Beiträge Archive - Don Bosco Volunteers https://blogs.donboscovolunteers.de/blog/category/beitraege/ Freiwilligendienst von jungen Menschen für junge Menschen! Mon, 24 Sep 2018 09:03:13 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 https://blogs.donboscovolunteers.de/wp-content/uploads/2023/11/cropped-01_cmyk-32x32.jpg Beiträge Archive - Don Bosco Volunteers https://blogs.donboscovolunteers.de/blog/category/beitraege/ 32 32 Unglaublich… https://blogs.donboscovolunteers.de/barbarainbenin/2018/09/24/unglaublich/ https://blogs.donboscovolunteers.de/barbarainbenin/2018/09/24/unglaublich/#comments Mon, 24 Sep 2018 09:03:13 +0000 http://21494.639 Ihr Lieben, seit 4 Wochen bin ich wieder zurück. Ich bin so dankbar für dieses Jahr. Es war unglaublich vielseitig: Ich habe Jugendliche in einem Ausbildungszentrum begleitet, habe bei der Betreuung in einer Vorschule geholfen, habe mich um die Babys minderjähriger Mütter gekümmert, bin in die Baracke für die Marktmädels gegangen und habe Aktivitäten mit […]

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Ihr Lieben,

seit 4 Wochen bin ich wieder zurück. Ich bin so dankbar für dieses Jahr. Es war unglaublich vielseitig: Ich habe Jugendliche in einem Ausbildungszentrum begleitet, habe bei der Betreuung in einer Vorschule geholfen, habe mich um die Babys minderjähriger Mütter gekümmert, bin in die Baracke für die Marktmädels gegangen und habe Aktivitäten mit den Mädchen aus dem Heim gemacht. Manchmal kommt mir das jetzt schon alles wie ein Traum vor, da dieses Jahr so komplett anders war. Es ist unglaublich,…

…wie unbeschwert und leicht dieses Jahr war…

  • Immer wieder gab es Herausforderungen, aber richtige Probleme (Krankheiten, Stress mit meinen Vorgesetzten, Heimweh,…) traten während dem Jahr so gut wie nie auf. Der Trick dabei ist, sich selbst keinen Stress zu machen, sich genug Zeit zu lassen, optimistisch zu bleiben, sich auf die schönen Dinge zu konzentrieren, im Hier und Jetzt zu leben, die Zeit in vollen Zügen zu genießen und bei bestimmten Sachen eine gesunde Scheißegal-Einstellung zu haben. Man muss erst herausfinden, was seine Aufgabe als Volontär in den verschiedenen Projekten ist. Jeder Volo arbeitet ein bisschen anders, aber da es keine genauen Vorschriften gibt und alles sehr offen ist, kann sich jeder auch so einbringen, wie es für ihn am besten passt.

…was für mich ganz normal wurde…

  • Ein Jahr bei 30°C unter Palmen zu leben
  • wöchentlich meine Wäsche mit der Hand zu waschen
  • auf dem Markt und beim Mototaxi fahren immer zu verhandeln
  • der Dreck an den Händen, der nach der Arbeit beim Händewaschen immer deutlich sichtbar wurde
  • das scharfe Essen, die Ananas, Kokosnüsse und Papayas, das Essen mit der Hand
  • dass man nie alleine ist, dass so viel los ist auf den Straßen und dass es so viele Kinder und Babys gibt
  • dass ich nie unauffällig durch die Stadt gehen konnte und mir immer von  Kindern „Yovo, Yovo“ hinterhergerufen wurde
  • dass ich mir meine ganzen Klamotten schneidern lassen habe, mit bunten Stoffen, die ich mir davor auf dem Markt gekauft habe

Grad so, dass alles in die Koffer gepasst hat!

  • die Hühner und Ziegen auf den Straßen, das ständige Laufen durch den Sand,…

…wie komisch Zeit in diesem Jahr war…

  • so viel ist in doch so kurzer Zeit passiert, dass ich nicht mehr weiß, ob mir mein Freiwilligendienst kurz oder lang vorkommt. Ein Jahr ist meiner Meinung nach die perfekte Länge, um zum einen gut anzukommen und zum anderen auch wieder gut davon loszukommen.

…wie sehr ich in diesem Jahr gelebt habe…

  • Ich durfte ein unglaublich reiches Land kennenlernen. Ein Land des Friedens, in dem ich mich nie bedroht gefühlt habe und in dem ich immer herzlich und warm empfangen wurde. Ich habe interessante Menschen kennenlernen dürfen, junge Leute, die schon so viel erlebt haben und deshalb oft einen ganz anderen Blickwinkel auf das Leben haben, die mir in tiefgehenden Gesprächen ihre Ansichten und manchmal auch die Hintergründe dazu erzählt haben. Ich hatte Freunde, bei denen ich immer willkommen war, die mich aufgenommen haben wie in einer Familie, von denen ich viel gelernt habe, bei denen ich auch mal aus meinem Arbeitsumfeld rausgekommen bin und mit denen ich das Leben feiern konnte

…wie leicht mir der Abschied gefallen ist…

  • Schon vier Monate vor Abflug habe ich mich immer wieder mit dem Thema „Abschied“ beschäftigt und auch viel mit meiner Mitvolontärin darüber geredet. So haben wir noch alles geschafft, was wir noch unternehmen und besorgen wollten und wurden auch nicht von unserem Abflug überrumpelt, wodurch das Gefühlschaos am Tag der Abreise relativ begrenzt war und das ganze fast ohne Tränen abgelaufen ist. Abschiedszeit ist nie schön, und besonders die letzte Woche konnten wir es kaum abwarten, in den Flieger nach Deutschland zu steigen (aber das war letzten Sommer genauso, man wollte einfach los nach Benin und die ganzen Verabschiedungen so schnell wie möglich hinter sich bringen). Natürlich habe ich mich auch auf viele Sachen hier in Deutschland gefreut, das hat mir den Abschied auch leichter gemacht. In München wurden wir von unseren Familien abgeholt, zuhause hatten meine Eltern eine kleine Wilkommensparty (mit Kaffe und Kuchen, was jetzt nicht besonders klingt, aber das hab ich selten bekommen in Benin) organisiert.
  • Insgesamt war alles recht normal und bekannt, der erwartete Kulturschock blieb aus. Ganz vieles, was ich ein Jahr nicht gemacht habe (Auto fahren, Klavier spielen,…), lief nach kurzer Anlaufzeit erfreulicherweise     genauso gut wie vorher. Ich genieße sehr bewusst den Luxus und das Essen hier, trotzdem schärfe ich mein Essen oft ordentlich mit Chili nach. Und an manche Sachen muss ich mich erst wieder gewöhnen, so etwas wie Mülltrennung, Anschnallen, die leeren Straßen in meinem Dorf oder die „Kälte“ (ich war die ersten Tage zuhause draußen nur mit Daunenjacke unterwegs).

Bald werde ich Schwabbruck wieder verlassen. Ich werde nach Würzburg ziehen, um dort Sonderpädagogik auf Grundschullehramt zu studieren. Ich freue mich sehr auf diese Zeit!

Ich lade euch herzlich ein, am Samstag, den 10.11.2018 um 20 Uhr nach Schwabbruck ins Pfarrheim (Dorfstraße 1) zu kommen. Dort werde ich von meinem Jahr berichten. Ich freue mich auf euch!

Ich möchte meinen Blog abschließen, indem ich euch von ganzem Herzen DANKE sage, ganz besonders richte ich mich an…

  • Meine Eltern, für die das Ganze ja auch nicht immer leicht gewesen ist und die mich trotzdem total unterstützt haben
  • Meine zwei Mitvolontärinnen Gina und Marie-Luise, mit denen ich eine unvergessliche Zeit hatte
  • Meine Organisation Don Bosco Volunteers. Danke an Francesco, Niklas und die ehemaligen Freiwilligen für die super Vorbereitung und dass ihr immer erreichbar wart!
  • Alle, die immer wieder an mich gedacht haben, die sich nach mir erkundigt haben oder mich immer wieder kontaktiert haben
  • An die Spender, die mich und die Projekte finanziell unterstützt haben
  • An euch, liebe Blogleser! Vielen Dank für euer großes Interesse! Über 2500 Besucher waren auf meinem Blog, gemeinsam habt ihr es auf über 5000 Seitenaufrufe geschafft. Ihr seid der Wahnsinn!

Wir sehen uns, liebe Grüße derweil 🙂

Tata Barbara

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Sonnige Stunden im Maison du Soleil https://blogs.donboscovolunteers.de/barbarainbenin/2018/08/19/sonnige-stunden-im-maison-du-soleil/ Sun, 19 Aug 2018 10:08:20 +0000 http://21494.618 Claudine ist 18 Jahre alt und hat eine achtmonatige Tochter, mit der sie im Maison du Soleil (Haus der Sonne) lebt, ein Heim für minderjährige Mütter, das die Don Bosco Schwestern in Cotonou aufgebaut haben. Claudine lebte seit der Trennung ihrer Eltern bei ihrem wiederverheirateten Vater, von dem sie in der zehnten Klasse schwanger wurde. […]

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Claudine ist 18 Jahre alt und hat eine achtmonatige Tochter, mit der sie im Maison du Soleil (Haus der Sonne) lebt, ein Heim für minderjährige Mütter, das die Don Bosco Schwestern in Cotonou aufgebaut haben. Claudine lebte seit der Trennung ihrer Eltern bei ihrem wiederverheirateten Vater, von dem sie in der zehnten Klasse schwanger wurde. Sie landete über einige Umwege im Maison du Soleil, wo sie ein neues Zuhause bekam. Als ich im September in Cotonou ankam, war meine erste Einsatzstelle das Ausbildungszentrum der Don Bosco Schwestern, das gleich neben dem Maison du Soleil liegt. Alle Mütter, die dort wohnen, bekommen die Möglichkeit, eine Lehre zu machen, und Claudine entschied sich für eine Konditorlehre im Ausbildungszentrum der Schwestern. So lernte ich sie als ein freundliches Mädel kennen, das manchmal schon fast ein bisschen anhänglich war, das mal sehr gut gelaunt war, Witze machte und fröhlich durch die Gegend lief, das aber auch mal schlechte Tage hatte und dann schnell gereizt war. An solch einem Tag hatte sie mich gebeten, einen Namen für ihr ungeborenes Kind auszusuchen, das sie in ihrem prallen Bauch unter der gelben Schürze des Konditoreiateliers trug und das sie eigentlich überhaupt nicht wollte. Doch diese wichtige Entscheidung wollte ich ihr nicht abnehmen. Anfang Dezember kam dann die kleine Sophie auf die Welt. Claudine hatte sich für diesen Namen entschieden, weil so auch die Frau hieß, die ihr als Erste geholfen hatte, als Claudine völlig überfordert von der Schwangerschaft nicht weiter wusste. Nach der Geburt hatte sich der Gesichtsausdruck der jungen Mama verändert. In doch so kurzer Zeit ist alles anders geworden.

Seit Mai verbringe ich die Vormittage im Maison du Soleil. Claudine hat ihre neunmonatige Lehre im Ausbildungszentrum inzwischen beendet und geht jetzt in eine kleine Konditorei in Cotonou, um dort ihr dreimonatiges Praktikum zu machen. Danach wird sie im Ausbildungszentrum der Schwestern ihr Diplom bekommen. Es ist schön, zu sehen, wie lieb sie ihre Tochter hat. Die Art, wie sie mit ihr redet, sie küsst, sie hoch in die Luft wirft und sie füttert,… in diesen Momenten ist Claudine glücklich mit ihrem Baby. Trotzdem holt sie ihre Vergangenheit immer wieder ein. Zum einen fehlt ihr die alte Zeit und es tut ihr auch Leid, dass ihr Vater jetzt im Gefängnis ist. Zum anderen möchte sie jeden Kontakt mit ihm vermeiden und will momentan auch nicht, dass Sophie ihren Vater kennen lernen wird. „Trotzdem ist das Leben schön“, hat mir Claudine mit einem Lächeln gesagt, nachdem sie mir über ihre Vergangenheit erzählt hat.

Die Frage ist, wie es mit der jungen Mama weiter geht, sobald sie ihr Diplom hat. Wahrscheinlich kann Claudine bei ihrer Mutter unterkommen, die inzwischen ebenfalls wiederverheiratet in einem kleinen Dorf in Togo lebt. Die Sozialarbeiter aus dem Maison du Soleil sind dabei, die Reintegration voranzubringen. Claudine würde gerne weiterhin in die Schule gehen, um ihr Abitur zu machen und danach studieren zu können, aber das könnte finanziell schwierig werden.

Das Maison du Soleil nimmt minderjährigen Müttern wie Claudine auf. Es ist ein weiteres Projekt der Don Bosco Schwestern und besteht seit 2011. Es gibt Platz für 13 Mädels, pro Jahr werden ca. 20  junge Mamas aufgenommen. Finanziell unterstützt wird das Projekt von Manos Unidas und Medecins du Monde. Zur Zeit ist das Maison du Soleil das einzige Haus in Benin, das minderjährigen Müttern Aufenthalt bietet. Seit August 2016 befindet sich das Maison du Soleil nach einem Umzug direkt neben dem Ausbildungszentrum der Schwestern, was für die jungen Mütter echt praktisch ist.

Kinderwägen gibt es in Benin nicht! Die Kleinen werden mit einem Stück Stoff, das man über der Brust und am Bauch wie ein Handtuch umschlägt, auf den Rücken gebunden.

Die Mädchen, die im Maison du Soleil aufgenommen werden, bringen alle unterschiedliche Geschichten mit. Meistens sind die Gründe für die Schwangerschaften Inzucht, Zwangshochzeiten oder Vergewaltigungen. Geschlechtsverkehr ist hier in Benin offiziell ab 16 Jahren erlaubt, somit spricht man bei allen schwangeren Mädchen, die jünger sind, von Vergewaltigungen, selbst wenn das Mädchen mit dem Vater ihres Kindes schlafen wollte. In diesen Fällen werden die Mädchen oft von ihren Familien verstoßen und zum Vater des Kindes geschickt (Zwangsheirat), der sich oft aber nicht um das Mädchen kümmern will oder kann. Schnell entstehen Konflikte mit den Familien und die Mädels stehen ganz alleine da. Im Maison du Soleil werden die jungen Mamas, die sich in schwierigen Situationen befinden, aufgenommen und bekommen neben psychologischer und medizinischer Betreuung die Möglichkeit, eine Ausbildung zu machen (die meisten machen die Lehre im Zentrum der Schwestern nebenan), außerdem werden zusätzlich Aphabetisierungskurse in verschiedenen Niveaus angeboten, da manche Mädchen wie Claudine viele Jahre in die Schule gegangen sind, aber es z.B. auch eine junge Mama gibt, die auf dem Markt verkauft hatte und nicht in die Schule gegangen ist, bevor sie schwanger geworden ist. Die Sozialarbeiter begleiten die Mädchen zu Gerichtsterminen, wo es meist um die Strafen für die Vergewaltiger geht, und kümmern sich um die Reintegration der jungen Mütter.

Ich liebe es, in der Früh das Maison du Soleil zu betreten! Draußen wirkt alles ein bisschen hektisch und wuselig auf dem relativ breiten Sandweg. Man merkt, dass man nur drei Nebenstraßen von einem Eingang des großen Markts entfernt ist. Wenn ich aber in den Hof des Maison du Soleils trete und das Eingangstor hinter mir schließe, komme ich mir jedes Mal wie in einer kleinen Ruheoase vor. Immer noch ist es etwas Besonderes, die kleinen Grünflächen zu sehen, denn Gras findet man selten in Cotonou. Umso besser tut es, barfüßig beim Spielen mit den Babys darüber zu laufen! Das Maison du Soleil ist passend zum Namen in einem freundlichen Orange gestrichen.

In dem Hauptgebäude befindet sich im Erdgeschoss zunächst mal der Aufenthaltsraum, in dem sich meist das Leben abspielt.

Dann gibt es vier Schlafzimmer mit Bädern für jeweils zwei bis vier Mädchen und ihre Babys, in gelb, grün, rosa und orange gestrichen.

Ein weiteres Bad befindet sich gleich beim Aufenthaltsraum, hier werden die Babys von uns Tatas gewaschen, gewickelt und umgezogen.

Auch die Küche befindet sich im Erdgeschoss. Im ersten Stock befindet sich ein Saal, in dem Mittwochnachmittag immer eine Versammlung vom ganzen Team des Maison du Soleils stattfindet (Sozialarbeiter, Psychologe, Erzieherinnen, Krankenschwester,…). Aktuelle Probleme werden dort angesprochen und die neuesten Informationen und Situationen werden geteilt. Der Psychologe und die Sozialarbeiter haben ihre Büros ebenfalls im ersten Stock. In einem Nebengebäude befindet sich das Büro des Direktors, das Zimmer der Krankenschwester mit Medizinschrank und einer Liege für Untersuchungen, und das Klassenzimmer, in dem die Mädchen mehrmals pro Woche Alphabetisierungskurse bekommen. Draußen gibt es einen Bereich, wo die jungen Mamas kochen und Wäsche waschen können, und in einem kleinen Teil des Gartens befindet sich ein kleiner Spielplatz für die Babys.

Gekocht wird auf den hier typischen kleinen Kohlegrills. Beim Kochen und Putzen wechseln sich die Mamas ab.

Die jungen Mamas bringen verschiedene Geschichten mit, manche kommen schwanger ins Maison du Soleil, andere haben ihr Baby bei ihrer Ankunft schon. Ich möchte euch ein paar weitere  Mädels und ihre Kinder genauer vorstellen:

Francine war ein sehr junges Mädchen, das ich im September im Foyer (Mädchenheim der Schwestern)  kennenlernte. Dorthin wurde sie von der Schutz- und Auffangstation für Minderjährige in Cotonou (OCPM) weitergeleitet. Im Heim stellte sich schnell heraus, dass das Mädchen von einem verheirateten Mann, der Francine ebenfalls zur Frau nehmen wollte, schwanger war. Also brachte man sie ins Maison du Soleil. Sie entschied sich für eine Konditorlehre im Ausbildungszentrum der Schwestern neben dem Maison du Soleil. Ihr Sohn Gabriel kam im Januar auf die Welt und hat jetzt immer noch sehr helle Haut. An meinem ersten Arbeitstag im Maison du Soleil im Mai hat mich der kleine Mann zur Begrüßung gleich mal angepinkelt 🙂 . Anfangs hat er noch recht viel geschlafen, inzwischen ist er aber ordentlich gewachsen (an ihm sieht man so gut, wie die Zeit vergeht) und wir nehmen ihn oft mit nach draußen, wenn wir im Garten mit den anderen Babys spielen. Er lächelt immer, wenn man seinen Namen ruft.

Flora war Opfer einer Vergewaltigung. Ich lernte sie im September kennen, sie machte eine Ausbildung in der Seifenmanufaktur im Ausbildungszentrum der Schwestern. Dort war sie immer recht still und in sich gekehrt. Im November kam ihre Tochter Régina auf die Welt. Als ich im Maison du Soleil anfing, hat die Kleine die ganze Zeit geschrien, mit der Zeit ist das aber viel besser geworden! Besonders hat Régina es genossen, in der Babyschaukel im Garten zu sitzen. Flora hatte sich verändert. Im Maison du Soleil war sie eine fröhlich ausgelassene Mutter, die ihr Kind liebte und sich gleichzeitig aber selbst auch oft noch recht kindisch verhielt. Mitte Juli hat sie das Diplom ihrer Ausbildung bekommen. Die Reintegration in die Familie ist dank der Sozialarbeiter gut gelungen und so wurde Flora mit Régina Ende Juli zurück nach Hause gebracht.

Mathilde wurde von ihrem Vater schwanger. Bei ihr ist die Reintegration in ein geschütztes Umfeld etwas komplizierter. Als ich ins Maison du Soleil kam, hatte ihr Sohn Antoine gerade seinen ersten Geburtstag gefeiert und hat kurz darauf seine ersten Schritte gemacht. Mathilde ist momentan das einzige Mädchen, das keine Lehre im Ausbildungszentrum der Schwestern macht. Stattdessen hatte sie sich dafür entschieden, Sekretärin zu werden, und macht dafür momentan ein Praktikum in einem Krankenhaus in Cotonou. Dort gefällt es ihr richtig gut, jeden Tag verlässt die junge Mama schick herausgeputzt dafür das Haus. Antoine wird oft mit dem Kosenamen „Shoushou“ gerufen, er haut beim Essen am meisten rein und schnarcht wie ein kleiner Holzfäller. Oft rennt er zu mir, wenn er sich erschrickt, und vergräbt seinen Kopf in meinem Kleid.

Paula ist hochschwanger ins Maison du Soleil gekommen und wurde am Tag darauf ins Krankenhaus gebracht. Dort hat sie ein kleines zierliches Mädchen geboren. Nachdem beide ins Maison du Soleil zurückgekommen sind, war Paula oft beim Spielen mit den Babys dabei und hat für uns getrommelt und gesungen. Obwohl sie nicht in der Schule war und somit fast nur die Stammessprache Fon spricht, hat sie immer versucht, auch ein bisschen Französisch zu reden. Ein paar Mal haben wir beide dazu Babylernbücher angeschaut, in denen einfache französische Wörter mit Bildern dargestellt waren. Drei Wochen nach der Geburt war Paula für kurze Zeit bei ihrer Familie in Cotonou. Wenn es das familiäre Umfeld zulässt, werden die Mädels für einen zweiwöchigen Aufenthalt mit ihrem Neugeborenen dort untergebracht, bevor sie ins Maison du Soleil zurückkommen. So wird der Kontakt zur Familie von Anfang an aufrecht gehalten, soweit das möglich ist. Inzwischen hat Anne ihre Lehre in der Seifenmanufaktur im Ausbildungszentrum der Schwestern angefangen.

Ich beginne meinen Tag um 8 Uhr im Maison du Soleil. Zu diesem Zeitpunkt sind einige Mütter noch da und säugen oder füttern ihre Babys mit Brei, bevor sie nebenan ins Ausbildungszentrum gehen. Die Kleinen, die schon fertig sind, werden auf einer Matte im Aufenthaltsraum Schlafen gebracht. Dazu hat jedes Baby seinen eigenen Stoff, auf dem es schläft. Um den Babys beim Einschlafen zu helfen, klopfen wir (das heißt ich und die andere Tata, die sich um die Babys kümmert) den Kleinen mit der gewölbten Hand leicht auf den Rücken. Zuerst war das ziemlich komisch für mich, ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein kleines Kind einschlafen kann, wenn ich es ständig auf den Rücken „schlage“. Aber es ist eine Methode, die sehr gut funktioniert und die die Kinder sehr beruhigt.

Gegen halb 11 kommen die Mütter aus dem Ausbildungszentrum für kurze Zeit ins Maison du Soleil, um ihre Kinder zu säugen. Ich helfe beim Wickeln und fütter die Babys, die schon älter als ein Jahr sind. Sie bekommen feste Mahlzeit wie den hier typischen Maisbrei oder klein geschnittene Spaghetti.

Danach spielen wir mit den Babys meistens draußen, oft singen und trommeln wir, schauen auch mal Bücher an oder lassen die Großen mit Buntstiften kleine Kunstwerke auf Papier zaubern. Um 12 werden nochmal alle gefüttert und zum Mittagsschlaf gebracht.

Das Maison du Soleil ist ein Projekt, das mir sehr viel Spaß macht. Die Arbeit mir Babys konnte ich mir schon von Anfang an gut vorstellen. Während meinen drei Monaten im Maison du Soleil wurden vier Mütter mit ihren Babys zurück in die Familie integriert, sieben neue Mädels kamen an und ein Baby wurde geboren. Ich bewundere die jungen Mamas sehr.              Trotz ihren Geschichten haben sie ihre Babys so lieb und schaffen es in ihrem Alter, gleichzeitig Mutter zu sein und eine Ausbildung zu machen, und das alles meist  ohne Unterstützung von ihrer Familie zu haben. Ich habe da wirklich großen Respekt vor ihnen. Durch ihr oft so optimistisches Verhalten helfen sie auch mir. Ich kann im Maison du Soleil arbeiten, ohne immer an die schlimmen Geschichten denken zu müssen, und so fällt mir meine Arbeit dort nicht schwer.

Viele liebe Grüße,

Eure Barbara

*alle Namen geändert

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Die Geschichte von Estelle-der Einsatz eurer Spenden! https://blogs.donboscovolunteers.de/barbarainbenin/2018/07/10/die-geschichte-von-estelle-der-einsatz-eurer-spenden/ https://blogs.donboscovolunteers.de/barbarainbenin/2018/07/10/die-geschichte-von-estelle-der-einsatz-eurer-spenden/#comments Tue, 10 Jul 2018 21:40:39 +0000 http://21494.597 Liebe Leser, Ich möchte euch heute die Geschichte von Estelle erzählen. Vor eineinhalb Jahren lebte das Mädchen als Älteste von drei Kindern bei ihren Eltern in einem kleinen Ort in der Nähe Cotonous und war dabei, im Alter von 15 Jahren eine Schneiderlehre zu machen. Ihre Ausbilderin bat sie eines Tages, fertig geschneiderte Kleidungsstücke zusammen […]

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Liebe Leser,

Ich möchte euch heute die Geschichte von Estelle erzählen. Vor eineinhalb Jahren lebte das Mädchen als Älteste von drei Kindern bei ihren Eltern in einem kleinen Ort in der Nähe Cotonous und war dabei, im Alter von 15 Jahren eine Schneiderlehre zu machen. Ihre Ausbilderin bat sie eines Tages, fertig geschneiderte Kleidungsstücke zusammen mit einem anderen Lehrling am Ortsrand auszutragen. Um zu einem bestimmten Haus zu kommen, mussten sich die zwei jungen Schneiderinnen in einem Motorboot ein gutes Stück über die große Lagune, an der der Ort liegt, fahren lassen. Das Boot wurde von drei jungen Männern gesteuert, die sich an Estelle heranmachen wollten. Das Mädchen wurde überwältigt, weggebracht, eingesperrt, geschlagen und vergewaltigt. Den jungen Mann, der ihr das antat, hatte Estelle schon manchmal zusammen mit ihrem Onkel gesehen. Dieser hatte schon oft darüber Witze gemacht, dass Estelle jenen Bekannten heiraten werde. Durch die Vergewaltigung hoffte der Mann auf eine Schwangerschaft und somit auf eine Heirat mit dem Mädchen. Nachdem sie drei Tage lang missbraucht wurde, konnte Estelle aus dem Haus des Mannes fliehen. Es war schon spät am Abend, und eine Frau wurde auf sie aufmerksam und nahm sie mit zu sich nach Hause. Estelle konnte sich ihr anvertrauen und wurde dadurch letztendlich in eine Schutz- und Auffangstation für Kinder und Jugendliche gebracht, wo sie sowohl medizinische als auch psychologische Erstbetreuung bekam.

Von diesem Ort aus wurden Estelles Eltern informiert. Mit ihnen zusammen wurde beschlossen, das Mädchen aus dem familiären Umfeld herauszuholen und im Heim der Don Bosco Schwestern unterzubringen, um ihr dort eine bessere medizinische, psychologische und soziale Betreuung geben zu können. Estelles Vergewaltiger wurde für fünf Jahre eingesperrt, und ihr Onkel, der das Ganze ja mehr oder weniger in die Wege geleitet hatte, für zwei Jahre. Estelle fühlt sich im Heim mit den anderen Mädchen sehr wohl und trägt trotz ihrer Geschichte wieder oft ein Lächeln auf den Lippen. Dadurch, dass sie bei den Don Bosco Schwestern aufgenommen wurde, hat sie die Möglichkeit, ihre Ausbildung im geschützten Umfeld zu beenden.

Das Foyer „Laura Vicuna“, das Heim der Schwestern, empfängt Mädchen, die misshandelt, verkauft, vernachlässigt oder Opfer von psychischer, sexueller oder physischer Gewalt wurden. Es befindet sich auf dem Schwesterngelände und somit quasi direkt vor meiner Haustür. Das Foyer ist eines der ältesten Projekte der Don Bosco Schwestern in Cotonou und besteht seit 2001. Unterteilt wird das Heim in das „Kleine Foyer“ und das „Große Foyer“.

Das Foyer

Schlafsaal für die Mädels aus dem „Große Foyer“

In diesem Hof spielt sich das Foyerleben ab

Wenn ein Kind von zuhause wegläuft oder verjagt wird, landet es erstmal in der Schutz- und Auffangstation für Minderjährige in Cotonou (OCPM). Dort werden erste Maßnahmen ergriffen und die Situation analysiert. Sobald die Reintegration in die Familie etwas komplizierter ist, werden die Kinder in Übergangsheime weitergeleitet, darunter auch das Foyer der Schwestern, denn das OCPM ist nur für einen kurzen Aufenthalt der Kinder gedacht. So kommen mehrmals im Monat Mädels aus dem OCPM ins Heim der Schwestern. Diese Kinder bilden das „Kleine Foyer“. Es wird versucht, die Mädchen innerhalb von drei Monaten in ihre Familie zurück zu integrieren. Dafür ist ein Team aus Sozialarbeitern zuständig, das die Situation analysiert, die Familie sucht und durch Treffen mit dieser versucht, das Kind zurück nach Hause zu bringen. Die Mädels bekommen für diese Zeit im Foyer ein Dach über dem Kopf, helfen im großen Garten der Schwestern mit, wo Gemüse und Obstbäume wachsen und wo es eine kleine Fisch- und Geflügelzucht gibt, und bekommen Alphabetisierungskurse.

2017 kamen 196 Mädchen ins „Kleine Foyer“, davon wurden 185 erfolgreich zurück in die Familie integriert. Für 115 von ihnen war es durch finanzielle Unterstützung möglich, wieder zurück in der Familie in die Schule zu gehen oder eine Ausbildung zu machen.

Manchmal dauert die Reintegration aber länger, sogar mehrere Jahre, wenn die Familie des Kindes nicht zu finden ist, oder es ist von Anfang an klar, dass ein Mädchen nicht in das familiäre Umfeld zurückkehren kann. Diese Mädels kommen dann ins „Große Foyer“. Sie bekommen im Heim ein richtiges neues Zuhause und werden in die Schule geschickt oder dürfen eine Ausbildung machen, so wie Estelle. Außerdem bekommen sie im Foyer eine gute medizinische und psychologische Betreuung. Mehrere Tatas (Erzieherinnen) sind als Ansprechpersonen rund um die Uhr im Heim und kümmern sich um die Mädchen. Obwohl die Situationen oft schwierig sind, wird versucht, dass der Kontakt der Mädchen aus dem „Großen Foyer“ mit ihren Familien bestehen bleibt. So verbringen diese Mädels zum Beispiel ein paar Tage ihrer Ferien in ihrer Familie. Außerdem finden auch manchmal Versammlungen mit den Eltern auf dem Schwesterngelände statt. Bei dieser Gelegenheit werden auch Sensibilisierungen durchgeführt. Die Mädchen aus dem „Großen Foyer“ bleiben im Heim, bis sie ihren Abschluss in der Schule oder das Diplom ihrer Ausbildung haben. In manchen Fällen ist danach sogar die Rückkehr in das familiäre Umfeld möglich, weshalb auch so viel Wert darauf gelegt wird, Kontakt mit der Familie zu halten. Oft werden die Mädels aber nach ihrem Foyeraufenthalt auch in Gastfamilien untergebracht oder sie sind selbst schon in der Lage, sich ein Zimmer in Cotonou zu mieten.

Auch wir Volontäre arbeiten einen Nachmittag in der Woche im Heim, helfen dort bei der Hausaufgabenbetreuung mit und bieten Aktivitäten für die Mädels aus dem „Kleinen Foyer“ an. Zusammen basteln und malen wir oder machen Gruppenspiele. Diese müssen nicht nur auf Französisch erklärt werden, sondern auch oft auf Englisch, denn immer wieder landen auch nigerianische Mädchen im Foyer. Schlussendlich muss uns ein Mädchen, das Französisch spricht, die Spielanleitung auch noch auf die Stammessprache Fon übersetzen, denn manchen Mädels waren nicht oder nur für kurze Zeit in der Schule und verstehen so unsere Anweisungen nicht komplett. Die Herausforderung hierbei ist, dass eben fast jede Woche neue Mädels dabei sind, die man noch nicht kennt. So muss man immer wieder schauen, was den Kindern Spaß macht und wie viel sie von unserem Französisch verstehen. Nach der Aktivität beten wir mit allen Mädels den Rosenkranz, das ist im Foyer ein tägliches Ritual. Die meiste Zeit wird auf Französisch gebetet, manchmal werden die Gebete aber auch auf Fon gesagt oder gesungen, was ich persönlich am schönsten finde.

Rosenkranz bei der Marienstatue

Hausaufgabenbetreuung

Da das Foyer auf dem Schwesterngelände liegt, sehe ich die Mädels täglich. Wenn ich in der Früh aufbreche, um mit dem Mototaxi zur Arbeit zu fahren, laufe ich ein Stück über den Hof auf dem Gelände. Die Mädchen aus dem „Kleinen Foyer“ sind dann gerade dabei, den Hof zu kehren und wir wünschen uns winkend einen schönen Tag. Samstags putzen wir in der Früh gemeinsam das Erdgeschoss im Haus der Schwestern, und am Samstagabend essen wir zusammen mit den Foyermädels. Es gibt dann immer Attassi (Reis mit Bohnen und Tomatensoße), dass die meisten Mädels (und wir natürlich auch) mit der Hand essen. Am Anfang war das gar nicht so einfach, und die Mädchen haben sich sehr darüber amüsiert, wie mir die Hälfte des Essens aus der Hand wieder in den Teller gefallen ist, aber nach ein paar Mal Attassi essen hatte ich den Dreh dann auch raus 🙂 .

Sonntagmorgen gehen wir gemeinsam in die Messe, und bis vor kurzem hat während der Schulzeit auch immer am Sonntagnachmittag das Oratorium stattgefunden, ein Spieleveranstaltung für die Kinder aus unserem Quartier. Die Foyermädels waren da immer mit dabei und auch wir Volontäre haben uns dort oft blicken lassen.

Sonntags auf dem Heimweg nach der Messe

Beim Oratorium

Wie eine große Schwester darf ich in diesen Momenten Zeit mit den Foyermädchen verbringen. Und ich merke, dass ihnen meine Anwesenheit gut tut, auch wenn ich nicht sehr viel Zeit im Foyer verbringe, verglichen mit der Zeit, die ich in den anderen Projekten der Don Bosco Schwestern bin. Trotzdem kommen Sätze wie „Warum kannst du nicht meine Mama sein?“, „Ich fühl mich einfach wohl, wenn du da bist“ und „Danke fürs Zuhören. Es kommt nicht oft vor, dass mir jemand einfach so zuhört wie du“. Das sind besondere Momente, an die ich mich lange erinnern werde.

Mehr als 50 Mädchen sind im „Großen Foyer“. Jede von ihnen bekommt durch die Schwestern die Möglichkeit, in die Schule zu gehen oder eine Ausbildung zu machen. Flora ist 15 Jahre alt und besucht die „Ecole Alternative“. Das ist eine Grundschule der Don Bosco Schwestern für Jugendliche, die zu alt für einen normalen Grundschuleinstieg sind. Sonia ist 17 und macht eine Ausbildung zur Schneiderin auf dem Schwesterngelände. Florence besucht das Gymnasium auf dem Schwesterngelände und wird dort nächstes Jahr ihr Abitur machen. Für so viele Mädchen kommt da eine ziemlich hohe Summe an Schulgeldern zusammen. Die Schuleinschreibung, der Transport zur Schule, das Mittagessen, Schulbücher und Schreibzeug, all das muss finanziell abgedeckt werden. Je nach Schultyp kostet das Schulgeld für ein Mädchen zwischen 350 und 970 Euro im Jahr. Das ist zum Teil so teuer, weil die Mädchen in Privatschulen geschickt werden. Ein Freund von mir, der eine öffentliche Schule besucht hat, hat mir erzählt, dass es dort Klassen mit über 100 Kindern gab. Dieses Jahr wurde in den öffentlichen Schulen außerdem für drei Monate gestreikt. Der Besuch einer Privatschule ist hier in Benin also echt sinnvoll, da dort die Zustände einfach besser sind.

An dieser Stelle kommt ihr, liebe Spender, ins Spiel! Zusammen mit der zuständigen Schwester haben wir Volontäre beschlossen, unsere gesammelten Spenden für die Schul- und Ausbildungskosten der Mädchen aus dem „Großen Foyer“ einzusetzen. Dort sind die Gelder am sinnvollsten eingesetzt und werden am meisten benötigt. Die Don Bosco Schwestern sind auf finanzielle Unterstützung angewiesen, um den Mädels eine gute Schulbildung zu ermöglichen. Mit euren Beiträgen habt ihr die Schwestern wirklich sehr geholfen! Genauso wie ich sind euch auch die Foyermädels sehr dankbar für eure Spenden. Gerade für sie ist ein Schulabschluss oder das Diplom einer Ausbildung sehr wichtig, denn eines Tages werden die Mädchen das „Große Foyer“ verlassen und werden nicht immer die Unterstützung und Hilfe ihrer Familie haben. Das Ziel der Schwestern ist es, dass diese Mädels nicht als Verkäuferinnen auf dem großen Markt landen, sondern dass sie einen richtigen Beruf ausüben und somit sicher leben können.

Ein herzliches Vergelt’s Gott, oder „Que Dieu vous bénisse“, wie man hier sagen würde (Der Herr segne euch)!

Mein Spendenkonto ist noch bis zum Ende meines Freiwilligendienstes offen. Wenn ihr die Schwestern und Mädels noch unterstützen wollt, findet ihr in meinem Blog auf der Seite „Unterstützen“ weitere Infos dazu. Vielen lieben Dank!

Eure Barbara

 

*alle Namen der Mädchen geändert!

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„Ich heiße Sandra. Ich bin acht Jahre alt. Ich verkaufe Tomaten.“ https://blogs.donboscovolunteers.de/barbarainbenin/2018/06/16/ich-heisse-sandra-ich-bin-acht-jahre-alt-ich-verkaufe-tomaten/ https://blogs.donboscovolunteers.de/barbarainbenin/2018/06/16/ich-heisse-sandra-ich-bin-acht-jahre-alt-ich-verkaufe-tomaten/#comments Fri, 15 Jun 2018 23:00:29 +0000 http://21494.575 Sandra kann nur wenige Sätze auf Französisch sagen, eigentlich spricht sie nur die Stammessprache Fon, da sie nie das Glück hatte, in die Schule gehen zu dürfen. Stattdessen verbringt sie den ganzen Tag auf dem Markt Dantokpa, mit einem Blech voller Tomaten auf dem Kopf, die sie dort verkauft. Mehrere tausend Kinder verkaufen auf diesem […]

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Sandra kann nur wenige Sätze auf Französisch sagen, eigentlich spricht sie nur die Stammessprache Fon, da sie nie das Glück hatte, in die Schule gehen zu dürfen. Stattdessen verbringt sie den ganzen Tag auf dem Markt Dantokpa, mit einem Blech voller Tomaten auf dem Kopf, die sie dort verkauft. Mehrere tausend Kinder verkaufen auf diesem Markt, die meisten davon Mädchen, die zwischen acht und zwölf Jahre alt sind.

Man nennt diese Kinder Vidomegons, was auf Fon so viel bedeutet wie „Kind, das bei einer anderen Person untergebracht ist“. In Benin muss die Erziehung des Kindes nicht unbedingt Sache der Eltern sein. In der Tradition war es oft so, dass Kinder aus ärmlichen Verhältnissen bei wohlhabenderen Familien untergebracht wurden, bei denen sie ein Dach über dem Kopf und Bildung bekamen und gut erzogen wurden. Im Gegensatz dazu half das Kind im Haushalt mit.

Die ganze Sache hat sich mit der Zeit allerdings zu nichts anderem als moderner Sklaverei entwickelt, bei der Kinder verkauft, misshandelt und ausgebeutet werden. Zum Teil werden die Mädchen sogar in Nachbarländer, besonders nach Nigeria, gebracht, um dort zu arbeiten. Die Kinder müssen nicht nur im Haushalt mithelfen, sondern auch auf dem Markt verkaufen. Es ist selten, dass ein Vidomegon-Kind heutzutage noch von seiner Gastmutter, Tutrice genannt, in die Schule geschickt wird.

Doch wie kommt es überhaupt dazu, dass 5 – 15jährige Mädels bei einer Tutrice landen? Der Psychologe in der Baraque SOS konnte mir bei dieser Frage weiterhelfen. Es gibt im Großen und Ganzen vier Fälle von Vidomegons, die man so zusammenfassen kann:

  • Es gibt Kinder aus sehr armen Familien, deren Eltern nicht die Mittel haben, um für das Kind zu sorgen. Hier entscheidet sich die Familie bewusst dafür, das Kind an eine Tutrice zu geben. Je nach Alter des Mädchens bekommen die Eltern pro Monat zwischen 8 und 22 Euro für die Arbeitskraft ihres Kindes (zum Vergleich: der Mindestlohn liegt hier in Benin bei umgerechnet 60 Euro pro Monat).
  • Es gibt Halb-/Waisenkinder, die nach dem Tod eines Elternteils bei einer verwandten oder bekannten Frau untergebracht werden. Diese kümmert sich um das Waisenkind nicht so gut wie um die eigenen Kinder und verkauft das Mädchen entweder an eine Tutrice weiter oder schickt es selbst zum Arbeiten auf den Markt.
  • Es kommt vor, dass Tutrices in Dörfer im Norden Benins gehen und den Eltern anbieten, ihr Kind mit in die große Stadt Cotonou zu nehmen, da es dort bessere Zukunftsaussichten hat. In diesem Fall wissen die Eltern zum Teil gar nicht, dass ihr Mädchen in Cotonou nicht in die Schule gehen wird. Wenn die Eltern ihr Kind der Tutrice mitgeben, ist es oft so, dass das Mädchen aus Angst vor den Schlägen der Tutrice seinen Eltern nicht sagt, dass es auf dem Markt arbeiten muss. Es ist aber auch nicht unbedingt der Fall, dass die Eltern sehr besorgt um das Kind sind. Oft wird nicht überprüft, ob es ihm in der fremden Familie auch wirklich gut geht.
  • Es gibt Fälle, in denen das Kind entweder von der Familie weggelaufen ist oder von dieser verjagt wurde. Das kann aus allen möglichen Gründen passieren. Zum Beispiel kann das Kind durch den Glauben an Naturreligionen dafür beschuldigt werden, mit Hexerei zu tun zu haben. Diese Mädchen leben richtig auf dem Markt und bieten tagsüber ihre Arbeitskraft und Hilfe bei verschiedenen Verkäuferinnen an. Diese Mädels schlafen oft auf dem Markt, der jetzt nicht unbedingt der sicherste Ort für die Nacht ist. (Sexuelle) Gewalt ist hier keine Seltenheit.

Diese Kinder arbeiten also täglich im Haushalt der Tutrice mit (Kochen, Handwäsche, Putzen) und gehen auf den Markt, um dort z.B. Zwiebeln, Tomaten, Jamswurzeln, Seife oder Kleidung zu verkaufen. Sie sind mangelnder Hygiene, Staub und Krankheiten sowie psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt. Ihr Lohn wandert am Abend natürlich in die Taschen der Tutrice. Es gibt sogar Vidomegons, die abends nicht mit zum Haus der Gastfamilie genommen werden, sondern auf dem Markt bleiben und dort schlafen müssen. Für diese Mädels und die Kinder, die sowieso auf dem Markt leben, bietet das Maison de l’Esperance, das Ausbildungszentrum der Schwestern in Marktnähe, Schlafplätze. Für einen kleinen Beitrag von 8 ct können ca. 80 Mädchen die Nacht in den Schlafsälen sicher und geschützt verbringen und haben zusätzlich auch noch die Möglichkeit, sich zu duschen.

Geschafft! Nach einem langen Tag endlich im Maison de l’Esperance angekommen

Einer der Schlafsäle

 Vidomegons bleiben meist bei ihrer Gastfamilie, bis sie ungefähr 15 Jahre alt sind, denn ab diesem Alter lassen sie sich von ihrer Tutrice nicht mehr alles gefallen. Die Mädels hauen dann entweder von selbst ab oder werden sozusagen von ihrer Tutrice weggeschickt. Manche Mädchen legen es sogar darauf an, schwanger zu werden, um von ihrer Tutrice verjagt zu werden. So kann es vorkommen, dass Vidomegons in ihre richtigen Familien zurückkehren. Oft bleiben die Mädels aber auf dem Markt und bieten dort weiterhin ihren Service an, um Tag für Tag weiter leben zu können.

Die Kinderrechte in Benin verbieten die Arbeit für Kinder unter 14 Jahren. Theoretisch gibt es bei Missachtung Gefängnis- und Geldstrafen von 150 bis 220 Euro. Der Staat und Organisationen wie UNICEF führen immer wieder Aufklärungsaktionen durch, doch das alles bringt leider nicht viel.

In der Baraque SOS de Vidomegon bieten wir genau diesen Mädels die Möglichkeit sich auszuruhen, zu spielen, zu basteln, lesen und schreiben zu lernen und einfach Kind sein zu dürfen. Die Baraque SOS steht seit 2001 auf einem Parkplatz des großen Marktes und ist somit eines der ältesten Projekte, die die Don Bosco Schwestern in Cotonou aufgebaut haben.

Blick aus der Baracke auf den Parkplatz 

 Die Mädels können von 10 bis 17 Uhr kommen und gehen, wann sie wollen. Die meisten sind heimlich da, weil ihre Tutrices nicht damit einverstanden sind, dass die Mädchen in die Baraque kommen und so in dieser Zeit kein Geld verdienen. An manchen Tagen sind nur um die zehn Kinder da, an anderen ist die Baraque mit 30 kleinen Verkäuferinnen recht voll. Empfangen werden sie von einem kleinen Team aus zwei Sozialarbeitern, einem Psychologen, einer Erzieherin und uns Volontären. Zusammen mit Marie-Luise komme ich um 14 Uhr an, und wir begrüßen die Mädels mit dem typischen Barackenhandschlag oder nehmen sie gleich in den Arm.

Ich weiß nicht, wie alt die Kleine genau ist, aber dass sie zu jung dafür ist, um auf dem Markt zu arbeiten, steht fest

Und dann geht es auch schon los mit einer Stunde Alphabetisierung, die von einer Tata und einem Fofo geleitet wird (Bezeichnung für Respektspersonen wie Erzieher/-innen). Dass ein Mädchen, das in die Baracke kommt, in der Schule war, ist echt die absolute Ausnahme.

Der rechte Raum der Baracke, in dem die Alphabetisierung der kleinen Mädels stattfindet. Rechts auf dem Boden stehen ein paar ihrer Waren (Tomaten und Chili)

Mit den Jüngeren sind wir dabei, das ABC schreiben und lesen zu lernen, gut die Hälfte der Buchstaben haben wir schon! Einige Mädchen kommen recht regelmäßig, aber es tauchen auch immer wieder neue Gesichter auf, mit denen ich mich dann oft zusammensetze und übe, die ersten Buchstaben des Alphabets auf die kleinen Tafeln, die wir den Mädels austeilen, zu schreiben.

Auch die Zahlen bis 20 können die Verkäuferinnen, die regelmäßig da sind, schon ganz gut lesen und schreiben und wir fangen schon mit ganz einfachen Rechenaufgaben an. Außerdem lernen die Mädels, sich und die Baraque SOS auf Französisch vorzustellen, ihren Namen zu schreiben und einfache Skizzen auf die Tafeln zu zeichnen. Ab und zu werden Themen wie der menschliche Körper besprochen, um den Kindern ein paar französische Vokabeln beizubringen. Die wenigen Mädchen, die schon etwas älter sind und das ABC schon gut beherrschen, lernen lesen. Dafür haben wir Lernbücher, die speziell für Analphabeten aus dem französischsprachigen Westafrika entworfen wurden.

Nach der Stunde Alphabetisierung sind verschiedene Aktivitäten geboten. Mittwochs z.B. kommt eine Schneiderin, die den älteren Mädchen zeigt, wie man mit der Nähmaschine, die in der Baracke steht, richtig umgeht. Auch die Jüngeren haben schon einfache Stiche mit der Hand gelernt, um z.B. ein zerrissenes Kleid wieder zusammennähen zu können.

Alle zwei Wochen kommt Tata Infirmière, die Krankenschwester des Ausbildungszentrums der Don Bosco Schwestern. Sie macht Sensibilisierungen mit den Mädels und klärt sie auf Fon z.B. über Krankheiten, Schwangerschaft und Hygiene auf. Freitags werden Filme auf Fon angeschaut und ca. einmal im Monat wird für alle Mädels Reis oder Spaghetti gekocht, auf einem kleinen Gasherd, der in einer Ecke der Baracke steht.

Im Eck hinten ist der kleine Herd mit dem Topf zu erkennen

Das ist dann immer ein besonderer Tag, an dem sich die Mädchen mit strahlenden Augen das Essen mit den ungewaschenen Fingern in den Mund stopfen. Und wir Volontäre müssen natürlich auch probieren!

Auch ich biete mit meiner Mitvolontärin Aktivitäten an. Das müssen ganz einfache Sachen sein, denn da die Mädels nie in der Schule waren, sind Geduld und Feinmotorik nicht unbedingt ihre Stärken. So bringen wir ihnen z.B. oft Mandalas oder andere Ausmalbilder mit, falten einfache Blumen, mit denen wir die Baracke dekorieren, oder flechten leichte Armbänder.

Sonst verbringen wir unsere gemeinsame Zeit mit Klatschspielen (das haben die Mädchen voll drauf!), Kartenspielen, Kuscheln (das sind keine Kinder, die oft in den Arm genommen werden), Tanzen oder einem Steinchenspiel, das hier in Benin gerne gespielt wird.

Manchmal gibt es Tage, an denen ein Mädl den halben Nachmittag auf meinem Rücken getragen werden will

Insgesamt läuft die Verständigung echt gut, auch wenn wir Volos wenig Fon und die Mädels meistens wenig Französisch sprechen. Die Spiele sind alle so einfach, dass man sie schnell auch ohne Erklärung versteht, und beim Tanzen braucht man ja sowieso keine Sprache! Manche Mädchen breiten auch in einer Ecke eine Matte aus, um ein bisschen zu schlafen. Und das bei dieser unglaublichen Lautstärke, die in der Baracke herrscht! Es ist nämlich nicht so, dass die Mädels erschöpft und leise in der Baraque SOS sitzen, ganz im Gegenteil: die Kinder sprühen nur so vor Energie und Lebensfreude, dass man es gar nicht glauben kann, welche Geschichten diese Mädchen mitbringen und dass sie schon seit in der Früh auf dem Markt unterwegs sind, teilweise mit echt schweren Waren auf dem Kopf, da muss ich nur an das Mädel denken, das die schweren Jamswurzeln verkauft… Und es ist unglaublich, was für laute Stimmen so kleine Mädchen haben können!

Stille Momente sind selten in der Baracke!

Man merkt aber auch einfach, dass das Kinder sind, die es nicht leicht haben, die sich Tag für Tag durchkämpfen müssen. Der Umgangston ist oft rau, es wird wenig Rücksicht auf die anderen oder auf Gegenstände der Baraque SOS genommen, beim Kartenspielen wird geschummelt, was das Zeug hält. Probleme werden mit Gewalt gelöst, die Größeren schlagen die Kleineren, und egal, wie gut die Stimmung ist, eine kleine Schlägerei ist schnell passiert und gehört zum Barackenalltag dazu.

Wenn die Sozialarbeiter oder der Psychologe eine besonders kritische Situation mitbekommen, ist es auch möglich, das Mädchen an die Kinderschutz und –auffangstation hier in Cotonou weiterzuleiten. Von dort aus wird versucht, das Kind zurück in die Familie zu bekommen oder in einem Heim, wie das Foyer der Don Bosco Schwestern, unterzubringen. 2017 kamen 587 Mädchen in die Baracke, darunter gab es 143 neue Gesichter. Bei 62 von ihnen wurden die Hintergründe genauer untersucht und eine Reintegration in die Familie gestartet. Vier Mädchen konnten mit Absprache der Eltern/ Tutrice in die Ecole Alternative eingeschrieben werden. Das ist ein weiteres Projekt der Don Bosco Schwestern, sozusagen eine Grundschule für Jugendliche, die für den normalen Grundschuleinstieg schon zu alt sind.

Die Baracke ist einfach schon durch den ständig hohen Geräuschepegel ein anstrengendes Projekt, das mich jeden Tag müde nach Hause kommen lässt. Trotzdem macht es mir so viel Spaß, Zeit mit den Mädels zu verbringen und zu spüren, dass sie sich freuen, dass ich da bin. Es ist hier in Benin schon etwas Besonderes, einen Weißen zu kennen oder mit ihm befreundet zu sein. Gerade wenn wir die Barackenmädels zufällig beim Verkaufen auf dem Markt treffen und sie mit unserem Handschlag begrüßen und ein paar Worte wechseln, merkt man, wie sehr die Mädchen diese Situation genießen. Die erstaunten Blicke und Ausrufe der Marktfrauen, die uns beobachten, sind auch echt Gold wert. In diesem Moment sind die Vidomegons, die sonst so schlecht behandelt werden, etwas Besonderes und werden dafür bewundert, dass sie uns Yovos (Weiße) kennen und schon einige Zeit mit uns verbracht haben. Und diese Anerkennung tut den Mädels richtig gut.

Liebe Leser, Respekt, wenn ihr es bei diesem schwierigen Thema bis hierher geschafft habt! Ich möchte euch an dieser Stelle nochmal bitten, die Projekte der Schwestern mit einem kleinen Beitrag finanziell zu unterstützen. In einem meiner nächsten Blogeinträge werde ich darüber berichten, wie eure Spenden eingesetzt werden.

Vielen Dank!

 

Liebe Grüße aus Cotonou,

Tata Barbara    

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„Kponwé, Kponwé!“-Eindrücke vom größten Markt Westafrikas https://blogs.donboscovolunteers.de/barbarainbenin/2018/05/18/kponwe-kponwe-eindruecke-vom-groessten-markt-westafrikas/ Fri, 18 May 2018 19:34:33 +0000 http://21494.527 Meine lieben Leser, Jeden Nachmittag verbringe ich auf Dantokpa, dem größten Markt Westafrikas. Dort befindet sich die Baraque SOS, ein weiteres Projekt der Don Bosco Schwestern.  Täglich laufe ich nach dem Mittagessen im Ausbildungszentrum „Maison de l’Esperance“ (ebenfalls ein Projekt der Schwestern) gut 20 Minuten über den Markt, um zur Baraque SOS zu kommen. Dantokpa […]

Der Beitrag „Kponwé, Kponwé!“-Eindrücke vom größten Markt Westafrikas erschien zuerst auf Don Bosco Volunteers.

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Meine lieben Leser,

Jeden Nachmittag verbringe ich auf Dantokpa, dem größten Markt Westafrikas. Dort befindet sich die Baraque SOS, ein weiteres Projekt der Don Bosco Schwestern.  Täglich laufe ich nach dem Mittagessen im Ausbildungszentrum „Maison de l’Esperance“ (ebenfalls ein Projekt der Schwestern) gut 20 Minuten über den Markt, um zur Baraque SOS zu kommen. Dantokpa hat eine Fläche von ungefähr 20 Hektar (das ist so groß wie 30 Fußballfelder zusammen!) und liegt an dem großen Kanal, der die ganze Stadt in zwei Hälften teilt und vom Meer in die große Lagune nördlich von Cotonou führt. Auf dem Markt findet man so gut wie alles: Exotische Früchte, Wurzeln, Reis, Maismehl und Gemüse, Fisch und Fleisch, Nähzubehör, Kosmetik und Perlen, Küchenutensilien, viele bunte Stoffe, richtige Abteilungen für Schmuck, Taschen, Schuhe und Technik. Zum Teil ist es Schmuggelware aus Nigeria, gerade dann, wenn es sich um Alkohol, Tabak oder Elektroartikel handelt. Es gibt einen Bereich, in dem man lebende Tiere kaufen kann (Ziegen, Hasen, Katzen und Geflügel) und einen riesigen Second-Hand-Teil, in dem man gespendete Kleidung bekommt.

Faszinierend ist der Fetischbereich. Hier bekommt man neben traditionellen Kräutern und Blättern auch tote Chamäleons, Schädel von Affen und Krokodilen, getrocknete Ratten, Seesterne und Tierfelle. Das wird für traditionelle Zeremonien benutzt, denn hier in Benin ist der Glaube an Voodoo und Fetische stark verbreitet.

Auf den Markt zu gehen, überfordert meine Sinne auch nach dem dreiviertel Jahr, das ich schon in Benin bin, immer noch. Erstmal gibt es einfach so viel zu sehen, dass ich garnicht weiß, wohin ich zuerst schauen soll. Ein ständiger Geräuschepegel umgibt mich, und Gerüche verschiedenster Art kommen von allen Seiten herbeigeweht. Die meisten Verkäufer haben ihren Stand in einer kleinen Hütte, die dicht aneinander stehen. Schaut man von oben auf den Markt, blickt man auf ein Meer von Wellblechdächern.

ein kleiner Teil des Marktes von oben

Kleine dunkle Wege schlängeln sich durch die Hütten durch, dort  laufen einige Kunden oder Verkäuferinnen, die keinen festen Stand haben und oft mit einem Baby, in einem Tuch auf den Rücken gebunden, ihre Ware auf dem Kopf durch den Markt tragen.

Auch sein Mittagessen kann man sich auf dem Markt an mehreren Stellen besorgen! Meistens handelt es sich dabei um Maisbrei, Reis oder Bohnen, immer mit einer Portion zerriebenem Chili dazu.

 „Yovo, was suchst du?“ 

Es gibt auch breitere Wege, die lange geradeaus führen und auf denen am meisten los ist. Dort brennt die Sonne mittags immer richtig heiß vom Himmel herab, die Verkäuferinnen schützen sich mit großen Sonnenschirmen gegen die Hitze. Meistens tragen sie eine Bomba, ein traditionelles beninisches Gewand, das aus einem Wickelrock, einem langärmeligen Oberteil und einer Kopfbedeckung, alles aus dem selben Stoff, besteht. Die vielen Muster und Farben machen den Markt noch bunter!

Diese Frauen tragen die traditionelle Bomba. In den Plastiksäckchen, die auf dem Boden liegen, war Wasser. Den halben Liter bekommt man für 4 ct, die Säckchen reißt man mit den Zähnen an einer Ecke auf, nach dem Trinken werden die Plastiktüten oft einfach auf den Boden geschmissen, denn Mülleimer gibt es nicht.  

                            Schwere Jamswurzeln

Immer wieder findet man auch große zweistöckige Hallen, die zum Beispiel vollgestopft mit Stoffen sind.

Eine dezent überfordernde Stoffauswahl 🙂 

Sandstaub und Chili in der Luft bringen mich zum Niesen, und gerade in den Bereichen, in denen ungekühltes rohes Fleisch verkauft wird, riecht es unangenehm, genauso wie auf dem Fetischmarkt, wo es süßlich nach Verwesung riecht. Männer schleppen Karren, vollbeladen mit schweren Säcken voller Reis oder Mehl, über den Markt. „Agoo!“ rufen sie, damit die Menschen ihnen den Weg frei machen. „Pure Water fifaa!“, „Kponwé, Kponwé!“ und „Aioma cinq cents!“ preisen die Verkäufer laut ihre Waren an. Preise werden verhandelt, danach wird die Ware in schwarze Plastiksäckchen gepackt und dem Kunden gegeben. Es ist unglaublich voll und wuselig, und ich trage meinen Rucksack vorsichtshalber immer vorne, nachdem ich von mehreren Verkäufern darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ich gut darauf aufpassen sollte. Der Markt ist ein großes Labyrinth und ich habe einige Zeit lang gebraucht, um mich einigermaßen zurechtzufinden. Aus manchen Hütten hört man Musik, sowohl traditionell als auch moderne beninische Songs, manchmal läuft aber auch ein religiöser Sender, in dem gerade der Rosenkranz gebetet wird. Die muslimischen Verkäufer breiten zu ihren Gebetszeiten Matten auf den größeren Wegen oder in ihren Hütten aus, um sich dort hinknien zu können und zu beten.

              muslimische Frauen beim Gebet

Oft werde ich von den Verkäuferinnen angesprochen, manchmal laden sie mich ein, ihre Ware anzuschauen und zu kaufen oder ihr Mittagessen mit ihnen zu teilen, aber oft begrüßen sie mich nur auf Fon und freuen sich dann total, wenn ich mit ihnen ein bisschen Smalltalk in ihrer Stammessprache rede. Smalltalk in Benin sieht so aus, dass man sein Gegenüber u.a. fragt, ob er gesund ist, was er heute schon gegessen hat und was er einem mitgebracht hat. Oft werde ich dann noch danach gefragt, wo denn mein Ehemann ist 🙂 . Manchmal schlafen Babys der Verkäuferinnen auf kleinen gemusterten Tüchern in den Hütten oder hinter den Verkaufsständen ihrer Mütter. Auch die Verkäuferinnen selbst machen ab und zu mal ein Nickerchen, gerade wenn sie ihren Stand in den engeren Gassen haben und wenn nicht viel los ist. Ansonsten wird mit den Nachbarverkäuferinnen oder den Kunden ein bisschen geratscht, der Markt ist auf jeden Fall auch ein Ort, wo man sich austauschen kann! Auf meinem Weg zur Baraque SOS sehe ich viele Kinder, die meisten davon Mädchen, die ihre Ware auf dem Kopf tragen und auf dem Markt verkaufen. (Das ist eine traurige Realität hier, worauf ich aber in meinem nächsten Blogeintrag genauer eingehen möchte, denn genau mit diesen kleinen Mädels arbeiten wir in der Baraque SOS.)

Wenn ihr einen noch besseren Einblick in Dantokpa haben wollt,  empfehle ich euch dieses kurze Video von Médecins du Monde, das euch einen ganz guten  Eindruck von den breiteren Straßen des Marktes geben müsste.

Viele liebe Grüße,

Tata Barbara

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