Vorbereitung, Packen, Gefühlschaos, traurige Abschiede, anstrengende Anreise nach Indien mit zwei verbrachten Nächten an Flughäfen, Ankunft, herzlichstes Willkommen…
Das alles liegt jetzt hinter mir. Und hier bin ich im Incredible India. Die ersten zwei Tage haben wir (6 Freiwillige aus Deutschland die nach Südindien in Projekte gehen) in Tiruchy verbracht. Dort haben wir die ersten Eindrücke des Landes gewonnen und ich habe schnell die Unterschiede zu Deutschland gesehen.

Besichtigung eines hinduistischen Tempels in Tiruchy

1) Verkehr
Alles begann mit dem verrücktesten Verkehr, den man sich in Deutschland niemals vorstellen könnte. Bei einer Autofahrt sieht man so unglaublich viel, jede Fahrt ist aufregend.
* Überholt wird jeder, man fährt hinter keinem Auto nach: ob man links oder rechts überholt ist völlig egal
* Blinker werden so gut wie nicht benutzt
* Überholen, Abbiegen und auch alles andere wird durch Hupen angekündigt und wenns nichts anzukündigen gibt wird zum Spaß trotzdem gehupt
* Plötzlich wird scharf gebremst.. Warum? Es läuft eine Kuh vor uns über die Straße
* Ziegenherden neben/ auf der Straße, werden auch durch Hupen verscheucht, aber funktioniert nicht immer
* Blick aus dem Fenster: Müllberge überall, Schweine und Straßenhunde suchen im Müll nach Essen
* So viele Farben, überall laufen dunkelhäutige Menschen in Gewändern in den verschiedensten Farben herum
* Am Straßenrand laufen Frauen mit großen Schalen, die sie auf dem Kopf transportieren
* Auf der Autobahn fahren wir auf dem Seitenstreifen an einem LKW vorbei
* Mein Kopf stößt an der Decke des Autos an, weil wir über ein Schlagloch drüber brettern
* Jeder fährt so nah auf wie er nur kann, dann schwenkt er ohne was zu sehen zum überholen aus, wenn ein Auto entgegen kommt wird gehupt und volle Kanne wieder nach links gezogen
* Normal herrscht hier Linksverkehr, was man aber durch die verrückte Fahrweise nicht mehr richtig erkennt
* Überall Mopeds und Tuk Tuks soweit das Auge reicht
* Menschen überqueren ohne zu Schauen die Straße: Mir wurde erklärt als Fußgänger muss man einfach selbstbewusst über die Straße gehen, wenn man wartet steht man den ganzen Tag da, weil nie ein Autofahrer für einen Fußgänger anhält (Zebrastreifen gibt’s zwar manchmal, die werden jedoch komplett ignoriert)
* Jedes mal wenn ich aus dem Fenster schaue und zufällig ein Inder/ eine Inderin ins Auto schaut werde ich angestarrt, weil ich weiß bin
* Viele zerfallene kleine Häuser/ Hütten, Essensbuden und Geschäfte sind am Straßenrand
Für Deutsche ist es auf jeden Fall ein Erlebnis auf den indischen Straßen mitzufahren, selbst zu fahren würde sich hier niemand von uns Deutschen trauen. Die indischen Straßen sind überfordernd und faszinierend zugleich. Ich fühle mich etwas unsicher, da immer Anschnallgurte in den Autos sind, jedoch kein Stecker wo man den Gurt fest schnallen könnte. Aber lustig ist jede Fahrt. Am liebsten mag ich es wenn dann noch laute indische Musik im Auto angemacht wird, dann fühle ich mich wie in einer anderen Welt.

2) Willkommen
Bei unserer Ankunft in Tiruchy im Don Bosco Provincial House (wo wir 2 Tage waren) und auch gestern bei unserer Ankunft im Projekt wurden wir sooooo liebevoll Willkommen geheißen. Als wir aus dem Auto steigen, warten bereits einige strahlende gespannte Kinder auf uns. Dann bekommt jeder eine Blumenkette umgehangen und bei einem indischen Ritual einen roten indischen Punkt auf die Stirn gemalt. Hier herrscht so viel Herzlichkeit und es ist wirklich schön in einer so fremden Kultur so gut aufgenommen zu werden. Am Abend, wo wir die Jungs aus unserem Projekt kennengelernt haben, sind sie aufgeregt auf uns zugelaufen, wollten alle meinen Namen wissen und meine Hand halten. Schwierigkeiten hatte ich dann nur, wo sie mir ihre Namen durcheinander zugerufen haben und nach 2 Minuten dachten ich konnte mir alle merken. Dann hat jeder immer gerufen: „Sister, sister what`s my name?“ Ich konnte mir in dieser kurzen Zeit keinen einzigen Namen merken und viele davon nicht mal aussprechen. Aber ich hoffe, dass ich die schnell lerne.

Unsere Ankunft im Projekt

3)Essen
Dazu sage ich nur Reis. Es gibt zum Frühstück, zum Mittagessen und zum Abendessen Reis mit verschiedenen scharfen Soßen und indischem Brot. Oft gibt es dann noch Gemüse oder Fleisch dazu. Wenn es kein normaler Reis ist wie wir ihn kennen, dann ist das meiste Essen trotzdem aus Reis gemacht. Grundsätzlich ist das Essen echt lecker, aber zum Frühstück pack ich persönlich das noch nicht so ganz. Damit hab ich manchmal noch zu kämpfen, da mir in Deutschland mein Nutellabrot am Morgen heilig war. Ich hab mir aber ein Glas Nutella mitgenommen, jedoch will ich nicht unhöflich sein und esse trotzdem am Morgen schon Reis. Das hätte ich mir in Deutschland nicht vorstellen können. Bananen gibt’s hier auch sehr viele, da die direkt hier wachsen. Das finde ich echt gut, weil ich Bananen sehr gerne mag. Aber sie geben uns immer verschiedene Sorten mit den Worten: „You have to try this, it`s a special taste“. Und für mich haben alle gleich geschmeckt, aber lecker. Ach ja, natürlich wird hier mit den Händen gegessen, aber nur mit der Rechten, weil die linke Hand „schmutzig“ ist. Daran müssen wir uns auch noch gewöhnen und die richtige Taktik herausfinden. Außerdem wollen die Inder, dass man sehr viel isst und nie hungrig ist. Sobald der Teller leer ist, sagen sie „Take more, take more.“ Und eine der wichtigsten Fragen hier, wenn man jemanden begegnet ist: Hast du schon gegessen?

4) Sprache
Hier im Süden von Indien wird die Sprache Tamil gesprochen. Davon verstehe ich bis jetzt noch nichts, aber wir werden es versuchen zu lernen. Viele können Englisch, zumindest ein bisschen, doch sie haben einen sehr starken indischen Akzent. Daran habe ich mich noch nicht ganz gewöhnt und habe oft Schwierigkeiten die Inder zu verstehen. Wenn man dann nachfrägt oder es nach mehrmaligem Sagen immer noch nicht verstanden hat, kommt die Frage: „Can you speak english?“ Das ist so witzig, ich habe ein Jahr in den USA gelebt und kann gutes Englisch, aber der Akzent hier macht mich echt fertig.

5) Badezimmer
Die indischen Badezimmer sind etwas anders, als die Deutschen. Die Dusche hier besteht aus zwei Eimern, einem großen und einem kleinen. Den großen füllt man komplett mit Wasser voll und mit dem kleinen schöpft man dann Wasser raus, um es sich drüber zu kippen. Ich muss sagen, das funktioniert besser, als ich es mir in Deutschland vorgestellt habe. Klopapier gibt es hier selten bis gar nicht in den Badezimmern, weil die Inder das nicht benutzen. Im Supermarkt gibt’s das aber zu kaufen, also haben wir in unserem Zimmer trotzdem welches.

6) Hautfarben
Hier ist es richtig heiß und sonnig, das ganze Jahr über. Deshalb sind die Menschen im Süden Indiens sehr dunkel. Jeder hat dunkle Haut, schwarze Haare und schwarze Augen. Da fällt man als Weiße sehr auf. Jeder schaut einen an und man bekommt immer Aufmerksamkeit. Als wir in Tiruchy eine Don Bosco Grundschule besucht haben, haben mich hunderte schwarze Augen angestarrt. In den Klassenzimmern wollte jeder unsere Hände schütteln und einen weißen Menschen berühren, Fotos mit uns machen und unseren Namen wissen. Ich vermute, dass diese Kinder noch nie in ihrem Leben Weiße gesehen haben und wenn dann nur selten. Es fühlt sich so verrückt an, nur wegen seiner Hautfarbe so außergewöhnlich zu sein.

Ich bin gespannt wie es hier weiter geht und freue mich auf die ersten Tage/ Wochen im Projekt.
Viele liebe verschwitzte Grüße aus dem wie ich finde CRAZYYYYYY INDIA