Hallo zusammen,

zuerst mal will ich mich wirklich dafür entschuldigen, dass man von mir einfach über einen Monat nichts mehr gehört hat.

Der Grund dafür war, dass ein oberirdisches Internet-Kabel in meinem Projekt durch den Monsun kaputtgegangen ist und so das ganze Internet im Care Home für einen Monat ausgefallen ist.

Warum das ganze so lange zu reparieren dauerte, liegt zum einen daran, dass in Indien die Menschen sehr gemütlich sind. Wenn dir gesagt wird „ich komm dann am Montag zur Reparatur“, dann kann das heißen „ich komm Morgen“, „ich komm nächste Woche“ oder eben „Ich komm nächsten Monat“.

Unser Father nennt das „die indische Zeit“.

Zum anderen lag es auch an der Spontaneität, die ein Father unseres Projekts und der Mann vom Internetreparaturservice in dem letzten Monat bewiesen haben.

Dass, was ich aus dieser Situation für mich mitnehme, sind noch mehr Spontaneität und Flexibilität, die ich ebenfalls in den letzten Wochen öfter beweisen musste.

Am 22.09.17 durften Magdalena und ich unserer Spontaneität wieder einmal beweisen. Denn am Abend kam unser Father auf uns zu und fragte, ob wir Lust hätten, am nächsten Tag für vier Tage nach Coimbatore in ein anderes Projekt zu fahren, um uns dieses mal ein bisschen näher anzuschauen.

Also ging es dann am nächsten Morgen in der Früh mit unseren gepackten Rucksäcken los nach Coimbatore. Da an diesem Tag auch die Ferien für die Kinder begonnen hatten, sind wir zusammen mit ein paar Jungs, die von einem speziellen Fahrunternehmen zu ihren Eltern oder in ein anderes Projekt gefahren wurden, um dort die Ferien zu verbringen, los gefahren.

Nach der dreistündigen Autofahrt nach Coimbatore waren wir schon sehr froh angekommen, und gleich wurden wir auch von einer Gruppe Kinder freudig willkommen geheißen.

Auch mit den Volunteers, die mit uns zusammen entsendet wurden und ihren freiwilligen Dienst in diesem Projekt absolvieren, gab es ein freudiges Wiedersehen.

Das Projekt, das wir besuchen durften, war Don Bosco Anbu Illam in Coimbatore. Die Worte „Anbu Illam“ bedeuten im deutschen „Haus der Liebe“. Diese Liebe dürften wir in den vier Tagen durch die Kinder selbst miterleben.

Dieses Projekt ist für Jungs, die vor ihrem Aufenthalt in Anbu Illam ein Leben auf der Straße geführt haben. Viele Kinder sind von ihren Elternhäusern weggelaufen oder weggeschickt worden, die Beweggründe dafür sind auch sehr unterschiedlich.

Das Projektgelände besteht aus einem kleinen Basketballplatz und einem weitern Feld, auf dem Volleyball gespielt wird, sowie dem Haupthaus mit den Büros der Fathers und Brothers, deren Schlafzimmern, sowie das der Volontäre und der Essbereich.

Die Kinder haben in diesem Haus ebenfalls ihren Essbereich mit Küche, ihre Schlaf-/ und Waschräume sowie den Klassenraum, in dem die Kinder ihre Hausaufgaben machen. Das Haupthaus ist größtenteils für die Kinder, die schon länger im Projekt wohnen. Die Kinder, die noch recht neu sind, haben einen eigenen Bereich, in dem sie schlafen, Hausaufgaben machen, essen und spiele spielen. Gelegentlich essen dann alle Kinder vom Projekt zusammen zu Abend im großen Speisesaal.

 

In dem speziellen Bereich ist auch die meiste Zeit ein Betreuer, oder eben ein Volunteer, da die Jungs einfach noch mehr Unterstützung brauchen und weil sich die Kinder immer freuen, wenn man mit einer Spielidee zu ihnen kommt.

In den 3 ½ Tagen, die wir in Coimbatore verbracht haben, sind wir immer gerne mit unseren Spielideen zu den „neueren“ Kindern gegangen, die sich immer darüber gefreut haben, uns zuzusehen, und die mit uns gespielt und getanzt haben.

Mit den größeren Jungs konnte man eher ins Gespräch kommen, teilweise sogar recht intensiv. Ein Junge, mit dem ich mich eine zeitlang unterhalten habe, erzählte mir etwas darüber, wie sein Leben auf der Straße aussah, wie er gelebt hat und wie er sich organisiert hat.

Eine Sache, über die ich länger nachdenken musste, war, als an einem Nachmittag ein Kind vom Projekt weggelaufen ist und keiner wusste, wo der Junge war und ob er wieder kommen würde…

Ich habe darüber nachdenken müssen, was der Grund sein kann, dass er sich lieber für ein Leben auf der Straße entscheiden würde als in einem Don Bosco Projekt zu wohnen. Doch nach den Erzählungen des einen Jungen, mit dem ich gesprochen hatte, konnte ich keine Vorteile sehen, die ein Leben auf der Straße bringt, noch dazu als 10-jähriges Kind.

Doch als er dann nach zwei Tagen wieder vor dem Anbu Illam-Projekt stand, war nicht nur ich wieder froh, ihn gesund zusehen, ich hatte auch den Eindruck, dass er sich gefreut hat, wieder „Zuhause“ zu sein.

Nachdem unsere Heimreise zurück nach Nilavarapatti wieder anstand, habe ich mich schon so auf unser Projekt und auf unsere Kinder gefreut. Ich habe gemerkt, wie sehr ich unsere Jungs schon vermisst habe und wie sehr ich mich auch auf „mein Zuhause“ gefreut habe.

Die Zeit in Coimbatore Anbu Illam war eine sehr bereichernde Zeit für mich. Ich habe so viele neue Meinungen, Einblicke und natürlich -das schönste- so viele herzliche Kinder und Jugendlichen kennengelernt und in der kurzen Zeit sogar eine Beziehung zu ihnen aufgebaut.

Ich hoffe, ich kann nun meine nächsten Blogeinträge ein bisschen regelmäßiger schreiben. Wenn es mal wieder länger dauern sollte, dann liegt es an der „indischen Zeit“… 😉

Bis bald

Lara