Es ist endlich zu weit, ich weiß nun in welchem Projekt ich das nächste halbe Jahr arbeiten werde! Aber da wir die letzten zwei Wochen damit verbracht haben uns alle Projekte anzuschauen haben und auch diese eine Erwähnung und Vorstellung verdient haben, aber auch, weil ich in jedem Teilprojekt meine eigene Erfahrung gemacht habe werde ich diese nun auch kurz vorstellen.

Schon in unseren ersten Tagen haben wir das Shelter kennengelernt. Es ist die erste Anlaufstation für die Jungs, die hier, nachdem sie meist von den Street Workern angesprochen wurden, ein erstes Zuhause bekommen, bevor beim Counselling entschieden wird, ob sie wieder nach Hause können oder in ein anderes Projekt kommen. Hier schlafen, essen und spielen sie zusammen. Zwei von uns Voluntären, Jonas und Alina, sind hier vormittags um den Jungs Unterricht in Englisch und Mathe zu geben. Nachmittags kommen nochmal ein paar von uns Voluntäre zur sogenannten „Gamestime“. Manchmal organisieren wir größere Spiele, wie ein Völkerballtunier, manchmal wird einfach nur UNO, Federball und Caron Board (ein typisch indisches Brettspiel).                                                                                                                                Tja, an so einem Tag, als es uns zu langweilig wurde UNO zu spielen fing ich an ein paar von den Jungs zu zeigen, wie man Kartenhäusern aufstellt. Nach ein paar Versuchen auf dem zugegebenen nicht ganz ebenen Boden hatten die meisten keine Geduld mehr. Einer hielt mich jedoch zurück, als ich die Karten wieder einsammeln wollte. „No, no, sister“ Er war der einzige, der nicht mehr Spaß am umschmeißen gehabt hatte und nun wollte er ein großes Kartenhaus gemeinsam bauen. Vier Reihen reichten ihm nicht, er wollte gleich ein richtig großes. Ich war skeptisch, das würde ewig dauern und er würde dann doch bald keine Lust mehr haben, wenn es uns einmal umgefallen war, aber gut man könnte es ja mal probieren. Als es zum ersten Mal umstürzte schaute ich ihn erwartungsvoll an, aber er schob nur die Karten zusammen und fing ein zweites Mal an eine lange untere Reihe zu bauen. So langsam fing es an auch mir richtig Spaß zu machen und ich began an „unsere Ziel“ zu glauben; kurz und gut, es fiel uns noch ziemlich oft um (wir arbeiteten ja auch unter erschwerten Bedingungen und mit alten zerknitterten UNO Karten) , waren oft schon kurz vor dem Ende, als es uns umkippte, aber wir wurden ein richtig gutes Team; einer stellt das Häuschen auf, der andere legt schnell die Karte drauf. Ich habe selten einen 11-Jährigen mit so viel Geduld gesehen! Und als wir es nach fast ein und halb Stunden es geschafft hatten stand es nur für ungefähr 10 Sekunden, aber wir freuten uns riesig, auch wenn es deswegen kein Beweisfoto von unserem Meisterwerk gibt. Ich glaube er hätte am liebsten gleich noch eins gebaut, aber für uns wurde es langsam Zeit zu gehen. Doch für mich war der Nachmittag ein  kleines Erfolgserlebnis, nicht nur das Kartenhaus sondern vor allem das strahlende Lachen auf dem Gesicht, des sonst eher verschlossenen Jungen.

Genauso wie im Shelter machen wir auch in den Moggas nachmittags Gamestime. Das sind die Projekte in denen die Kindern nach Altersgruppen in verschiedenen Häusern wohnen, aber vormittags auf eine staatliche Schule gehen. Die ganz kleine (5-8 Jährige) werden von ihrem Haus abgeholt und zum Hof gebracht, in dem die Gamestime stattfindet. Man  läuft mit ihnen durch die Slums und von allen Seiten kommen die Kinder, die das Projekt hier gut kennen, nehmen dich an der Hand, die Mutigen fragen in gebrochenem Englisch „Whats your name, sister?“ oder reden dich gleich auf Telugu an und . Manche von ihnen kommen mit, auch sie wollen mitspielen. Jedensfalls ist es hier schön zu sehen, wie sehr sich die Kinder freuen, dass wir da sind.

Das RVDC und das BVK sind Ausbildungszentren, im RVDC wohnen Jungs zwischen 14 und 22 Jahren und können eine Ausbildung zum Elektriker oder Mechaniker machen. Abends geben Diana und Christian hier Englisch Unterricht. Im BVK werden 3-6 Monatige Schulungen für Mädchen angeboten, gerade gibt es eine Näher-, einen Kosmetik- und eine Computerkurs. Die meisten Mädchen hier sind zwischen 16 und 30 Jahren, mache sind schon verheiratet oder haben auch schon Kinder.                                                                                                                                                                                                                         Bei den meisten Mädchen merkt man allerdings, dass sie es nicht gewohnt sind laut zu reden oder ihre eigene Meinung zu sagen, da sie es kulturell nicht gewohnt sind und oft aus patriarchischen Familien kommen. Da war es auch lustig Stadt-Land-Fluss dort mit den Mädels im Unterricht zu spielen! Die Kategorie „Essen“ war gar kein Problem, außer, dass wir alles was sie aufzählten natürlich nicht kannten und so war es auch nicht weiter schlimm, dass London auf einmal zum Land wurde.

Das Diva Nivas ist so ähnlich wie die Moggas ein neues Projekt, in dem Kinder leben aber auch auf eine staatliche Schule gehen. Hier können aber auch die älteren Jungen hin und es gibt extra Angebote für Taube und Stumme Kinder und Jugendliche.                                                                                                                                                                                                                                      Der Weg mit dem Fahrrad dorthin ist nicht ganz einfach und so kam es, dass wir mal wieder durch die Straßen irrten. Die „Weißen“ werden hier natürlich bestaunt (und es macht es nicht gerade besser, wenn man auch noch dreimal vorbeifährt, weil man eben den Weg nicht weiß). Als wir dann aber dann von einer kichernden Gruppe Jugendlicher den Weg gezeigt bekamen, fanden wir das wunderschön gelegene Projekt, dass uns gleich von ein paar Kindern dort gezeigt wurde. Länger unterhielten wir uns danach mit einem Bruder, der dort in der Nähe in der Don Bosco Schule.

Das Chiguru ist ein Projekt auch etwas außerhalb der Stadt am Krishna gelegen, hier wohnen vor allem Kinder zwischen 5-15, die aus verschiedenen Gründen nicht auf eine normale Schule gehen können. Hier wohnen die Kinder für längere Zeit wie in Familien nach Alter aufgeteilt in verschiedenen Cottages, gehen intern in die Schule und haben genügend Platz sich auszutoben und zu spielen.

Dies ist für das nächste halbe Jahr mein Projekt und ich werde wohl noch mehrere Artikel über meine Arbeit und die Kinder dort schreiben, deswegen hier nur eine kurze Anekdote: Weil die Volontäre hier unter der Woche direkt im Projekt untergebracht sind fällt auch Wäsche an. Wir standen nun mit viel Wäsche zu waschen da und auf einmal war „Watercut“ also kein Wasser mehr -was keine Seltenheit in Indien ist. Aber gut, so kamen wir auf die grandiose Idee unsere Wäsche (wie hier so manche) im Krishna zu waschen. Zu zweit standen wir kurz darauf unten am Waschplatz und wussten nicht genau wie wir es anstellen sollten. In der Wohnung Wäsche waschen – klar, inzwischen kein Problem mehr. Aber im Krishna? Prompt standen auch schon ein paar Kinder oben und haben uns fast ausgelacht wie wir am Fluß standen, ein paar Mal fast auf den glitschigen Steinen ausgerutscht und am Ende waren wir so nass, dass wir einfach gleich ganz baden gingen. Mit kompletter Kleidung wie es in Indien die Frauen zumindest immer machen. Obwohl die ganze Aktion sich am Ende doch nicht gelohnt hat – die Kleidung roch sehr nach Fluss, und wir mussten das ganze nochmal machen – hatten wir doch sehr viel Spaß dabei und zumindest ein halbwegs kühles Bad.

Das Vimukthi ist ein Zentrum außerhalb der Stadt gelegen, in dem Jungs zwischen 14 und 20 Jahren wohnen, die verschiedenste Abhängigkeiten und beispielsweise Alkohol oder Drogenprobleme haben. Hier sollen sie sich in ruhiger und schöner Umgebung an einen geregelten Tagesablauf gewöhnen. Es fängt pünktlich um 6 Uhr mit den von den Volontären organisierten Morgensport, vormittags gibt es Unterricht, es wird Volleyball gespielt, zusammen gesungen, gelacht und am Abend dann auch mal getanzt. Zu Telugu Musik fühlen wir deutschen Volontäre uns ziemlich unbeweglich wenn man sieht, wie die Jugendlichen hier zum Teil tanzen können, aber nicht schlimm, solange wir mitmachen wird alles akzeptiert.

Alle diese Projekte arbeiten zusammen um den Kindern die möglichst beste Möglichkeit zu geben sich weiterzuentwickeln und ihnen ein schönes Zuhause zu bieten und so hoffe ich dieses Jahr meinen Beitrag leisten zu können. Ich hoffe also, dass ich euch den Aufbau der Organisation mit diesem Beitrag ein wenig näher bringen konnte.