So, da bin ich wieder. Krass das Andreas und ich jetzt tatsächlich schon unsere erste Woche im Projekt hinter uns haben, irgendwie ging das Ganze dann doch sehr schnell vorbei. Den Beitrag hier schreibe ich übrigens weder an meinem Laptop noch in Villa Regina. Da wir grade einen zweitägigen Ausflug machen muss mein, ähäm, mobiles Endgerät herhalten, aber dazu später mehr.

TEIL 1: Ankunft

Mein letzter Beitrag kam ja als ich grade mit Andreas im Fernbus saß und Richtung Süden düste. Mit stolzen 70 minuten verspätung sind wir dann schließlich eingetrudelt und wurden von Padre Daniel am Busbahnhof abgeholt. Üblich ist das man den Angestellten die die Koffer aus den Tiefen des Gepäckfachs holen ein paar hundert Pesos ( die argentinische Währung) in die Hand drückt. Ich hatte leider die Scheine verwechselt und dem Mann statt 200 Pesos 2000 in die Hand gedrückt… da das noch nicht mal 2€ sind hab ich den Verlust aber verschmerzt.

Padre Daniel hat uns dann in das Haus geführt in dem die Padres leben und uns erstmal ein spätes Mittagessen vorgesetzt. Dabei hat er auch besagte restliche Padres vorgestellt. Ich hab mir von den 5 Namen aber leider nur zwei merken können. Padre Angél und Padre Ding. Letzterer ist von den Philipinen und spricht ungefähr genauso gut spanisch wie ich. Witzigerweise heißt er auch genau wie meine ehemalige Schulleiterin, mur das die nicht von den Philipinen stammt. Das ich mir Namen nicht werde merken können wird noch öfters vorkommen. Dabei ist auch dieses wunderbare (euch ja vielleicht schon bekannte) Foto entstanden:

Danach gings dann in unsere Unterkunft die auch schon von unseren Vorvolos bewohnt wurde. Das Ganze besteht aus einer Küche, einem kleinen Bad und einem gemeinsamen Schlafzimmer in dem zwei Betten stehen. Direkt über der Schule gelegen wird man morgens definitiv gut von den Schülern gegen 20 vor 7 geweckt, wenn diese zur ersten Stunde antanzen. Am Sonntag haben wir uns dann hauptsächlich eingerichtet, und sind Padre Juan über den Weg gelaufen. Der hielt in den restlichen Räumlichkeiten über der Schule ein… Jugendtreff? ab, und hatte dafür unseren Küchentisch geklaur. Wir wurden schließlich um viertel vor Neun von Padre Daniel zum Abendessen abgeholt.

Nach dem Abendessen hat uns dann prompt Padre Angél eingesackt und mit seinem Auto zur so genannten „Chakra“ kutschiert. Das ganze ist ein etwas abgelegenes kleines, offenes Gebäude mit dabei liegenden Feldern und Obsthainen. Tagsüber arbeitet Padre Angél hier mit Drogenabhängigen wie er uns berichtete. Sonntagabend war aber von seiten besagter Abhängiger ein nettes kleines Asado im Gange zu dem wir prompt eingeladen wurden. An der Stelle möcht ich auch anmerken das ich mein Vegetariertum unbewusst bereits am ersten Tag über Bord geworfen habe ( als ich in eine Pizza gebissen habe die ohne mein Wissen Schinken enhielt) und bewusst am zweiten Tag als es Reis mit Hünchen zum Essen gab. Das Ganze hab ich auch weiterhin so gehandhabt und zwar aus den Gründen das Erstens viele argentinische Gerichte wie Asado (aka Grillen) quasi nur aus Fleisch bestehen und viele andere Dinge die es in dem Jugendheim zu Essen gibt in Richtung Reis mit Hünchen laufen und ohne das Fleisch ziemlich arm wären. Jetzt aber genug dazu.

Besagtes erstes Asado.

Was gibts denn hier eigentlich alles so?

Naja was ich bis jetzt gedacht und auch überall rumerzählt habe, ist das ich in einem Kinder- und Jugendheim arbeiten werde nicht falsch, aber bei weitem nicht alles was es hier gibt.

Was wir bis jetzt kennengelernt haben ist folgendes: Das Hogar (Kinderheim) für die ca. 6 bis 13 jährigen Jungs und die Casita (Häuschen) in dem die 13 bis 18 jährigen Jungs leben. Die Schule „Mama Margarita“ in der so Dinge wie Kochen, Backen, Holzarbeit, Handarbeit und noch vieles mehr unterrichtet werden. Dazu kommt die vorhin schon erwähnte Chakra, das Kinderheim für Mädchen, San José, und leicht kinderlos aber auch wichtig, „la administración“, aka die Verwaltung. Auch ein ganzes Gebäude. Oh, und ich hab die Kirche, das Gebäude der Padres und die dazugehörige weiterführende Technikschule vergessen.

Scheinbar gibt es noch mindestens 5 andere Gebäude und Einrichtungen, die sind mir aber alle noch unbekannt. Die Schule über der wir wohnen heißt „Collegio Niño Jesus“ und liegt direkt neben Mama Margarita und dem Hogar, der Verwaltung und der Casita.

Was genau mach ich hier eigentlich?

Tja, das war auch die Frage die Andreas und ich Padre Daniel gestellt haben als wir dann mit ihm in seinem Büro saßen. Besagter Padre war schon einen Schritt weiter und hatte einen genauen Plan ausgearbeitet. Bzw den Plan der Vorgänger kopiert. Aber vielleicht ist das fürs Einleben erstmal gar nicht schlecht. Morgens sind wir von 9 bis ungefähr 12:30 bei den kleinen Jungs im Hogar wo wir zuerst zusammen frühstücken, dann bei Hausaufgaben helfen und danach dann noch zusammen was spielen und zu mittag essen bevor es für die Jungs dann in die Schule geht. Die haben die Kleinen übrigens Nachmittags. Generell kein dummes Konzept, vormittags haben die Großen das vergnügen.

Nach dem Mittagessen haben wir dann ungefähr bis viertel vor 2 Freizeit zum Ausruhen, Duschen, was auch immer. Danach gehts ab 13:50 in die erste Werkstattrunde bei Mama Margarita. Die geht bis ungefähr Viertel nach 3, dann gibts kurz Süßes und Tee, bevor es in die Pause und dann in die zweite Werkstattrunde geht die bis 17:30 dauert. Ich bin übrigens in der „Carpenteria“, aka der Holzwerkstatt gelandet, und Andreas in der Bäckerei. Dazu sagen muss man das wir das Ganze im Moment nur ausprobieren und auch noch ändern können wenn wir wollen. Zumindest erstmal bleib ich da aber wahrscheinlich, ich find das nämlich ziemlich interessant.

Von 17:30 bis ca. 19:30 haben wir dann wieder frei, die Zeit können wir z.B. zum Einkaufen nutzen, Mittags haben die Geschäfte hier nämlich zu. Danach sind wir bei den 13 bis 18 Jährigen Jungs mit denen wir bis jetzt hauptsächlich quatschen und Musik hören bis es um 21:15 dann Abendessen gibt. Danach helfen wir noch beim Aufräumen, quatschen noch ein bischen und gehen dann meistens so um kurz vor halb 11.

So viel zu unserem theoretischen Tagesablauf, aber was ist die Tage denn jetzt wirklich passiert. Naja, am Montag waren wir Vormittags tatsächlich schon bei den Kleinen und haben danach noch mal mit den Padres Mittag gegessen. Kurze Anmerkung: die haben normalerweise wesentlich leckereres Essen, die Kochen Das allerdings auch selber.

Danach hatten wir dann den Nachmittag nochmal frei und sind die Klippe hochgestiefelt die die Nordseite des Tals entlangläuft. Der Ausblick von da oben war wirklich schön, allerdings ist der unterschied zwischen dem schon recht grünen Tal und der typisch trockenen, patagonischen Landschaft schon krass.

Ausblick über Villa Regina
Aussicht Oben

Den restlichen Nachmittag haben wir unter anderem damit verbracht eine Bank zu suchen, damit Andreas Geld abheben kann Dem ging nämlich langsam das Bargeld aus. Nachdem wir Eine gefunden haben hat er dann mal probehalber 10000 Pesos (ca.8€) abgehoben und festgestellt, dass er über 9000 Pesos Bearbeitungsgebühr bezahlt hat. Hm. Nicht gut. Wir haben von weiterem Bargeldabheben dann erstmal abgesehen, und haben uns auf den Heimweg gemacht. Am Montag haben wir dann erstmal nichts mehr gemacht. Am Dienstag, nach einem Morgen bei den Kleinen, hat uns Padre Daniel dann bei Mama Margarita vorgestellt und wir haben mindestens 20 Schulangestellte kennengelernt von deren Namen ich mir… 3 gemerkt hab. Dann gings in die Werkstätte und mir wurden wieder 20 neue Namen, diesmal von Schülern, entgegengeworfen. Davon hab ich mir diesmal sogar inzwischen fast die Hälfte gemerkt.

Abends sind wir dann in der Casita zum ersten mal aufgetaucht, und sehr freundlich begrüßt worden. Allerdings wurde uns angedroht das wir es wie unsere Vorgänger machen und wirklich nur zum Essen auftauchen wir nichts mehr bekommen. Wieder in unserer Wohnung sind wir dann ziemlich erschöpft ins Bett gefallen.

Am Mittwoch haben wir morgens wieder die Kleinen besucht und sind dann nach der Mittagspause Richtung Schule gewandert. Da wir am Dienstag erst nach der Pause gekommen waren lernte ich die Werkstattgruppe die vor der Pause in der Werkstatt werkelt kennen. Diese sind das erste Jahr in der Werkstatt während die Nach-Pause-Gruppe bereits im zweiten Jahr ist. Meine Gruppe hatte grade Sport, das heißt ich bin die Kalorien vom Mittagsessen gleich wieder losgeworden, während Andreas handkarrenmäßig von den Kindern Richtung Bäckerei befördert wurde. Da der Lehrer an dem Tag erkältet war haben wir nach Ende des Sports bis zur Pause Spiele gespielt. Aka ich hab kleine Kinder im Schach plattgemacht. Ich muss zugeben das es Spaß gemacht hat 🙂

Nach dem üblichen Tee mit Keksen sind wir dann in die Pause und ich wurde in die Feinheiten des (bzw eines) Murmelspiels eingeführt. Es funktioniert folgendermaßen: Du wirfst deine Murmel irgendwo auf die Erde, dein Gegner mal das Selbe und danach versuchst du mit deiner Murmel die deines Gegners abzuschnippsen. Gelingt es dir nicht die gegenerische Murmel zu treffen ist dein Gegner an der Reihe. Triffst du die Murmel des Gegners darfst du sie einstecken und er muss eine Neue nehmen. Das ganze geht dann einen undefinierten Zeitraum so weiter und wer am Ende mehr hat, hat gewonnen. Erstaunlich spaßig, allerdings wurde ich eiskalt platt gemacht.

Da die Zweitjahresgruppe eigene Projekte hat, haben wir an Denen ganz normal weitergearbeitet, bzw ich hab kleine Holzbuchstaben produziert, um damit Namen zu bilden.

Abends waren wir dann wieder bei den älteren Jungs zum Essen. Bzw ich war da zum Essen, da Andreas sich leider ebenfalls erkältet hatte und beschlossen hatte, sich für den restlichen Tag auszuruhen um die Krankheit wieder los zu werden. Das ganze hat leider nicht geklappt und Andreas war bis inklusive Freitag krank und lag im Bett.

Für ihn hieß das ausruhen und spanische Filme/Serien/Videos schauen um die Sprache zu lernen, für mich hieß es mir die nächsten Tage ungefähr 50 mal die Frage: “ Wo ist denn der andere Deutsche“ anzuhören. Auf meine Antwort „Der hat sich erkältet“ folgte dann meist “ Ahhh gute Besserung, das haben alle deutschen am Anfang. Wundert mich das es dir noch gut geht“, bei Erwachsenen und älteren Kindern. Bei Kleineren war die Antwort meistens:“ Ohhhhhhhhhh…..Spielen wir was?“

Die nächsten Tage gingen dann mit vielen neuen Eindrücken dahin, und bei mir hat sich langsam eine Routine etabliert. Andreas hat währenddessen sein bestes gegeben gesund zu werden. Am Samstag gings ihm dann wieder besser und er konnte mit auf den Ausflug kommen den wir übers Wochenende gemacht haben.

Bevor ich dazu komme aber erstmal noch was zu Freitag. Am Freitag gabs nämlich nicht Tee mit Keksen und Baguett wie üblich in der Mittagspause, sondern da sollte jeder was eigenes Mitbringen das dann geteilt wurde. Ich, der bis dahin noch nicht wusste wohin mit den mitgebrachten Süßigkeiten, hab mir gedacht: „Super! Da being ich mal die Hälfte von meinen Harribos mit“. Nachdem ich sie zuerst vergessen hatte und dann fast zu spät kam um die in der Küche abzugeben ( ich sagte doch „fast zu spät“ kommt noch häufiger vor), wurden sie in Schüsseln gestellt und zusammen mit den anderen Sachen die die restlichen Kinder mitgebracht haben ausgeteilt. Ich glaub ich hab noch nie 1,5 Kilo Gummibärchen so schnell verschwinden sehen…. Aber hey, gut angekommen sind sie definitiv. Am Freitag haben wir auch keinen Unterricht gemacht sondern nur Spiele gespielt. Was für mich hieß: Mehr kleine Kinder im Schach platmachen. Ich hatte also wieder meinen Spaß. Der Grund für diese Festivitäten war übrigens, dass die erste Frühlingswoche gefeiert wurde.

Am Samstag gings dann für Uns und 57 Heimkinder und Betreuer auf einen Ausflug nach Cutral-Co. Das ganze ist Mapuche und bedeutet so viel wie „Feuer-Wasser“ und spielt auf das Erdöl an das es dort gibt. Eingeladen worden waren wir von einigen Abuelos ( Großeltern), die uns ein Wochenende lang bekocht haben und uns Cutral-Co etwas gezeigt haben. Highlight des Samstags war definitiv diese Statuendarstellung des letzten Abendmals:

Die Mädchen haben in Cutral-Co in einem Rennradclub übernachtet, die Jungs ( und damit auch wir) ca. 40 Km weiter in einem Gebäude einer Tennishalle. Das ganze waren 8 Räumen, mit jeweils 4-6 Betten. Da das ganze über Fußbodenheizung verfügte (für mich ein Novium in Argentinien) wars da echt angenehm warm.

Andreas und ich wurden nach dem Abendessen noch gefragt ob wir noch auf ein Konzert mit den älteren Mädchen und Jungs wollen. Da Andreas noch immer nicht 100% fit und recht müde war, lehnte er dankend ab während ich mir dachte das das ganze ja ganz witzig werden könnte. Die älteren Jungs und ich setzten uns also in den Kleinbus und sind die älteren Mädchen abholen gefahren. Nachdem wir sie dann eingesammelt hatten gings weiter zum Konzert. Währendessen erklärte uns die Verantwortliche das wir alle zusammenbleiben sollten. Das Ganze geschah unter viel Gelächter, und auch wenn ich nur die Hälfte der Erklärung und Einwürfe verstand schien „Flor“ sehr beliebt und Symphatisch. Hauptberuflich arbeitet sie im Kinderheim der Mädchen, San Jose. Flor ist übrigens Kurz für „Florentina“ und bedeutet auf spanisch „Blume“.

Wir waren also alle guter Dinge als wir beim Konzert ankamen, uuuuuuund das Konzert war bereits vorbei. Scheinbar sind bei der Planung hier pädagogische Verplantheit ( mir durchaus bekannt) und argentinisches “ Ach das wird schon“ zusammengelaufen. Naja. Alternativ sind wir dann ein Eis essen gegangen weil Eisdielen hier scheinbar erst um ein Uhr nachts schließen. Während des Eisessens (bei dem jeder drei Kugeln bekam, bei mir Orange, Dulche de leche und Chappuchino) wurde ich ausführlich zu deutschen Schipfwörtern und deren spanischer übersetzung ausgefragt. Das führte vor allem bei „Arschloch“ (Ojo de la Cula) zu viel Gelächter. Das ganze ging während der Heimfahrt weiter, auch wenn Flor immer mal wieder mit mäßiger Anstrengung versuchte die Jugendlichen dazu zu bringen nach anderen Worten zum Übersetzen zu fragen. Wie gesagt, nur mit mäßiger Anstrengung, und auch nur mit gemischtem Erfolg.

So ging der Tag vergnüglich zu Ende und ich bin völlig fertig ins Bett gefallen. Diese langen Busfahrten machen erstaunlich müde.

Heute morgen gabs dann bei den Abuelos Frühstück (um 11) und das ging dann fließend ins Mittagessen über, ein richtig großes argentinisches Asado.

Danach gabs bis um 3 noch Karakoke, Tanzen und eine Art argentinisches Boule das mir schon am Vortag beigebracht wurde und in dem ich auch erstaunlicherweise gar nicht so schlecht war. Erstaunlich zumindestens wenn man meine eher bescheidenen Boulefähigkeiten bedenkt.

Um 3 gabs dann noch Torte, Abschiedsgeschenke und dann gings wieder in die Busse und auf den Heimweg.

Das ist übrigens die Geschenkübergabe
Und da es hier in der Gegend viele Dinoknochen gibt, sind wir auf dem Heimweg auch noch hier vorbeigekommen. Wenn min nicht alles täuscht sind das ein Giganto- (der kleinere) und ein Argentinosaurus ( der wo der Kopf fehlt).

So, wir befinden uns grade immer noch auf dem Heimweg und ich melde mich hiermit bis nächsten Sonntag erstmal wieder ab.

Saludos irgendwo aus Patagonien

Juan