Jetzt sitze ich hier auf der Wendeltreppe, die zu unserer kleinen aber feinen WG führt und kann es selbst kaum fassen, wie rasend schnell die letzten Wochen vergangen sind.
Meine ersten 2 Monate hier in Cotonou waren geprägt von freundlichen Begegnungen und vielen eindrucksvollen Erfahrungen, die ich  selbst erst einmal verarbeiten und in meinem Kopf sortieren musste.

In diesem ersten Blogeintrag will ich euch daran teilhaben lassen.

Wenn alles neu ist – die erste Woche in Benin:

Mit ca. 3 Stunden Verspätung landete unser Flugzeug am 2. September in der Stadt an der afrikanischen Westküste.
Am Flughafen wurden wir schon von Sr. Tiziana erwartet. Trotz eingebrochener Dunkelheit war die Fahrt in dem alten PickUp der Schwestern bereits ein kleines Abenteuer. Obwohl es schon spät war, war auf den unbefestigten Straßen immer noch viel los.
Sr. Tizianas linke Hand befand sich am Steuer, ihre rechte Hand lag durchgängig auf der Hupe, von der sie auch fröhlich Gebrauch machte.

Die Autos fahren in der Mitte der Straße. Die Mototaxis, die sogenannten „ZEM“, nehmen den Rest der Straße ein. Überholt wird, wo Platz ist: rechts, links, oder einfach ein kurzes Stück auf dem Gehweg. Schulterblick oder ein Zeichen zum Abbiegen wird hier überbewertet. An den Ampeln wird das Umschalten von rot auf grün von einem lauten Hupkonzert begleitet.
Eines lässt sich sagen: die Schutzengel der ZEM- Fahrer leisten überragende Arbeit!

Am 1. Tag begaben wir uns mit Sr. Tiziana auf eine kleine Stadttour zu den verschiedenen Don Bosco– Einrichtungen. Die Schüler der École Alternative hatten gerade Pause und so schlossen wir uns ihrer Pausenbeschäftigung an. Dabei wurde uns ziemlich schnell klar, dass wir, was unsere Tanzkünste angeht, viel Luft nach oben haben. Trotz unseren großen Bemühungen konnten sich die Kinder ein Lachen nicht verkneifen.

Dienstag machten wir uns auf zum Geld abheben und zum SIM-Karte kaufen.
Große Unterstützung bekamen wir hier von Annike, einer Mitarbeiterin der Schwestern in Cotonou.
Nachdem wir erfolgreich unsere ersten Francs in der Hand hielten, ging es weiter Richtung SIM-Karte. Der Wartebereich war jedoch knallevoll, weshalb uns der Verkäufer die Adresse eines weiteren Ladens beschrieb.
Was soll ich sagen-man sitzt schneller auf einem Mototaxi als man gucken kann.😊
Während Hanna, Annika und ich noch überlegten, was der Verkäufer genau erklärt hatte, schaffte Annike es in sekundenschnelle,  4 Mototaxis um sich zu scharen. Nachdem sich unser verdutzter Gesichtsausdruck wieder normalisiert hatte, bestiegen wir die Mototaxis und los ging die Fahrt!
(Ohne Helme, die lagen derweil in der WG 😊).
Nachdem ich verstanden hatte, dass Festhalten auf den Mototaxis gar nicht notwendig ist, konnte ich mir ein Dauergrinsen nicht verkneifen.
Glücklich und zufrieden kamen wir 2. Stunden später mit Sim- Karte und Francs im Gepäck wieder auf dem Gelände der Schwestern an.

 

Basteln, Babys & Baracke – meine ersten Arbeitswochen:

In der 2. Woche begann dann so richtig meine Volontärsarbeit!
Im Folgenden werde ich euch kurz und knapp meinen Wochenplan beschreiben:

Unter der Woche arbeite ich morgens im „Maison du Soleil“. Das sogenannte „Haus der Sonne“ ist eine Einrichtung für minderjährige Mütter und ihre Babys. Die Mütter sind Opfer sexueller Gewalt geworden und wurden aufgrund der Schwangerschaft von ihren Familien verstoßen.
Im Maison du Soleil finden sie, ob noch schwanger oder schon mit Baby, einen Zufluchtsort.
Während die Mütter morgens nebenan im „Maison de l´Espérance“ einer Ausbildung nachgehen, darf ich mich mit zwei weiteren Betreuerinnen, genannt „Tata“, um das Wohlbefinden der kleinen Sonnenscheine kümmern. Mittlerweile bin ich schon ein echter Profi im Windeln wickeln!
Nur mit dem ins Bett bringen habe ich noch so meine Probleme, weil ich dem frechen Grinsen der Kinder einfach nicht widerstehen kann!
Wenn die Kinder irgendwann dann doch seelenruhig schlafen, mache ich mich auf zum Mittagessen, nebenan ins „Maison de l´Espérance“. Hier treffe ich wieder auf meine Mitvolontärinnen Annika und Hanna.

Nach dem Mittagessen und einem kleinen Päuschen geht´s dann auch schon weiter in die Nachmittagsprojekte.

3 Nachmittage in der Woche verbringe ich in der „Baraque SOS“, einer kleinen Hütte auf dem Markt in Cotonou (dem größten in ganz Westafrika!!!). Zu diesem Ort kommen täglich Mädchen, die auf dem Markt arbeiten. Bis zum Umfallen werden in unserer WG Bastelideen geschmiedet und in der Baraque umgesetzt, um  den Mädchen ihre Pause kreativ zu gestalten, bevor sie wieder ihre Körbe auf den Kopf setzen und in den vollen Gassen des bunten Marktes verschwinden…

Einen weiteren Nachmittag verbringe ich in einer kleinen Bibliothek. Sie ist Treffpunkt für die Kinder des Viertels. Hier fülle ich mit einem weiteren Betreuer, genannt „Fofo“, die Freizeit der Kinder.  Neben Lesen und Malen bereite ich auch hin und wieder Spiele oder sportliche Aktivitäten vor.

Mein letzter Arbeitsplatz ist einmal wöchentlich das „Foyer Laura Vicuna“, das Mädchenheim auf dem Gelände der Schwestern. Gemeinsam mit Hanna bereite ich auch hier jede Woche eine Bastelidee vor, bei der alle Mädchen ihrer Kreativität freien Lauf lassen können.

 

Kleine Anekdotensammlung – was man so erlebt

Wenn Volontäre „baden“ gehen… (Teil 1)

Momentan befinden wir uns in der Regenzeit.
Als wir jedoch eines Freitagmorgens aus dem Fenster geschaut haben, bekam der Wortlaut „Es schüttet aus Kübeln“ eine ganz neue Bedeutung. Eigentlich war unser Morgen im Garten mit den Foyer- Mädels geplant. Dieses Vorhaben ist jedoch wort- wörtlich ins Wasser gefallen. Kurzerhand haben wir beschlossen, uns auf einen Cotonouer Regenspaziergang zu begeben. Eingepackt in Regenjacke, Regenponcho und mit Flip-Flops an den Füßen sind wir unsere Wendeltreppe eher hinabgerutscht als hinabgelaufen. Von dem Pfützlein im Hof waren wir bereits schon schwer begeistert. Zu diesem Zeitpunkt war uns aber noch nicht klar, was sich außerhalb des Don Bosco- Geländes auf den Straßen abspielen würde. Naja, von Straßen kann hier nicht mehr die Rede sein: Der Regen hatte über Nacht das Straßensystem kurzerhand in ein Flusssystem umgewandelt. Schwupp die Wupps standen Annika, Hanna und ich knietief im Wasser.

 

Wenn Tauben Jesus bevölkern…

Jeden Sonntagmorgen gehen wir gemeinsam mit den Mädchen aus dem Foyer in die Messe in der nahegelegenen Kirche.
Als wir das erste Mal unseren Fuß in die Tür gesetzt haben, sind wir aus dem Staunen gar nicht mehr herausgekommen! Die Kirche ist riesig und die Wand des Altarraums ziert eine aus Holz geschnitzte, metergroße Jesusstatue, die sich alle paar Minuten in Franz von Assisi umwandelt, wenn die Tauben durch die Fenster fliegen und sich auf die Hände und den Kopf der Statue setzen.
Jeden Gottesdienst bestaune ich den Tabernakel der Kirche. Er ist ebenfalls aus Holz geschnitzt und bildet die Form einer kleinen traditionellen afrikanischen Hütte.

Wenn Volontäre baden gehen… (Teil 2)

Trotz unseres straffen Zeitplans haben wir es mittlerweile auch geschafft, dem Meer einen kleinen Besuch abzustatten.
Direkt hinter der letzten Häuserreihe im Westen der Stadt beginnt der Sandstrand, geziert von mehreren Palmen.
In der Ferne liegen im Nebel ein paar Fischerboote.
Der Plan, nur meine Füße vom Meerwasser umspülen zu lassen, ist leider nicht ganz aufgegangen.
Als ich  gerade voller Begeisterung meinen Mitvolos am Strand zuwinken wollte, wurde ich von hinten von einer 50cm hohen Riesenwelle überrollt.
Pflätschnass aber überglücklich bestiegen wir kurz darauf wieder die ZEM und fuhren durch die Abendsonne Richtung WG.

 

Sodele, ihr lieben  Leserinnen und Leser, mein erster Blogeintrag aus Cotonou hat sich nun dem Ende zugeneigt.
Ich werde mich jetzt wieder unserem Bastelschrank zuwenden und die Bastelprojekte für die kommende Woche planen.

Euch allen einen wunderschönen Start in die kommende Woche!

Eure Johanna