Liebe Leser,

nun ist doch schon ganz schoen viel Zeit vergangen und die Tage in Argentinien liegen schon echt weit zurueck.

Am Faschingsdienstag also machten wir uns frueh morgens auf den Weg zum Flughafen. Die Spuren der Faschingsfeier waren noch deutlich zu sehen. Denn die Tradition in Santa Cruz ist, alle vorbeikommenden Leute mit Farbe zu beschmeissen und zu bespritzen. Welche Inhaltsstoffe diese Farbe hat, haben wir bis jetzt immer noch nicht rausbekommen. Eins haben wir aber erfahren: In den Haaren bleibt sie ca. 3 Wochen, auf der Haut 3 Tage und in den Kleidern fuer immer. Wir hatten trotzdem grossen Spass und es fuehrte auch zu unserer Belustigung, dass wir Flughafenbeamte mit lila Straehnen oder einem Pinken Hals gesehen habe, wohlwissend, was sie am Wochenende davor gemacht haben.

Naja, wie gesagt, bekamen wir also am 12. Februar die Chance, nach Argentinien zu reisen. Dort angekommen stellten wir auf dem Weg vom ausserhalb gelegenen Flughafen in die Innenstadt erstmal fest, dass Argentinien offensichtlich reicher ist als Bolivien. Im Vergleich zu den alten, klapprigen und fast ausschliesslich dreckigen Autos, die hier zum groessten Teil die Strassen befahren, sahen wir Fahrzeuge, bei denen man tatsaechlich die Marke und das Nummernschild lesen konnte. Ja, in der Tat fuehlten wir uns ein bisschen wie auf einer deutschen Autobahn, als ein glaenzender VW nach dem anderen vor dem Fenster auftauchte.

Da unser Seminar erst am 15. begann hatten wir noch knapp 3 Tage Zeit das Zentrum Buenos Aires zu erkunden. Dazu quartierten wir uns in einem super Hostel, was sehr zentral gelegen war, ein.

Schnell stellten wir fest: Nicht nur die Autos in Buenos Aires sind sehr europaeisch – die Preise sind es auch!

Wir haben uns dann doch das ein oder andere mal zwingen muessen, nicht alles in „Bolivianos“ umzurechnen 😉

Die Stadt Buenos Aires ist fuer eine so grosse Stadt recht ruhig und die Architektur erinnert an Paris. Hohe Gebaeude mit klassischen Fassaden, breite Alleen und der Flair – all das erinnerte an Frankreichs Haupstadt.

Was uns auch sofort aufgefallen ist, ist, dass wir es nicht tun. Waehrend uns hier oft Blicke verfolgen, wir mit unserer weissen Haut doch sehr rausstechen und uns teilweise Leute wiedererkennen, die wir selbst noch nie im Leben gesehen haben, verschwanden wir in Buenos Aires vollkommen in der Masse. Koerpergroesse, Hautfarbe und Mode, all das sorgte dafuer, dass uns nur der fragende Blick und der Stadtplan in der Hand als Touristen verrieten.

Da Jacintha in der elften Klasse einmal einen 2 monatigen Austausch nach Buenos Aires unternommen hat, trafen wir am naechsten Tag ihre Gastschwester und diese erklaerte sich fuer diesen Tag als unsere Reisefuehrerin. Sie hatte sich ein Route durch das Zentrum ueberlegt, die uns alle Sehenswerte sehen liess, zum Mittagessen in der aeltesten Pizzeria der Stadt halt machte, Nachttisch in ihrer Lieblingseisdiele miteinschloss und einen schoenen Mix aus Sightseeing, Kultur und Shopping zuliess. Abgeschlossen wurde die schoene, aber anstrengende Tour durch ein „Asado“  im Haus von Jacinthas Gastfamilie. Dieses liegt ein bisschen ausserhalb in einem Wohngebiet. Der Abend war wirklich schoen, durch die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Familie fuehlten wir uns sehr wohl. Wir haben viel ueber Argentinien erfahren und ich denke, das war ein ganz spezieller Einblick in das „ganz normale Leben“, wie ihn nicht jeder Argentinientourist bekommen kann.

Etwas, dass nicht ins Auge, sondern „ins Ohr faellt“ und auch zu dem Titel des Artikels gefuehrt hat, ist der Dialekt, den die Argentinier haben. Das doppel L, was sonst ja wie J ausgesprochen wird, klingt in Argentinien wie „Sch“. Somit ist die Strasse in Argentinien auch eine „Casche“ und nicht wie bei uns eine „Caje“. Das ist auf jeden Fall ziemlich belustigend und auch, wenn man sich ein bisschen dran gewoehnen kann, klingt das einfach echt komisch!

Das war auch auf dem Seminar die ganze Woche ein Thema, da die Voluntaere aus Argentinien sich das natuerlich auch angewoehnt haben und somit wurden staendig Witze gerissen, dass sie ja z.B. sonntags kein „Pojo“ (Huhn) essen, sondern „Poscho“.

Die Stimmung auf dem Seminar war alles in allem eine gute. Wir haben ausfuehrlich unsere Projekte vorgestellt, Selbstreflexion betrieben, Probleme dargestellt, Loesungswege gesucht, Anekdoten erzaehlt und Erlebtes geteilt. Doch auch die Freizeit kam nicht zu kurz, wir haben einen Tagesausflug nach Tigre gemacht, wo wir mit Kanus eine Insel erkundet haben, die nur Wasserstrassen hat und eine recht Urwaldmaessige Vegetation.

Wir haben die Woche ueber festgestellt, wie unterschiedlich die ganzen Projekte doch sind, wie aber jedes einzelne seinen ganz eigenen Charakter hat und trotz Verbesserungvorschlaegen und Wuenschen, seine Arbeit gut macht.

Es war eine hilfreiche Woche, die Abstand zum Projekt erlaubte, Rueckblick, Vorausblick und half, neue Motivation fuer „Teil 2“ zu finden.

Etwas, dass es in Argentinien allerdings nicht gab und was uns jeden dort verbrachten Tag mehr fehlte, sind die Kinder des Hogars. Natuerlich sind in der Woche auch negative Erfahrungen mit den Kindern zur Sprache gekommen, aber des oefteren haben wir uns untereinander unterhalten und festgestellt: Wir vermissen sie.

Und so konnten wir kaum an uns halten, als wir zu Hause waren, die 300 Meter oestlich abzusolvieren und unsere Rabauken wieder in die Arme zu schliessen. Ein Hindernis stand dem nach Hause kommen von Argentinien nach Bolivien jedoch noch im Weg und dieses Hindernis nannte sich „8 Stunden Flugverspaetung“. Naja, immerhin haben sie uns ein Mittagessen spendiert, wir kennen den dortigen Flughafen jetzt ziemlich gut und als wir dann schlussendlich im schwuelen (war es vor 9 Tagen etwa auch schon so?!) Santa Cruz ankamen, waren wir erst mal reif fuers Bett.

Am naechsten Abend war die Wiedersehensfreude dann gross und was gibt es schoeneres als strahlende Kinder, die voller Freude auf einen zu rennen und in die Arme springen?

Als Wilkommensgeschenk gab es dann noch ein bisschen argentinische Schokolade vor dem zu Bett gehen, tausend Dinge, die es zu beantworten gab und nur noch mal um sich zu versichern die Frage, ob man morgen denn auch sicher wiederkaeme. (Erleichterung, auf die Antwort hin). Ausser der Schokolade hatten wir uns noch etwas fuer die Jungs ausgedacht, die uns immer wieder fragen, wie es im Flugzeug ist.

Um diese Neugier ein bisschen zu stillen, haben wir im Flugzeug das Abheben, Ankommen, das Essen und uns beim Quatsch machen gefilmt und dann auch in Buenos Aires ein bisschen. Das alles haben wir zu einem kleinen Filmchen mit Musik zusammengeschnitten, den wir den Jungs dann ein einem Abend gezeigt haben. Sie haben sich gefreut, auch wenn die Reaktionen erst so nach und nach kamen und auch erst mal so Kommentare wie „Du warst im Fernsehen“. Haha, wir sind halt beruehmt.

Seit diesen Tagen und der Wiederkehreuphorie ist jetzt auch wieder fast ein Monat vergangen. Es gab wohl auch die 1,2 Momente, in denen die aufgefrischte Motivation zu schwinden schien, aber alles in allem laeuft es wirklich gut. Der Rhythmus ist wieder da, die Kindern meistens gut drauf, lassen sich fuer die Actividades und so manches mal auch einfach fuer die Dusche begeistern und haben immer noch diese Momente, in denen ich sie am liebsten in meinem Koffer mit nach Deutschland nehmen wuerde.

Einen Rueckschlag, den ich in erleben musste war, dass Franco, ein Junge einer Gruppe, das Heim gewechselt hat. Franco war von Tag 1 an einer, den ich schon ins Herz geschlossen hatte. Der typische Quatschmacher und Chaot, der genau weiss, wie er einen anschauen muss, damit all der Bloedsinn, den er gerade angestellt hat, wie vergessen ist. Franco, der so tanzt, dass man weiss, dass sein Gerede von den „Chicas“ wahrscheinlich nicht nur Unsinn ist, denn wir alle mussten uns eingestehen mit 10 oder 11 haetten wir ganz sicher unser Herz an ihn verloren. (Ein bisschen habe ich das ja auch jetzt schon 😉 ) Franco, der jeden Samstag nach dem Video zielstrebig zu mir kam, damit ich ihn ins Bett trage und dann so suess mit dem Kopf auf meiner Schulter eingedoest ist, dass ich ihn am liebsten die ganze Nacht dort gelassen haette.

Franco gehoert zu den Kindern, die keinerlei Familie haben. So kam es, dass er auch die kompletten Ferien, die ja eine sehr intensive Zeit mit den Kindern war, da war.

Es gab einige Gruende, warum entschieden wurde, dass er das Heim wechseln solle und ich kann mich gluecklich schaetzen, denn sein neues Heim liegt direkt gegenueber vom Hogar. Somit habe die Chance ihn ab und zu zu sehen. Nun bin ich offiziell und mit Unterschrift im dortigen Hogar eingetragen und kann ihn an den Wochenenden auf Ausfluege mitnehmen. Somit waren wir letzten Sonntag Nachmittag im Schwimmbad und jetzt am Wochenende gehe ich mit ihm ins Kino. Ja, er ist verhaltener, als er es im Hogar Don Bosco noch war, aber ich denke, das ist normal. Bestimmt verwirrt und ueberfordert es ihn ein bisschen, mich auf einmal ausserhalb der Umgebung zu sehen, in der er mich abgespeichert hat und ausserdem sah er die paar male, die ich da war, auch immer recht aufgeregt aus, denn er ist es nicht gewoehnt Besuch zu bekommen und Ausfluege machen zu koennen. Im Schwimmbad ist er dann aufgeblueht und war wieder ganz der Alte.

Ich bin gespannt wie es diesen Sonntag wird und freue mich schon darauf, ihn wieder zu sehen!

Nunja, das war ein Rueckblick der letzten Wochen, ich hoffe, ich habe nichts Wichtiges vergessen. Hoffe, es geht allen gut und der Wintereinbruch in Deutschland nimmt euch nicht hart mit. Ich werde an euch denken, wenn ich morgen Nachmittag im Freibad tobe.

Liebe Gruesse

Lisa