Hannah in Sambia

"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht"

Achtung, stillgestanden!

Wie versprochen schreibe ich dieses Wochenende zum ersten Mal etwas über meine Arbeit hier auf dem Don Bosco Campus in Mansa. Ihr müsst euch das folgendermaßen vorstellen: Es gibt ein großes Gelände, auf dem die Schwestern Don Boscos und die Salesianerkommunität leben. Die Salesianer betreuen eine weiterführende Schule, das Jugendzentrum und die Kirchengemeinde, während sich die Schwestern um andere Bereiche wie zum Beispiel die Vor- und Grundschule kümmern.

Die Grundschule hier in Sambia reicht bis zur 7. Klasse. Für diesen Zeitraum gilt auch die Schulpflicht und die Grundschulen sollten (solange sie nicht privat sind) kostenfrei sein. Allerdings gilt in Sambia Schuluniform-Pflicht inklusive Schuhe und Socken, so dass durch die Anschaffung der Kleidung, Büchergeld usw. oftmals doch ein ganzer Batzen Geld nötig ist, um die Kinder in die Schule schicken zu können. Denkt man dann noch darüber nach, dass eine sambische Familie durchschnittlich 5-6 Kinder hat, bekommt man einen Eindruck davon, welche große finanzielle Belastung der Schulbesuch der Kinder für die Haushaltskasse darstellt.
Nach dem Besuch der Grundschule können die Jugendlichen allerdings keine Ausbildung oder ein Studium anfangen, sondern nur im landwirtschaftlichen Bereich Geld verdienen oder Hilfsarbeiten ausführen. Für eine Lehrausbildung oder ein Studium müssen sie noch einmal bis zur 12. Klasse eine weiterführende Schule besuchen, zum Beispiel die Don Bosco Secondary School in Mansa, die ca. 600 Schülerinnen und Schüler besuchen. Diese Ausbildung kostet zusätzlich zur Uniform und Lernmaterialien Schulgebühren. Ein Schuljahr besteht aus 3 Terms: Jeweils 3 Monaten Schule folgt ein Ferienmonat. Jetzt aber erstmal Schluss mit der Theorie und rein in die Praxis.

Montag, morgens 06.30 Uhr: Rosa und ich bekommen die Augen gerade weit genug auf, um verschlafen in den Gottesdienst zu stolpern, der natürlich wieder mal schon angefangen hat. Auf dem kurzen Weg bis zur Kirche kommen uns schon die ersten Schüler entgegen, denen die Uhrzeit scheinbar deutlich weniger zu schaffen macht als uns.
Nach dem Gottesdienst um kurz nach 07.00 Uhr ist auf dem Schulhof schon Rambazamba. Aus den Lautsprechern dröhnt Musik und die Schülerinnen und Schüler tanzen und quatschen auf den Gängen und in den Klassenräumen, die sie eigentlich putzen sollen.
Um Viertel nach sieben wird der Lärm der Musik von einer Sirene abgelöst, die den Morgenappell ankündigt. Alle Schüler sind dann angehalten, sich nach Klassen sortiert auf dem großen Platz aufzureihen. Je nach Laune der Direktorin wird dabei der Abstand eines jeden Schülers zum Vorder- und Hintermann sowie zu den Nachbarn mal mehr, mal weniger streng begutachtet.
Der Appell beginnt mit dem Schulgebet, danach wird am Montag und Freitag die Lesung vorgetragen. Anschließend gibt es eine Morgenansprache von einem Lehrer, Father Antonio, einem Schüler oder manchmal auch von uns Volontären. Darauf folgen die Vermeldungen und zu Beginn und Ende jeder Woche das Singen der Nationalhymne, die ich mit dem Saxophon begleite. Darüber hinaus wird der Morgenappell genutzt, um Zurechtweisungen der unterschiedlichsten Art anzukündigen: Das reicht von der Kritik an der Frisur (ja, auch die Art und Weise wie man sich die Haare machen darf, ist vorgegeben) bis zur Kontrolle, ob auch jeder Schüler Toilettenpapier mitgebracht hat, das die Schule aus Kostengründen nicht selbst anschaffen kann.

Für uns ist mit dem Ende der allmorgendlichen Versammlung dann meistens Frühstück angesagt, während die Jugendlichen gemeinsam mit ihren 50 (!) Klassenkameraden in Reih und Glied in ihre Klassenräume abdampfen. Um 07.45 Uhr beginnt planmäßig der Unterricht. Zu dieser Zeit sind die meisten Schüler schon ein paar Stunden auf den Beinen, insbesondere wenn der Schulweg etwas länger war.


Während wir also in Richtung Kommunität gehen, treffen wir vor dem Tor der Schule eine ganz besondere Gruppe der Schüler – die Zuspätkommer. Die sind vor allem dadurch zu erkennen, dass sie auf dem Gelände Müll aufsammeln, die Toiletten putzen oder hechelnd in der Morgensonne an der Mauer entlang joggen, die den Don Bosco Campus umgibt. Natürlich immer mit Argusaugen bewacht von einem Lehrer, der die Namen notiert und einem Prefect mit roter Krawatte (eine Art Vertrauensschüler/ Klassensprecher), der die Strafe überwacht. Trotz alledem werden es irgendwie nicht weniger Schüler, die es nicht pünktlich zum Appell schaffen – vielleicht liegt es ja daran, dass die Schüler nicht alleine warten, sondern nicht selten auch der ein oder andere Lehrer zum planmäßigen Unterrichtsbeginn noch vor dem Tor steht…

Wir besuchen die Jugendlichen dann in den beiden längeren Pausen nochmal, um zu quatschen, Karten zu spielen, etwas zu basteln oder zu singen.

Zusätzlich bieten wir einmal in der Woche einen Press Club am Nachmittag an. Mit den Schülerinnen unduSchülern gestalten wir in dieser Zeit die Pinnwände auf dem Schulgelände mit Interviews, kleinen Artikeln oder Unterhaltung.

Das alles ist nach 6 Wochen schon fast zum Alltag geworden und füllt inklusiver diverser Vorbereitungen für größere Projekte unseren Vormittag aus. Am Nachmittag geht es dann ins Oratorium, von dem ich euch in 2 Wochen berichten werde.

Liebste Grüße aus dem zur Zeit unglaublich heißen Mansa!
Bis bald
Eure Hannah

PS: In der Schule gab es diese Woche einen Grund zum Feiern: die 12. Klasse wird ihre Abschlussprüfungen bald ablegen und wurde mit einer feierlichen Zeremonie verabschiedet. Hier ein kleiner Eindruck.

 

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Das Oratorium – hier ist Platz für jeden

  1. Martin Hohler

    Hi Hannah,
    ich lese richtig gerne Blogs von Volontären bin gerade über Deinen gestolpert) und freue mich sehr, dass es bei euch zu klappen scheint. Finde das alles super cool und das mit der Eimerdusche geht schon… Genießt die Zeit und die Hitze, hier in Deutschland mussten wir heute zum ersten mal die Autos freikratzen 😐

    Beste Grüße vom Petit-Blanc (Elfenbeinküste 17/18)
    Martin

    • Hannah Kurtze

      Hallo Martin,
      vielen Dank für deinen Kommentar. Es freut mich, dass Dich mein Blog zu interessieren scheint.
      Hier beginnt so langsam die Regenzeit, heute morgen war es schon deutlich kühler und windig, sicher aber kein Vergleich zum Wetter zu Hause.
      Viele Grüße ins kalte Deutschland
      Hannah

  2. Volker Kurtze

    Volker und Gerda Kurtze

    Hallo Hannah,

    wir haben kürzlich Deine letzten zwei Blogs gelesen und sind von der Darstellung und vom Inhalt sehr angetan. Wir sagen Hut ab wie Du dich dort einbringst. Die Schulstrukturen sind sehr interessant und der Morgenappell, ach ja da war doch früher auch so was.
    Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg und eine schöne Zeit.
    Wenn wir aus dem Urlaub zurück sind, freuen wir uns jetzt schon auf darauf, den nächsten Blog lesen zu dürfen.

    Liebe Grüße von Gerda und Volker

    22.10.2018

    • Hannah Kurtze

      Hallo Ihr Zwei,

      ich freue mich sehr darüber, dass der Blog euch gefällt. Dankeschön!
      Ich wünsche euch erstmal einen schönen Urlaub!

      Liebe Grüße aus dem zur Zeit recht kühlen Mansa.
      (Langsam geht die Regenzeit los, das merkt man auch am Wetter – dafür beginnt gerade die Mango-Saison. So hat eben alles auch seine guten Seiten 😉 )
      Hannah

  3. Martin Kurtze

    Hey Schwesterlein!
    Ich lese gerade zum zweiten Mal deinen Blogeintrag zsm mit Min-Ju, und ich bin echt begeistert, dass mit eurer Hilfe so viele Schüler ihre Schulbildung erhalten können! Da ich das letzt mal zu beschäftigt zum Kommentieren war, gibt es heute mehr als nur ein neues Lied für dich, um dich in Sambia mit Musik zu versorgen:)

    Zunächst wäre da „Psycho Killer“ von den Talking Heads. Der Song ist poppig und teile der Lyrics kann wirklich jeder mitsingen (wenn du dir den Song anhörst wirst du merken, welche ich meine… :P)

    Dann möchte ich dir Vök, eine Band aus Island vorstellen. Ihre Lieder gehen hin und wieder in Richtung Dream-Pop. Vor allem „Waterfall“ hat es mir sehr angetan, die sanfte weibliche Stimme erinnert mich gerne mal an Tash Sultana.

    Und als letztes noch „The new Crown“ von Chinese Man. Wenn du zwischendurch Lust auf Hip-Hop mit Elektro-Swing Einschlägen hast, dann ist das auf jeden Fall ein Top Titel! Ich bin mir nicht sicher, wie viele Sprachen in diesem Song vorkommen, aber ich habe bisher Englisch, Deutsch, Französisch und eventuell Spanisch (?) heraushören können. Außerdem erfährst du mit diesem Lied endlich, wieso die bekannten drei Chinesen überhaupt einen Kontrabass dabei haben und was da drin zu finden ist…

    PS: Die Band heißt zwar Chinese Man, aber tatsächlich ist keiner der Bandmitglieder Chinese!

    Ich bin gespannt auf deinen Beitrag in 2 Wochen und wünsche dir weiterhin alles gute!:)

    Liebe Grüße auch an Rosa,
    dein Brüderchen

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