03.10.2025

13:03

Ich sitze jetzt im Flugzeug und warte darauf, dass es losgeht. Mir ist langweilig. Was tun? Ich könnte endlich mal meinen ersten Blogeintrag schreiben. Aber wo beginnen?

13:40

Wir sind schon über den Wolken. Alles ist weiß, sehen kann ich trotz Fensterplatz sowieso nichts. Da kann ich genauso gut schreiben.

Vorgeschichte – wie alles begann

Vielleicht sollte ich damit anfangen, mich vorzustellen. Also: Ich heiße Christine, bin 19 Jahre alt und mache jetzt einen Freiwilligendienst bei Don Bosco in Kara, einer Stadt in Togo. Ich bin zwar Deutsche, aber in Brüssel geboren und aufgewachsen. Dort habe ich im Juli 2024 auch mein Abi gemacht.

Nach dem Abi wollte ich noch nicht direkt studieren, aber dennoch „etwas Sinnvolles“ tun.

So bin ich bei Don Bosco Trier gelandet, wo ich ab September 2024 für ein Jahr einen BFD gemacht habe. Dazu gehören neben der Arbeit in der Einsatzstelle auch 25 Bildungstage. In meinem Fall waren das fünf übers Jahr verteilte Seminare.

Schon nach dem ersten Seminar in München war mir klar, dass die Don-Bosco-Familie ein wichtiger Teil meines Lebens werden würde. Ich genoss die Zeit mit dem anderen Volunteers ganz besonders, da ich in meiner Einsatzstelle die einzige Freiwillige war. Außerdem war ich positiv überrascht, wie gut wir uns alle verstanden. Kein Vergleich zu meiner Schulklasse.

Mit Alex und Frieda in München

Dementsprechend habe ich mich total aufs nächste Seminar – diesmal in Benediktbeuern – gefreut. Ganz besonders freute ich mich auf Frieda, Alex und Alena, mit der ich dann auch das Zimmer teilte. Grüße gehen raus, ich hoffe, euch geht’s gut!

Die Woche in Benediktbeuern war super! Ein großes Highlight bleibt definitiv die Übernachtung auf der Hütte.

Viel entscheidender für mein weiteres Leben jedoch war der letzte Abend. Da der Donnerstag der 5. Dezember war, kam zur Abschlussfeier natürlich auch der Nikolaus mit seinen Helfer*innen. Außerdem kam Svenja, eine der Referent*innen für den Auslandsfreiwilligendienst, dazu.

Als Alena und ich nach dem Essen sitzenbieben, weil wir keine Lust auf Disco hatten, kam sie zu uns. Wir begannen, uns zu unterhalten und Alena erzählte von ihrer Überlegung, an den Inlands- noch einen Auslandsfreiwilligendienst dranzuhängen. Auch ich hatte schon mit dem Gedanken gespielt, dachte aber ehrlich gesagt: „Das macht doch kein Mensch, wie soll ich das denn den Leuten erklären?“ Damit hatte ich die Sache also eigentlich innerlich schon abgehakt. Dass jedoch offensichtlich nicht nur ich auf diese Idee kam, machte mir Mut. So nutzten Alena und ich die Gelegenheit und löcherten Svenja mit unseren Fragen.

Ich kann nicht mehr genau sagen, wie lange wir uns unterhalten haben. Auf jeden Fall lange. Und auf jeden Fall hat mich dieses Gespräch dazu angespornt, mich genauer zu informieren und ernsthaft über einen Auslandsfreiwilligendienst nachzudenken.

Bewerbung – ich mach’s wirklich

Nach dem Gespräch habe ich angefangen, im Internet zum Thema Auslandsfreiwilligendienst zu recherchieren. Dabei stieß ich auf lauter verschiedene Organisationen. Mir war allerdings von vorneherein klar: Don Bosco oder gar nicht, denn ich wollte eine Organisation haben, die ich kenne und der ich vertraue. Außerdem gefielen mir der Don-Bosco-Spirit und das Konzept, erst im Laufe der Vorbereitung zusammen mit der Organisation zu entscheiden, wo es hingehen soll, sehr gut. Auch, dass in der Regel mindestens zwei Volos zusammen entsendet werden, fand ich gut.

Jedenfalls stellte ich also meine Bewerbungsunterlagen zusammen. Abgeschickt habe ich sie allerdings noch nicht, denn ich wollte erst mit meinen Eltern darüber reden und sie nicht vor vollendete Tatsachen stellen. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich ganz schön Angst ein „Willst du nicht langsam mal studieren?“ zu hören. Doch das kam zum Glück nicht. Es war ihnen nur wichtig, dass es mir um die Sache ging und ich es nicht als Aufschub der Studienwahl nutzte, das war alles.

Also rief Anfang Januar in Bonn an, um zu fragen, ob es überhaupt noch möglich sei, sich zu bewerben. Schließlich war die offizielle Bewerbungsfrist längst vorbei.

Ich hatte Glück: Genau ein Platz war in der Bonner Gruppe noch frei. (Im Gegensatz zu den Inlandsvolos sind die Auslandsfreiwilligen in zwei Gruppen aufgeteilt: Benediktbeuern kümmert sich im die Volos aus Bayern und Baden-Würtemberg und alle, die nach Osteuropa ausreisen, Bonn um den Rest.)

Schnell schickte ich meine offizielle Bewerbung ab. Das darauffolgende Bewerbungsgespräch lief total gut und dann hieß es: „Herzlichen Glückwunsch, du bist dabei!“

Vor Freude tanzte ich durch mein Zimmer. Gleich darauf kam der Gedanke: „Warum tust du dir diesen Stress an? Was hast du getan?! Du hast sie ja nicht mehr alle!“ Diese Gedanken hatte/habe ich übrigens immer wieder. Wie auch unsere Teamer*innen nicht müde wurden zu sagen: Das ist normal. Zweifel gehören dazu. Und letztlich hat dann doch die Vorfreude überwogen 🙂

Vorbereitung – Seminare, Impfungen und Co.

Der nächste Schritt war die Projektbörse. Bei dem Online-Treffen wurden uns die verschiedenen Projekte vorgestellt. Für mich war es gleichzeitig das erste Mal, dass ich die anderen (zumindest auf dem Bildschirm) sah.

In den darauffolgenden Wochen sollten wir uns Gedanken darüber machen, wohin wir gerne gehen würden bzw. was uns bei unserem Projekt wichtig wäre. Das sollten wir Laurin schreiben. (Laurin ist übrigens die Svenja von Bonn.) Folgendes habe ich geschrieben: möglichst ein Land im französischsprachigen Afrika, nicht Vollzeit mit Kleinkindern und vor allem nicht allein. Mit wem? Egal, ich kannte ja sowieso noch niemanden.

Das änderte sich bei meinem ersten Vorbereitungsseminar in Jünkerath in der Eifel. Die erste Überraschung war, dass ich dort doch schon jemanden kannte, nämlich Inga. Sie machte – genau wie ich – gerade einen BFD bei Don Bosco und war im Rahmen dessen als Teamerin mit von der Partie. Ihre Anwesenheit nahm mir gleich einen Großteil meiner Nervosität.

Nervös zu sein war sowieso unnötig. Obwohl ich später zur Gruppe dazugestoßen war, nahmen mich alle super herzlich auf und ich fühlte mich sofort wohl.

Meine Mitfreiwillige lernte ich allerdings noch nicht kennen, da sie zur Benediktbeurer Gruppe gehörte (bzw. immer noch gehört). Ich wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ihren Namen.

Wie alle Seminare war dieses Wochenende total intensiv. Wir setzten uns mit Themen wie unserer Rolle als Freiwillige und dem Umgang mit Armut und Gewalt auseinander. Außerdem wurden wir in der Orga-Einheit regelrecht mit Infos überschüttet. Da dachte ich mal wieder: „Meine Güte, was hab ich mir da aufgehalst?!“ Rückblickend kann ich guten Gewissens sagen, dass es gar nicht so schlimm war, wie ich es mir in dem Moment ausgemalt habe.

Trotz des vielen Inputs blieb genug Zeit für Spiele, Gespräche und viele, viele Lacher! Und das macht ein gutes Seminar ja auch aus.

Eine Seminareinheit

Kurz nach dem Seminar war dann klar, wohin es für mich gehen sollte, nämlich nach Duékoué in Côte d’Ivoire. Daher übrigends auch der Name meines Blogs. Es ist ein Wortspiel auf Französisch – wenn auch kein besonders gutes. Und es zu erklären macht es noch schlimmer, wie mir gerade auffällt. Egal, zurück zum Thema: Außerdem war nun auch klar, mit wem ich ausreisen würde. Nämlich mit Gladys <3 (Ich freu mich schon so sehr, dass du kommst!!!)

Das erste Mal live sah ich Gladys dann beim zweiten Vorbereitungsseminar in Benediktbeuern. Es war total schön die anderen ebenfalls kennenzulernen. Schade, dass es so kurz war, ich hätte mich gerne mit mehr Leuten ausgetauscht. Manche von ihnen werde ich beim Zwischenseminar wiedersehen, die meisten leider nicht frühestens beim Ehemaligentreffen in über einem Jahr.

Thematisch setzten wir uns mit unserem Kulturbegriff, interkulturellem Austausch, Kolonialismus und Neokolonialismus auseinander.

Zwischen den Seminaren gab es natürlich auch ein paar Dinge zu tun. Da waren der neue Reisepass, die Impfungen, die G35-Untersuchung, das Führungszeugnis, der Vertrag… Wer mich kennt, weiß genau, wie furchtbar ich es immer fand, irgendwelche Termine zu machen. Hingehen war viel weniger schlimm als diese grässlichen Warteschleifen bei Arztpraxen, Gesundheitsamt und Co.!

Und dann war – ist – da natürlich auch noch die Sache mit den Spenden: 75% der Kosten unseres Freiwilligendienstes wird vom Bund übernommen. Die restlichen 25% sollen wir mithilfe eines Spendenkreises selbst finanzieren. Das sind 3000 € pro Volo. Alles, was darüber hinausgeht, wird am Ende des Freiwilligendienstes an ein Projekt unserer Wahl (als Gruppe, denn eingezahlt wird in einen gemeinsamen Topf) gespendet. Daher hier noch einmal der Aufruf: Wenn ihr spenden wollt, könnt ihr das auf folgendes Konto tun:

Don Bosco Mission

Sparkasse Köln Bonn

IBAN: DE89 3705 0198 0000 0994 99

Verwendungszweck: Christine Gnan S25VR008

(Euch wird eine Spendenbescheinigung zugeschickt, wenn ihr im Verwendungszweck zusätzlich eure Adresse angebt)

Ich freue mich über eure Unterstützung!

Das dritte und letzte Vorbereitungsseminar fand dann im Juli wieder in Jünkerath in Laurins geliebter „gemütlichen Eifel“ statt.

Spätestens in dieser Woche wuchsen wir endgültig zu einer richtigen Volo-Familie zusammen. Besonders unsere nächtlichen Spaziergänge und der Abend am Lagerfeuer werden mir noch lange im Gedächtnis bleiben.

Letztes Vorbereitungsseminar in Jünkerath

Am Samstag fuhren wir dann alle zusammen nach Bonn. Dort fand nämlich im Rahmen des Sommerfestes unsere Entsendefeier statt. Damit stand uns auch der erste große Abschied bevor: der Abschied voneinander. Spätestens bei dem Lied „Möge die Straße“ lagen wir uns weinend in den Armen.

Abschied ist schwer
Bei der Entsendefeier

Ich möchte gar nicht so genau wissen, was die Leute von mir dachten, als ich nach dem Fest mit dicken Augenringen und leicht verschmierter Kinderschminke im Gesicht allein im Zug saß und leise schluchzte…

Planänderung – Kara statt Duékoué

Nachdem ich mich von zwei intensiven Wochen mit wenig Schlaf (von Bonn aus war ich direkt weiter zum Sommerlager unserer Gemeinde gefahren, wo ich als Jugendleiterin mitmachte) halbwegs erholt hatte, kam an einem Montag dann eine Nachricht von Laurin und Svenja an Gladys und mich: „Wir müssen mit euch reden.“

„Gut“, dachte ich mir, „wahrscheinlich geht’s ums Visum.“

Falsch gedacht! „Ihr könnt leider nicht nach Côte d’Ivoire, die Sicherheitslage lässt es nicht zu. Im Oktober sind dort Wahlen und schon jetzt nehmen die Unruhen vor Ort zu.“ Mein erster Gedanke war: „Scheiße, mein Blogname ist im Arsch!“ Der zweite: „Und jetzt?“

Also fragte ich: „Und jetzt?“ „Wir haben zwei Optionen in Aussicht: Kara in Togo oder eine Einsatzstelle in Lesotho. Was wäre euch denn lieber?“ „Togo.“

„Ok. Klappt wahrscheinlich, ist aber noch nicht ganz sicher. Wir sagen euch Bescheid, sobald wir mehr wissen. Wie geht’s euch jetzt gerade mit alledem?“ „Ähh…“ Ich war zu überrumpelt, um darauf eine halbwegs gute Antwort zu geben.1

Etwa zwei Wochen gingen ins Land, dann stand endlich fest: Es wird Kara!!! Nach zwei Wochen Zweifeln gewannen wieder Vorfreude und Tatendrang die Überhand.

Endspurt – Abschied von Trier und Visa

Und plötzlich war es Ende August. Will heißen, mein Abschied von Trier. An meinem letzen Abend dort haben wir nochmal richtig gefeiert! Gefühlt das ganze Viertel kam „zum Pater“, um sich von mir zu verabschieden. Ich bekam so viele Abschiedsgeschenke, dass mein kompletter Tagesrucksack und noch ein Stoffbeutel nur damit gefüllt waren. Es fiel mir wahnsinnig schwer, meine Schlüssel abzugeben, denn das war das eindeutige Zeichen: Jetzt ist es vorbei. Jetzt kommt ein neuer Abschnitt. Hoffentlich wird er genauso erfüllend wie der letzte!

Im Hausaufgabenraum an meinem letzten Arbeitstag in Trier

Die nächste Hürde war dann das Visa. Da es damit Probleme gab, konnten wir leider nicht zum geplanten Termin, dem 12. September, ausreisen. Der Flug wurde um eine Woche verschoben. Immer noch nichts. Also wurde er nochmal verschoben. Noch immer kein Visa, Flug zum dritten Mal verschoben. Jedes Mal hoffen, bangen und sich von allen verabschieden, nur um dann doch noch zu bleiben.

Mein Koffer stand mehrere Wochen fertig gepackt in meinem Zimmer rum. Hätte ich ihn geöffnet, hätte ich ihn womöglich nicht mehr schließen können. Außerdem wog er 22,6 kg von 23 kg Maximalgewicht, mehr hätte ich also sowieso nicht einpacken dürfen.

Meinen Wanderrucksack hingegen habe ich mindestens fünfmal umgepackt, um noch mehr reinzustopfen. Und am Ende sogar da ziemlich genau 20 kg reingestopft bekommen. (Etwa die Hälfte meines Gepäcks sind übrigens Spiele für die Kinder, falls sich jetzt jemand Sorgen macht, wie ich das bei meiner Rückkehr machen will.)

Als ich das Visa dann endlich hatte, war ich überglücklich! Ich jubelte, tanzte durchs Zimmer, umarmte meine ganze Familie. Nur leider hatte Gladys ihr Visa noch nicht und zwei Tage vor Abreise war klar, dass ich allein fliegen würde.

Zum Glück hat sie es jetzt endlich auch bekommen und kommt ganz bald nach. Ich kann es nur noch einmal betonen : Ich freu mich schon sehr auf dich 🙂

Jetzt geht’s los – Abschied von meinen Liebsten

Alles nutzt sich mit der Zeit ab, sogar Abschiede. Mein erster letzter Abschied von meinen besten Freundinnen war noch total traurig und emotional, der zweite schon weniger und der dritte fühlte sich eigentlich eher so an wie ein Abschied am Ende des Schuljahres, wo man sich sowieso nach den Ferien wiedersieht.

Erst abends in meinem Bett wurde mir dann bewusst, dass ich sie jetzt für ein ganzes Jahr (!!!) nicht sehen werde. Ich werde euch vermissen, Leute!

Der letzte Abend zu Hause war total schön und furchtbar zugleich, der eigentliche Abschied am nächsten Morgen auch. Das letzte Mal vorm Flug meine Brüder umarmen. Dann sehen, wie sie in den Bus steigen, um zur Schule zu fahren und zu wissen: Das geht jetzt für ein ganzes Jahr nicht mehr.

Auf dem Weg zum Flughafen hatte ich ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Die Fragen und Zweifel in meinem Kopf wurden immer lauter und als ich mich vor der Sicherheitskontrolle von meinen Eltern verabschieden musste, war mir schlecht vor Angst.

Aber jetzt sitze ich gemütlich im Flieger, habe sogar einen Fensterplatz und freue mich auf ein tolles Jahr voller neuer Erfahrungen!

11.10.2025

10:51

Als kleine Info nebenbei: Die Blogeinträge werde ich nie direkt nach dem Schreiben veröffentlichen. Das heißt, wenn da „heute“ steht, dann ist das in Wirklichkeit mindestens eine Woche her. Nur, dass ihr Bescheid wisst.

Und jetzt wüsste ich gerne, wer das hier überhaupt alles liest. Also kommentiert gerne, ich freu mich mich!

  1. Gespräch für Erzählzwecke gekürzt ↩︎