Vorne weg. Es ist Mitte Oktober und fast zwei Monate sind nun vergangen seitdem ich Deutschland in Richtung Kolumbien verlassen habe. Inzwischen habe ich mich in Medellín eingelebt und auch einiges erlebt, dieser Zeitraum war sehr intensiv und fühlt sich deutlich mehr an als nur zwei Monate. Ich möchte euch meine Reise erzählen und dort beginnen wo ein anderes Kapitel (für das erste) beendet wurde. Deutschland. 

(Da meine Ankunft in Medellín bereits am 6. September geschehen ist und wir mittlerweile den 16. Oktober haben werde ich auf Entwürfe zurückgreifen die ich bereits am 7. September verfasst habe, um die Originalität zu wahren.)

Es ist der sechste September und das Kapitel Bundesrepublik Deutschland ist für erste Zeit erstmal beendet. Beim realisieren dass das Leben so wie ich es bisher gekannt habe nun erstmal ein Ende findet spüre ich ein mulmiges Gefühl in mir. Vor wenigen tagen im August saß ich noch mit Freunden zusammen, aß mit ihnen, feierte mit ihnen, lebte mit ihnen. Mir wird die Zeit fehlen, mir wird dieser Sommer 24‘ fehlen der zwar nicht perfekt war und dennoch ganz eigen für sich steht. Es sind die kleinen Momente die das große und ganze ausmachen, sowie ein Buch aus mehreren einzelnen Seiten besteht und doch am Ende daraus eine Geschichte entsteht. Die Momente die ich erlebt habe, habe ich sehr genossen wie unter anderem das beisammen sein mit meinen Freunden im Godesberger Kurpark wo viel miteinander geredet wurde, wo viel gelacht wurde und gleichzeitig auch ernste Themen besprochen wurden. Themen die jeden von uns bewegen. Das Mondlicht fiel bei Nacht auf den Teich in diesem idyllischen Park während philosophiert wurde. 

Doch kommen wir wieder zur Abreise. Die letzten Tage im September ließen mich mit einem mulmigen Gefühl stehen. Der Herbst beginnt langsam doch ich spüre mit der bevorstehenden Reise einen Frühling in mir, es wird durch dieses Auslandsjahr zu Veränderungen kommen, ich werde mich weiterentwickeln, ob ich will oder nicht aber Kolumbien wird mich ändern. 

Es ist der sechste September, ich bin gerade Aufgestanden, zufrieden da ich noch mit jedem gesprochen habe mit dem ich sprechen wollte. Ich blicke ein letztes mal in mein Zimmer. Ich seh mein Bett in dem ich so viele Nächte verbracht habe, in dem ich so viel geträumt habe das man darüber hätte ganze Bücher schreiben können, in dem ich so viele Ideen hatte. Ich schau mir ein letztes mal meinen Schreibtisch an an dem ich so viele meiner Ideen aufschrieb und las. Mein Blick wandert rechts zu meiner Tür rüber wo mein riesiges Karl Marx Poster mich anschaut, ich schau Marx in die Augen, ein Denker der mein Denken in den Jahren der Oberstufe stark geprägt hat. Ich verlasse mein Zimmer in dem ich so viele Erinnerungen habe und mache mich mit meiner Familie auf den Weg nach Frankfurt am Main, die Stadt in der ich noch vor 20 Jahren das Licht der Welt erblickte. Das ist für das erste die letzte gemeinsame Autofahrt die ich mit meiner Familie haben werde. Ich steige in das Auto und blicke aus dem Fenster heraus und blicke ein letztes mal zu meinem Haus rüber.  Ganze 14 Jahre lebte ich dort, wuchs, grillte, feierte meine Geburtstage wie auch den letzten der noch vor einigen Tagen gefeiert mit meinen Freunden zelebriert wurde. Jetzt heißt es fürs erste Abschied nehmen.

Es geht auf die Autobahn in Richtung Frankfurt am Main. Die Autobahn ist leer und der Himmel bewölkt, es ist recht kühl dafür das vor einigen Tagen noch eine unbändige Hitze herrschte. Langsam  trifft bei allen im Auto die Erkenntnis ein das es gleich Auf Wiedersehen heißen wird. Die Stimmung im Auto ist trist und parallel dazu heiter. Der Moment wird nochmals genossen bevor man dann allmählich am Frankfurter Flughafen ankommt und der typische Flughafen stress beginnt. Das Terminal muss erstmal gefunden werden, dann das Gepäckstück, was einige Tage zuvor sehr durchdacht gepackt worden ist, zum Boarding gebracht werden. Ein Stress der immer wieder nervig wird. Langsam endet dieser Lebensabschnitt, am Flughafen von Frankfurt am Main. Ich verabschiede mich nun von meiner Eltern. Ich seh den traurigen Blick meines Vaters, ich schau in die durch Tränen verglasten Augen meiner Mutter. Ich umarme beide und bin in diesem Moment selbst traurig. Mein Kopf weiß ebenso wie die Köpfe meiner Eltern das ich wiederkehren werde, aber versuche das mal dem Herzen zu erklären. Ich begehe mich zur Passkontrolle und drehe mich ein letztes mal um und schaue zu meiner Familie rüber die mich ebenso ein letztes mal anschaut. Ab hier beginnt für mich die neue Reise. 

Nun geht es zur Passkontrolle, dann zur Sicherheitskontrolle wo ich erneut wieder mal strenger gemustert werde als der Rest. Dem ganzen überstanden geht es nun zum Abflug Terminal wo die anderen zwei Volontäre bereits auf mich warten. Die anderen zwei haben jeweils eine andere Lebensgeschichte bisher durchgemacht als ich, jedoch beginnt nun für uns alle die Reise nach Kolumbien. Wir warten und die Zeit scheint einfach nicht zu vergehen. Ich kann es jetzt kaum abwarten los zu fliegen und da – die Durchsage das wir jetzt das Flugzeug besteigen dürfen. 

Jetzt geht es wirklich los, die Maschine beginnt zu laufen und die Räder zu rollen und wir begeben uns in den Himmel. Aus dem Fenster schaue ich noch einmal auf deutschen Boden. Ich sehe Felder und Wälder, sehr typisch für unser Land. Ich sehe auch zum letzten mal das Frankfurter Waldstadion wo so häufig meine Eintracht vom Main in hessische Ekstase verfiel und das Stadion zu einem Hexenkessel verwandelte wo auch Gegner wie der FC Barcelona oder der FC Bayern von der Frankfurter Eintracht deklassiert wurden ist. Die Höhenmeter steigen immer weiter und alles rund um dieses Flugzeug wird kleiner. Manche Passagiere schliefen, man schauten Filme. Ich für mein Vergnügen laß mir eine Sammlung der Werke George Orwells durch, seine Werke prägten mich durch tolle Lehrer und einem wahnsinnig spaßigen Literaturkurs durch die Oberstufe. Kaum fand ich meine Ruhe und schon wurde sie durch einen medizinischen Notfall beendet. Der gesundheitliche Zustand eines Passagiers hatte sich im Verlauf des Flugs lebensbedrohlich verschlechtert. Der Pilot musste aufgrund des Vorfalls auf einer portugiesischen Militärbasis notlanden. Das Kerosin wurde freigesetzt am hellblauen Himmel. Alles wurde wieder größer und so landeten wir auf dieser Insel die einen Hauch von der Insel aus Jurasic Park hatte.  Zuerst war mein Gedanke das dem Passagier hoffentlich geholfen wird, mein zweiter Gedanke galt jedoch dem Anschlussflug aus der kolumbianischen Hauptstadt Bogota hin nach Medellín. Der Flug von Frankfurt am Main nach Bogota war so eingerichtet das man nach einer dreiviertelstündigen Wartezeit den Anschlussflug nach Medellín nimmt. Das scheint wohl nicht mehr hinzuhauen. ,,Scheiße‘‘ dachte ich mir, was sollte ich jetzt machen. Auf einer Militärbasis gelandet, mit dem Wissen das man durch das warten einer unbestimmten Zeit seinen Anschlussflug verpassen wird und man niemanden Bescheid geben kann. Im Endeffekt wird einem nicht viel Wahl gelassen, man muss es jetzt so hinnehmen wie es ist und warten bis es eine Lösung gibt. Der Passagier wurde in das Militärkrankenhaus gebracht und nun mussten wir warten bis das Flugzeug genug Treibstoff besitzt um nach Kolumbien zu fliegen.  Zwei Stunden waren vergangen, doch es fühlten sich wie kleine Ewigkeiten an eher das Flugzeug wieder in Bewegung gelang. Somit war es nun endgültig besiegelt das ich meinen Anschlussflug verlieren würde. Die Lufthansa gab kurz und trocken mit das man sich drum kümmern würde, was man aber darunter Verstand verstand so ziemlich keiner, vermutlich nicht einmal die Lufthansa Mitarbeiter selber. Minuten und Stunden vergingen und langsam machte sich die Anstrengung der gesamten Reise bemerkbar ehe man den Versuch zu schlafen wagte. Es fühlte sich wie ein Kampf mit dem Körper an, die Minuten vergingen einfach nicht und ich hatte das Gefühl je öfter ich auf meine Armbanduhr schaute das die Zeit eher sogar zurück ging. Die Zeit verging und man sah in der Dunkelheit langsam die Lichter der Stadt Bogotas. Mit der Sichtung der Stadt kam auch wieder die Vorfreude das dieser ,,Leidensweg‘‘ nun bald ein Ende finden würde. Bei der Ankunft wurde die Information der Lufthansa durchgegeben das es aufgrund der immensen Verspätung einen Sonderflug nach Medellín geben wird der in einer halben Stunde losgeht. Sofort nach Landung wurde sich gesputet. Schnell durch die Visa, dann durch die Personenkontrolle und dann das richtige Gate im Flughafen der Hauptstadt finden. Ich hätte gerne mir die Zeit genommen eine Cola zu trinken aber das war leider durch das straffe Programm nicht möglich. Am Gate angekommen wurden wir direkt ins Flugzeug gelotst. Das Flugzeug war hierbei nicht mehr so riesig wie das vorherige. Die Flugzeit von Bogota nach Medellín beträgt 35 Minuten was sehr seltsam ist wenn man dabei bedenkt das eine Busfahrt von der einen zu der anderen Stadt etwa 9 Stunden voneinander trennt. Auf meinem Sitzplatz angekommen ging es eigentlich direkt los. Nur noch eine halbe Stunde war ich von meinem Zielort noch entfernt, das beruhigte mich und mit der Entspannung begann erneut der Kampf mit der Müdigkeit. Ich gewann ihn und dachte über mein kommendes Jahr nach. Welche Erwartungen ich habe und was alles auf mich zukommen würde. Dieses Jahr wird definitiv mein Leben nachhaltig prägen, so sagte es mein Vater der in den 90er Jahren seinen Freiwilligendienst in Tijuana, Mexiko hielt und auch meine Schwester die 2017/2018 ihren Dienst in Cochabamba, Bolivien machte. Die Graefs entdecken Lateinamerika könnte man so schreiben. Lateinamerika ist dabei ein so vielfältiger Ort des globalen Südens und der Erde. Man könnte dem lateinamerikanischem Volk die beiden Beine abschneiden und dennoch würden sie es irgendwie schaffen zu laufen, sowie sie trotz allen Wiedersprüchen dennoch schaffen ein Leben zu leben was lebenswert ist. Kolumbien wartet nun auf mich beziehungsweise ich warte auf Kolumbien, so und nicht andersrum. Die Reise beginnt bald und Goethe schrieb einst ,,Die beste Bildung findet ein Mensch auf Reisen‘‘. In Medellín angekommen trifft mich eine Welle von Erleichterung. Meine Odyssee die nicht aufzuhören schien war nach 15 oder 16 Stunden nun fast beendet. Nur noch die Koffer abholen und dann sich zur Anlage wo man wohnen wird bringen lassen und dann darf ich mich ins Königreich des Schlafs begeben.  Die absolute Erleichterung kam dann schlussendlich nach dem ich mein Koffer in empfang nahm und realisierte das ich komplett ganz in Kolumbien angekommen bin, das hatte ich mehrfach während der beiden Flüge angezweifelt. Den Koffer abgeholt ging es schnell weiter, ich sah zum ersten mal Medellins Flughafen und zeitgleich war es nicht das erste mal. Der Flughafen war mir durch die Netflix Serie ,,Narcos‘‘ ,die besonders in den ersten zwei Staffeln den Drogenkrieg Medellins behandelte, bekannt. Den Flughafen bestaunt ging es weiter in Richtung Robledo, Aures wo ich nun wohnen werde. Auf dem Weg fuhren wir durch einen der längsten Tunnel Kolumbiens, währenddessen bewunderte ich von der Fahrbahn die sich auf den Bergen befand, die Lichter Medellins. Es war ein nicht endendes Meer der Lichter, auf den Bildern und Videos ist es nicht einmal ansatzweise so wie es mit den menschlichen Augen ist. Die Fahrt wurde ruhiger, die Nacht, dunkler bis mich dann doch der Schlaf auf der Autobahn Kolumbiens einholte. Erst ist es langsam und dann doch schlagartig wenn man einschläft, genauso wie beim Start eines Flugzeugs was in unendliche Weiten los fliegt.

Aufgewacht bin ich dann in der Einrichtung, da es zu dunkel war und ich zu müde war und eigentlich mich nur noch nach einer Matratze sehnte konnte ich den gestrigen/heutigen Abend die Einrichtung bestaunen. Dafür wird wohl in den nächsten Tagen zeit bleiben. Im Haus der Volontäre angekommen begrüßten uns die Freiwilligen aus Österreich, sie stellten sich kurz vor und erzählten ein wenig von ihren zwei Wochen die sie schon länger da waren als wir. Ich aß und trank ein wenig ehe ich mich unverzüglich in mein Zimmer begab. 

In meinem Zimmer angekommen legte ich mich sofort in mein Bett und fiel fast direkt ins Reich der Träume. Ehe ich aber in den Schlaf fiel war ich umringt von einem Gefühl der Zufriedenheit und einem magischen Gefühl der Unverwundbarkeit, ein Gefühl was mich hoffentlich durch das Jahr tragen wird. Meine Augen schlossen sich, meine Atmung wurde ruhiger und ich schlief friedlich ein.