Ich weiß gar nicht genau, wie ich anfangen soll. Am besten aber so, wie ich aufgehört habe: Essobolah wurde am Dienstag aus dem Krankenhaus entlassen und ist wieder gesund und munter unter uns. Wir sind froh, dass er wieder bei uns ist.
Anfang der Woche, habe ich für Père JB einen Powerpointvortrag über das Projekt erstellt. Ich kann jetzt von mir behaupten, den Durchblick zu haben. Es gibt da die „Baracke“ als Anlaufstelle für Straßenkinder, das „Foyer Ignace“ wo Kinder auf das „Foyer Immaculee“ vorbereitet werden, das „Foyer Jean Paul II“ für die Mädchen… genug mit der Langeweile.
Dienstagabend, wo ich ja bekanntlich im Foyer übernachte, wurde ich ins kalte Wasser geworfen. Ich sollte das „Mot du soir“, also das Wort zum Abend halten. Père JB ließ mich bis eine Minute vor dem Beginn des Abendworts in dem Glauben, dass er es halten würde. 34 Kinder in einem „U“, wie man es als Schultischformation kennt, und ich. Père JB zog sich zurück und lies mich mit dem Haufen alleine. Gut, mein Französisch hat sich schon enorm verbessert, aber dreißig Minuten mit 34 Kindern über den Tag sprechen? Okay.. ich fing damit an, was mir am Sonntag in der Messe aufgefallen ist: Einige Kinder haben zum Teil geschlafen, einige sind nicht aufgestanden als man es sollte, andere sind am Ende der Messe raus gestürmt als ging es um ihr Leben, gewisse Personen sollen zum Furzen bitte aus der Gruppe gehen. Ich kreidete einfach alles an, was mir so einfiel. Die positiven Dinge wurden aber natürlich auch benannt: Wer sich besonders gut benommen hat, wer seine Etude konzentriert gemacht hat, solche Sachen eben. Dann habe ich mit den Kindern den Inhalt der Messe besprochen: Vertrauen haben. Eine ganz wichtige Eigenschaft im Leben.
Ich habe die Kinder zu Wort kommen lassen, was ihnen am Tag aufgefallen ist, was sie zu bemängeln haben, wie es ihnen geht. Es kamen dann so Dinge wie: „XY hat auf Toilette nicht abgezogen.“ Dann habe ich gefragt, ob jemand eine Geschichte erzählen möchte, worauf sich prompt einige Arme erhoben. Also wurden zwei kurze Geschichten erzählt, von denen ich nicht alles verstanden habe, aber froh war, damit ein bisschen Zeit rauszuholen. Zuletzt habe ich dann chronologisch der Reihe nach, jeden Einzelnen gefragt, was er mal werden möchte. Es sind die typischen Dinge die man von Kindern eben so hört: Polizist, Soldat, Präsident, Fußballprofi, Automechaniker. Ich habe dann noch gesagt, dass sie in der Schule gut aufpassen und mitmachen sollen, damit sie ihren Traum wahr werden lassen können.
Geschafft! Aus den ursprünglich dreißig Minuten sind 37 geworden – Puh.
Mittwoch war Halloween, was hier genau gar keiner kennt. Dafür wird Allerheiligen, also der Tag nach Halloween, hier umso größer geschrieben. Klar, hier ist auch jeder bis in die letzte Körperzelle gläubig. Dementsprechend stand auch morgens eine Messe an.
Ähnlich wie Sonntags, war ich um Punkt 8 im Foyer um die Kinder abzuholen.
Am Nachmittag habe ich dann die Kinder in Gruppen geteilt: Die Kleinen und die Großen. Mit einem Erzieher habe ich dann ein Fußballtraining veranstaltet. Wobei er die Großen und ich die Kleinen genommen habe. Das hat mich dann an meine ehemalige Jugendmannschaft des FSV, welche ich trainiert habe, und welche zur Zeit ganz fleißig am Sammeln ist für den Tischkicker (mit freundlicher Unterstützung von Theresia Jonas), welchen ich den Kindern hier zu Weihnachten zukommen lassen möchte, erinnert.
An dieser Stelle möchte ich jeden der diesen Blog hier liest, dazu aufrufen, sich um ein paar Euro zu erleichtern. Und sind es nur 5 Euro, es wiegt unheimlich viel! Weihnachten rückt näher und wenn der Kicker rechtzeitig ankommen soll, er wird nämlich per Handarbeit gebaut, dann muss ich so langsam aber sicher bestellen. Oben rechts in der Navigationsleiste gibt es den Reiter „Du möchtest helfen?“, dort kann man seine Euros loswerden.
Zurück zur Woche. Père Jean Baptiste und Père Jose Luis, also meine beiden Hauptansprechpartner und „Chefs“, sind am Samstag verreist. Père Jean Baptiste kommt Mittwoch wieder, um Freitag für den Rest des Novembers in Urlaub zu gehen und Jose Luis kommt Samstag wieder. Der Chef im Foyer Immaculee ist Père JB. Ohne ihn läuft hier gar nichts. Für seine abwesende Zeit, hat er mir die Verantwortung übertragen. Ich habe ihm versprochen, dass das Foyer in seiner Abwesenheit nicht den Bach runtergehen wird, und ich dafür sorgen werde, dass hier alles seinen geregelten Lauf nimmt. Ich bin gespannt, in wie weit ich mein Versprechen einhalten kann. Ist es doch eine große Verantwortung, die mir nach so kurzer Zeit übertragen wird.
Freitag bin ich mit Robert, dem dienstältesten Erzieher, welcher eine unheimlich ruhige Art hat, und gefühlt alle Kinder aus Kara kennt, abends in den Straßen von Kara spaziert. Auf der Suche nach Straßenkindern. Was heißt auf der Suche, lange suchen muss man nicht. Es gibt sie quasi an jeder Ecke. Unsere Zielgruppe sind die Kleinen. 5-12 Jahre alt. Sie alle kennen Robert und auch die Baracke auf dem Markt. Es gibt hier jedoch diese typischen Anlaufstellen, wo man die Kinder findet. Wie soll ich sie nennen… So eine Art Jugendtreff, jedoch in Mini und eher privat als professionelles Gewerbe. Dort kann man dann Tischkicker oder Playstation 2 spielen, natürlich gegen Geld. Eine Runde Kicker kostet um die 20 Cent. Die Straßenkinder, welche ihr täglich Brot durch Betteln, Stehlen oder kleine Arbeiten für die ansässigen Markthändler verrichten, kommen am Tag auf ihre 4 Euro, welche sie jedoch gleich wieder konsumieren, da sie sonst Nachts von anderen Straßenkindern, meistens den Größeren also, 18+ bestohlen werden.
Sie leben den Tag, ohne an Morgen zu denken. Wir versuchen die Kleinen in einzelnen Gesprächen immer davon zu überzeugen, ins Foyer zu kommen, um endlich wieder in die Schule zu gehen und eine Perspektive zu haben. Denn ewig wird man sich so nicht über Wasser halten können. Es geht jetzt zur Zeit erst mal noch darum, Vertrauen bei den Kindern zu gewinnen. Was aber Recht gut gehen sollte, denn mit Tischkicker und Fußball auf der Playstation, worin ich ganz gut bin, hat man gleich Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Das ist jedoch eine Arbeit, welche von Woche zu Woche fortgesetzt wird und seine Zeit Bedarf. Man kann nicht sagen:“ Ich bin morgen fertig“, wie beispielsweise bei dem Backen eines Kuchens. Das ist die Arbeit, welcher ich unter der Woche nachgehe, während die Kinder aus dem Foyer in die Schule gehen. Dabei sieht man so einige Dinge über die man Abends im Bett noch nachdenkt.
Danke an großzügige Spenden von Klaus Himpeler, Rathausgrill Neunkirchen.
Aber auch einzelnen Personen, welche sich sehr engagieren und im „größeren Stile“ sammeln: Malte Scotland, Sarah Leif, Theresia Jonas mit dem FSV Neunkirchen-Seelscheid, und allen Spendern welche in aller Anonymität und Stille dazu beitragen, dass ich den Kindern Weihnachten hoffentlich den Kicker schenken kann. Ich zähle auf euch!
P.S.: Hier hast Du deinen Bericht.
- Die Baracke auf dem Markt.
- Robert, er kennt sie alle.
- Bei einem der Treffs
- Samuel spricht mit den Straßenkindern
- Hier am Fluss von Kara waschen sich die Straßenkinder.







Benedict Steilmann
Hey Dominic,
ich wünsche dir viel Erfolg als Einrichtungsleiter und dass alles glatt läuft. Schätze, dein Tischkicker im Foyer wird ein echter Magnet für Straßenkinder. Vielleicht hat es Robert danach etwas leichter. 😉
Alles Gute
Benedict