Hallo an alle,

Endlich ist es so weit! Nach Monate langer Bauzeit, langem Hin und Her und vielen gespannten Nerven ist es nun Zeit: Die neue Schule in Bommayapuram wurde gestern feierlich eröffnet!

Allgemeines und unsere Aufgaben

Zuerst aber ein paar Worte zu unserer Arbeit dort, um zu erklären, warum diese Nachricht eine so große Erleichterung für uns ist. Bommayapuram ist eines der größten Dörfer in der Umgebung.

Das Gelände während der Feier. Links im Bild die Neue Schule, im Hintergrund die Kirche, davor der Pausenhof.

Allerdings ist es auch recht entlegen: Um dort hin zu gelangen, müssen wir beispielsweise jeden Tag eine knappe halbe Stunde mit dem Bus fahren, teilweise über Straßen, die mehr aus Schlaglöchern als aus Asphalt zu bestehen scheinen. In diesem Dorf gibt es eine staatliche Grundschule. Allein durch die offiziellen Mittel wäre diese jedoch kaum überlebensfähig und so wird sie von der Don Bosco Mission in Keela Eral unterstützt. Die Salesianer bezahlen beispielsweise einen von drei Lehrern und geben finanzielle Hilfe, wenn diese benötigt wird. Auch der Neubau wurde zu einem Teil von ihnen gesponsort. Hier geben Hendrik und ich nun bereits seit September Englisch Unterricht.

Zusätzlich zu den regulären Stunden kommt jede Klasse zwei mal die Woche zu uns, um Spiele zu spielen und zu singen. Darüber hinaus versuchen wir auch, ihnen ein paar kleinere Sätze, Fragen und Wörter beizubringen. Mit der Zeit hat sich eine Art Plan entwickelt, nachdem die Stunden meistens ablaufen.

„Can you show me 4 o´clock?“ Stunden im Rohbau der Schule

Erst singen wir zur Begrüßung ein, zwei Lieder. Dann setzen wir uns alle im Kreis und wir fragen meist Wörter ab, also zum Beispiel die Namen von verschiedenen Früchten, Gemüsen, Tieren, aber auch wie man die Uhr auf Englisch liest. Anschließend folgt ein Diktat. Oder aber wir bringen ihnen zum Beispiel ein neues Lied bei. Besonders beliebt ist aber unser Memorie, bei dem man zu einem geschriebenen Wort das jeweilige Bild finden muss. Die letzte halbe Stunde spielen wir dann Spiele oder wir singen.

Auch wenn es natürlich immer mal Tage gibt, an denen es nicht so läuft, freuen sich die Kinder doch immer, wenn sie heute zu uns kommen dürfen. Jedes mal in der Pause werden wir von allen Seiten bestürmt. Jeden Tag werden wir freudig von einer Horde kleiner Schüler begrüßt und erst wieder gehen gelassen, wenn jeder einzelne in der Nähe ein High Five bekommen hat. Und egal was wir machen, jedes mal zupft jemand an unserem Hemd, formt die Finger zu der Nummer seiner Klasse und frägt mit einem bettelndem Hundeblick: „But please, brother, after break four!“

Der Bau der neuen Schule

Hier in der Schule gab es allerings schon seit Jahren ein Problem. Das alte Gebäuden begann nach über 70 Jahren langsam zu bröckeln. Der Dachstuhl wurde marode und das Gebäude drohte einzustürzen. Außerdem war der Raum für die gut 60 Schüler viel zu klein, die höheren Klassen wurden daher in der anliegenden Kirche unterrichtet. Da die Situation immer untragbarer wurde, beschloss man Anfang letzten Jahres, den Neubau in Angriff zu nehmen.

Unterricht in der Kirche

Allerdings war die Finanzierung des Projektes lange Zeit ein Problem. Trotz der vielen Spenden durch die Dorfbewohner gelang es nicht sofort, die benötigten 30.000 € aufzubringen. Baustopps und Verzögerungen waren die Folge. Schließlich wurde das restliche Geld durch ein Spendenkonzert der Vokalgruppe Euphoné von den Salesianern in Palermo aufgebracht. Nicht zuletzt halfen auch unsere Vorvolontäre entscheidend mit, indem sie den Großteil der von ihnen gesammelten Spenden hier investierten (Blogeintrag von Stefan zu dem Thema).

Da während des Baus kein weiteres Gebäude zur Verfügung stand, wurde der Unterricht für alle Klassen in den Kirchenraum verlegt.

Unterricht im Freien

Dieser ist aber eigentlich viel zu klein dafür und so fanden die Stunden für die älteren Schüler auf Strohmatten auf dem Pausenhof statt. Zeitgleich wurde nebenan natürlich gearbeitet, gesiebt, geflext, gehämmert. Wenn es zum Regnen anfing, blieb keine andere Möglichkeit, als sich mit 5 Klassen in den hohen, hallenden Kirchenraum zu quetschen. Übte dann eine Gruppe das Buchstabieren, während eine andere einen Text las und wir nebenan Spiele spietlen, war die Kakophonie komplett und Stillarbeit für die vierte Gruppe schlichtweg unmöglich. Teilweise war es nicht einmal möglich, das Wort seines Nachbarn zu verstehen, so stark addierten sich die Geräusche.

Doch dieser Zustand ist nun glücklicher Weise überwunden. Die neue Schule ist groß genug für alle Klassen, sodass niemand mehr in der Kirche unerrichtet werden muss. Es gibt sogar einen separaten Raum, in dem wir aus voller Inbrunst singen und spielen können, ohne die anderen zu stören.

Die Einweihungsfeier

Eine Einweihungsfeier ist bei den indischen Salesianern immer eine große Sache. Jedes noch so unbedeutende Gebäude wie beispielsweise die Kantine in unserem Hostel wird feierlich eröffnet und von einem hohen Salesianer gesegnet.

Enthüllung der Spendentafel. Links im Bild sind der Provinzial und der Economer der Provinz. Im Vordergrund Bischof Ambroise.

Eine Inschrift dokumentiert für die Nachwelt genau, wann die Eröffnung war, wer das Gebäude gesegnet und wer es eröffnet hat. Dementsprechend groß war auch der Aufwand, der bei der Eröffnung der neuen Schule betrieben wurde. Bereits einige Tage vorher waren der Provinzial und der Economer aus Tiruchy angereist, das sind die beiden höchsten Ämter bei den Salesianern vor Ort. Zusätzlich kam extra der Bischof von Tuticorin in das kleine Dorf, um die Schule zu segnen und den Feierlichkeiten beizuwohnen.

Angesichts dieser geistlichen Prominenz legten sich die Verantwortlichen mächtig ins Zeug. Zwar gehören der Großteil der Bevölkerung dem Hinduismus an, ein hohes Ansehen besitzen die christlichen Funktionäre aber dennoch. Zumal jeder Bewohner Bommayapurams einst selbst diese Schule besuchte.

Die Ankunft des Bischofs von Tuticorin. Rechts der Cheep, Links Mädchen mit Gaben und Blumen, mittig das Publikum und der Weiße Teppich.

Und so wurde die Straße bis zum Ortsanfang in eine Prachtallee umgewandelt. Lampen sorgten für das nötige Licht, Palmzweige schmückten feierlich den Weg. Zu beiden Seiten standen die Menschen, um den fremden Bischof gebührend zu empfangen. Als der Cheep dann endlich ankam, brach die ganze Menge in Gejohle aus. Zwei Frauen in bunten Saris brachten einen Teller mit Öl und rotem Pulver, um den Geistlichen zu begrüßen, andere warfen Blumen. Eine Gruppe legte schnell zwei lange weiße Stoffbahnen auf dem Weg.

Festzug ins Schulgelände

Die Prominenz soll ja nicht auf dem schlammigen Boden gehen müssen! Sobald das Gefolge eine Stoffbahn passiert hatte, wurde diese schon aufgerollt und schnell nach vorne gebracht, ehe die zweite Stoffbahn zu Ende beschritten war. Allen voran marschierte eine Kapelle aus Trommlern und einem Klarinettenspieler (oder so etwas ähnliches). Im Hintergrund zündete Jemand ein Feuerwerk aus Böllern und Krachern, um seinen Teil zur Feier beizutragen.

Als ich gerade dabei war, das alles mit meiner Kamera festzuhalten, packte mich eine alte Dame am Arm. Sie klammerte sich fest, zog mich mit und begann damit, lauthals zu johlen. Dabei bedeutete sie mir, es ihr gleich zu tun. Ich ließ mich also darauf ein und gemeinsam, Arm in Arm, zogen wir zusammen mit allen anderen Feiernden in das Schulgelände ein. Man stelle sich eine solche Szene einmal in Deutschland vor…

Nachdem dann alle auf dem Pausenhof angekommen waren, begann die eigentliche Eröffnung. Zuerst sprachen die Geistlichen ein paar Gebete, dann enthüllten sie feierlich die Tafeln mit den Inschriften. Anschließend durchschnitt der Provinzial offiziell das Band, das man in die Tür gehängt hatte. Der Bischof ging voran, um das Gebäude mit Weihwasser zu segnen und eine Öllampe anzuzünden.

Der Bischof entzündet eine Öllampe in der Schule

Die nun eröffntete Schule konnte dann von den Anwesenden besichtigt werden. Anschließend wurden als Zeichen des Neubeginns zwei Bäume gepflanzt. Als dies alles fertig war, ging der Großteil des Dorfes nach Hause. Die Übrigen nahmen vor der Kirche platz, um den Reden des Bischofs, des Provinzials und von Pater Marcel zuzuhören. Den restlichen Abend gestalteten dann die Schüler kreativ mit Tänzen, Gedichten und Vorträgen. Zum feierlichen Abschluss wurden dann traditionelle Süßigkeiten an alle Gäste verteilt.

 

Ich bin schon gespannt, wie die neue Schule unseren Unterricht erleichtern wird. Bis dahin wünsche ich euch aber erst einmal eine ruhige und besinnliche Weihnachtszeit. Bis bald

Euer Jakob