Voll des süßen Weines?!

manchmal andächtig…

Adoration – so nennen die das, was hier jeden Donnerstag passiert und für einen westeuropäischen, bodenständig katholisch erzogenen erstmal sehr verwirrend ist.

Hallo liebe Leser,

heute Abend möchte ich euch der von der Kirche berichten. Keine Angst, dieser Blog verkommt nicht zum Ein-Jahr-Afrikanische-Kirche-Blog. Tatsächlich aber beginnt meine eigentliche Arbeit erst in ein paar Tagen (da werde ich dann auch mal mehr davon berichten). Deshalb habe ich gerade noch Zeit mit vielen Menschen zu sprechen, zu spielen und eben auch in die Kirche zu gehen. Und davon jetzt mehr:

Hier finden grundsätzlich und jeden Tag eine bis zwei Messen statt. Das liegt wohl daran, dass auch Afrikaner in Langschläfer und Nachtwandler unterteilt werden können. Donnerstags wird aber (nach alter Tradition) nach der Morgenmesse das Allerheiligste für eine Anbetung ausgesetzt (d.h. Christus – ja Gott selbst – wird in Form einer gewandelten Hostie (Brot) auf dem Altar in einer Monstranz (Goldenes Aufbewahrungsgefäß mit Fenster) verehrt. Verehrt (beten, klagen, danken, bitten…) von allen die eben gerade Vorbeikommen, Zeit haben oder sich Zeit nehmen. Abends findet dan die große Adoration statt.

Es ist ja nicht so das hier Kirche eh schon lebendiger, mit E-schlagzeug und Chor gefeiert wird, aber Donnerstags zur Adoration (Verehrung) – wenn der Leib Chriti wieder eingesetzt (verpackt) wird – dann geht hier die Meute richtig ab. : ) Hier tanzen die vor Christus so krass, dass jede „Disse“ in Deutschland direkt wieder zumachen kann.

… oft geht’s hier aber ab!

Hier wird mit so einer Überzeugung und Freude gesungen und geklatscht, das ist echt unglaublich. Als ich das zum erten mal gesehen habe dachte ich an die Pfingsterzählung der Bibel. Da heißt es nämlich, als die Jünger begeistert von Gott anfangen zu erzählen:

Andere aber spotteten: Sie sind vom süßen Wein betrunken. (Apostel. 2,13)

Ich habe mir auch Überlegt. Ich habe da etwas mir fremdes miterlebt und konnte das nicht verstehen. Da kommen so Gedanken wie: Ist das nicht unwürdig, falsch, und unhöflich vor Gott selbst, so die Sau raus zu lassen? Ist das (reflektierter-) Glaube oder sind die gerade echt alle zu und verstehen nicht um was es wirklich geht? Darf man das?

Jetzt, ein paar Gedankenstunden weiter, glaube ich, dass die Menschen hier in ihrer ganz eigenen (für uns fremden) Sprache zu Gott reden (das heißt es so ähnlich ein bisschen früher in dieser Bibelstele). Und diese Sprache des Tanzes und des Gesangs, des Gebetes zu Gott, die beherrschen die hier fließend. Die beherrschen die jeden Donnerstag, wenn Piano und Trommel den Takt geben und mit erhobenen Händen durch das Kirchenschiff gefeiert wird. Die sind also nicht besoffen, sondern haben eine Art Gott zu ehren, zu beten, entwickelt, die dem Normalchrist in Europa vielleicht fehlt.

Gott zu Ehre muss man auch mal abdancen dürfen. Bei dem Leid (materielle Armut ist glaube ich sogar das kleinste der Übel), das die Menschen hier täglich erfahren und das sie Gott schon auch klagen, ist Feier und Tanz vielleicht auch bitter nötig.

Das Schild hier erzählt mit seinen Einschusslöchern ein bisschen vom Leid

Ich bin sehr gespannt was ich über die Menschen hier lernen kann, was sie wirklich glauben und was sie wirklich fühlen.

In sofern rufe ich auf: geht mal in die Kirche und fangt an zu tanzen und zu klatschen – Gott so richtig zu ehren; Ich kann das nicht immer brauchen, aber hin und wieder geht einem da das Herz auf.

Gute Nacht und allerbeste Grüße

Mart!en