Die Togoer sind wirklich fußballverrückt, was nicht negativ gemeint ist!
Da ich mich sowieso in Lomé befand, und am Sonntag das Spiel Togo gegen Gabun in Lomé stattfand, dachte ich mir: „Kannst du dir ruhig mal reinziehen.“ Togo gewann das Spiel mit 2:1 und hat sich somit für den Afrika-Cup, vergleichbar mit unserer Europameisterschaft, qualifiziert. Nach Abpfiff sind dann zahlreiche Fans auf das Spielfeld gestürmt, ähnlich wie beim Relegationsspiel Düsseldorf gegen Berlin. Die Atmosphäre im Stadion würde ich als euphorisch bezeichnen, jedoch gingen mir diese Vuvuzelas, wie schon bei der WM in Südafrika, tierisch auf den Keks. Mit dem kleinen Unterschied, dass ich hier nicht einfach den Fernseher leiser stellen konnte.

Ob er wohl wusste, was auf seinem T-Shirt steht?!



Wie konnte es auch anders sein, in der Woche in welcher mein Zahn abgebrochen ist, wurde mir dann als krönender Abschluss, am Sonntag im Stadion, mein Portemonnaie geklaut. Zum Glück habe ich wichtige Papiere, also Ausweis, Reisepass, Führerschein, etc., in Kara gelassen, so dass mir nur ein bisschen Geld und leider auch meine Kreditkarte gestohlen wurde. Wie naiv und unüberlegt von mir, im Stadion, mein Portemonnaie in meiner rechten Hintertasche zu tragen…
Dem kleinen Tief folgte am Montag ein Hoch, als ich von einem französischen Zahnarzt behandelt wurde, und endlich wieder glücklich und normal essen konnte! Zum sonstigen Aufenthalt in Lomé ist eigentlich nicht viel zu sagen, ich war am Mittwoch noch im Goethe-Institut und am Donnerstag bin ich dann wieder gen Kara gefahren. Was für ein unheimlich schönes Gefühl es war, wieder „nach Hause“ zu kommen. Es hat sich wirklich so angefühlt als wäre ich nach Hause gekommen!
Mindestens ein genau so schönes Gefühl war es, die Kinder wiederzusehen. Nachdem ich dann auch jedem 100 Mal erklärt habe, dass es mir wieder gut geht, ging Freitag der Arbeitsalltag wieder los.
Freitagnachmittag war ich mit Robert, einem Erzieher auf Hausbesuch eines angehenden Kindes im Foyer. Die Eltern des Kindes sind getrennt und der Junge lebt bei seiner Großmutter und seinem Vater in einer bescheidenen Behausung. Der Vater ist ca. 40 und liegt schwerkrank im Sterben. Die Großmutter alleine ist nicht dazu in der Lage sich um das Kind zu kümmern. Der Kontakt zu dem Kind ist in der Zeit zu Stande gekommen, in welcher ich in Lomé war. Ich habe jetzt das erste Mal ein Schicksal eines kleinen Jungen direkt miterlebt. Wenn nun noch alle Formalitäten geregelt sind, kann der Junge bei uns aufgenommen werden. Ich werde euch auf dem neusten Stand halten.

Gestern konnte ich dann endlich mal wieder mit den Kindern im Foyer spielen, welche ja sonst unter der Woche erst um 17 Uhr aus der Schule kommen, sich danach waschen, und bis 20 Uhr das in der Schule gelernte wiederholen. Viele denken hier vielleicht: „Was, bis 17 Uhr Schule und danach noch weiter lernen?“ Genau so dachte ich auch, und als ich den Père darauf ansprach, dass die Kinder doch auch einen Ausgleich brauchen, klärte er mich auf: Viele Kinder sind in ihrer Zeit als Straßenkinder gar nicht zur Schule gegangen, dementsprechend hängen sie zum Teil einige Jahre hinterher. Diese Jahre gilt es aufzuholen, um für das weitere Leben eine gute Bildung zu haben, und nicht wieder auf der Straße zu landen. Soweit habe ich gar nicht gedacht. Klar ist es wichtig, dass die Kinder lernen! Und die Kinder selber stört es auch nicht so wie es mich stören würde, es ist einfach Gewohnheit.
Unter der Woche ist es dementsprechend zeitlich knapp bemessen mit den Kindern zu spielen. So haben wir dann am Samstag den schönen Tag mit einer ausgiebigen Fußballeinheit genossen. Eines der Kinder hat mir Käsekästchen beigebracht, ich habe den Kindern Tic Tac Toe beigebracht. So haben wir auch viel Zeit damit verbracht, einfach nur dazusitzen und das Neuerlernte zu spielen.
Gegen Mittag fuhr ich dann wie üblich zurück in die Kommunität, um mit den Patern zu essen. Auf dem Weg dorthin, bemerkte ich plötzlich wieder, dass ich in einer ganz anderen Welt bin: Ich fahre mit dem Pickup die Straße entlang und auf einmal ist vor mir ein großer Menschenzug welcher die Straße blockiert. Diese tanzten, begleitet von einem melancholischen Trommelrhythmus, durch die Straße. Ich bin langsam an den Straßenrand nach rechts gerollt, einige Leute grinsten durch mein geöffnetes Fenster, fragten wie es mir geht, andere beachteten mich gar nicht. Am Ende des Zuges tanzten zwei Sargträger den anderen hinterher. Allesamt im Laufschritt. Der Sarg wurde hoch über den Köpfen gehalten. Was mir so vorkam wie ein unheimliches Ritual aus einer anderen Welt, ist hier einfach die gängige Praxis für eine Beerdigung. Der Zug war vorbeigezogen, ich konnte weiterfahren, und habe die restliche Fahrt an dieses Erlebnis denken müssen.

Abends habe ich mit den Kindern im Foyer den Film „The Blind Side“ geguckt, ich glaube von insgesamt 36 Kindern, waren am Ende noch circa 4 wach, die Kleinen lagen alle schlafend auf dem Boden. Ich versuche das nächste Mal daran zu denken, ein Foto davon zu machen. Diesmal halte ich ihnen aber zugute, dass wir erst um 20:30 Uhr angefangen haben, und der Film über 2 Stunden ging. Auch ich bin zwischenzeitlich eingeschlafen, einfach weil ich so müde war. Die Kinder, die den Film komplett gesehen haben, haben mir am Sonntag nach der Messe dann aber gesagt, dass sie den Film sehr gut fanden. Für nächsten Samstag habe ich auch schon was im Kopf: „Coach Carter“ oder „Gegen jede Regel“, was meint ihr?

Bis dahin,
Dominic

Mit dem Bus nach Lomé, bei einer Pause.