Vom Beinahe-Fauxpas

Letztens war ich mit Jezuela und einem unserer Guards auf Besuch bei unserem verunfallten Mitarbeiter. Er liegt im Moment arbeitsunfähig zu Hause im Bett. Es war also ein Krankenbesuch. Wie man das eben so macht, bringt man natürlich etwas mit. Was ich nicht wusste, war, dass man zu einem Krankenbesuch ganz normale Nahrungsmittel mitbringt, also zum Beispiel Säfte und etwas zu essen. Schokolade aber ist den Geburtstagen vorbehalten. Was hatte ich gekauft? Natürlich Schokolade! Denn bei uns bringt man doch typischerweise Schokolade mit, ein Saft würde etwas verdutzt in Empfang genommen werden.

Jezuela hat es zum Glück noch früh genug gemerkt und hat mir gesagt, dass man zum Krankenbesuch keine Schokolade mitbringen kann. Ich war erstmal ziemlich verdutzt, aber es ist logisch: Wer hier krank ist, kann nicht arbeiten, kann also kein Geld verdienen um seine Existenz zu sichern. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es eben keine Krankenversicherung. Daher ist ein Krankheitsfall existenzbedrohend – und das Einfachste, womit man helfen kann, sind richtige Lebensmittel.

Und was mache ich jetzt mit der Schokolade?

Nachdem wir das Haus des Verunfallten wieder verließen, war da also noch diese Schokolade in meiner Jackentasche. Jezuela und der Guard lehnten mein Angebot ab, sie gemeinsam zu verspeisen, deshalb hatte ich sie noch immer, als ich ins Taxi stieg, um zurück nach Don Bosco zu fahren. Der Taxifahrer konnte sogar Deutsch, da er eine Zeit lang im deutschsprachigen Raum gearbeitet hat. Er erzählte mir, dass er damals Dachdecker war, aber hier jetzt als Taxifahrer arbeiten muss. Dank Jezuela weiß ich, dass die Taxifahrer hier sehr gering bezahlt werden und es kaum zum Überleben reicht. Also ließ ich ihn am Ende der Fahrt das Wechselgeld behalten.

Und dann war da ja noch die Schokolade, die ich eigentlich zum Verschenken gekauft hatte. Sie allein in meinem Zimmer essen wollte ich nicht und die Salesianer sind auch nicht sie größten Schokoladenfans. Also erklärte ich ihm kurzerhand, warum ich sie übrig hatte und drückte sie ihm in die Hand. Er freute sich wahnsinnig – er hatte fünf Kinder und eine Frau zu Hause, denen er damit eine große Freude machen konnte. Aus lauter Dankbarkeit schrieb er die Nummer seines Taxis auf die Visitenkarte des Taxiunternehmens und gab sie mir. Wenn ich wiedereinmal ein Taxi bräuchte, könne ich nach speziell diesem Taxi fragen und er würde innerhalb von ein paar Minuten kommen, um mich zu fahren. Jetzt habe ich also quasi meinen persönlichen Taxifahrer. Und das dank einer Schokolade und ein bisschen Wechselgeld. Damit wären wir wieder beim Thema meines vorherigen Beitrags: Kleine Gesten.

Ich hoffe, ich konnte euch mit dieser kleinen Geschichte erfreuen!

Liebe Grüße, eure Bettina

Ein Gedanke zu „Vom Beinahe-Fauxpas

  1. Liebe Bettina!
    Danke für deinen neuen Blogeintrag. Es freut mich immer wieder von dir zu lesen und es ist sehr schön zu sehen, wie du ‚die kleinen Blumen am Wegesrand‘ bemerkst, all die Sachen, die man zu oft gar nicht wahrnimmt oder wenn, gleich wieder vergisst.
    Ganz liebe Grüße aus München!

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