Matteo in Coimbatore

1 Entwicklungsdienstjahr Indien

CWC – Ein Abkürzung, die viel zu neutral ist

CWC- Kids , these are the children, who need your help the most.    Fr. Ryan

Mit diesem Satz wurden uns erklärt, was „CWC-Kids“ bedeutet. Viel mehr wurde uns nicht gesagt, aber eigentlich ist das eine sehr gute Beschreibung und alles andere haben wir in den nächsten Wochen selber herausgefunden. So möchte ich aber nun euch nach fast 2 Monaten berichten, was es mit den CWC-Kids auf sich hat, die an der ein oder anderen Stelle schon Erwähnung gefunden haben.

CWC-Kids mit Muffins

Heute gibt es Muffins als Snack

Was heißt CWC?

CWC ist die Abkürzung für Children Welfare Committee. Dieses Organ wurde 2006 per Gesetz in Indien eingeführt. Seitdem muss jeder Distrikt mindestens eine solche Einrichtung betreiben. Die Children Welfare Committee wurde geschaffen, um Kindern, die Hilfe brauchen, zu beschützen und sich um sie zu kümmern. In einer CWC können Kinder max. bis zu 4 Monate unterkommen und versorgt werden. Dem Organ steht eine, von der Regierung zertifizierte, Person vor. Diese hat ungefähr den Rang eines Sozailrichters und darf zusammen mit dem CWC über die Zukunft des Kindes entscheiden. So viel zum theoretischen Teil. Mehr Infos findet ihr hier.

Wie sieht die Arbeit des CWC konkret aus?

Für uns beginnt alles meistens damit, dass die Polizei auf unseren Hof vorfährt. Die Polizisten klären dann ein paar Formalitäten. Unser Büro ist durchgehend besetzt, weil auch die Polizei zu jeder Uhrzeit Kinder findet und diese zu uns bringt.

Im Wagen sitzt dann noch ein Junge. Ein neues CWC-Kid. Manche Kinder schweigen die ganze Zeit bei der Ankunft nur. Andere weinen und andere blicken einfach nur verängstigt. Egal wer kommt, die anderen CWC-Kids nehmen den Neuen herzlich auf. Das schönste Erlebnis war, als das Kind nachts um 22.30 ankam und 2 CWC-Kids aufgestanden sind, eine Schlafstelle in einem separaten Raum für das Kind vorbereiteten und sich dann zu dem Neuen legten. Ich glaube, sie können sich einfach noch gut daran erinnern, wie es ihnen damals ging, als sie von der Polizei gebracht wurden.

In den folgenden Tagen wird das Kind, da oft keine Informationen vorliegen, befragt. Es werden viele Fragen gestellt und alles in eine nationale Datenbank eingetragen. So kann herausgefunden werden, ob unsere CWC-Kids irgendwo vermisst werden. Ein paar Kinder sind schnell wieder weg. Sie werden zurück zu ihrem Zuhause gebracht oder es werden neue Unterkünfte für sie gefunden. Einige Kinder bleiben aber auch mehrere Wochen. Manchmal sprechen sie nicht mal Tamil (Landessprache), sondern andere Sprachen oder weigern sich ihr Zuhause zu nennen. Nach spätestens 4 Monaten müssen sie allerdings in eine langfristige Einrichtung.

Kinder spielen Carrom

Carrom wird sehr oft gepielt

Wer sind die CWC-Kids?

Die CWC-Kids sind alle Kinder, die Hilfe brauchen. Klingt erstmal sehr vereinfacht, stimmt aber auch. Wir haben Kinder, die aus Kinderarbeit befreit wurden. Ihr Leben bestand vor dem CWC nur aus Arbeit. Manchmal durften sie sonntagmorgens noch ins Kino (hier kostet der Eintritt nur ein paar Cent). Ansonsten bestand jeder Tag für sie aus Fabrikarbeit. Viele CWC-Kids kommen auch aus gescheiterten Familien. Oft ist der Vater Alkoholiker und die Kinder werden fast immer geschlagen. Manchmal heiratet die Mutter als Witwe ein zweites Mal und der neue Ehemann möchte das Kind nicht. Es gibt viele Formen gescheiterter Familien. Manche Kinder werden auch zu uns gebracht, weil sie Zuhause komplett vernachlässigt wurden.

Viele Kinder sind oft schon von alleine von Zuhause weg gerannt und haben sich auf der Straße durchgeschlagen. Weil Coimbatore einen wichtigen Bahnhof besitzt, betreiben wir auch eine Einrichtung, direkt am Bahnhof. Hier halten Mitarbeiter gezielt Ausschau nach Kindern, die von Zuhause abgehauen sind und den Zug nach Coimbatore oder von Coimbatore nehmen. Jede Woche werden auf diese Weise ca. 15 Kinder gefunden. Allerdings kommt nicht jedes von ihnen dann auch zu uns ins CWC.

Viele Kinder haben schon in jungem Alter Drogen genommen. Einige haben schlecht gestochene Tattoos. Auch einige Narben, die schlecht vernäht wurden und andere Wunden bringt jedes Kind mit.

Ein CWC- Kid mit Matteo

Bei unserem Besuch in Salem im Zoo

Meine Arbeit mit den CWC-Kids.

Bei Don Bosco Anbu Illam liegt mein Hauptaugenmerk auf den „Nicht-CWC-Kids“, die dauerhaft bei uns wohnen und zur Schule gehen (siehe auch Tagesablauf). Das heißt, dass ich mit den CWC-Kids (bei uns nur Jungs) Zeit verbringe, wenn die anderen in der Schule sind. Trotz ihres von Leid bestimmten Hintergrundes sind die CWC-Kids Kinder, die fast immer lächeln und sich immer freuen, uns zu sehen. Ich würde sogar behaupten, dass sie mehr lachen als Kinder ohne solche Erfahrung. Da unsere Children Welfare Committee keine dauerhafte Lösung für sie ist, gehen sie nicht zur Schule und haben somit viel Zeit, die sie füllen müssen. So spielen wir vieles und alles, worauf die Kinder gerade Lust haben. Nachmittags basteln wir oft mit einer Betreuerin und den Kindern etwas. Bei dem Spaß, den wir zusammen haben, denkt man kaum darüber nach, was die Kinder erlebt haben. Man kann und sollte die meiste Zeit ausblenden, durch welche Hölle viele Kinder gegangen sind. Man sollte es aber nie vergessen.

Die CWC-Kids mit einer der Betreuerinnen

Was passiert mit den CWC-Kids?

Zur Wahrheit gehört auch, dass einige Kinder abhauen. Gründe dafür sind schwer zu verstehen. Aber wenn man nur von Tag zu Tag lebt, kann ein leben frei von jeder Fremdbestimmung kurzfristig attraktiver erscheinen. Wenn ein Kind abhaut, können wir nur hoffen, dass es zurückkommt, was meistens passiert, oder es woanders eine sichere Unterkunft findet.

Die meisten Kinder kommen allerdings sehr schnell, nachdem sie bei uns „vorbeigeschaut“ haben, zurück zu ihren Familien oder werden in passenden Langzeitunterkünften untergebracht. Diejenigen, die bei uns bleiben und kein anderes Zuhause finden, versuchen wir in unserer Langzeitunterkunft unterzubringen und sie langsam in den normalen Alltag einzugliedern.

Die CWC - KIds beim Mittagessen

Mittag gegessen wird draußen

Sonstiges

Letzten Freitag gab es für alle deutsche Pfannkuchen in unserer 2. Kocheinlage. Dazu kommt demnächst ein kleiner Eintrag. Gerade Schoko-Bananen-Pfannkuchen kamen gut an. Sonst sind wir im normalen Alltag. Am Dienstag besucht uns der Provinziell. Darauf bin ich sehr gespannt. Ansonsten werden wir im November unsere Volontärskollegen in Keela Eral besuchen. Auch der Urlaub in Goa über Sylvester ist gebucht. Auf beides freue ich mich schon sehr.

Mir geht es hier sehr gut und ich hoffe, dass es euch in Deutschland auch allen gut geht. Vielen Dank, dass ihr meine Blogs so fleißig lest.

Bis dann

Euer Matteo

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1 Kommentar

  1. Jürgen Lillteicher

    Matteo, hört sich super an, was Du machst! Eine ganz wichtige Arbeit und für die Jungs sicherlich eine ganz tolle Erfahrung. Weiter so!
    LG
    Jürgen

Kommentare sind geschlossen.

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