Was, schon Halbzeit?!

Liebe Leser,
es ist Halbzeit! Die Hälfte der Zeit, welche ich in Lomé verbringe, um den Sprachkurs zu absolvieren, ist vorüber. Heute in einer Woche beginnt mein eigentliches Abenteuer, auf welches ich schon gespannt bin: Die Reise nach Kara, wo ich den Rest meines Jahres verbringen werde. Eingerechnet wird ein Tag dafür.

Die Zeit vergeht doch schneller als es einem lieb ist, bzw. einem vorkommt. Wenn ich jetzt zurückblicke, frage ich mich: Was hast du eigentlich alles erlebt in der Woche?
Die Antwort: eine ganze Menge.
Abgesehen vom Alltag, welcher meinen Tag weitestgehend bestimmt, habe ich eine Menge neue, unheimlich nette Menschen und deren Persönlichkeiten kennenlernen dürfen. Die zuvorkommende Art hier ist wirklich einmalig.
Am Donnerstag habe ich dann mit meinem Französisch-Lehrer abgemacht, dass wir den Kurs für Freitag vorverlegen, damit ich pünktlich um 16 Uhr mit den anderen aus dem Don Bosco Haus Fußball spielen kann, welche immer montags und freitags um 16 Uhr Fußball spielen. Gleiches gilt für heute. Dafür verzichte ich jedoch auf die Siesta.
Das Fußball spielen auf dem Sandfeld ist jedoch wirklich schwierig und ungewöhnlich, daran muss ich mich erst noch gewöhnen.

Der Fußballplatz, sehr sandig.

Am Wochenende hatte ich keinen Unterricht,  im Grunde genommen das erste mal wirklich Zeit, nach Lomé rein zufahren. Also in die „Innenstadt“.
Gesagt, getan: Ich schnappte mir zwei meiner neu gewonnenen Freunde und machte mich auf den Weg in die Innenstadt. Auf dem Weg dorthin kauften wir mir noch ein günstiges Handy (ca. 25€) und eine Simkarte, der inländischen Kommunikation steht damit auch nichts mehr im Wege.

Der Handyladen, links irgendwo.

Der Handyladen, links irgendwo.

Nach dem Handykauf, nahmen wir uns dann ein Taxi, was uns mit einer Fahrzeit von 15 Minuten, und den dafür bezahlten 1,50€, relativ günstig in die Innenstadt brachte. Die Autos welche hier herumfahren, würden in Deutschland wahrscheinlich nie wieder TÜV bekommen, aber sei es drum.
Aus dem Taxi ausgestiegen, waren wir plötzlich in einer Gasse welche links und rechts nur so von Ständen wimmelte. Mit unheimlich vielen verschiedenen Gerüchen und Impressionen. Getrockneter Fisch, Fleisch, Eier, Tomaten, Peperoni, aber auch alles was das Herz sonst so begehrt: Gürtel, Schuhe, Anzüge einfach alles. Für Grenouille (Das Parfum) wäre dies sicher ein Traum gewesen! Die ganzen Gerüche muss man sich dann noch mit stickiger, warmer, erdrückender Luft vorstellen: Voilà.

So sind wir also über den Markt gegangen, welcher wirklich eine unheimliche hohe Menschendichte hatte. Wenn man sich jetzt noch versucht vorzustellen, dass hier auch noch zweispurig Autos und Motorräder durchfahren, stößt man an seine Vorstellungsgrenzen. Also versuchen wir es mal: Man stellt sich eine 6-7 Meter breite Gasse vor, links und rechts durchgehend Stände, unendlich viele Menschen die hier durchgehen, in der Mitte quetschen sich die Autos aneinander vorbei wo man sich manchmal gar nicht richtig traut hinzusehen. Leider habe ich es nicht hinbekommen ein Foto davon zu machen, zu erstaunt war ich wohl von diesem „Erlebnis“. Ich bringe aber noch eins nach, versprochen. Immerhin war dies nicht das letzte Mal, dass ich über den Markt gegangen bin. Hier kommen also die Menschen her um ihre täglichen Einkäufe zu erledigen. Wie bei uns im Supermarkt eben.

Ein Wagen tastet sich auf einer Kreuzung des Marktes voran.

Zu den vielen Ständen welche einen sowieso schon überfordern weil man keinen Überblick hat, wird man auch noch gefühlt alle halbe Minute von einem Straßenhändler, welcher entweder Uhren oder Früchte, Kekse oder Nüsse verkaufen möchte, oder einen kleinen Getränkewagen hinter sich her zieht und einen mit Getränken versorgen möchte, angequatscht. Ein einfaches „Non, merci beaucoup!“ reicht dann meistens aus um jenem auszuweichen.

Als wir dann ungefähr eine Stunde auf dem Markt rumgegeistert sind, haben wir uns ein Taxi (soviel Taxi fahren wäre in Deutschland bestimmt sehr teuer) genommen und sind zur ghanaischen Grenze, welche nur unweit vom Markt entfernt lag, gefahren. Wir haben eine Sprite in einer Bar getrunken und uns daraufhin mit einigen Freunden am „Coco Beach“ (einem Strand) getroffen.
Dort saßen wir dann unter Palmen und haben viel miteinander gequatscht, ein Bier getrunken und ein bisschen gegen den Ball gekickt. Einfach die Meeresluft genießen war angesagt.

Danach fuhren wir pünktlich zum Abendgebet zurück nach Hause, das Abendessen folgte, der Tag wurde mit einem Film beendet.

Am Sonntag dann, wurde um 9:00 Uhr ein Gottesdienst gefeiert, wo ziemlich viele aus dem Viertel waren. Alle waren in ihrer besten Montur erschienen. Man sah quasi keinen, der kein Hemd an hatte, auch ich erschien natürlich im Hemd. Der Gottesdienst ist nicht vergleichbar mit einem Gottesdienst in Deutschland. Die Abläufe sind natürlich grob gesehen gleich bzw. ähnlich, der Enthusiasmus jedoch, welcher sogar die Kleinsten vorantreibt ist riesig. So wird voller Schwung und Elan gesungen, was sich wirklich gut anhört und einem gute Laune einpflanzt. (Inception)

Das erste Mal seit knapp 5 Jahren bin ich fremdgegangen: Meiner heißgeliebten Friseurin, welche als einzige den Zugang zu meinen Haaren hatte, passte nicht mehr in den Koffer. So kam es, dass ich Paterne, ein im Ausbildungszentrum studierender, angehender Salesianer, von welchem ich gehört habe, dass er allen hier die Haare schneidet, fragte,  ob er mir meine ebenfalls schneiden könne. Nach dem Gottesdienst kam dieser auf mich zu und fragte mich ob  ich gerade was zu tun habe. Nein, hatte ich nicht, also sagte er mir, dass er mir jetzt meine Haare schneidet.

Ich habe ihm versucht zu erklären wie ich es haben möchte (was ich bei meiner Friseurin nie machen musste, sie wusste immer was ich wollte) und dann war es um meine Matte geschehen.
Ich sah in den Spiegel und dachte mir: „Mh joa, ungewohnt, aber in Ordnung. Hier und da ein kleines Loch oder ein paar Haare welche noch länger waren, aber alles in allem eine runde Sache. Die wachsen bestimmt wieder nach!“

Seiten kurz, oben nur ein bisschen kürzer. So erklärte ich ihm, wie ich es gern hätte.

Nach dem Haareschneiden, gehe ich für gewöhnlich immer duschen. Warum weiß ich auch nicht genau, wahrscheinlich, weil ich es ekelhaft finde, wenn überall diese kleinen Häärchen sind. So auch dieses Mal. Nur musste ich leider feststellen, dass das Wasser plötzlich nicht mehr lief. Ich: einshampooniert unter der Dusche – und das Wasser setzte plötzlich aus. Ist auf jeden Fall eine Erfahrung wert. Ich hatte glücklicherweise eine aufgefüllte Wasserflasche vom Vortag in meinem Zimmer stehen, welche ich mir dann schnappte und mich damit größtenteils „abduschen“ konnte. Abends lief das Wasser aber auch schon wieder.

Beim Mittagessen, welches am Sonntag um 12:00 Uhr stattfindet, gab es sogar Sprite, Fanta, und Bier.
Ich erntete viel Lob für die neue Frisur, wobei ich jedoch glaube, dass der Anstand der Leute dies verlangte. Genug der Jammerei. Es ist ja auch praktisch und pflegeleicht bei einer solchen Hitze.
Es gibt Menschen die haben durchaus größere Probleme. Wenn ich durch das Viertel gehe, und links und rechts am Straßenrand „Hütten“ sehe, welche auf einem Raum von 9m² eine 5-Köpfige Familie beherbergen, und lediglich aus 4 Stöcken und einem Wellblechdach bestehen, dann nimmt mich das schon mit. Dagegen ist das Don Bosco Haus hier ein wahres Luxusresort. Die Schere zwischen arm und reich könnte weiter nicht auseinander sein.
Aus Respekt diesen Menschen gegenüber, habe ich es nicht in Erwägung gezogen mich vor diese Hütten zu stellen und sie zu fotografieren. Auch wenn es durchaus angebracht wäre, euch ein Bild davon zu zeigen. Denn gehört hat man es zwar schon mal, aber so richtig vorstellen kann und will man es sich nicht.

Auf das Mittagessen folgte eine weitere Tour, mit Alejandro und Joche, zwei Spanier welche auch hier leben (wieso genau habe ich nicht richtig verstanden, ich glaube, sie bauen irgendwas), Paterne und einem Freund der zwei Spanier. Wir fuhren mit dem Auto eine kleine Rundtour wo mir die wichtigsten Gebäude Lomés präsentiert wurden, danach landeten wir wieder mal am Strand. Diesmal jedoch an einem anderen. Wie sich später herausstellte, war es durchaus schade, dass ich an diesem Tag meine Kamera zu Hause vergessen hatte. Wir saßen nichtsahnend am Strand, plötzlich tauchte ein Jeep mit vier Insassen auf und fuhr durch den Sand. Aus dem Jeep dröhnte laute Musik. Dann blieben sie halb stecken, eine riesige Menschenmasse versammelte sich um den Jeep, welcher immer wieder vor und zurück fuhr, jedoch nur ein bisschen, um sich aus dem Sand zu befreien. Die Leute zückten ihre Kameras und machten Fotos, und jemand sagte „Das ist Adebayor“. Für die die es nicht wissen, Adebayor ist ein aus Togo stammender Fußballprofi, welcher bei dem englischen Club Tottenham Hotspurs unter Vertrag steht. Alejandro hatte seine Kamera dabei, und schoss ein Foto – sobald ich es habe, lade ich es hoch. Dann befreite sich der Jeep aus dem Sand und fuhr davon. Die Menschenmasse löste sich auf und alles war, wie es war.
Später stieß noch Cyrille in unsere Gruppe dazu. Als dann Alejandro, Joche, der andere Spanier und Paterne gehen wollten, Cyrille mir aber sagte, dass ca 2km weiter am Strand ein Fußballspiel stattfindet, wo auch Adebayor spielt, wollte ich mir dies nicht entgehen lassen.  (Als großer Fußballfan natürlich ein Highlight)
So fuhren wir zwei dann jeweils mit einem Mototaxi (Motorräder als Taxi, wobei eher Mopeds) zum besagten Fußballspiel. Eine riesige Menschenmasse, Musik und ein Fußballfeld im Sand erwarteten uns. Als wir ankamen und fragten, wann das Spiel mit Adebayor stattfinden würde, sagte man uns, dass er schon gespielt hat und darauf hin mit Freunden in einem schwarzen Jeep davongefahren ist. Schade eigentlich, oder?

Leicht enttäuscht sind wir dann mit einem Mototaxi wieder nach Hause gefahren.

Mototaxis - natürlich ohne Helm.

Was sonst noch zu sagen ist:

Christian und sein Kumpel kommen erst am Samstag, seine Pläne haben sich geändert; ich habe schon einige Moskitostiche überlebt; das Essen, hier im Haus jedenfalls, ist noch sehr europäisch, es gibt sogar Spaghetti.

Ich hoffe ich konnte euch einen kleinen Einblick in mein Leben hier geben. Entschuldigt für die Ausführlichkeit und die Details, und Dankeschön wenn ihr es geschafft habt, eure Konzentration bis hierhin aufrecht zu erhalten und soweit zu lesen.
Falls ihr noch Anregungen, Fragen, Wünsche habt, auf die ich nicht eingegangen bin, die euch aber brennend interessieren, zögert nicht mir eine E-Mail zu schreiben, oder hinterlasst einen Kommentar.

Bis dahin,
Dominic Brune

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Au revoir!

  1. woch karin

    dominic ich bin ebend aus einer anderen welt aufgewacht. du hast so nett geschrieben , dass ich dabei war. schade um meinen abgebrochenen urlaub in togo
    . aber ich komme wieder . gruss karin

  2. Lisa Tuesday

    Danke, hast mich grad voll zum Lachen gebracht. Ja die Wasserproblematik haben wir hier auch schon desöfteren durchgemacht, zum Glück stand da aber keiner unter der Dusche. Hauptsache du bist jetzt wieder abgeseift…:)

  3. woch karin

    das schreibst du selber , super dominik dann brauchst du nicht mehr lernen. also verlange moneten für deinen bericht.

  4. Stefan

    Hallo Großer. Schön zu lesen, dass Du gut angekommen bist und bereits eine Fülle von Eindrücken sammeln konntest. Bald geht es dann ja an Dein Endziel für die kommenden 12 Monate. In Gedanken sind wir bei Dir!
    Kleiner Insider: Dein Handyladekabel ist wieder da.

    Gruß Stefan

  5. Klingt doch nach einem starken Einstieg und mach Dir wegen deiner Haare keine Gedanken, die Frisur ist in Ordnung und schwer praktisch in der Region. Nicht nur der Hitze und der eventuellen Pflege wegen, sondern auch, solltest du auf Kopfhaut liebendes Ungeziefer treffen, dass lässt sich so nämlich leichter wieder entfernen.
    Habe daher auch diese Frisur gewählt^^
    Viel Saß beim Fußball weiterhin
    Max

  6. Benedict Steilmann

    Meine Güte, führst du ein Leben! Kommt der nächste Eintrag wenigstens auf Französisch?
    Viel Spaß beim Fußballspielen.
    B

  7. Nicole

    Herrlich, wie bildlich Du schreibst und uns alle mit nimmst.
    Das mit dem Wasser wird Dir sicher noch öfters passieren.
    Stromausfälle sind in Zukunft für dich auch keine Seltenheit, wirst schon sehen.

    Bis bald, Nicole

  8. Theresia Jonas

    Hallo lieber Dominik, alles läuft super hier. Der Vorstand hat das Projekt \FSV-sammelt für Togo\ genehmigt. In der nächsten Woche starten wir damit genügend Gelder für die neuen kleinen Fußballer in Togo zusammen kommt. Ich freue mich so, Dir helfen zu können und bewundere täglich mehr Deine Entscheidung. Halte durch und genieße jeden Tag der neuen Eindrücke. Melde mich wieder. Hab Dich lieb! Deine Theresia

  9. Irene

    Hallo Dominic,
    jetzt haste mich aber auch gerade zum lachen gebracht. Hab mir gerade vorgestellt, wie du da so eingeschäumt stehst und völlig verdutzt bist.. grins..
    Dein Bericht ist wieder so lebhaft und interessant, das ich ihn laut vorlesen mußte und alle gebannt zugehört haben.
    Mach weiter so! Ich bin richtig stolz auf Dich, das Du das alles so toll durchziehst. Wir vermissen Dich….

    Alles Liebe aus Belgien,

    Irene, Peter und Aylin

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