Auch wenn die letzte Zeit sehr herausfordernd war, haben wir es geschafft ein wenig herauszukommen. Wir konnten uns gut ablenken, indem wir viel mit neuen Freundinnen unternommen haben. Wir schlenderten durch die „Mall de Goa“, suchten in Panaji nach einem Piercingstudio und fuhren Riesenrad auf einem der größten Märkte Goas.

Panaji

Nachdem ich von dem gruseligen Mann (Blogeintrag zuvor) sowas wie exorziert wurde, gingen Adele und ich zurück zu unserer Wohnung. Wir waren noch völlig perplex und konnten nicht fassen, was da passierte. Kurze Zeit später stand schon Alonsa, die Tochter der Köchin unserer Einrichtung vor der Tür. Wir verabredeten uns für einen Trip nach Panaji, wussten aber noch nicht genau was wir machen wollten. Ich hielt es für witzig, wenn wir uns aus dem Schock heraus ein Piercing stechen lassen würden. Auf der Busfahrt erzählten wir Alonsa von dem Mann. Sie konnte es auch nicht glauben und ernst nehmen was er da veranstaltete. Gut zu wissen, dass es kein kulturelles Problem war, sondern wirklich ein personenabhängiges.

In Panaji angekommen, klapperten wir viele Schmuckläden ab, in der Hoffnung, dass sie Piercings stachen. Ohne Erfolg. An Sonntagen haben die meisten Läden in Panaji zu, was eigentlich eher untypisch ist. Vielleicht war es Schicksal, sowas nicht nach einem traumatisierenden Erlebnis zu machen. Ein paar Tourismusshops hatten offen, worin Adele sich ein bisschen verlor. Alonsa und ich warteten hungrig draußen. Viele Frauen und Männer wollten mir wieder Schals und Stoffe verkaufen oder eine Strähne mit bunter Wolle einflechten. Wir wurden langsam ungeduldig, weswegen Alonsa in den Laden ging und Adele rausholte.

In einer ruhigeren Ecke haben wir ein süßes Restaurant gefunden. Es gab Pizza, Pasta und Burger. Alles natürlich auf indische Art mit diversen Masala-Gewürzen. Die Portionen waren sehr großzügig. Mit den letzten Bissen der Pasta hatten wir echt zu kämpfen.  „Hier kommen wir auf jeden Fall wieder her“ schlug Alonsa vor. Mit einem vollen Bauch liefen wir zum Bahnhof und fuhren zurück nach Paliem.

Kino

Die Familie, von der wir unsere Räume zur Verfügung gestellt bekommen, haben wir schon sehr lieb gewonnen. Die Tochter, Dhanashri ,  ist ungefähr in unserem Alter. Wir luden sie ins Kino ein, welches sich in einer Shopping-Mall befindet.

Wie immer werden wir am Eingang der Mall kontrolliert, bevor wir eintreten dürfen. Wie in Deutschland, gibt es mehrere Etagen mit verschiedenen Kleiderläden. Zwischendrin befindet sich der Schalter für den Kartenverkauf des Kinos. Drei Euro pro Person. Für die guten Plätze. Nachdem wir nochmals kontrolliert wurden, ob wir auch ja kein Essen dabei haben, wurden wir hereingelassen. Sie wollten sichergehen, dass man sich Getränke und Snacks drinnen kauft. Der Preis des Popcorns und der Getränke war so teuer wie in Deutschland. Wir entschieden uns nur für einen kleinen Eimer Popcorn mit Käsegeschmack für uns alle. Endlich konnten wir uns in den Saal setzen und den 3D-Film „Mufasa: Der König der Löwen“ schauen.

Unterernährt

Als Abschluss des Tages hat uns die Mutter von Dhanashri zum Abendessen eingeladen. Sie tischte uns ein Gemüse- und ein Chicken-Curry auf. Dazu gab es Salat und gebratenen Blumenkohl. Sie wollte uns noch eine zweite Portion geben, welche wir höflich ablehnten. Das Popcorn hatte unseren Magen bereits schon sehr gefüllt.

Wir denken, dass die Leute – besonders Mütter – glauben, dass wir zu wenig essen. Uns wird so viel zum Essen angeboten und Tipps gegeben, wie zum Beispiel: „Trinkt erst nach dem essen und nicht schon davor, so passt mehr rein.“  Die Frau eines Mitarbeiters schaut öfter auf unseren Teller und fragt, warum wir denn nur so wenig nehmen. Wir frühstücken jeden Sonntag mit ihr zusammen. Sie freut sich sehr, wenn wir mal mehr als ein Brötchen essen.

Seitdem wir bei der Familie aßen, bekommen wir ab und zu etwas Kleines zugeschoben. Einen Abend stand Dhanashri mit einem süßen Dessert aus geraspelten Karotten vor der Tür. Ein paar Tage später, bekamen wir Bananen aus dem eigenen Garten.

Bummel auf dem Rummel

Die Familie lud uns zu dem größten Markt Goas nach Mapusa ein. Wir fuhren alle zusammen mit dem Bus. Der Vater und sein Sohn fuhren auf dem Moped schon vor. Als wir ausstiegen sahen wir eine große Menschenmenge, die zu dem Markt führte.

Der Tempel

Als erstes betraten wir einen hinduistischen Tempel. Wir zogen unsere Schuhe aus und liefen ein paar Stufen hinauf bis zum Eingang. Dort bekamen wir eine Banane als Geschenk der Götter. Viele Menschen verbeugten sich vor mehreren Gottesfiguren und griffen in eine Schale mit Asche, die sie sich auf Stirn und Hals tupften. Auch ich habe diesen Prozess ausprobiert, um Respekt vor dem Glauben zu zeigen. Am Ende des Tempels bekamen wir eine Art Reisdessert. Wir setzen uns auf den Boden. Ich setzte mich mit dem Rücken zu einer Gottheit, was Unglück brachte. Dhanashri wies mich darauf hin. So schnell, wie es ging, drehte ich mich zur Gottheit hin. Wir aßen die Speise und die Banane und verließen den Tempel. Vor dem Tempel machten wir noch ein paar Bilder zusammen.

Alte Fahrgeschäfte

Wir mussten uns leider beeilen, da wir rechtzeitig zum Abendessen wieder zurück sein sollten. Deshalb hatten wir leider kaum Zeit für die Stände. Wir liefen durch ein paar Gassen der Stände und kamen an einem kleinen Freizeitpark an. Ein Riesenrad, ein Schiff, ein Breakdancer und andere Fahrgeschäfte standen auf einem großen Feld neben dem Markt.

Wir entschieden uns für eine Fahrt mit dem Riesenrad. Dhanashri fuhr zusammen mit Adele. Ich fuhr mit der Haushälterin der Familie, da Dhanashris Bruder, Rudra, zu viel Angst davor hatte. Verständlicherweise. Die Fahrgeschäfte sahen nicht so TÜV-geprüft, wie in Deutschland aus. Die dünnen Metallstangen waren von Rost überzogen und überall hingen lose Kabel. Auch Sicherungen der Wagons gab es nicht. Sogar eine Schnur am Eingang des Wagons war nicht vorhanden. Das Riesenrad war auch nicht dafür gedacht, die Aussicht zu genießen.  Dafür war es viel zu schnell. Beim Runterfahren hatte man das Gefühl im freien Fall zu stürzen was es aber deutlich spannender machte.

Nach diesem Erlebnis bekamen wir noch einen kleinen Snack und ein Softeis. Wir schrieben dem Father eine kurze Nachricht, dass wir uns etwas verspäteten. Der Vater von Dhanashri fuhr uns mit dem Moped zurück, damit wir es noch zum Abendbrot schafften.

Ich bin sehr dankbar für die Menschen, die wir hier kennengelernt haben. Ohne sie würden wir kaum aus unserem Alltag herauskommen oder neue Dinge erleben. Wir hatten schon so schöne Einblicke in die Kultur und die hinduistische Religion – dank unserer Familie hier. Ohne die liebevollen Gesten der Menschen um uns herum, wäre die Zeit in Indien deutlich anstrengender.

Alltag von den Jungs und uns

Natürlich ist der Alltag mit den Jungs in der Einrichtung auch schön. Ich mache den Nachhilfeunterricht gern und spiele gern mit ihnen. Aber viel Spannenderes, worüber ich aus der Einrichtung berichten könnte, gibt es gar nicht.

Leider haben die Jungs kaum Möglichkeiten, ihre eigenen Interessen zu leben. Den einzigen Sport, den sie ausüben ist Fußball, obwohl es viele gar nicht mögen. Auch Kreatives wird nur selten unternommen. Es gibt einen Musikraum, indem aber nur für Veranstaltungen und nicht aus Spaß geübt wird. Nach der Schule gibt es eine kurze Mittagspause und danach wird aufgeräumt und wieder für ein paar Stunden gelernt. Nach der Spielpause wird wieder gelernt. Selbst vor dem Schlafengehen wird gelernt.

Um spannende Filme und nicht nur Youtube zu schauen, habe ich einen Netflix-Account für die Einrichtung erstellt. Für Abwechslung in der Freizeitgestaltung verpackten Adele und ich ein paar Spiele in den Adventskalender.

Auch uns werden viele Grenzen gesetzt. Wenn wir etwas spielen wollen, müssen wir erst fragen. Ich wollte mit den Kindern auf dem Pflaster mit Kreide malen. Dafür musste ich auch fragen. Die Jungs wollten nochmal sichergehen, ob ich auch wirklich gefragt habe, da sie es nicht glauben konnten. Sonst hätten sie das nie gedurft. Normalerweise gibt es für sowas einen Schlag auf Hinterkopf oder Rücken. Auch aus Spaß gibt es manchmal einen Respekt-Schlag. Kein Wunder, dass viele Kinder mit schlechtem Gewissen Dinge tun, die ihnen Spaß machen.

Die einzige Zeit, in der wir selbst entscheiden, wie wir sie gestalten, ist der Unterricht. Adele und ich versuchen den Unterricht mit Spiel und Spaß aufzulockern. Leider haben wir nur einzelne Kinder im Unterricht. Die anderen müssen ihre Zeit im „Lernraum“ verbringen.

Hoffnung

Es sind zwar nur kleine Schritte, aber immerhin auf dem richtigen Weg. Wir versuchen den Alltag für uns und die Kinder ein wenig entspannter zu gestalten. Vielleicht haben wir über einen längeren Zeitraum mehr Einfluss auf die streng erziehende Einrichtung. Es ist ja auch kein Zuckerschlecken als erste Volontäre in der Einrichtung.

Ich sehe auf jeden Fall positiv in die Zukunft. Ich habe Hoffnung, dass sich einiges zum Guten wenden kann und es auch leichter für uns wird. Von Zeit zu Zeit schlagen wir wieder was Neues für die Kinder raus. Einige Kinder sind mir schon sehr ans Herz gewachsen. Sie vertrauen mir, grüßen und lächeln mir immer freundlich zu, wenn sie mich sehen. Das erleben zu dürfen, reicht mir schon als Motivation hier zu arbeiten. Jedes einzelne Lächeln der Kinder verschönert meinen Tag.

Ich nutze direkt nochmal die Chance, um mich bei allen Spendenden zu bedanken! Ohne euch hätte ich meinen Freiwilligendienst nicht so einfach antreten können. Der Großteil des Geldes ist schon zusammen. Ich freue mich über jede weitere Spende.

Spendenkonto und Paypal

Don Bosco Mission 
DE89370501980000099499
Verwendungszweck:
Klara Zschornak, S24VR020
(Name, Adresse des Spendenden)
Paypal: klara.zschornak@gmx.de

sonstige Impressionen aus dem Alltag: