Seit mehr als 10 Monaten befinde ich mich jetzt in Argentinien und in rund einem Monat wird mein Abenteuer hier auch schon wieder zu Ende sein. Oft wurde ich, sowohl von Argentiniern als auch von Deutschen gefragt, ob es mir sehr schwer gefallen ist, mich an das Leben und die Umstände hier zu gewöhnen. An sich ist es mir nicht schwer gefallen, aber mit der Zeit, die ich hier gelebt habe, haben sich Unterschiede herausgestellt, die ich, manchmal jedenfalls, so nicht erwartet hätte.

Die Menschen, die sich nicht nur oberflächlich für andere Kulturen interessieren, würde ich in meinen folgenden Zeilen, gerne mit auf eine Reise, in das riesengroße Land Argentinien, nehmen, denn besonders durch die „Details“ kann man sich besser in ein anderes Land versetzten und so die Abläufe besser nachvollziehen, Details, an die ich mich größtenteils schon gewöhnt habe.

… fangen wir zunächst mit etwas an, was in vielen Ländern leider nicht exisitert, Mülltrennung! Das gibt es hier leider nicht und so fallen Apfelgriebse und Plastikflaschen in den gleichen Müll

… wenn wir gleich einmal bei den Plastikflaschen sind, kommen wir zu den Pfandflaschen, ein einheitliches Pfandsystem gibt es hier leider auch nicht, das ist von Supermarkt zu Supermarkt unterschiedlich. Auch sind nur ungefähr 5% der Flaschen zum Zurückgeben gedacht. Während man in dem einem Supermarkt die 7 Pesos wieder zurück bekommt, muss man in dem anderen Markt 25 Pesos bezahlen und kann die Flasche nur gegen eine Neue wieder eintauschen.

… mit der Pfandflasche bleiben wir also bei den Getränken. Eine sehr große Auswahl gibt es dabei nicht, wenn man zum Beispiel ein Fan von Eistee oder Ginger Ale ist, kann man danach verzweifelt suchen. Um seine Laune wieder etwas aufzubessern geht man zu dem Obst- und Gemüsestand, weil man denkt, dass man hier etwas Außergewöhnliches bekommt, außer Äpfel, Birnen, Orangen, Kiwis und Bananen bekommt man hier, zumindest jetzt wenn Winter ist, nicht viel. Und für 1 Kilo Bananen muss man auch nur ungefähr 1,70€ hinblättern. Wo ist also der Fehler wenn man bedenkt, dass die Bananen aus Ecuador kommen und in Deutschland nur 1,20€ kosten? Obwohl man sich also in Südamerika befindet, bekommt man keine Maracuja, Mango, Physalis oder Ähnliches zu kaufen, wer hätte das gedacht.

… und so bleiben wir im Supermarkt und da kann mich sich auch direkt an der Kasse auf eine Wartezeit zwischen 5 und 10 Minuten einstellen, schließlich sind hier viele Menschen die Ruhe selbst und es kann auch schon mal vorkommen, dass die Kassiererin selbst aufsteht, um zum Beispiel nach einem Angebot im anderen Ende des Supermarktes zu schauen. Besonders spannend wird es dann immer, wenn ein ein riesen Andrang ist, aber trotzdem eine Kasse geschlossen wird, aus welchen Gründen auch immer.

… wenn man es dann geschafft hat, soweit zu kommen, um seinen Einkauf zu bezahlen, ist es immer mal ganz gut, auf den aktuellen Wechselkurs Euro – Argentinischer Pesos zu schauen, denn, fragt mich nicht warum, im August 2017 lag der Kurs noch bei 20 Pesos für 1€, jetzt liegt er bei 32 Pesos für 1€, man sollte sich also nicht um den Kurs vom letzten Monat kümmern.

…auf jeden Fall muss man aber bedenken, dass man für das Mittagessen alles zu Hause hat, denn zwischen 1 und 5 Uhr mal schnell in den Supermarkt gehen, um etwas zu kaufen, geht nicht, denn hier haben 90% aller Geschäfte zu dieser Zeit geschlossen, um die notwendige Siesta, eine Art „Mittagspause“ zu machen, die aber weit über den Mittag hinausgeht.

… wenn man dann im Supermarkt so viel Geld ausgegeben hat, weil die Lebensmittel so teuer sind, muss man also mal wieder den Gang in die Bank wagen, in der mehrere Szenarien vorkommen können. Zum einen kann es sein, dass eine Schlange von 15 Menschen ansteht, was dann also mindesten 45 Minuten dauern kann oder diese ganzen Menschen schon vorher da waren und  im Automaten kein Geld mehr vorhanden ist, wenn eine dieser Szenen eintritt, entscheidet man sich, am nächsten Tag nochmal wieder zu kommen. Wenn man jedoch Glück hat, gibt es noch Geld und keine Schlange, leider kann man aber maximal 3500 Pesos abheben, was zur Zeit rund 110 Euro entspricht, wo man direkt noch eine Gebühr von 6 Euro draufzahlen darf. Deswegen könnte man ja auf die Idee kommen zum Schalter zu gehen, als Ausländer bekommt man hier aber kein Geld am Schalter und auf diese Aussage musste man natürlich „nur“ 2 Stunden warten.

… wenn man sich dann der Herausforderung „Bank“ gestellt hat und man das Gebäude verlassen kann, hofft man, dass es nicht zu stark regnet. Hier gibt es nämlich kein Straßenablaufsystem mit Gullys. Wenn es hier also stark regnet, was zumindest in meiner Region Gott sei Dank nicht häufig  vorkommt, bleibt das Wasser in den Straßen stehen, bis es verdunstet ist. So kommt man manchmal nicht drum herum, durch die Pfütze zu gehen, wenn man sein Ziel erreichen will.

… egal ob es regnet, schneit oder die Sonne scheint, es ist eine große Ausnahme, wenn ein Mann einer Frau hinterher ruft oder hinterher pfeift. Im Vergleich zu anderen südamerikanischen Ländern wie zum Beispiel Kolumbien oder Bolivien, kann man hier, auch als Ausländer, ganz entspannt durch die Straßen gehen und braucht keine Angst zu haben, belästigt zu werden. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, aber die bestätigen ja bekanntlich die Regel.

… trotz dessen, haben die Menschen hier aber ein ganz anderes Näheempfinden, wie ich es vorher gekannt habe. Zur Begrüßung küsst man sich immer auf die linke Wange, sowohl mit Freunden, mit Kindern, aber auch mit Fremden, die man zuvor noch nie gesehen hat und auch mit dem Bischof oder dem Arzt gibt es keine andere Begrüßung, von Anfang an herrscht deshalb eine andere Atmosphäre oder wer von euch hat dem Arzt oder dem Bischof schon mal ein Küsschen auf die Wange gegeben?

… auf dem Heimweg hat man jetzt vielleicht noch einen Freund oder einen Bekannten getroffen hat, befindet sich jetzt aber auf dem direkten Nachhauseweg, denn man möchte ja nach Hause kommen. Auf dem Weg fallen einem 2 Dinge auf. Zum einen, ist vor jeden Haus der Fußweg anders gebaut, daraus lässt sich schlussfolgern, dass hier die Hausbesitzer selbst für ihren Fußweg zuständig sind. So kann es sein, dass man eine hohe Stufe überwinden muss, auf den nassen Fließen ins Rutschen kommt oder sich seine Schuhe im Kies schön dreckig macht.  Zum anderen fällt es immer wieder auf, dass 60% der Motorrad- und Mopedfahrer keinen Helm tragen, teilweise ist es sogar so,  dass sie ihren Helm am Lenker hängen haben. Obwohl es eine Helmpflicht gibt, hält sich niemand daran und auch die Polizei interessiert es nicht, wenn sie das sehen. An diesem so kleinen Beispiel erkennt man jedoch, wie die Einstellung zu Regeln und Gesetzen ist: Sie existieren, aber wer sagt, dass man sich auch daran halten muss? Schließlich kümmert es ja nicht einmal die Polizei, wenn man beim Motorrad fahren keinen Helm trägt.

… nach dem langen Nachhauseweg freut man sich, endlich zu Hause angekommen zu sein. Man freut sich jedoch so lange, bis man merkt, dass die Heizung nicht angeschaltet war ist. Obwohl sie noch an war, als man von zu Hause losgegangen ist, ist es eiskalt. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Häuser sehr schlecht isoliert sind, so gibt es zum Beispiel keine doppelten Fenster und auch keine Wärmedämmung. Bei 0° C Außentemperatur ist es also nur so lange warm, wie die Heizung an ist.

… nachdem die Heizung dann wieder eingeschaltet ist, kann man sich wohlfühlen und setzt sich vor dem Abendessen nochmal an die Gitarre, um ein paar Lieder zu spielen. Vorausgesetzt man hat die richtigen Noten. Hier in Argentinien, spielt man nicht nach den Noten C-D-E-F-G-A-H-C, wie es in Deutschland oder Amerika üblich ist, sondern nach Do-Re-Mi-Fa-Sol-La-Si-Do. Die noch aus dem Mittelalter stammende Verfahrensweise, kann manchmal aber auch ziemlich unpraktisch sein, weil es viele Lieder nicht mit diesen Noten gibt und man sie dann erst einmal umschreiben muss.

… nach der kleinen Hürde, das Lied umzuschreiben, kann man sich langsam an das Abendessen wagen. Heute soll es Pizza geben. Aber eben so typisch argentinisch, also schön dicker Boden. Beim Backen der Pizza muss man aber echt aufpassen, weil es hier keine Elektroöfen mit Umluft gibt, sondern Gasöfen, wo die Wärme nur von unten kommt, also bitte nicht anbrennen lassen! Bei vielen ist es auch üblich, dass man auf die Pizza noch ein hartgekochtes, geriebenes Ei streut.

… nach dem Essen muss dann natürlich auch noch abgewaschen werden, das passiert hier jedoch immer unter laufendem Wasser. Ein Stöpsel für das Waschbecken habe ich hier noch nie zwischen die Finger bekommen, weshalb nichts anderes übrig bleibt, also den Wasserhahn aufzumachen und nicht zu zu drehen, bevor man fertig ist. Leider ist dies jedoch ziemliche Wasserverschwendung und die Umwelt hat auch nicht viel davon, wenn man so viel Spülmittel benutzen muss.

… nach so einem anstrengendem Tag fällt man hundemüde ins Bett, man muss jedoch aufpassen, dass einem ja die Decke nicht verrutscht, denn so etwas wie einen Bettbezug gibt es hier nicht. Dafür wird unter die Bettdecke einfach eine Art Bettlaken gelegt, was logischerweise aber sehr schnell verrutschen kann.

… das Grauen für Eltern, früh aufzustehen, um ihren Kindern von 6 bis 9 Jahren das Frühstück zu machen oder sie in die Schule zu bringen, gibt es hier nicht, denn der Unterricht in den ersten 3 Jahren der Grundschule findet am Nachmittag und nicht am Vormittag statt

Also dann, Gute Nacht und träum was Schönes.

Ich hoffe diese etwas andere Art von Blogeintrag konnte euch etwas mit in meine „alltäglichen“ Umstände mitnehmen und zeigen, dass auch kleine Unterschiede besonders auffallen können.

 

Zum Schluss möchte ich Euch noch bitten, doch auch mal auf meinem anderen, neuen Blogeintrag vorbeizuschauen. Ich würde mich freuen, wenn ihr mir helfen würdet, den Kindern ein Lächeln auf´s Gesicht zu zaubern.

1 Bild sagt mehr als 1000 Worte

 

 

Da ich zu diesem Beitrag nicht wirklich passende Bilder gefunden habe, schaut einfach mal bei Momentaufnahmen vorbei, da gibt es wieder neue Fotos.

Bis Dahin

Lida