Liebe Leser,
endlich schaffe ich es mal wieder, mich zu melden. Die Tage vergehen rasend schnell, sodass ich denke, ich habe den letzten Artikel gerade vor ein paar Tagen geschrieben….und im Nu sind 2 Wochen um.
Jetzt muss ich schon ein fast bisschen gruebeln, um darauf zu kommen, was alles passiert ist.
Da fangen wir doch gleich mal mit dem 5. Oktober an. Auf bolivianischem Boden habe ich meine Teenagerjahre hinter mir gelassen und kraeftig in den Beginn einer neuen Aera getanzt: Die 20er.
Da ich ein geborenes Glueckskind bin, war der besagte Tage ein Freitag und somit wirklich: frei(er) Tag!
Somit war es kein Problem bis Mitternacht wach zu bleiben…und eben noch ein bisschen laenger 😉
Obwohl ich mich auch schon ein bisschen frueher gefreut habe, als Jacintha mich um 18.00 Uhr im Hogar daran erinnerte, dass in Deutschland ja schon Mitternacht ist.
Naja, auf jeden Fall waren wir feiern, die deutschen Freiwilligen aus dem Haus und die coolen Bolivianer, mit denen wir sonst so unsere Zeit verbringen.
Die Details bleiben den damals Anwesenden vorenthalten, aber wir hatten einen ziemlich lustigen Abend.
Aber jetzt muss man nicht glauben, dass damit die Freude oder eben die Abschiedstrauer ueber das neue Zeitalter vorbei gewesen waere. Morgens wurde ich mit einem tollen Fruehstueck inklusive Torte ueberrascht. Nachmittags ging es dann mit Ueberraschungen weiter, als ich unter ziemlich, ZIEMLICH kreativen Vorbehalten ins Hogar gelotst wurde und dort ein kleines Beisammensein bei Kuchen mit den Erziehern organisiert war, waehrend die Kinder in der Schule waren. Abends waren wir dann noch eine sehr leckere Pizza essen. Mir faellt gerade auf, dass ich meinen kompletten Geburtstag eigentlich nur gegessen habe…bedenklich. Ah, nein, beim Sport waren wir natuerlich auch noch, irgendwo muss man das ganze Zeug ja verbrennen. Eigentlich haetten wir nach der Pizza noch ins Kino gewollt, aber der Grad der Muedigkeit und unser Zeitmanagement liessen das nicht zu. Alles in allem hatte ich einen klasse Geburtstag. Ich will mich auch noch mal bei allen bedanken, die mir gratuliert haben. Leider bin ich ziemlich nachlaessig mit dem Antworten, vor allem was diesen Tag angeht, weil da soviel auf einmal ankam, was Schritt fuer Schritt abgearbeitet werden muss…wo wir auch schon wieder beim Thema Zeit waeren 😉
Eine weitere kleine Feier hatte ich quasi noch am Dienstag danach. Unsere Spanischlehrerin von unserem Kurs, den wir am Goetheinstitut hier machen, hat uns zu sich nach Hause eingeladen. Ihre Tochter hatte Geburtstag und dann koennten wir ihre Familie kennen lernen, meinen Geburtstag gleich mitfeiern und danach bei ihr zu Hause Unterricht machen. Das war wirklich cool, sie hat ein wunderschoenes Haus, es gab leckeres Essen und alle waren total lieb und einladend. Ein bisschen Leid tut mir ihre Tochter, dass ihre Mutter einfach fremde Leute anschleppt, aber ich glaube, sie fand es nicht so schlimm. Oder vielleicht erst, wenn sie die Geburtstagsbilder sieht, denn ihre Mutter hat mich auf jedes Bild mitgezerrt und ich habe das Gefuehl ich zerstoere ein bisschen die Familienharmonie auf einem Bild, auf dem alle anderen zu Traenen geruehrt sind, weil die junge Frau ihren Eltern gerade dafuer gedankt hatte, was sie in ihrem Leben alle fuer sie getan haben. Und nebendran steh ich, ein bisschen fehl am Platz und ueberfordert, weil ich Angesichts dieser Tatsache nun mal nicht heulen musste.
Naja, wir waren gute Gaeste und sie eine super Gastgeberin und da Christoph am Montag Geburtstag hat, sind wir morgen noch mal zu ihr eingeladen. Diesmal werden wir auf jeden Fall die Schwimmsachen mitbringen, sie hat einen Pool, den wir „uuunbedingt benutzen muessen“. Angeblich bringt sie auch Schueler aus der Uni mit, an der sie unterrichtet, damit wir ein paar Junge Leute mehr kennen lernen. Ich bin mal gespannt 😀
Ein Grossereignis im Hogar, vom ich auch ein paar Bilder hochgestellt habe, war der Besuch von Pater Esteban. Dieser wichtige und einflussreiche Padre kam aus Rom angereisst und schaut sich in einem Monat verschiedene Projekte in Bolivien an und ich gehe mal davon aus, dass das, was er von den Projekten haelt, schlussendlich mit Geld zusammenhaengt. Jedenfalls wurde ein riessen Aufwand um sein Erscheinen gemacht, die Kinder kamen frueher aus der Schule, es wurden zig Taenze und Lieder einstudiert, es gab ein besonderes Abendessen und, und, und…
Das war eigentlich echt nett, die Kinder haben´s auch ziemlich drauf mit dem Tanzen. Auch wir haben getanzt, mit ein paar Erziehern zusammen, einen eher traditionellen Tanz. Es gibt ein Video davon, ich muss noch ueberlegen, ob das an die Außenwelt gelangen sollte.
Samstags gab´s dann noch mal ne große Messe fuer den Padre und dann war das ganze Spektakel vorbei.
Jetzt sitze ich hier und ueberlege scharf, aber ich glaube, andere groessere Ereignisse gab es sonst nicht. Unglaublich, wie lang das schon wieder her ist.
Nagut, ansonsten laeuft also alles seinen gewohnten Gang. Der Gang meiner Gruppe beinhaltet momentan folgendes: Die Hochschwangere Erzieherin ist nun endlich in Mutterschutz gegangen. Das endlich soll nicht andeuten, dass ich mich freue, dass sie weg ist (im Gegenteil), sondern, dass sie einfach einen riessen Bauch mit sich rumgetragen hat und immer so schwer geatmet hat, da goenne ich ihr das jetzt. Mein Bauch ist nicht halb so dick (nach dem Kuchen vielleicht schon, aber lassen wir das mal ausser Acht) und trotzdem falle ich abends wie tot ins Bett.
Diese Veraenderung mit einer Aushilfserzieherin, die einen Monat bleibt, ist einfach folgender: Die Jungs drehen ein bisschen am Rad. Die strenge Hand Roxanas ist momentan nicht da und das wollen sie nach allen Moeglichkeiten austesten. Somit war der gestrige freie Tag diese Woche noch noetiger als sonst, da sie mir diese Woche teilweise echt richtig auf den Geist gegangen sind. Heute Mittag hoffe ich, dass wir mit Schwimmbadbesuch und danach Fussball dafuer sorgen koennen, dass sie am Abend so erschoepft sind, wie ich 😉
Morgen ist dann wieder ein besonderer Tag, es wird getauft! Ich freue mich schon drauf, bin gespannt, wie das hier ablaeuft. Danach gibt´s einen Ausflug in den Park, wo wir Spiele spielen werden und danach ist unsere Arbeitszeit schon wieder vorbei und wir gehen zu unserer lieben Profesora Teresa nach Hause.
Nur um es noch mal klarzustelllen, weil mir zu Ohren kam, dass es da ein paar Misverstaendnisse gab: Das Hogar Don Bosco ist ein dauerhaftes Heim. D.h. die Kinder schlafen und leben komplett dort. Einige haben noch Familie, die sehen sie manchmal sonntags, wenn Besuch kommt. Manche haben auch die Chance in den Sommerferien, die am 19. November beginnen, zu Hause zu verbringen. Dies ist allerdings nur moeglich, wenn die Situation zu Hause dies zulaesst. Viele bleiben auch im Hogar und nehmen Restaurierungsarbeiten vor und bessern Sachen am Haus aus. Ansonsten fahren ca. 40 Kinder mit auf ein Camp, auf das wir Voluntaere auch mitfahren. Das geht drei Wochen und geht am 30. November los. Ich glaube, das wird richtig cool, auch weil man die Kinder mal ausserhalb von den Schul- und Hauspflichten antrifft. Das loest bei manchen schon oft einen Stress aus.
Ich merke schon jetzt, dass es schoen ist, wenn man mal ein bisschen mehr Zeit mit den Kindern hat und nicht zum Essen, in die Schule, zum Rosenkranz, in den Sala oder ins Bett muss. Es ist auch schoen, sich einfach mal mit den aelteren zu unterhalten, jetzt, da ein Gespraech ohne durchgehendes „Wie bitte? Noch mal langsam, bitte“ laufen kann. Es ist interessant die Geschichten der einzelnen Kinder und Jugendlichen kennen zu lernen und zu erfahren, was sie so beschaeftigt. Die kleinen koennen das oft noch gar nicht richtig zum Ausdruck bringen, was sie so erlebt haben oder so reflektiert wiedergeben, wie die Aelteren.
Da kommen dann schon mal so Saetze wie „Ja, da habe ich mich selbst verletzt, weil ich nicht mehr leben wollte. Wie viel Uhr ist, gibt´s nicht bald Essen?“ Da ist es halt nicht ganz so einfach darauf zu reagieren, aber auch das lernen wir Schritt fuer Schritt.
So, das war wieder ein langer Artikel und mir sind schon wieder 1,2 Sachen eingefallen, die ich noch schreiben koennte. Aber beim naechsten Mal. Denke zwar nicht, dass mir die Themen ausgehen werden, aber man muss ja auch nicht alles auf einmal auf euch loslassen 😉
Somit gruesse ich euch lieb aus dem immer heisser werdenen Bolivien und hoffe, bei euch erkaeltet sich keiner 😛
Lisa
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