Hendrik entdeckt Indien

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Das Ende Indiens

Reise nach Kanyakumari – Teil 1

Donnerstag, halb zehn geht unsere Reise los. Salvin und Jenolin, zwei Jungs aus dem Hostel, in unserer Begleitung. Sie haben die Semester Prüfungen hinter sich und können nach Hause zu ihren Familien. Glücklicherweise wohnen sie in unmittelbarer Nähe zu unserem Ziel: Kanyakumari. Bei der Einwohnerzahl von knapp 25.000 lässt sich ein ruhiges Örtchen vermuten. Jedoch ist die Südspitze Indiens eines der bedeutendsten hinduistischen Pilgerorte. Mehrere Millionen Besucher kommen jährlich zu dem Ort, an welchem drei Meere aufeinandertreffen: der Golf von Bengalen, der indischer Ozean und das arabisches Meer.

Südkap-Basar

Gebeutelt von fünf Stunden Fahrzeit in vier verschiedenen Bussen, kommen wir schließlich an Indiens Südkap an. Mit uns steigen unter anderem ein gutes Dutzend Pilger aus, welchen wir schnurstracks Richtung Meer folgen. Entlang der Küste tummeln sich bereits zahlreiche Hindus, Touristen und vereinzelt sogar ein paar Weiße (nach dem Besuch im Meenakshi-Tempel erst das zweite Mal, dass wir welchen begegnen). Was uns aber noch viel mehr überrascht als die Menschenmassen, welche zur Hauptsaison über Dezember und Januar nochmal deutlich größer sein werden, sind die zahllosen Verkaufsstände.

Ein Blick auf das nächtliche Treiben in Kanyakumari

Neben den üblichen Souvenirs, wie Muscheln, Postkarten oder Gewürzen wird in unmessbaren Mengen Plastikramsch (Betonung liegt auf Ramsch) und Kleidung zu Spottpreisen (z.B. T-Shirt für weit unter einem Euro) verkauft. Und während wir uns noch fragen wer den Schrott bitte kauft, dass dermaßen viele Stände hier überlebensfähig sind, fällt uns auf, wie die Inder sich völlig begeistert das Zeug andrehen lassen. Soeben wird ein Mann in den Vierzigern Stolzer Besitzer einer „Talking Tom“ Figur aus Plastik (an alle die nicht wissen was es ist: besser isses). Etwas Abseits des ganzen Trubels beenden wir unseren ersten Urlaubstag am Strand und lassen uns von den Wellen berauschen.

Hop-on Hop-off mal anders

Mit Spaß auf der Straß‘

Der zweite Tag beginnt mit einem Anruf von Salvin. Ob wir uns schon auf den Weg nach Nagarcoil gemacht haben, will er wissen. Denn bereits gestern haben wir ausgemacht, dass er uns ein bisschen die Umgebung zeigen wird. Gesagt, getan: Am Busbahnhof treffen wir ihn mit seinem Cousin und einem Freund. Gemeinsam stürzen wir uns auf zwei „Two-wheelers“, in Form eines Motorrads und eines Motorrollers, in den indischen Verkehr. Das ist durchaus schon ein kleines Abenteuer, aber macht gleichzeitig auch enorm viel Spaß. Während Salvins Cousin sich aufs Fahren konzentriert, kann ich mich der Landschaft erfreuen, welche sich langsam von Großstadtfassaden in Kokosnuss-Plantagen verwandelt.

Nach dem durchqueren einiger Dörfer halten wir plötzlich in einer schmalen Straße. Der Padmanabhapuram Palace sticht einem nicht sofort ins Auge; weder pompös, noch riesig wirkt er auf den ersten Blick. Das liegt hauptsächlich daran, dass er zum Großteil aus Holz gefertigt wurde, was ihm eine schlichte aber trotzdem sehr schöne Erscheinung verleiht, welche wie geschaffen wirkt für diesen Ort in Wäldern. Sein Inneres gleicht mit schmalen Gängen und niedrigen Decken mehr einem Labyrinth, als einem deren Paläste, wie ich sie in Europa schon gesehen habe. Die eher dunklen und kleinen Räume erfüllen mit ihren Steinböden wohl vor allem an heißen und schwülen Sommertagen ihren Zweck. Die Größe der ganzen Anlage, mit Garten und allen Gebäuden, wird einem erst nach und nach offengelegt, da alles sehr ineinander verwinkelt gebaut wurde. Salvin erweist sich als ausgezeichneter Fremdenführer und kann uns einiges über den 400 Jahre alten Palast erzählen.

Nach einer erfrischenden Kokosnuss, welche wir vor den Toren des Palasts schlürften, geht die wilde Fahrt auch schon weiter. Wir folgen den sich immer weiter die Berge hinauf schlängelnden Straßen, wobei das Motorrad unter der Last von Salvins Cousin und mir das ein oder andere Mal heftig schnaufen muss.

Über den Blätterdächern

Letztlich kommen wir aber unversehrt an und können gleich einen unglaublich tollen Blick über die umliegenden Wälder werfen. Das Marthur Aquädukt ist eines der längsten und höchsten Aquädukte Südasiens und verbindet zwei nahe gelegene Berge miteinander. Zudem bietet es wie bereits erwähnt eine tolle Sicht auf die Western Ghats. Nach einigen Minuten des Ausblick-Genießens und Bilder-Schießens ging es auf dem gegenüberliegenden Berg wieder nach unten.

 

Ein erfrischendes Bad

Eben jener Fluss, welcher durch das Aquädukt geleitet wird, fließt rund 35m auch darunter hindurch. Kurzerhand entschließen wir, uns ein Bad zu genehmigen. Zwischen zwitschernden Vögeln und einer Kuhn, die mit der Schnauze im nahe gelegenen Dickicht wühlt lassen wir die Seele baumeln und erfreuen uns an der Unberührtheit (abgesehen von der Kuh) der Natur.

Die Thirparappu Falls

Ein kurzfristiger Entschluss führt uns anschließend zu den Thirparappu Falls. Hier tummeln sich haufenweise Pilger und Schulklassen in den sprudelnden Wasserfällen, sodass wir ganz froh sind, unsere Badeeinheit schon erledigt zu haben. So langsam knurrt uns aber auch der Magen, weshalb wir an einem der vielen Tea shops Rast machen. Unsere Begleiter bestellen, zuvorkommend wie sie sind, neben den frittierten Bananen, welche ausgezeichnet schmecken, frittierte Peperoni. Die Dinger sind für meinen Geschmack schon ordentlich scharf, was den Jungs sehr viel Freude bereitet. Gott sei Dank haben sie aber nur eine läppische Länge von ca. 15 Zentimetern, welche ich, freundlich wie ich es eben bin, bis zum scharfen Ende verputzte. Zudem erleben Jakob und ich noch eine ganz besondere Begegnung: wir sehen endlich die ersten Elefanten in Indien und können eines der Tiere aus nächster Nähe betrachten. Check.

Die Sonne versinkt langsam im Ozean

Entlang Plantagen, Wäldern und der Küste geht es für uns nun wieder Richtung Kanyakumari. Dabei kommen wir noch im Ort unserer Begleiter vorbei. Da es in Indien normal ist, auch als erwachsener Mann bei der Eltern zu bleiben, lebt meist die ganze Familie in einem Dorf und hat ein sehr enges Verhältnis zueinander. Selbst Verwandte, welche bei uns gar nicht mehr als solche angesehen werden gelten in Indien noch als nahe Verwandte. So kommt es auch, dass wir im Haus des Cousins, dessen Vater, Mutter, Großeltern, Onkel, Tante und diverse Cousins antreffen. Wir werden herzlich in Empfang genommen und es dauert nicht lange bis jeder etwas zu Essen in die Hand gedrückt bekommt. Weiter geht es zu Salvins Zuhause, wo wir, trotz maßloser Übersättigung, wieder gefüttert werden. Salvin muss zudem seiner Mutter noch klar machen, dass wir es vorziehen im Hotel zu übernachten. Denn für Inder ist es eigentlich eine Schmach, dass Gäste eine Herberge außerhalb buchen, anstatt bei ihnen unterzukommen. Die Gastfreundschaft der Inder begleitet uns dann letztlich noch bis nach Kanyakumari. Denn obwohl wir auch einen Bus nehmen könnten, bestehen die Jungs darauf, selbst für unsere Heimfahrt zu sorgen. Und so steigen wir ein letztes Mal für heute auf die motorisierten Räder, und preschen die zwischenzeitlich in Mondlicht getauchte Küste entlang…

Fortsetzung kommt bald!

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  1. Gabi Specht

    Danke Hendrik für deine Berichte.
    Wir verfolgen deinen Aufenthalt in Indien mit großem Interesse.
    Liebe Grüße aus Ettenheimmünster
    Gabi und Katharina Specht

    • Hendrik Schwörer

      Hallo ihr Zwei!
      Es freut mich sehr, dass ihr meine Blogeinträge verfolgt.
      Liebe Grüße zurück und eine schöne Weihnachtszeit 😊

  2. Angelika Erny

    Ich verfolge deine sehr unterhaltsamen Blogs mit großem Vergnügen.
    Vielen Dank dafür. Eine schöne Weihnachtszeit wünschen dir Günter und Gela.

    • Hendrik Schwörer

      Frohe Weihnachten an die Familie Erny!
      Auch ich wünsche euch schöne und (hoffentlich) besinnliche Tage. Ich danke euch, dass ihr meinen Blog fleißig verfolgt 🙂
      Liebe Grüße aus Indien

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