In den letzten Wochen haben wir schon vier verschiedene Strände besucht. Die Strände im Norden sind von Russen besetzt, teilweise auch von der russischen Mafia. Indische Menschen sind dort nicht gern gesehen, das haben uns schon mehrere Menschen erzählt. Wir sollen uns lieber fern halten. Ich habe nachgefragt, wieso die Regierung nichts dagegen unternimmt, aber konnte mir die Frage eigentlich selbst beantworten. „Wegen Geld.“ Russland bezahlt Indien, damit Russen und Russinnen die Strände Goas genießen und sich dort ansiedeln können.
Die Strände im Süden
Die Strände im Süden von Goa sind die Schönsten, da sie ruhiger und sauberer sind. An den Stränden von Baga und Candolim sind viele Touris zu sehen, aber nicht unbedingt aus Europa. Eher aus Nordindien. Wir können mit bloßem Auge nicht erkennen, woher genau die Menschen sind, aber die Menschen in Goa sehen das ganz genau. „Wir haben nichts gegen Deutsche oder Briten, aber die Russen und einige Inder können sich hier nicht benehmen. Sie machen hier komische Sachen und werfen überall Müll herum“ erklärte uns der Father.
Erfahrungen mit Stränden
Am Strand von Baga waren wir einen Dienstag früh um sechs mit den Jungs. Es war noch stockdunkel. Dort waren wir auch nicht allein, wie ich es eigentlich erwartete. Am Strand schliefen Obdachlose zusammen mit Straßenhunden. Partypeople genossen den Sonnenaufgang und Kühe unternahmen ihren morgendlichen Spaziergang. Wir spielten am Strand Fußball und liefen ein paar Meter am Wasser entlang. Überall lag angespülter Müll, weswegen Barfußlaufen kaum möglich war. Zum Abschluss gab es noch Chai und ein indisches Gebäck, was uns ein junger Mann verkaufte. Als die Sonne vollständig zu sehen war, machten wir uns wieder auf den Heimweg.
Vor ein paar Tagen waren wir dann an einem kleineren Strand. Weit und breit keine Menschen zu sehen. Wir hörten nur das Rauschen des Meeres. Endlich mal Stille. Es war das erste Mal, dass ich keine hupenden Autos, das Rauschen der Ventilatoren oder redende Menschen um mich hatte. Adele und mir war sofort klar – das wird unser Lieblingsstrand. Wir hatten sogar das Glück, von weitem Delphine zu beobachten. Normalerweise muss man viel Geld für eine Bootstour bezahlen, um Delphine zu sehen. Wir sammelten noch ein paar Muscheln und tranken eine Limo, bevor wir leider nach einer halben Stunde schon wieder los mussten.
Von Krankheit nicht verschont
Mich hat es gepackt. Nach dem Diwali-Festival lag ich einen Tag krank im Bett. Vermutlich das Essen, aber auch der Schlafmangel ließen mich Stunden auf der Toilette verbringen. Adele brachte mir ab und zu leichtes Essen vorbei und sorgte sich gut um mich. Ich nahm eine IBU gegen das Fieber und eine Tablette gegen den Durchfall. Auch die Fathers machten sich Sorgen und gaben mir ein paar Hausmittelchen, die gut wirken sollen. Limettenwasser und gebratener Reis, den ich mit Wasser aufkochen sollte. Tatsächlich konnte ich, zwar leicht geschwächt, aber relativ fit in den nächsten Tag starten.
Überall Fathers
Nachdem sich jeder gefreut hat, dass es mir wieder gut geht, habe ich bemerkt, dass etwas anders ist als sonst. Die Kinder putzten jeden Winkel des Hauses und fingen an zu schmücken. Uns wurden natürlich wieder Details ausgelassen und nicht alles erzählt. Wir fragten den Father, welchen Anlass es für den ganzen Aufwand gäbe. Er erzählte uns, dass wir hohen Besuch bekommen. Ein Salesianer Don Boscos aus Rom wird die Einrichtung besuchen. Er und weitere Fathers aus ganz Indien treffen sich, um das letzte Jahr der Jugendarbeit zu reflektieren und Probleme zu diskutieren. Jedes Jahr reist Fr. Miguel Ángel in verschiedene Länder auf der ganzen Welt, um nach dem Rechten zu sehen. Er ist der zuständige Salesianer für die Jungendarbeit in der Don Bosco Organisation.
Auch wir durften ihn persönlich treffen. Zum Kaffee kamen er und die ganzen Fathers in die Einrichtung. Er sagte zu uns, dass er sich über jeden Freiwilligen, in der Organisation freut. Nicht nur darüber, dass wir aushelfen, sondern auch, dass wir den Kindern zeigen, welche Perspektiven und Möglichkeiten es in der Organisation, aber auch im eigenen Leben geben kann. Seine Worte, ungefähr zusammengefasst, zum Abschied waren: „Seid wie ein offenes Buch für die Kinder. Lasst sie einen Einblick eures Lebens gewinnen und lasst die Kinder euer Buch weiterschreiben. Verschließt euch nicht vor ihnen. Seid auch offen für die Geschichten, die sie erzählen.“ Danach verabschiedeten wir alle. Da wussten wir nicht, dass wir die ganzen Fathers noch nicht los sind.
Bootsfahrt und indische Priester
Sie luden uns zu einer Bootstour ein, worauf wir am Abend mit Fr. Jose nach Panaji fuhren, wo die anderen bereits warteten. Wir stiegen auf ein großes Boot und wurden nach unten gebeten. Da wurden uns direkt Getränke und Snacks ausgehändigt. Zwei von den Fathers waren schneller als man gucken konnte an der Karaoke Station. Den halben Abend sangen die Zwei melancholische, aber auch fröhliche Lieder. Ein anderer Father fing an zu tanzen. Für mich war das total ungewohnt. Die meisten Priester in Deutschland, die ich kenne, sind sehr ernst und zurückhalten. Von denen bekommt man nicht viel mit. Diese Priester sind aber total lustig, gut gelaunt und aufgeschlossen. Wir hatten viele schöne und lustige Gespräche mit ihnen.
Auch an Father Jose merkte man, wie viel Kontakt die Priester hier zu ihrer Gemeinde haben. Er wird von so vielen Menschen begrüßt, nach Hause eingeladen oder besucht. Er macht Hausmessen für Menschen, die krankheitsbedingt nicht in die Kirche gehen können. Mit Humor und Aufgeschlossenheit zeigt er der Gemeinde, dass er zu jeder Zeit erreichbar ist und er sich immer freut jemanden zu sehen. Ich glaube das fehlt in Deutschland. Aufgeschlossene Pfarrer, die regelmäßig den Kontakt zu Menschen suchen – außerhalb der Kirche. Durch die Skandale, Corona und Kirchensteuer verlieren viele ihren Hang zur Kirche, auch wenn sie ihren Glauben leben wollen. Gerade jetzt ist es wichtig die Kirche wieder attraktiv zu gestalten, besonders für junge Menschen.
Der Pfarrer war entsetzt, als er von Kirchensteuern hörte. Er konnte nicht verstehen, wieso man bezahlen sollte, um zu Glauben oder einer Gemeinschaft anzugehören. Man sollte doch die Liebe zu Gott bedingungslos, auf seine Weise ausleben dürfen. Hier bezahlt man nur Kollekte und wenn die nicht reichen, packt jeder mit an. – Warum bezahlen Ledige eigentlich das Doppelte von Verheirateten? Na ja egal. Ganz ohne Steuer würde es in Deutschland vermutlich nicht funktionieren.
Zurück zur Bootsfahrt: Nach einem sehr schönen Abend mit einem großen Buffet und viel schiefem Gesang sind wir wieder in Panaji angekommen. Wir verabschiedeten uns von allen und bedankten uns für die Einladung. Im Auto reflektierten wir gemeinsam den Abend und dachten an die lustigen Karaokesongs zurück.
Den nächsten Tag verbrachte ich, durch das Buffet, welches anscheinend zu lang draußen stand, wieder im Bett. Seit dem geht es mir aber wieder gut. Jetzt seid ihr auf dem neusten Stand. Neben dem Alltag als Lehrerin und Betreuerin ist in den letzten Tagen nicht mehr so viel passiert.
Hier noch ein paar Eindrücke:
GaLiGrü <3
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