Es ist mal wieder so weit: ein indischer Feiertag steht an. Am heutigen „Aayudha Pooje“ gilt in Tamil Nadu die Tradition, alle Fahr- und Werkzeuge, bzw. Maschinen zu putzen und anschließend zu segnen. Dazu wurde die press (du weißt nicht mehr, was das ist: zurück zum letzten Blog) die ganze letzte Woche auf Vordermann gebracht und das geordnete Chaos aus Büchern, Papier und Heften behoben, wobei ich auch tatkräftig mitgeholfen habe. Nun sieht man auch endlich den Fußboden und das ganze Ausmaß des Raumes, den vorher Bücherstapel bis zur Decke gefüllt hatten. Tonnenweise staubiger Bücher-Müll wurde von uns in Säcke gepackt, gestopft und vor die Tür gezerrt.

Am Morgen um 10:00 wurden alle in die stitching class zu einer kleinen Feier gebeten. Nach kurzem Gebet (dazu muss man sagen, dass die meisten Schülerinnen der class Hindus sind und mit dem Weihwassersegen vermutlich wenig anfangen konnten) wurden alle geschmückten Näh- und Schreibmaschinen gesegnet. Und was darf in Indien zu jeder Feier auf keinen Fall fehlen? Richtig, das Essen. Jedem wurde eine ordentliche Portion „Sundal“ – fragt mich nicht, was genau das ist – und eine Menge „Puri“ aufgetischt. Ich finde das einen sehr schönen Brauch und alle waren in ausgelassen festlicher Stimmung.

Nachmittags wurde ich mitgenommen, um die nötigen Dinge für die Feier in der press zu besorgen. Mit folgender ungewöhnlichen Einkaufsliste zogen wir los:

  1. ordentlich Blumenketten
  2. a wenig Bananenblätter, bzw. -äste
  3. viele bunte Farben, Farben, Farben
  4. tütenweise Snacks

In der Stadt konnte ich sehen, was „Feiertag in Indien“ wirklich bedeutet. Die ganze Stadt war, wie wir, auf den Beinen, um alles für die eigene kleine oder größere Segnungsfeier einzukaufen. Ich glaube, die Verkäufer von Bananenblättern, Blumenketten und den charakteristischen Snacks haben heute das Geschäft ihres Lebens gemacht, denn die Nachfrage war riesig! Alle wuselten herum, standen Schlange vor den Läden und trugen die Schätze nach Hause.

Die ganzen Gerätschaften der press wurden danach entsprechend dekoriert: von der großen Bücherschneidemaschine bis zu einfachen Bastelschere, vom Motorrad bis zum Stromkasten. Alles wurden mit Farbe besprenkelt und mit Blumen geschmückt. Girlanden hängen von der Decke, die tamilische Musik tönt aus den Boxen. Doch man darf den Blick nicht zu lange nach oben richten, denn sonst tritt man auf eines der wunderschön bunten, indischen Muster auf dem Boden, die mit viel Liebe und Kreativität geschaffen wurden. Ich werde dazu bewegt, zu den beats zu tanzen und sogleich für meine Dance-Moves gelobt 😊 – ich tue mein Bestes. Es macht mir wirklich Spaß mit den Leuten, die mich, oder eher, die ich ein Jahr begleiten werde, zu arbeiten, Zeit zu verbringen und eben auch ausgelassen zu feiern.

Um 17:00 beginnt der offizielle Teil – ebenfalls mit Segen für Mensch und Maschine. Danach beim geselligen Teil sitzt man zusammen in einem großen Kreis, macht Selfies (sehr beliebte indische Disziplin) und isst das Festtagsessen.

Der feierliche Tag endet verdientermaßen mit einem tollen Abendrot über den Dächern Vilathikulams. Ich habe mich heute sehr glücklich gefühlt, hier zu sein und das alles erleben zu dürfen.