Hallo zusammen,

Indien war und ist für viele Europäer nach wie vor ein Sehnsuchtsort. Egal ob Sinnsuchender, Abenteuerer, Weltentdecker oder Strandurlauber: Jeder kommt in diesem Eldorado der Andersartigkeit auf seine Kosten. Unter Backpackern genießt das Land schon seit Jahren einen exzellenten Ruf und auch 50 Jahre nach der berühmten Indienreise der Beatles ist es noch die Endstation für Aussteiger und Hippies schlechthin. Jedes Jahr zieht es mehr Menschen in den Subkontinent. Als Volontär grät man dabei schnell in die Verlegenheit, sich diesen Landesgenossen überlegen zu fühlen. Denn welcher Tourist hat schon die Möglichkeit, ein volles Jahr unter Einheimischen zu verbringen, rennt nicht von einem Ort zum anderen ohne sich wirklich an diesen gewöhnen zu können oder spricht im Zweifel sogar ein paar Brocken der Landessprache? Deshalb will ich euch hiermit meine Tipps weitergeben, wie ihr bei eurer nächsten Reise das „richtige Indien“ besser erleben könnt.

Achtung: Die Tipps stützen sich vor allem auf Erfahrungen im südlichen Teil des Landes, speziell Tamil Nadu. Jeder Bundesstaat hier hat seine eigene Kultur, die sich teils sehr stark von anderen Teilen des Landes unterscheiden kann. Eine direkte Übertragung kann also im Detail nicht immer möglich sein!

1. Die Unterkunft

…dürfte in den meisten Städten kein Problem sein. Wer gut mit schimmligen Bädern, Kakerlaken, Stehklos und dubiosen Rezeptionisten zurecht kommt, findet in den meisten Fällen sehr schnell eine Bleibe.

Badezimmer in unserem Hotel in Kanyakumari

Wem das ein bisschen zu viel Indien ist, aber dennoch billig reist, kann auch sehr gut in einem der Hostels nächtigen, die in fast jeder größeren Stadt zu finden sind. Alle anderen sind mit den Hotelvorschlägen des Lonely Planet recht gut beraten. Selbst mit den billigen Varianten haben wir bisher nur gute Erfahrungen gesammelt. Sehr häufig wird man auch direkt auf der Straße angesprochen, ob man auf der Suche nach einem Zimmer ist. Diese Angebote sind jedoch meist nicht zu empfehlen. Die Anwerber bekommen eine saftige Provision, was den Preis unnötig in die Höhe treibt. Ähnlich verhält es sich mit hilfsbereiten Rikshaw-Fahrern (dazu später mehr).

Da es in Indien praktisch unmöglich ist, seine Zeit realistisch einzuteilen, ist eine flexible Reiseplanung sehr wichtig. Keiner kann vorher sagen, wie lange ihr an einem Ort bleiben wollt. Irgendetwas kann (und wird vermutlich) schief gehen und jegliche Planung zerstören. Ein Ort kann euch aber auch verzaubern, sodass ihr am liebsten gar nicht mehr weg wollt. Vor allem, weil eine Reise in eine so andere Welt auch immer hoch individuell und persönlich ist. Das macht den Reiz dieser Kultur für viele aus. Das bedeutet aber auch, dass man möglichst wenig vorbuchen und möglichst viel vor Ort suchen sollte. Ein Tipp, der uns hier schon mehrfach ans Herz gelegt wurde und der sich auch für uns bestätigt hat.

2. Der Weg zwischen den Unterkünften

Um von einem Ort zum anderen zu gelangen, gibt es in Indien zunächst 5 grundverschiedene Möglichkeiten:

2.1 Taxi

Der bequemste Weg, von A nach B zu gelangen. Taxiunternehmen sind in jeder kleineren Stadt ab 50.000 Einwohner beheimatet. Oftmals kann man sich Fahrer für mehrere Tage und Wochen mieten. Die wohl teuerste Möglichkeit und die Art des Reisens und wohl so weit entfernt von indischen Reisegepflogenheiten wie nur möglich.

Ausnahme: Uber/Ola Cabs. Oftmals eine sehr günstige Option, sich in den größeren Städten fortzubewegen.

2.2 Flugzeug

Wer mehr als nur eine Region Indiens besichtigen will, wird auf dieses Transportmittel kaum verzichten können: Von der Spitze bis zum Himalaya misst das Land knapp 2500 km, die Region um Kashmir noch gar nicht mit eingerechnet. Glücklicherweise sind Inlandsflüge recht billig und unkompliziert. Empfehlenswerte Airlines sind Jet Airways, IndiGo und SpiceJet.

Unser Flugzeug von Chennai nach Madurai

Allerdings: So schön das Land auch aus der Vogelperspektive ist, mit der eigentlichen Kultur wird man dabei höchstens in Form von Geschäftsmännern und wenigen wohlhabenden Familien konfrontiert. Von Umwelttechnischen Bedenken ganz zu schweigen.

2.3 Zug

Der absolute Klassiker und mein Favorit für längere Strecken. Wer in Indien war, muss auch einmal mit der Indian Railway gefahren sein, heißt es. Dabei ist es nicht ganz einfach, eine Fahrkarte zu ergattern. Zwar gibt es an größeren Bahnhöfen Kontingente für Touristen.

Der Bahnhof von Madgon, Goa

Wer sich darauf aber nicht verlassen und dennoch mit Sitzplatz fahren will, muss vorbuchen. Und zwar nicht zu knapp: Oftmals ist Monate im vorraus bereits alles ausgebucht. Zudem ist das Vorhaben vor allem für Ausländer eine nicht zu unterschätzende bürokratische Herausforderung. IRCTC Account mit ellenlangem Antragsformular, nicht akzeptierte Kreditkarten, Wartelistenplätze, … Indische Bürokratie halt.

Wer keinen Sitzplatz reserviert, muss sich oftmals mit der Gepäckablage zufrieden geben…

Zudem verhält sich die Wahrscheinlichkeit, indischen Einflüssen ausgesetzt zu sein, umgekehrt proportional zu dem Reisekomfort. Sprich: Ein Reisender, der konsequent sein eigenes Abteil in der ersten Klasse bucht, bekommt auch weniger von den Mitreisenden mit. Auch Gandhi machte sich das zu nutze. Er reiste stehts in der niedrigsten Klasse, um so das Land und die Probleme der großen Bevölkerung selbst zu erleben. Deshalb nun: Ein kurzer Überblick über die Zugklassen in Nachtzügen.

  1. AC 1: Die komfortabelste Klasse. AC steht für Air Conditioned, sprich Klimaanlage. Pro Abteil befindet sich ein Bett.
  2. AC 2: Ein Abteil bietet Platz für vier Personen, auf jeder Seite zwei übereinander, sowie ein weiteres Zweierpaar an der gegenüberliegenden Seitenwand. Tipp: Im Gegensatz zu den Betten im Abteil besitzen die Seitenbetten jeweils einen eigenen Vorhang, zum selben Preis. Das untere der beiden ist das geräumigere. Beim Buchen also unter „Berth Preverence“ „Lower Side“ auswählen.

    Seitenbett in einem AC3 Wagon

  3. AC 3: Im Kern der selbe Service wie AC 2, jedoch mit drei gestapelten Betten.Wer zwischendurch aufrecht sitzen können will, sollte eines der oberen Betten wählen. Seitlich befinden sich nur zwei Betten übereinander, jedoch im Gegensatz zu AC 2 ohne eigenem Vorhang. Hier ist das untere geräumiger.
  4. Sleeper: Die billigste Reiseklasse und meist am schnellsten Ausgebucht. Auch hier befinden sich jeweils drei Betten übereinander, es gibt jedoch weder Kopfkissen noch Decke, Bettbezug oder Vorhänge. Oftmals brennt ein Licht die ganze Nacht und eine Klimaanlage ist hier fehl am Platz. Da die Fenster dafür geöffnet werden können, stört das aber zumindest Nachts recht wenig. Im Gegenteil, oftmals wird es sehr kalt. Ein Pulli bzw. eine Decke sollten deshalb ins Reisegepäck. Wer Wert auf einen geruhsamen Schlaf legt wird hier nicht glücklich werden, jedoch ist dies die  Klasse mit dem größten einheimischen Kontakt (Unreserved ausgenommen.)
  5. Unreserved/2nd Sitting: Die mit Abstand abenteuerlichste Variante. In der indischen Eisenbahn wird grundsätzlich niemand zurückgelassen. Wer keinen Platz reserviert hat, kann sich ein billiges Unreserved-Ticket kaufen und in einem der Sitzwagons mitfahren. Hier gilt allerdings das Prinzip: Wer zuerst kommt, sitzt zuerst. Da diese

    …oder aber stundenlang auf dem Boden zwischen den Wagons sitzen, wie hier auf dem Weg von Chennai nach Coimbatore.

    s Angebot von dem Großteil der indischen Reisenden genutzt wird, heißt es hier sehr früh dran sein. Mit etwas Glück kann man dann noch ein Fleck auf der Gepäckablage ergattern. In Langstreckenzügen, die auch tagsüber fahren, leert sich das Abteil zu späterer Stunde langsam, sodass man sich auch mal hinlegen kann. Wer aber Pech hat, muss die Nacht zwischen zwei Wagons und vier Toillettenkabinen mit zwei weiteren Gefährten auf einem dreckigen Quadratmeter Zugboden verbringen, immer in der  Gefahr, in dem kleinen Spalt über der Kupplung eingequetscht zu werden. Vorteil: Nirgendwo sonst sieht man sich in einer solchen Intensität der indischen Kultur und Lebensweise ausgesetzt. Außerdem findet sich immer ein Gesprächspartner, ob man will oder nicht. Nachteil: Liegt auf der Hand, denke ich. Wer allerdings Wert auf spontane Reiseplanung legt oder kurz vor Abfahrt noch immer auf der Warteliste steht, hat oftmals kaum eine andere Möglichkeit. Außerdem finde ich, wer sich diesem Chaos nicht wenigstens für ein paar Stunden ausgesetzt hat, der weiß auch nicht was Zugfahren in Indien tatsächlich bedeutet. Wer sich darauf einlässt, sollte aber keinenfalls Jacke, Pulli, Decke, Sitzunterlage und Kissen vergessen.

2.4 Bus

Hier unterscheiden sich zwei grundverschiedene Kategorien: Government Busses und Reisebusse.

Reisebusse sind so etwas wie Züge auf Rädern. Es gibt sie als Sleeper mit eigener Koje, als Semisleeper mit zurückklappbaren Sitzen, mit und ohne Klimaanlage. In den größeren Städten stapeln sich an den Abfahrtsorten die Reisebüros, spontan zu buchen ist also kein Problem.

Busreisen sind zwar meist nicht die konfortabelste Variante…

Internetdienste wie Red Bus oder GoBibo sind zwar praktisch, verlangen aber eine indische Kreditkarte zum Bezahlen.

Government Busse sind deutlich billiger, fahren häufiger und man bekommt dank Zwischenstationen auch mehr von den Städten zu sehen. Wer sich nach Kontakt mit Indern sehnt, wird auch hier sehr schnell fündig werden: Busbekanntschaften sind schon fast eine eigene Kategorie an Kontakten und da viele Inder auch sehr gesprächig und interessiert sind, vergeht die Fahrzeit wie im  Flug. Dafür büßt man auch einiges an Komfort ein.

…dafür sieht man umso mehr von Land und Leuten. Hier auf dem Highway zwischen Madurai und Salem.

Die Sitzbänke sind schmaler und weniger gepolstert als die Sitze im Semisleeper, gelegentlich hat man aber auch mal zwei oder drei Sitze für sich. Ist der Bus jedoch voll, kann es dafür umso enger werden. Um Sitzplätze wird dann zum Teil mit allen Mitteln gekämpft.

Zudem sollte man sich auch als Tourist an die örtlichen Sitten und Regeln halten. Deshalb ein kurzer Abriss davon, wie eine Busfahrt (in Tamil Nadu) üblicher Weise abläuft. An den meisten Bussen steht die Endstation nur in tamilischer Schrift.

Geschlechtertrennung im Bus: Die Aufschrift „Frauen“ über dem Fenster markiert die Plätze für die weiblichen Fahrgäste.

Das ist jedoch kein Problem, denn die Busfahrer und Angestellten wissen sehr gut Bescheid und helfen gerne weiter. In allen Nicht-Reisebussen gilt offiziell Geschlechtertrennung: Die Frauen fahren vorne, die Männer eher hinten. Nur Ehepaare und kleinere Kinder sitzen nebeneinander. Wirklich beachtet wird das zwar kaum noch, wer sicher gehen will setzt sich trotzdem eher nach hinten. Zudem lässt sich eine fremde Frau nur sehr ungerne neben einen fremden Mann nieder. Besetzt man(n) also einen Doppelplatz im mittleren Bereich des Busses und eine Dame möchte sich setzen, muss gegebenenfalls der Platz gewechselt werden!

Gelegentlich teilt man den Bus auch mit kurioseren Fahrgästen. Wie hier, wo ein Mann seine Ziege zum Markt bringt.

Zum Zahlen steht ein Ticketverkäufer bereit. Einfach das gewünschte Ziel nennen und bezahlen. Zwar ist man auch hier vor falschen Ticketpreisen nicht vollkommen sicher, das kommt aber bedeutend seltener vor als bei anderen Verkehrsmitteln. Im Zweifel einfach darauf achten, was der Nachbar zahlt. Neben den grünen oder braunen Goverment-Bussen gibt es auch viele quietschbunte Privatbusse. Diese sind meist sogar günstiger, haben eine ansprechendere Ausstattung und man bekommt einen gratis Einblick in die aktuelle tamilische Popmusik. Sie befahren jedoch meist nur kürzere Strecken.

Wer also nicht zu weit reisen und nebenbei etwas von der Umgebung sehen möchte, der kann mit einer Busfahrt nicht viel falsch machen.

2.5 Die Autorickshaw

Eine Autorickshaw, oft kurz Auto oder TukTuk, ist ein meist gelbes, dreirädriges Gespann, das von seinem Fahrer wie ein Motorrad durch das indische Verkehrschaos manövriert wird. Zu viert kann man darin gerade noch bequem sitzen, trotzdem schaffen es auch indische Großfamilien mit bis zu zwölf Personen in ein Gefährt. Zur Not auch noch mit mindestens einer Ziege auf dem Schoß. Es ist das Nahverkehrsmittel schlechthin, man findet sie überall in Indien. Der Peis beläuft sich ca. auf 50 Rupien für 2km, variiert jedoch von Ort zu Ort. Als Mensch mit heller Haut kann es zudem gern auch mal das vier bis fünffache sein. Wichtig:

Autorickshaws in Thiruvananthapuram, der Hauptstadt Keralas.

Bezahlt wird pro Strecke, nicht pro Person! Bestitzt der Fahrer ein Taxameter, sollte man ihn extra darauf hinweisen, es auch zu benutzen. Doch selbst dann ist es gut möglich, dass der Fahrer einen (längeren) Umweg in Kauf nimmt. Am besten vorher fragen, wie viel es denn kosten wird, dann kann man den Fahrer zur Not noch wechseln und ist ihm nichts schuldig. Und im Zweifel: Verhandeln. Meist geht da immer noch was nach unten.

In Touristenorten wird man häufig von Fahrern dazu überredet, doch bitte in das und das Geschäft zu schauen. Gelegentlich sind da tatsächlich auch sehr gute teils staatliche Geschäfte dabei, trotzdem sind diese Angebote eher mit Vorsicht zu genießen. Die Fahrer bekommen eine Provision dafür und werden euch gerade auch bei Hotels nicht immer das beste Zimmer zeigen. Wer auf Nummer sicher gehen will ist da an anderer Stelle besser beraten.

3. Essen!

Gegessen wird mit der rechten Hand von einem Bananenblatt

Das Essen in Indien ist berüchtigt. Das liegt nicht nur an der Vorliebe für Chilli und der damit verbundenen Wärme in Mund und Rachenraum, sondern vor allem auch an den hiesig florierenden Bakterien und Mikroben. Ohne eine ausgedehnte Reiseapotheke traut sich wohl kaum jemand in diesen Hort der Diahorroe. Die gute Nachricht dabei: Wer das einmal durchgestanden hat, dem steht kulinarisch nichts mehr im Wege.

 

Besonders Streetfood erfreut sich unglaublicher Beliebtheit. Ob ölige Samosa, fettige Wadda, oder frisch frittierte Bananen (Bhaji), die Auswahl ist riesig und nicht zu übersehen. Gesund ist das mit Sicherheit nicht, dafür aber umso leckerer. Unbedingt zu besuchen sind die zahlreichen Teestände, an denen die Verkäufer wahre akrobatische Meisterstücke vollführen. Dort trifft sich das volle Spektrum der indischen Gesellschaft, vom Geschäftsmann direkt aus dem Großraumbüro bis hin zum Straßenkehrer, um den obligatorischen 5 Uhr Tee zu zelebrieren.

Teeverkäufer bei der Zubereitung

Wer jetzt an eine Fortführung englischer Traditionen denkt, der hat jedoch weit verfehlt. Das Getränk negiert eher den geschmacksbewussten Briten, der seinen Earl Grey am liebsten unverfälscht im Porzellan-Service genießt: In einen 125 ml Pappbecher kommen 25 ml Schwarztee, ca. 100 ml Milch und einmal der von der WHO empfohlene Tagesbedarf an Zucker. Das entstandene Gesöff schmeckt zwar vorzüglich, hat aber sonst wenig mit seiner ursprünglichen Bezeichnung gemein.

 

Wer sich dann doch für ein Hotel (=Restaurant) entscheidet, der steht schnell vor der Frage: Veg oder Non-Veg? In Indien leben weltweit die meisten Vegetarier. Das sorgt für diese kuriose Zweiteilung in der Gastronomie-Branche. Allerdings kann ich auch jedem eingefleischten Nicht-Vegetariern die vegetarischen Hotels nur empfehlen. Das Essen ist billig, schmeckt ausgezeichnet und sogar die Auswahl ist häufig umfangreicher als in den Fleisch-Restaurants. Viel falsch machen kann man bei der Bestellung ohnehin nicht, es gibt nur sehr wenige Gerichte, die ich nicht sofort empfehlen würde. Einfach ausprobieren und sich überraschen lassen. Kleiner Tipp an der Stelle: Die augenscheinlich heruntergekommensten Lokale sind meist die besten!

Fehlt nur noch zu sagen…

Egal wo und wie man reist, für Verpflegung ist gesorgt.

…dass es dieses „richtige Indien“ natürlich nicht gibt. Wenn man von Indien eines behaupten kann, dann dass sich alle Klischees irgendwo wiederfinden und zugleich oftmals dort, wo man sie am meisten erwartet, widerlegt werden. Warum sich also das alles antun?  Wer trotz der vielen Horrorgeschichten den Mut aufbringt, auf Land und Leute einzugehen, sich an den Menschen zu orientieren und einen Sprung aus seiner eigenen Komfortzone zu wagen, wird reichlich belohnt. Denn nicht das Tach Mahal und das Gateway of India sind die wahren Sehenswürdigkeiten. Es ist der halbnackte Pilger am Wegesrand, das Chaos der indischen Straßen, der routinierte Teeverkäufer, ein Leidensgefährte im Zug oder die Geschichten einer Busbekanntschaft, der aufdringliche Verkäufer am Busbahnhof, der Segen eines bettelnden Eunuchen, das Gefühl in einem winzigen Lokal zwischen Hupen, tröten und Benzingeruch von einem Bananenblatt die besten Borotta der Stadt zu essen. Kurz es ist die komplett andere Lebensweise der Menschen, die an diesem Land so fasziniert. Dort einzutauchen ist beeindruckender als es jedes architektonische Meisterwerk je sein könnte.