Tagebucheintrag: Wochenende Quelicai

Letztes Wochenende sind mein Mitvolontär Simon und ich zusammen mit mehr als 500  Schülern, Schwestern, Brüdern und anderen Angehörigen der Don Bosco Familie den Berg Matebian hoch gewandert. Obwohl… man kann diese Tour schon als Klettern bezeichnen.

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Der Ausflug begann Freitag früh. Zusammen mit  Schülern und Schwestern aus unserer Einrichtung sind wir mit einem Truck Richtung Osten gefahren. Nach einer vierstündigen, holprigen Fahrt, mit viel Gesang kamen wir endlich in Quelicai an. Dort gab es ein großes Salesianer Treffen mit Seminaren und Diskussionen zu den Themen Glauben und Kirche. Meine Tetum Kenntnisse machen zwar schon Fortschritte, aber solchen Unterhaltungen sind sie noch nicht gewachsen.

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Voller Enthusiasmus konnten Simon und ich dagegen bei den Tänzen mitmachen, die uns vor dem Einschlafen während der Vorträge bewahrt haben! Vor allem das Lied „Chocolate“ war begehrt, sodass es allein samstags um die zehn Mal mit allen Schwestern, Brüdern und Jugendlichen getanzt und lauthals gesungen wurde!

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Der Höhepunkt des Wochenendes war das Erklimmen des Berges Matebian.  Samstagabend um 22:00 Uhr ging die Wanderung los! Was Simon und mir sofort auffiel: Alle hatten sich bereits mit ihren dicksten Winterjacken, Handschuhen, Mützen, Schals und Decken eingehüllt. Simon und ich dagegen warteten in T Shirts, mit Taschenlampen und Rucksäcken ausgerüstet, auf den Beginn der Wanderung.

Nach einem gemeinsamen Gebet gingen wir dann los. Da es schon dunkel war, konnte man einerseits den wunderschönen Sternenhimmel und andererseits vor und hinter uns eine unendlich scheinende Lichterschlange sehen, die uns den Weg aufzeigte. Man sah nur die kleinen Lichtkegel der Taschenlampen, alles andere schien sich in der Dunkelheit der Nacht aufzulösen. Dieses Bild und das Gefühl der unendlichen Weite war unbeschreiblich!

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 Matebian ist der zweit höchste Berg Osttimors, aber zum Wandern ist er der schwerste. Dieser Annahme ist schwer zu widersprechen, wenn man, wohlgemerkt nachts, den teilweise einen Meter schmalen, sehr steinigen und mit einem Abgrund zur Seite hin abfallenden, Pfad entlang geht. Nach einem Drittel des Weges ist leider meine Taschenlampe ausgegangen und somit mussten Simon, ein Jugendlicher und ich uns das Licht einer Lampe teilen. Sprich: Wir sind alle drei mehr oder weniger in der Dunkelheit gelaufen und mussten auf unseren Gleichgewichts-, Orientierungs- und Tastsinn vertrauen. Glücklicherweise darf ich hier schon sagen, dass außer ein paar Ausrutschern nichts Schlimmeres passiert ist! Zudem sind wir während des Wanderns regelmäßig vom Gesang einzelner Gruppen geleitet und motiviert worden.

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Da Simon und ich nicht wirklich wussten, was uns auf der Wanderung erwarten würde, dachten wir gefühlt jede Stunde, dass wir bereits den Gipfel erreicht hätten. Gegen vier Uhr morgens rasteten wir auf einer Stelle  in der festen Überzeugung, wir wären oben angekommen .Wir setzten uns also an ein Lagerfeuer und machten es uns gemütlich. Sehr schnell mussten wir jedoch feststellen, dass aus der kuschelig warmen Lagerfeueratmosphäre wohl nichts werden würde, da es eisig kalt war! Ich hatte ein T Shirt, zwei Pullover, eine Regenjacke, einen dicken Schal und eine Decke um mich gehüllt und musste dennoch feststellen, dass die Mützen und Handschuhe der anderen doch nicht übertrieben waren.

Als wir auf einen traumhaften Sonnenaufgang warten wollten, erfuhren wir, dass wir noch eine mindestens zweistündige Wanderung vor uns haben. Da wir, nach so viel Anstrengung, den Gipfel auch erreichen wollten, stolperten wir also mehr oder weniger lebendig den holprigen Pfad weiter nach oben. Der Weg war nicht leicht zu finden, da sich die große Gruppe mittlerweile auf dem ganzen Bergrücken verteilt hatte und oft standen wir orientierungslos da, ohne zu wissen wo es weiter geht.

Gegen sechs Uhr morgens erreichten wir den Gipfel des Berges! Von dort konnten wir den Sonnenaufgang und mit der eingehenden Helligkeit auch das gesamte Land unter uns sehen.

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Man fühlte sich wie „on top of the world“!

IMG_0903Die gemeisterte Kletteraktion wurde mit Keksen belohnt, es wurde gemeinsam gesungen und musiziert (zwei von den Jugendlichen wanderten mit  Gitarre den Berg hoch!) und nach einer gemeinsamen Messe im Freien ging es auch schon wieder an den Abstieg.

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IMG_0920Völlig erschöpft, müde aber glücklich kamen wir, nach sechs Stunden die wir für den Abstieg gebraucht haben, in Quelicai an.

Es war wirklich schön so viele Jugendliche, Schwestern und Brüder kennen zu lernen und mit ihnen als Gruppe den Berg zu besteigen. Die Wanderung war super anstrengend, und einige Male bin ich an meine Grenzen gekommen, aber keinen einzelnen Augenblick dieser Wanderung möchte ich missen.

PS: Ich gebe mein Bestes, um meine Tetumkenntnisse auszubauen und behalte den Satz einer der Schwestern im Gedächtnis: „Wow Klara, your Tetum goes on!“