Eine ganze Weile ist es her, dass ich mich hier gemeldet habe und jetzt soll das mein letzter Blogeintrag sein. Eigentlich wollte ich ihn erst in Deutschland verfassen, als schöner Abschluss sozusagen. Aber das Leben hat, wie so oft, eigene Pläne. Statt zu Hause sitze ich nun in Mumbai fest und habe plötzlich mehr Zeit, als mir lieb ist.

Die Abreise, die keine war

Alles war schon vorbereitet: Koffer gepackt, Tickets gebucht, wir hatten sogar schon am Flughafen eingecheckt. In Gedanken war ich längst zuhause. An der Immigration ist der Gedanke an zu Hause aber gescheitert. Wir wurden kurzerhand in ein Büro geführt und dort kam der Schock: Wir seien offiziell gar nicht registriert. Eine Formalität, die eigentlich gleich zu Beginn in Goa erledigt werden sollte, aber einfach so versäumt wurde. Mehrmals hatte ich vorher nachgefragt, ob alles in Ordnung und geregelt sei, und bekam nur ein „Alles gut, ihr könnt einfach ausreisen.“

Nun ja… offensichtlich nicht.

Noch komischer wurde es, als man uns Fragen stellte, die wie aus einem schlechten Film klangen: „Seid ihr komplett arisch? Blaue Augen…Helle Haare…“ Oder: „Sind während eurer Arbeit Kinder verschwunden? Wurden sie misshandelt oder zum katholischen Beten gezwungen?“

Diese Frau hielt dabei ausgerechnet das Tagebuch der Anne Frank in der Hand und freute sich über mein „arisches Aussehen“. Doppelmoral vom Feinsten an der Stelle.

Und so sitzen wir nun in Mumbai und warten. Auf eine Bestätigung, auf ein Dokument, auf ein „Geht einfach“. Vielleicht dauert es drei Tage. Vielleicht drei Wochen. Niemand hier weiß das so genau.

Ein Zuhause auf Zeit – Shelter Don Bosco

Die letzten drei Monate habe ich im Shelter Don Bosco verbracht und mich hier unglaublich wohlgefühlt. Ganz anders als in Goa, wo vieles schwer und mühsam war. Hier waren die Menschen offen, herzlich, und ich hatte das Gefühl, wirklich frei gestalten zu können.

Die meisten Jungs sind schon volljährig, deshalb gibt es nicht immer Arbeit. Aber genau das hat Raum für anderes gelassen: offene Gespräche, spontane Uno-Runden, gemeinsame Ausflüge, DIY-Projekte. Wir waren Müll am Strand sammeln, haben Fußball gespielt, sind im Staudamm baden gegangen und haben viele kleine Momente geteilt, die das Leben so bunt machen.

Sechs jüngere Kinder kommen nur zur Tagesbetreuung. Mit ihnen bin ich oft zur Schule gegangen, habe Hausaufgaben gemacht und danach eine Runde Uno gespielt. Die kleinen Jungs (auch meine Sweeties genannt) haben meinen Alltag sehr bereichert und mich oft glücklich gemacht.

Natürlich könnte ich all das jetzt noch ausführlicher beschreiben – aber eigentlich erzählen die Bilder viel besser, wie schön diese Zeit war.

Zum Abschied

Und nun ist es Zeit, Danke zu sagen.

Danke an alle, die mich mit Spenden unterstützt haben.

Danke an die Menschen in Mumbai, die mich aufgenommen haben, als wäre ich Teil der Familie.

Danke an die Organisation, die hinter mir steht und mir so viel Sicherheit gegeben hat.

Dieses Jahr war nicht immer leicht. Es hatte Höhen und Tiefen, aber jedes einzelne Erlebnis hat mich geprägt und wachsen lassen. Ich bin dankbar für all die Begegnungen, die mich bereichert haben und ich weiß, dass ich die Menschen und die Erinnerungen immer im Herzen tragen werde.

Das war’s also. Mein letzter Eintrag. Danke, dass ihr mich auf dieser Reise begleitet habt.

Bis irgendwann – und tschüssi!