Hallo Menschen da draußen,
Ich bin jetzt schon ein paar Tage hier und hatte meine ersten Arbeitstage. Wovon ich euch aber heute berichten möchte, ist etwas ganz anderes.
Schon bei der ersten Führung über den Schulhof hat Don John auf eine Hand voll wartender Eltern hingewiesen, die am Schultor standen. Ich habe erst nicht richtig verstanden, was er mir sagen wollte, aber nach einiger Erklärung verstand ich: Diese Eltern warten an diesem Donnerstagnachmittag darauf, dass Montag wird und sie ihre Kinder an der Schule anmelden können.
Dazu aber später mehr. Um die Rolle der Schule und des christlichen Glaubens hier zu verstehen, muss ich kurz etwas ausholen:
Schule, Glauben usw.
- Die Schule geht von der 1. Bis zur 12. Klasse und hat jeweils zwei Klassen pro Jahrgang.
- Kosovo ist ein muslimisch geprägtes Land, indem Christen die Minderheit darstellen. Das ist auf einer katholischen Schule auch nicht anders. Von den um die 1000 Schüler:innen ist nur ein Bruchteil christlichen Glaubens. Für die Salesianer spielt das keine Rolle. Es gibt keinen Religionsunterricht, wie ich es aus Deutschland kenne. Lediglich Ethikstunden gibt Don Dominik den älteren Jahrgängen. Damit die religiösen Hintergründe der Kinder nicht direkt ersichtlich sind und zu Konflikten führen, tragen alle Schuluniform.
- Die Schule hatte es die letzten Jahre nicht leicht, durch die wenigen Christen im Land leben nur drei Salesianer auf dem Gelände und sind mit der Leitung der Schule restlos ausgelastet. Das bemerken wir immer wieder, wenn sie sich nur flüchtig zum Essen zu uns setzen und dann direkt wieder weiterarbeiten.
- Auch das Geld fehlt an einigen Stellen. Das Gelände wirkt auf mich jedoch erstmal sehr gut instandgehalten, was wahrscheinlich auch an der Unterstützung von Renovabis aus Deutschland liegt, die an allen Gebäudefassaden vermerkt ist. (Auf deren Homepage gibt es auch einen interessanten Artikel über die Schule: https://www.renovabis.de/hintergrund/bildung-als-grundlage-die-don-bosco-schule-in-pristina )
- Die Schule verlangt auch Schulgeld. Für mich ein Punkt, der sehr kritisch zu betrachten ist, da so einigen Kindern der Zugang zur Bildung verwehrt werden könnte. Don John hat mir diese Bedenken aber wieder genommen, als er mir erklärt hat, dass das Schulgeld mit etwa 1300€ pro Jahr, ein Bruchteil von dem Geld ist, was andere Privatschulen in Kosovo verlangen. Außerdem gibt es Unterstützung für alle, die dieses Geld nicht aufbringen können. Es konnte noch niemand wegen Geldmangel die Schule nicht besuchen, wie mir Don John versichert.
- Für die Anmeldung an der Schule ist ein christlicher Background weder notwendig, noch erhält man dadurch irgendwelche Vorteile. Die Anmeldung erfolgt nicht über eine Bewerbung oder ähnliches. Man muss sich lediglich auf eine Liste setzen und wer zuerst da ist, bekommt die Plätze, womit wir wieder bei den wartenden Eltern sind.
Erster sein
Die Plätze für die Warteliste werden dreimal im Jahr vergeben. Montag war wieder so ein Tag. Damit ihre Kinder auch einen Platz bekommen, warten die Eltern also schon Tage vorher, um als erstes in der Schlange zu stehen. Donnerstag sehe ich nur vereinzelte Mütter. Am Abend werden Bänke herangetragen und Decken ausgepackt. Am nächsten Morgen sind noch ein paar mehr da. Samstag haben die Väter, ihre Frauen abgelöst.
Don Dominik steht bei ihnen, als wir auf dem Weg zum Essen an ihnen vorbeilaufen. Sie wirken ausgesprochen fröhlich und bieten uns etwas von Grill an, sowie Bier und „Jäger“, als sie hören, dass wir aus Deutschland kommen. Mit einem von Ihnen kommen wir ins Gespräch. Er steht schon das zweite Mal an, seine jüngere Tochter ist bereits angenommen worden. Das Warten hier in der Kälte des Abends wäre ihm lieber, als zuhause zu sitzen mit den Kindern. Hier hätte man wenigstens Spaß.
Ich versuche herauszufinden, was es ist, was diese Schule so besonders macht. Don Dominik antwortet mir, er würde mich das nochmal in ein paar Monaten fragen. Der Vater erklärt, dass die es viel Korruption gibt. Hier wissen die Universitäten, dass gute Leistung dahintersteckt, wenn man einen Abschluss hat.
Am Abendessen erfahre ich, dass auch mehrere sehr wichtige Politiker ihre Kinder hier zur Schule schicke, wollten und viel Geld geboten hätten, um angenommen zu werden. Doch auch für sie würde die gleiche Regel gelten, dass sie sich am Schultor anstellen müssten. Diese Tatsache hat es der Schule zusätzlich erschwert. Dadurch und da sie zur christlichen Minderheit gehören, fehlt ihnen oft die politische Unterstützung von oben.
Die Geduld der Eltern, mit der sie für ihre Kinder warten, finde ich nach wie vor sehr bewundernswert. Und auch, wie strikt die Schulleitung mit der Situation umgeht.
Ich hoffe ihr habt bis hierhin durchgehalten und kommt auch zum nächsten Blog wieder. Über Rückmeldung würde ich mich sehr freuen, dazu gibt es hier ja die Kommentarfunktion😉
Außerdem findet ihr unter Spenden außerdem ein Spendenkonto, womit ihr meine und die Arbeit des Projekts unterstützen könnt.
Liebe Grüße aus Pristina
Herbert Wohlhüter
Ich gratuliere dir, liebe Marlene, zu deinen ersten Blog Einträgen. Du schreibst so anschaulich und klar, sodass ich mich auf deine nächsten Einträge freue. Ich reiche deinen Beiträge an Juliane weiter. Danke, schön dass du im Kosovo bist, dann lerne ich etwas über dieses Land. Herzlich grüsst Dich Dein Opa