Neues Auf der Arbeit

In meinem Alltag hat sich seit meinem letzten Eintrag nicht viel verändert. Ich habe noch kein festes Barrio, in welchem ich arbeite, aber werde nach und nach mehr in die Arbeit eingebunden. Dies geschieht z.B. dadurch, dass ich ein neues Spiel einbringen soll. Mittlerweile habe ich mich auch daran gewöhnt von den Kindern in den Barrios mit „profe“ angesprochen zu werden. „Profe“ ist eine Abkürzung für „profesor“, was mit „Lehrer“  übersetzt werden kann.

Meine schönste Erfahrung auf der Arbeit war bisher, als ich mit ein paar Kindern in der Mittagspause auf einen Sportplatz (umzäunter Beton-Platz mit verschieden farbigen Spielfeldern, Toren und Basketballkörben) im Barrio gegangen bin. Dabei konnte ich mich länger mit den Kindern unterhalten und sie viel besser kennenlernen. In den „Gruppenstunden“ auf der Arbeit wird viel wert drauf gelegt, dass die Kindern sich gegenseitig zuhören, wodurch ich eher dafür sorgen muss, dass die Kinder ruhig sind, als dass ich mich mit ihnen viel unterhalten. In der Mittagspause wurde herumgetobt  und ich bekam eine abgewandelte Art des „Völkerball-Spieles“ beigebracht.

Straßenfußball (6 vs 6 auf Beton)

Natürlich dürfte auch das Fußballspiel nicht fehlen. Die Kinder forderten mich heraus, dass ich zeigen soll, warum Deutschland Weltmeister ist. Nach einer anfängliche Schwächephase und einem 3:0-Rückstand, welcher von den Kindern ausgiebig genossen und gefeiert wurde, drehte der „profe“ doch noch auf und gewann die Partie (alleine gegen 5 Kinder). Für die Kinder der Beweis, dass Deutschland zu Recht Weltmeister ist. Aber wenn es nach den Kinder geht ändert sich dieses Kräfteverhältnis noch bis zur Weltmeisterschaft im nächsten Jahr.

An einem Abend kam ich auch in den Genuss mit den Jugendlichen der Ciudad Don Bosco auf Beton-Boden zuspielen. Es wird mit einem Futsal-Ball (kleiner und schwerer als der normale Fußball) gespielt, die Tore sind ca. 1×1 Meter und es funktionieren nicht alle Lampen, so dass es vor allem in den Ecken des Kleinfeldes sehr dunkel. Fauls gibt es eigentlich nicht, wodurch zwar sehr hart und mit viel Körpereinsatz gespielt wird. Jeder Trick wird erst Mal eine Minute mit seinen Freunden gefeiert, auch wenn man direkt danach den Ball verliert und die eigene Mannschaft ein Tor kassiert. Mir gefällt diese Art des Fußballs sehr, auch wenn danach jedes Mal meine Knie bluten… Aber das kenne ich ja schon aus Deutschland und es passiert auch auf Kunstrasen.

Kolumbien bei der Weltmeisterschaft

Eine wichtige Entscheidung, die erst in den letzten Minuten der Qualifikation gefallen ist und fast mehr gefeiert wurde als der WM-Titel in Deutschland. Anfangen muss ich aber mit dem vorletzten Quali-Spiel an dem Donnerstag, wo auch die Deutschen gespielt haben. Mein deutscher Mitvoluntär, eine Pädagogin und ich sind mit einem Taxi auf dem Weg ins Barrio „Carpinelo“. Da jeder Zweite auf der Straße ein Kolumbien-Trikot trägt, kommen wir schnell auf das Thema „WM-Qualifikation“. Auf meine Aussage, dass Deutschland die Qualifikation noch nicht sicher hat und heute spiele, wurde ich scherzhaft darauf Aufmerksam gemacht, dass ich in Kolumbien wäre und zu erst zu Kolumbien halten müsste…. Auf dem Rückweg in die Ciudad Don Bosco war es auf den Straßen schon sehr ruhig, obwohl es über einen Stunde vor Anpfiff der Partie war. Kolumbien verlor die Partie in den letzten Minuten noch und so waren nur die beiden Deutschen gut drauf, da Deutschland die Qualifikation nach dem Sieg sicher hatte.

Im letzten Quali-Spiel (Peru vs. Kolumbien) ging es für Kolumbien also noch um alles. Ich konnte das Spiel zusammen mit den Jugendlichen gucken. Die Anspannung war riesig. Noch größer wurde die Anspannung nachdem bekannt wurde, dass Argentinien führt und Kolumbien in der Live-Tabelle nur noch auf dem Play-Off-Platz steht. Dabei würde Peru ein Tor ausreichen um Kolumbien von diesem Platz zu verdrängen. Es gab mehrere Aufreger und gefühlt schrie ganze Kolumbien immer gleichzeitig auf. Letztlich verlief jedoch alles so, dass sich Kolumbien qualifizierte und die Jugendlichen fiebern der WM entgegen. Es ist sehr schön zu sehen, wie Fußball dieses Land verbindet und alle mit dem Herzen dabei sind, wenn ihre „selección“ spielt.