Hannah in Sambia

"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht"

Was mittlerweile (fast) normal geworden ist

Nach einer gefühlten Ewigkeit wird es heute endlich wieder Zeit für den nächsten Blogartikel. Leider ist das Vorhaben mit dem regelmäßigen Schreiben in den letzten Wochen ein bisschen eingeschlafen. Manchmal geht eben alles einfach so seinen Gang und es gibt nichts besonderes zu berichten. Manchmal passieren Dinge, die ich mittlerweile als ganz selbstverständlich hinnehme und deshalb nicht mehr für berichtenswert halte. Und wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, habe ich manchmal auch einfach ein kleines Motivationsproblem 😉

Heute möchte ich mit euch 5 Dinge teilen, die ich mittlerweile als so alltäglich ansehe, dass es mir kaum noch nötig erscheint, darüber zu schreiben. Die ich aber sicher – ohne die Zeit hier in Mansa – zu Hause ganz anders wahrnehmen würde.

 

1. Zusammenhalt mit Familie und Freunden ist riesig

Am Anfang meiner Zeit hier in Mansa ist mir immer wieder aufgefallen, wie groß der Zusammenhalt von Freunden und Familie ist. Tagtäglich haben wir mit Schülerinnen und Schülern zutun, die nicht bei den Eltern wohnen, sondern bei Verwandten oder Freunden. Das hat ganz unterschiedliche Gründe: Finanzielle, geographische, persönliche… Es ist hier einfach selbstverständlich, die Kinder von Geschwistern, Cousinen oder anderen Verwandten aufzunehmen und zu versorgen, wenn die Eltern das aus irgendeinem Grund selbst nicht können oder wollen. Auch unter Freunden ist der Zusammenhalt auffallend stark. So ist beispielsweise von einem Jugendleiter im Oratorium kürzlich die Mutter verstorben. Nun sammelt das ganze Jugendzentrum Geld, um ihn bei der Finanzierung der Beerdigung zu unterstützen. Auch in der Schule ist es absolut üblich, mit der ganzen Klasse die Trauerfeier einer Person zu besuchen, die für einen Klassenkameraden wichtig gewesen ist. Die Anteilnahme ist also unglaublich groß, obwohl solche Ereignisse hier (u. a. bedingt durch verbreitete Krankheiten z. B. Aids, Tuberkulose, Malaria und deren nicht immer ausreichende medizinische Versorgung) vergleichsweise häufig  vorkommen.

 

2. Ständig fließend Strom und Wasser sind Luxus

Das ist jetzt vielleicht ein Klischee, es trifft aber einfach auf meine Erfahrungen hier in Mansa sehr häufig zu: Strom und Wasser fließend immer und überall zur Verfügung zu haben, werde ich wohl nie wieder in meinem Leben als selbstverständlich hinnehmen. In Mansa haben wir relativ häufig Stromausfall. Es gibt Wochen, da passiert das einfach jeden Tag. Manchmal, nehme ich das gar nicht wahr, weil es tagsüber passiert und nur zu merken ist, wenn das Handy auf einmal nicht mehr lädt oder der Kühlschrank kein Licht hat. Oftmals passiert das aber genau dann, wenn man Licht und Strom brauchen würde – am Abend, wenn man gerade einen Film schauen will, das Essen im Ofen steht oder bei allen Elektrogeräten gleichzeitig der Akku leer ist.

So ähnlich ist das auch gerade mit dem Wasser. Unsere Pumpe ist schon wieder kaputt und bis ein neues Bohrloch da ist, läuft die Wasserversorgung über das Jugendzentrum mehr schlecht als recht. In diesem Sinne heißt es: Wasser sparen, im Zweifelsfall auch mal Eimer schleppen, manchmal per Hand waschen und beten, dass die Leitung nicht gerade dann nur noch tröpfelt, wenn man mit Shampoo in den Haaren und komplett eingeseift in der Dusche steht. (Warm duschen ist übrigens auch eine wahre Ausnahme – dazu gehe ich mittlerweile ab und zu rüber zu unseren Mitvolontärinnen bei den Schwestern.)

 

3. Ich kann nicht immer und überall alles kaufen

Beim Thema einkaufen habe ich etwas gelernt, das eigentlich so offensichtlich ist, dass es mir fast peinlich ist, das so zu schreiben: Nicht alles ist zu jeder Zeit, an jedem Ort zum gleichen Preis und in der gleichen Qualität verfügbar. Natürlich weiß ich auch zu Hause, dass Erdbeeren im Dezember nicht gerade zur Saisonware gehören. Kaufen kann man aber trotzdem (fast) alles das ganze Jahr über. Wie komfortabel das eigentlich ist, wird mir hier erst richtig bewusst. Denn abgesehen vom einzigen Supermarkt in Mansa, in dem es tatsächlich eine Menge Produkte gibt, hängen das Angebot (und damit auch die Preise) auf den Märkten stark von diverse Faktoren ab: Wetter, Tageszeit, Saison usw. Es gibt einfach nicht immer alles zu kaufen. Auf viele Dinge z. B. Milchprodukte wie Käse, Butter oder Sahne, diverse Backzutaten wie dunkles Mehl oder frische Hefe sowie Obst (ausgenommen Äpfel und Bananen) verzichten wir komplett. Es gibt sie entweder überhaupt nicht oder nur zu einem sehr hohen Preis im Supermarkt zu kaufen. Bei anderen Dingen haben wir mittlerweile akzeptiert, dass es das nur im 800 Kilometer entfernten Lusaka halbwegs erschwinglich zu kaufen gibt – die neuen Türklinken fürs Jugendzentrum werden also einfach importiert.

 

4. Zusammen schmeckt es gleich doppelt so gut

Gemeinsam zu essen ist doch ein schönes Element in jeder Familie wie auch in einer anderen Kultur. Das fällt mir nach drei Jahren WG-Leben hier besonders positiv auf. Es ist toll, dass sowohl in der Kommunität mit den Fathers als auch außerhalb so viel Wert darauf gelegt wird. Wann immer wir die Pause mit den Schülerinnen und Schülern verbringen, werden wir eingeladen mit zu essen (und wehe man sagt nein, weil man einfach keinen Hunger hat!). Dann wird gemeinsam gebetet, Hände gewaschen und am Ende teilen sich alle einen großen Topf Nshima (Maisbrei), zu dem es meistens Hühnchen und/ oder Gemüse gibt. Dabei essen wir mit den Händen und teilen uns mit mehreren Leuten einen Teller. Manchmal wird auch einfach direkt aus der Schüssel gegessen. Es ist eigentlich ganz egal, ob wir ein Camp haben oder in der Mittagspause mit den Schülerinnen und Schülern unterwegs sind – das gemeinsame Essen ist immer eine tolle Erfahrung und bringt die Menschen zusammen. Selbst die Kinder im Oratorium, die sich nur selten eine Süßigkeit am Kiosk leisten können, möchten diese immer gerne mit uns teilen, um so ihre Freundschaft auszudrücken.

 

5. Chitenge – bunte Vielfalt nach Maß

Eine meiner liebsten kulturellen Erfahrungen sind unbestreitbar Chitenge. So heißen die bunt bedruckten Stoffe, die vor allem die Frauen hier traditionell tragen. Dabei handelt es sich um große Tücher aus Baumwolle, die mit farbenfrohen Mustern oder Bildern bedruckt sind: in Nationalfarben, geometrisch, mit Heiligenbildern, gestreift, gepunktet, kariert, mit Ornamenten, groß und klein gemustert, mit Farbverlauf, mit Glitzer und und und… Es gibt wirklich nichts, was es nicht gibt.
Traditionell werden diese Tücher ähnlich wie ein Handtuch nach dem Duschen um die Hüften gebunden und als Rock getragen. Es ist aber auch üblich, die Kinder damit auf den Rücken zu binden, darauf zu sitzen oder Waren darauf anzubieten. Wenn man den Chitenge nicht nur um die Hüften schlingen will, gibt es außerdem die Option, die Stoffe von einer Schneiderin oder einem Schneider zu Klamotten vernähen zu lassen. Davon machen ich und meine Mitvolontärinnen relativ häufig Gebrauch. So haben es schon Röcke, Hosen, T-Shirts und Jacken in allen Farben in meinen Kleiderschrank geschafft. Bei so vielen farbenfrohen Stoffen kommt mir meine Kleidung von zu Hause fast schon langweilig vor.

 

Liebste Grüße aus Mansa

Eure Hannah

 

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  1. Robert Liebau

    Hallo Hannah
    Wieder einmal ein sehr offener und ehrlich Beitrag.
    Weiter so….

    LG Familie Liebau

  2. Carola

    Liebe Hannah, so ein mich gerade sehr tief berührender Bericht … von Herzen lieben Dank dafür und einen herzlichen Gruß, Carola

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