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Unser Jahr in Hyderabad

Wie in der Schule…

So hier sind wir wieder,

„live“ zugeschaltet aus Ramanthapur, Hyderabad. Aufgrund von vielen verschiedenen Aufgaben und Aktivitäten in letzter Zeit, sind wir bis jetzt leider noch nicht dazu gekommen, die nächste Sendung auszustrahlen. Wir beschreiben euch aber heute endlich unseren normalen Tagesablauf, weil uns nach zwei Monaten hier in der Einrichtung aufgefallen ist, dass ihr noch gar nicht so genau wisst, was wir hier überhaupt machen.

Das erste Mal werden wir an fast jedem Tag um 5.45 Uhr von der „Schulglocke“ geweckt, die eigentlich immer läutet, wenn der nächste Programmpunkt ansteht. Wir wachen dann meistens kurz auf, sofern man keine Ohrenstöpsel in den Ohren hat, drehen uns mit einem schadenfrohen 😉 Lächeln (die Jungs müssen jetzt nämlich aufstehen und wir nicht) auf die andere Seite und schlafen weiter. Am Dienstag und Donnerstag ist uns dieser zweite Schlaf allerdings nur für eine halbe Stunde gegönnt, weil wir dann aufstehen, um den morgendlichen Gottesdienst zu besuchen. Leider ist dieser immer auf Telugu, wovon wir immer noch nicht so viel verstehen (bis auf das „Vater Unser“). Aber was nicht ist, kann ja noch werden…

An den restlichen Tagen (außer am Sonntag) beginnt unser Tag erst um 8 Uhr mit P1000784dem Frühstück, wofür wir sehr dankbar sind. Dort gibt es jedes Mal verschiedene warme indische Gerichte, wie z.B. Currynudeln mit Ei, Tschapathi, Dosa, Puri oder wahlweise auch Brot aus unserer Bäckerei.

Mit dem Frühstück müssen wir uns meist ein wenig beeilen, da es um 8.25 Uhr schon wieder zum Morning-Assembly läutet. Beim ersten Mal fanden wir es schon ein wenig befremdlich, dass die Jungs bei dem täglichen Schwur auf ihr Land, womit das Assembly beginnt, den rechten Arm gestreckt in die Höhe halten. 20161031_082942Allerdings muss man sich immer vor Augen halten, dass wir uns hier in einem anderen Land befinden und die Bedeutung damit eine ganz andere ist. Anschließend werden die Neuigkeiten des Tages von einem Jungen aus der Zeitung vorgelesen, ein Salesianer gibt den Jungs, ganz nach Don Boscos Pädagogik, einen guten Gedanken für den Tag mit auf den Weg, das Vater Unser wird auf Telugu gebetet und ganz zum Schluss wird die Nationalhymne Indiens gesungen.
Unsere Aufgabe ist es in dem Moment eigentlich nur präsent zu sein und die Jungs rechtzeitig zum Versammlungsort zu schicken. Vor allem die Brothers haben schon mit einem Augenzwinkern verkündet, dass sie sich schon sehr auf unser erstes „Good Morning“ auf Telugu freuen. Da müssen sie sich aber noch eine Weile gedulden. 😉 Aber zumindest haben sie schon unser erstes Good Morning auf Englisch zu hören bekommen, welches dann für die Jungs auf Telugu übersetzt wurde.

Dann haben wir eine ¾ Stunde Zeit, uns auf unseren Unterricht mit den Jungs vorzubereiten oder (was meistens der Fall ist) uns noch schnell ein paar Teluguvokabeln einzuprügeln. Gerade schwirren ganz viele Vokabeln für Tierarten, Gemüsesorten und Zahlen in unseren Köpfen herum. Falls noch jemand von euch etwas lernen möchte:

Enugu = Elefant
Udutha = Eichhörnchen
Alugada = Kartoffel
1=okati
2=rendu
3=mudu

 Von 9.30 Uhr bis 10.45 Uhr geht es dann in die Klassenräume, um die Trade – Boys (die Jungs, die hier eine Art Berufsausbildung machen) in Mathe und Englisch zu unterrichten. Das ist nicht immer eine einfache Angelegenheit, weil es sich manchmal doch schwieriger gestaltet als gedacht, Jungs mit wenigen 20161018_195711Englischkenntnissen Englisch auf Englisch beizubringen. Meistens findet man dann aber spontan eine Lösung und im Notfall vermittelt man mit Händen und Füßen, mit Malen oder ein paar kleinen Spielen.

Eva ist im Grade B mit fünf Schülern und Sarah im Grade C mit vier Jungs, die zwischen 13 und 17 Jahren alt sind. Unsere beiden Grades haben aber wenig zu sagen, weil wir letztendlich unsere Klassen auf einem Niveau der sechsten Klasse unterrichten. So versuchen wir gerade den Jungs die Bruchrechnung näherzubringen. 20161025_191915

Zwischen 10.45 Uhr und 11 Uhr ist die erste Pause für alle. Meistens sitzen wir mit Mitarbeitern und ein paar Jungs draußen in der Sonne und reden über Gott und die Welt. Vor einem Telugutest, den wir doch tatsächlich hin und wieder von unserer Lehrerin gestellt bekommen, ist das nochmal die letzte Gelegenheit, einen Versuch zu starten, sich irgendwie noch die letzten Vokabeln zu merken. Fast wie damals in der Schule – nur ohne Tisch und Spickzettel. 😉 Dafür aber mit super hilfsbereiten Mitarbeitern, die uns gerne in unserem Zweierunterricht besuchen und uns beim Schummeln helfen. 😉

Unser Teluguunterricht dauert gewöhnlich 1 ¼ Stunde und beginnt mit einem „kleinen Rundumcheck“ unserer meist indischen Kleidung, die eigentlich fast immer mit einem „ Bagundi“ für gut befunden wird. MP1000788anchmal wird aus dem Unterricht aber auch eine Tanzstunde, weil unsere Lehrerin mal einen deutschen Tanz zu sehen bekommen möchte, oder wir tauschen uns über unsere Kulturen aus, was für uns sehr wichtig und interessant ist.

 Um 12.30 Uhr geht es dann zum „Lunch“, wo wir erstmal den Jungs das Essen, Reis mit einem Curry und zu besonderen Anlässen, wie z. B. Sonntags, auch Hühnchen, austeilen. Vor und nach dem Essen wird gemeinsam gebetet.

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Anschließend essen wir zusammen mit den Brothers und Fathers zu Mittag, wobei wir meistens ziemlich viele Auswahlmöglichkeiten haben. Auf der einen Seite ist das zwar sehr nett und auch ziemlich lecker für uns, auf der anderen Seite führt das aber auch dazu, dass wir ein schlechtes Gewissen den Jungs gegenüber haben.

 Bis 16.30 Uhr haben wir dann Freizeit, in der wir einkaufen gehen, unsere Wäsche waschen, unser Zimmer sauber machen, uns ausruhen, Sport machen, in der Bäckerei aushelfen oder so wie gerade unseren Blog schreiben ;).

 Wenn wir Zeit und Appetit haben, gehen wir dann zur „Tea-Time“ (was meistens der Fall ist, weil die von den Jungs selbstgebackenen Kekse aus der Bäckerei einfach zu lecker sind 😉 ).OLYMPUS DIGITAL CAMERA

 Von 17 bis 18 Uhr besteht dann die Möglichkeit für die Jungs Fußball, Basketball oder Volleyball (manchmal auch Cricket) zu spielen. IMG_1102Wir probieren dabei unser Bestes zu geben, stets unter dem Motto: „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“ ;). Aber mit über 40 indischen Jungs, barfuß auf einer undefinierbaren Mischung aus Rasen und Kiesboden einem Lederball hinterher zu rennen, ist dann doch nicht so unser Ding. Das abschließende Ergebnis davon sind des Öfteren schmerzhafte Blasen unter den Füßen. Somit enden wir dann doch meistens irgendwo auf dem Volleyballfeld. Aber die Jungs freuen sich immer sehr über ihre „ Game-Time“ und genießen ihre wohlverdiente Auszeit vom Lernen und Arbeiten.

 

 Nach einer ¾ Stunde „ Washig – Time“, geht es dann für die Trade – Boys wieder zum Unterricht, der genauso abläuft wie am Morgen, und für die School – Boys zur Study – Time. So unterrichten wir bis 20 Uhr. 20161002_163412Dann läutet die „Schulglocke“, die hier aus einem alten Stück Schiene besteht, die an einem Baum hängt und auf die jedes Mal mit einer abgebrochenen Metallstange eingedroschen wird, zum Abendessen. Dort helfen wir beim Austeilen des Essens, was zum dritten Mal am Tag aus Reis (aber mit einem anderen Curry) besteht. Nachdem wir dann selbst gegessen haben, endet dann der Tag mit dem „Evening – Prayer“, bei dem die Jungs Fürbitten formulieren können, das „Vater Unser“ beten und ein Salesianer wiederum über einen guten Gedanken für die Nacht spricht.

 Das Wochende unterscheidet sich generell von den Werktagen. Am Samstag wird zwar morgens noch gebüffelt, gearbeitet und zur Schule gegangen, doch am Abend entfallen der Unterricht und das „Evening – Prayer“. Stattdessen wird ein Film geschaut, auf den die Jungs schon den ganzen Tag warten. Meistens handelt es sich dabei um Telugufilme. Ab und zu läuft aber auch einmal ein englischer Film, was uns dann natürlich freut.

Sonntags haben sie viel Freizeit und einmal im Monat sogar die Möglichkeit, auf eigene Faust etwas außerhalb des Geländes zu unternehmen. Meistens gehen sie ihrem liebsten Hobby nach – ins Kino gehen… Indien lebt von Filmen! Unsere Region hat sogar ihre eigene Filmindustrie – Tollywood.

 Freitags ist unser freier Tag, an dem wir inzwischen selbstständig mit dem Bus oder einer Rikscha die Stadt erkunden können. Letztens waren wir z.B. am Charminar, dem Wahrzeichen Hyderabads. Dort befinden sich eine Vielzahl von kleinen Läden und Ständen, an denen Unmengen an glitzerndem Schmuck, bunten Stoffen und für hier typische Spezialitäten verkauft werden. Wir haben die verschiedensten Getränke ausprobiert, die direkt frisch vor unseren Augen zubereitet wurden. Das bunte Treiben und die Stimmung überall haben wir sehr genossen. Und eins lernt man auf den Straßen Indiens auf jeden Fall – das ordentliche und konsequente Handeln.

Trotzdem sind wir am Abend dann doch etwas erschlagen von den Menschenmassen, der Lautstärke und dem vielen Stehen ins Bett gefallen.P100058520161104_133158

 

Soweit zu unserer Sendung… Wir werden uns bemühen, die kommende Folge ein wenig zeitiger zu veröffentlichen. Vielen Dank für das Einschalten! 😉

 Es grüßen euch ganz lieb aus HyderabadP1000558

 Sarah und Eva

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1 Kommentar

  1. Veronika Schröter

    Liebe Sarah,
    wie schön zu lesen, dass ihr den Jungs die Basics in Englisch beibringt! Ich wünsche euch viel Erfolg und vor allem gute Nerven dabei! 🙂
    Liebe Grüße aus der Theresienschule

Kommentare sind geschlossen.

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