wirklich sehr, denn von ihnen kann ich jeden Tag lernen. Sie sind unfassbar gebildet, selbstlos und bescheiden. Vor allem aber sind sie gastfreundlich. An einem Wochenende haben mich 6 FreundInnen besucht und auch sie wurden mit viel gutem Essen, Schlafmöglichkeiten und Herzlichkeit beschüttet. An diesem Abend waren wir ca. 16 Leute am Tisch und das kommt nicht einmal selten vor. Ich erinnere mich noch gut daran wie Nora (eine meiner Freundinnen) Tränen in den Augen hatte, weil sie von der Harmonie und Offenheit, die ihr in diesem Haus begegnete, so gerührt war.
Viele Vorurteile über den katholischen Glauben konnte ich dank dieser Erfahrungen hier ablegen und durch neue Erkenntnisse ersetzen. Ich bin nicht getauft oder religiös, trotzdem finde ich es interessant den Glauben Mal hautnah mitzuerleben. Sei es beim beten vor dem Essen, beim Gottesdienst in der Kapelle, den Gesprächen mit den Patern oder einmal mit einer Nonne, die mir erzählt hat, dass sie neben glauben eben auch noch anderes tut, wie z.B. Quad fahren oder YouTube schauen. Sie hat mir gezeigt was sie unter ihrer Ordenskleidung trägt und wie ihre Haare unter ihrem Schleier aussehen. Vor allem aber war sie lustig und viel „normaler“ und weltoffener als ich mir eine Nonne so vorgestellt hatte…
Ich denke, dass ich durch die unglaublich interessanten Menschen um mich herum – seien es meine Mitvolos oder die Pater- in 3 Monaten doppelt so viel gelernt habe, wie in den letzten zwei Schuljahren. Sowohl inhaltlich als auch zwischenmenschlich, aber vor allem auch über mich selbst. Für mich ist das hier ein Ort und eine Zeit der Reflexion über mein eigenes Verhalten, aber auch über den Rest der Welt. Das klingt vielleicht möchtegernweise, aber ich denke, dass jede*r Freiwillige selbst die Erfahrung gemacht hat, in dieser Zeit in vielerlei Hinsicht gewachsen zu sein. Und son bisschen wachsen schadet ja auch nie.
In meinem nächsten Blogbeitrag werde ich über den Kindergarten erzählen und wie ich von den Kindern gelernt habe, dass meine Sommersprossen eigentlich Pocken sind, ich eine Glatze habe, bestimmt schon 10 Jahre alt bin und vieles mehr…
Tschüssi- Kaya 🙂
Wolfgang Kirchner
Kaya, ich bin begeistert von deinem Bericht. Lange nicht so was Positives gelesen!!!!