Lieber Leser,
nachdem ich nun schon ein paar Erfahrungen damit gemacht habe, moecht ich hier ein paar Worte finden, um den hiesigen Verkehr zu beschreiben. Der Titel des Artikels ist ein Zitat von Paolo, als dieser uns vom Flughafen abholte. Nicht, dass ich mich damals bei meinem Muedigkeitsgrad um irgendetwas geschert haette, aber mir ist auch durch halbgeschlossene Augen aufgefallen, dass rote Ampeln einfach ignoriert wurden.
Strassenschilder (ausser Strassennamen) haben wir bis jetzt noch keine gesehen. Wir haben auch die Vermutung, dass man sich die Vorfahrt durch Hupen ergattert, was alle eigentlich konstant tun. Die Hauptverkehrsmittel (also fuer uns) sind der Bus (die Micro) und das Taxi.
Damit ihr euch das ein bisschen besser vorstellen koennt, machen wir uns mal auf den Weg zum Plaza 24 de Septiembre, DIE Sehenwuerdigkeit der Stadt (irgendwie auch die einzige 😉 ). Dazu verlassen wir unser Casa de Voluntarios. Nun haben wir mehrere Moeglichkeiten. Willst du mit dem Taxi fahren, gehe zu 1. Falls du lieber die Micro nehmen moechtest, liess bei 2 weiter.
1 Wir halten eines der vielen Taxis an, die am Haus vorbeifahren. Du fragst den Fahrer, wie viel er bis zum Plaza verlangen wuerde. Er sagt, er moechte 15 Bolivianos (ca. 1,60 Euro). Wenn du den Preis annimmst, liess bei 4 weiter, wenn du Handeln moechtest, gehe zu 6.
2 Du weißt natuerlich, dass wir die Buslinie Nummer 100 nehmen muessen. Diese faehrt praktischerweise direkt vor unserem Haus vorbei. Sobald du die kleine Micro rasch naeherruecken siehst, haelst du den Daumen heraus. Die Tuer oeffnet sich noch im Fahren und somit kannst du geschwind einsteigen. Der Bus faehrt rasch weiter, der Fahrer kassiert dein Geld beim Fahren ab, er schaut halb ueber die Schulter, halb auf die Strasse. Wenn du die Fahrt im Stehen erleben moechtest, lese bei 11 weiter. Falls du einen Sitzplatz findest, gehe zu 8.
3 Wir steigen zu dritt in den Kofferraum zu einem Ersatzreifen, der dort sein Dasein verbringt. Ruckelnd geht die Fahrt los. Du ahnst schon jetzt, dass deine Klamotten nach dem Aussteigen vollkommen staubig und sandig sein werden. Du hast die Wahl waehrend der Fahrt aus dem Fenster zu schauen (7) oder aber ein Gespraech mit dem Taxifahrer zu beginnen (5).
4Du nimmst den Preis an, schliesslich haben wir noch ein paar Freunde dabei und sind zu zwoelft. Da kann man schon ein bisschen mehr zahlen. Willst du wissen, wie´s weitergeht, lese bei 10 weiter.
5 Natuerlich erkennt der Taxifahrer sofort, dass wir nicht von hier sind. Wir fallen auf, mit unserer hellen Haut, den hellen Augen und auch Haaren. Somit ist sofort ein Anlass fuer ein Gespraech gefunden worden, wir werden erst mal geloechert, woher wir kommen, ob es uns hier gefaellt und natuerlich, komme, was wolle, fuer unser gutes Spanisch gelobt. So verbringen wir die Fahrt und kommen nach ca. 10 Minuten am Plaza 24 de Septiembre an. Du hast es geschafft.
6 Der Preis ist viel zu hoch angesetzt. Du schlaegst dem Fahrer 10 Bolivianos vor, ihr trefft euch nach einigem Hin und Her schliesslich etwa in der Mitte und wir zahlen 12 Bolivianos. Willst du wissen, wie´s weitergeht, lese bei 10 weiter.
7 Vor dem Fenster siehst du das Hogar Don Bosco vorbeiziehen und auch die Don Bosco Schule, die die Kinder besuchen. Die Strassen sind sandig und schlecht bebaut. Immer wieder siehst du Leute am Strassenrand stehen, die Taxis oder Micros anhalten. Viele laufen auch zu Fuss. Es reiht sich Haus an Haus, viele sind vorne offen und man kann dem Treiben der Menschen zuschauen. Je tiefer wir ins Zentrum vorstossen, umso betriebsamer werden die Strassen, vor allem aber der Verkehr. Du wunderst dich, wie es sein kann, dass hier nicht alle 2 Minuten ein Unfall gebaut wird. Es ist sehr heiss und deshalb bist du froh, dass wir nach ca. 10 Minuten am Plaza ankommen. Dieser ist sauber, begruent und man sieht sofort, dass er das behuetete Herzstueck der Stadt ist. Wir steigen aus, bezahlen und du hast deine erste bolivianische Taxifahrt hinter dir. Herzlichen Glueckwunsch! 😉
8 Gluecklicherweise finden wir einen Sitzplatz am Fenster. Der Fahrtwind macht die Hitze ertraeglich und du bist froh, dass du nicht stehen musst. Hin und wieder haelt der Bus an, wenn Leute ihn am Strassenrand so wie wir anhalten. Der fliegende Wechsel des Ein- und Aussteigens ist faszinierend, der Fahrer verliert quasi keine Zeit fuer so unwichtige Dinge wie kompletten Stillstand des Buses oder Abkassieren. Heute haben wir einen guten Tag erwischt, an dem wenig los ist und somit kommen wir nach einer viertel Stunde im Zentrum an. Du willst an der naechsten Ecke aussteigen, ruft „Parre, por favor“ und der Bus haelt. Wir muessen noch 2 Strassen laufen, dann kommen auch wir am Plaza an.
9 Wir zwaengen uns in das Auto, du sitzt auf dem Beifahrersitz und hast jemanden auf dem Schoss, der seinen Kopf aus dem Fenster streckt. Hin und wieder ruft der Fahrer diesem Jemand Warnungen zu, den Kopf einzuziehen, falls wir an einem Auto oder Leuten vorbeikommen. Die Fahrt ist rasant. Wir sind natuerlich nicht angeschnallt. Staendig hupt der Fahrer und legt sich mit einem guten Tempo in die Kurven. Festhalten muss sich allerdings niemand, wir sitzen so eng, da kann man gar nicht umherschleudern. Falls du wissen moechtest, was es auf dem Weg so zu sehen gibt, lies bei 7 weiter, ansonsten bei 5.
10 Du wunderst dich einen kurzen Moment, wie wir alle in einen normalen 5 Sitzer passen sollen, aber das ist alles kein Problem. Wenn du im Kofferraum sitzen moechtest, liess bei 3 weiter. Falls du jemanden vorne auf den Schoss nimmst, schau bei 9 nach.
11 Leider ist der Bus ziemlich voll und wir muesesn stehen. Falls du 1,70 Meter ueberschreitest musst du deinen Kopf schon ein bisschen einziehen, um die Decke nicht zu beruehren und auch bei Schlagloechern oder Hubbeln aufpassen, dass du mit dem Kopf nicht oben anschlaegst. Es gibt eine Stange, an der du dich festhalten kannst und das ist auch gut so, sonst wuerde es dich bei jeder Kurve, jedem Ausweichen oder jeder der Vollbremsungen der Laenge nach hinlegen. Heute ist viel los, die Leute steigen ein und aus, wir muessen nach hinten ruecken und es stehen alle aneinander gepresst. Da viele Leute den Bus anhalten, dauert die Fahrt lange und nach einer knappen halben Stunde kommen wir im Zentrum an. Auf dein „Parre, por favor“ hin, haelt der Fahrer den Bus abrupt und du kannst aussteigen. Wir sind nun nur 2 Strassen vom Plaza entfernt und sind zu Fuss gleich da.
So, ich hoffe, ihr habt somit einen besseren Einblick bekommen. Fragen koennt ihr mir natuerlich auch immer stellen, falls noch welche offen geblieben sein sollten 😉
Ich schau jetzt mal, dass ich ein paar neue Bilder hochlade, wir hatten naemlich vorgestern hohen Besuch aus Rom im Hogar (nein, nicht den Papst). Es war ein wichtiger Padre da, der die Projekte hier inspiziert und ich vermute, er hat auch was mit finanzieller Unterstuetzung zu tun, wenn man sich den Aufwand anschaut, der hier betrieben wurde. Demnaechst dann mehr ueber diesen Besuch und auch meinen ersten bolivianischen Geburtstag 😛
Liebe Gruesse
Lisa
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