Das Familienleben ist von Kultur zu Kultur unterschiedlich. Verschiedene Traditionen, Bräuche, religiöse oder historische Einflüsse tragen dazu bei das es sich ganz unterschiedlich entwickelt.
Ich bin in einer für mich typischen Familie in Deutschland aufgewachsen – Mutter, Vater, 3 Kinder. Beide Eltern berufstätig und sonntags ging es gemeinsam als Familie in die Kirche.
Aber wie sieht eigentlich das Familienleben in Sambia aus? Für eine Woche hatte ich die außergewöhnliche Möglichkeit dies HAUTNAH mitzuerleben, wie ein Familienleben in Sambia abläuft. Einige Dinge sind gleich, andere gänzlich unterschiedlich.


Ich glaube, der erste gravierende Unterschied der mir aufgefallen ist, ist dass das Leben hier in Sambia primär außerhalb der Häuser spielt. Es wird auf dem Feuerpott vor dem Haus gekocht, das Geschirr wird in Schüsseln im Freien gespült und auch die Wäsche wird draußen gewaschen. Kurz, der Lebensmittelpunkt ist nicht wie in Deutschland das Wohnzimmer, sondern der Platz vor dem Haus. (Zu mindestens tagsüber, wenn es hell ist. Im Dunkeln kommen natürlich auch alle im Haus zusammen.)
Dadurch, dass der Großteil des Lebens außerhalb der Häuser spielt, hat man auch immer jede Menge Menschen um sich herum. Meistens wohnen die Menschen hier in sogenannten Conmmunities. Dies sind meist 3 – 4 Häuser, welche in einem Kreis stehen und sich einen Brunnen teilen. Eine Community besteht meistens aus den Häusern einiger Familienmitglieder, wie Großeltern und Tante und Onkel,

Ich und meine Gastmama

mit deren Familien.
Auch meine Freundin lebt in so einer Community. Ein Haus weiter lebt die Großmutter mit ihrer Familie, auf der anderen Seite die Geschwister der Mutter mit ihren Familien. Es ist irgendwie ein schönes Gefühl immer so viele Menschen um sich herum zu haben. Man findet immer wen zum Reden, fehlt mal was im Haushalt wird sich geholfen und auch die Kinder haben immer jemanden zum Spielen.

Weiterhin würde ich sagen ist das Familienleben aber auch härter als in Deutschland. Die Eltern meiner Freundin sind jeden Tag um 4 Uhr aufgestanden, um auf die Farm zum Arbeiten zu gehen. Ihr Arbeitstag ist aber viel länger als 8 Stunden. Um 4 Uhr am Morgen verließen sie das Haus und um 18 Uhr kamen sie müde von der anstrengenden körperlichen Arbeit nach Hause.

Wie habe ich mit gelegentlich eine Spüle oder eine Spülmaschine gewünscht

Auch für meine Freundin sah der Tag etwas anders aus als für deutsche Teenager in den Ferien. Um 5 Uhr stand sie auf und begann das Haus und den Hof zu fegen, Geschirr zu spülen und sonstige Dinge im Haus zu erledigen. Alles dauert länger, ohne technische Hilfsgeräte. Besonders aufgefallen ist mir dies beim Kochen. Es dauert sehr lange, wenn man für 8 Personen jeden Tag kochen muss, mit nur einem Feuerpott.

Der Nachmittag sieht dann aber aus, wie der Nachmittag eines typischen Teenagers. Es wird Fernseh geschaut oder sich mit Freunden getroffen. Im Fernseher ist besonders beliebt indische Telenovelas. Jedoch geht diese unbeschwerte Zeit in der man ohne Verpflichtungen einfach mal Teenager sein kann nicht, ohne ständig auf die Uhr zu schauen, denn bereits gegen 17/18 Uhr muss angefangen werden das Essen gekocht zu werden, damit gegen 20 Uhr alle gemeinsam Essen können.

 

Während meiner Zeit in der Familie habe ich gelernt, wie man Nshima kocht.

Das Abendbrot haben wir immer im Wohnzimmer vor dem Fernseher gegessen, wo alle zusammen kamen, die gesamte Familie und Nachbarn um die Lieblingstelenovela zu schauen. Eine kleine Besonderheit war hierbei, dass ich auf Grund meines Status und meiner Hautfarbe mit dem Vater am Tisch und von Tellern gegessen haben, während der Rest der Familie auf dem Boden saß und sich das Essen aus den Schüsseln geteilt hat.

Das Leben in einer sambischen Familie ist auf jeden Fall härter als dass einer deutschen Familie. Dennoch ist es, von meinem Standpunkt aus, auch irgendwo herzlicher. Die Familie steht ganz klar im Fokus und ist Dreh- und Angelpunkt des gesamten Tagesablaufs.

Das Kinderzimmer

Dennoch ist es nicht immer einfach so viele Menschen, um sich herum zu haben, gerade wenn man ein heranwachsender Teenager ist. Meine Freundin teilt sich ein Zimmer mit ihren jüngeren Geschwistern und Cousinen. Wer jetzt denkt, ja gut, sie hat ja immer noch ihr eigenes Bett liegt falsch. Alle Jungs haben ein gemeinsames Bett und alle Mädchen teilen sich auch eines. Für die beiden älteren Brüder ist das Haus sogar zu klein, dass sie bei der Großmutter schlafen.

Hier kann man den Brunnen auf dem Nachbargrundstück erkennen.

Ich habe zu schätzen gelernt, wie schön eine Toilette im Vergleich zu einem Plumpsklo, eine Dusche im Vergleich zu einer Schüssel kaltem Wasser, eine Waschmaschine und ein Geschirrspüler sein können. Was ich aber auf jeden Fall am meisten schätzen gelernt habe, ist ein Wasserhahn. Einfach den Hahn aufmachen zu können und trinken zu können, ohne vorher auf das Nachbargrundstück gehen zu müssen, Wasser aus dem Brunnen zu schöpfen, 20-Liter-Eimer füllen zu müssen und mindestens 4 mal am Tag nach Hause tragen zu müssen.

Die Erfahrung das Leben einer Familie in Sambia einmal hautnah mitzuerleben ist wohl einer der inspirierensten und bewegensten Erfahrungen die ich jemals machen durfte. Ich konnte so viel in dieser Zeit lernen und bin dankbar, dass ich dieses Abenteuer erleben durfte. Meine sambische Familie habe ich richtig ins Herz geschlossen und als ich zurück zu Don Bosco gegangen bin, hat es sich angefühlt, als ob ich zu Hause verlassen würde. Ich bin dieser Familie unendlich dankbar, dass sie mich aufgenommen haben und Teil ihres Lebens werden lassen.
Sollte ich diese Möglichkeit noch einmal bekommen, bei einer Familie in Sambia zu leben, seid euch sicher, ich werde diese Gelegenheit mit beiden Händen am Schopf packen.

Bis dahin, liebe Grüße
Eure Lea

Ein Teil der Familie (Vater, meine Freundin und ich hinten und vorne die Cousine, die Mama und der kleine Bruder)

P.S. Mein Spendenkonto ist leider immer noch nicht voll und meine Arbeit hier wird, wie ihr sicherlich wisst, von Spenden finanziert, daher würde ich mich freuen, wenn euch gefällt was ich mache auch eine kleine Spende da lassen würdet. Dankeschön 😊