Feriencamp der Mädchen

Montag, der 15.7.2013.
Morgennachmittag soll es ab ins Camp mit den Mädchen gehen. Ich wache mit leichtem Fieber und Kopfweh auf. Nach einem kurzen Besuch in der Baracke und auf dem Markt, unter anderem um ein paar Sachen für das Camp zu holen, beschließe ich vorsichtshalber mal heimzufahren und einen Malariatest zu machen. Positiv! Na toll… „Malaria, die zweite.“ Konnte das nicht bis nach dem Camp warten?!
Abends hieß es noch: Anna, deine Trommeln, die du (vor gefühlten drei Monaten) für die Kinder von den Spendengeldern hast anfertigen lassen, werden endlich aus dem Süden Togos gebracht. Allerdings musst du sie selbst aus der Stadt abholen und der Chauffeur meinte, er kommt so gegen 21-22 Uhr.  Okay… 21:00 Uhr mache ich mich also mit dickem Schal auf den Weg und warte mit dem Monsieur, der mir geholfen hat das Ganze zu organisieren, ein bisschen an dem ausgemachten Treffpunkt. Keine zwei Minuten später biegt eine Gruppe Straßenkinder um die Ecke, die ich aus der Baracke her kenne. Genial! Ein bisschen albern, labern und dann – um 23:00 vom Chauffeur noch keine Spur – mit den Jungs auf die Ladefläche des Autos setzen und versuchen zu schlafen. Um ca. 00.15 Uhr kommt dann doch mal ein Taxi, in dem unsere Trommeln drin sein könnten… Halb schläfrig lade ich die lang angereisten Trommeln ins Auto, wecke die Jungs mit schwerem Herzen auf, die schon lange eingeschlafen sind und fahre heim.

Dienstag, der 16.7.2013.
Es geht mir schon besser, das Camp muss wegen der blöden Malaria jedenfalls nicht für mich flachfallen! Um 15:00 geht’s also los: ein kleiner Bus und ein 5-Sitzer mit Ladefläche. Nachdem am Vormittag schon eine Gepäck-Fahrt mit den zwei Foyer-Mamas, die für die Küche zuständig waren, und noch 3 Mädchen, stattfand, gab es zumindest auf der Hinfahrt keine Platzprobleme. (Auf der Heimfahrt fiel die komplette erste Fahrt flach und wir haben alles Gepäck + fünf Personen zusätzlich in zwei Autos gequetscht – es ging!). Nach einer ein-zwei Stunden Fahrt über eine Huckelpiste aus rotem Sand, links und rechts Felder, ab und zu mal wieder zwei-Hütten-Dörfer  kamen wir in einem relativ großen Dorf an und waren auf unserem Gelände erst mal sehr überrascht: wir wurden von einer schon etwas betagten französischen Schwester begrüßt. Sie scheint relativ alleine zu leben. Was aber nicht heißt, dass sie alleine ist… sie hat viele Schafe, Ziegen, Pflanzen zu versorgen und sie teilt ihre Gebäudekomplexe z.B. mit Schneiderinnen. Diese haben übrigens in der Woche für die Puppen der kleinen Mädchen wunderschöne, afrikanische Klamotten geschneidert:-)

Was wir in den fünf Tagen so gemacht haben? Es gab kein festes Programm und man kann Ferienlager hier auch in keiner Weise einem in Deutschland vergleichen. Ein kleines Beispiel: die Kinder/Jugendlichen in Deutschland fallen um 8:00 durch den Topfdeckel-Wecker der Betreuer halb tot aus dem Bett; im Mädchencamp von Kara quälen sich die Betreuerinnen um 6:15 aus dem Bett und werden um 6:30, wenn sie verschlafen aus dem Zimmer kommen, von Hof-kehrenden, putzenden und kochenden Mädchen begrüßt! Okay… warum nicht?
Mittwoch nach der Morgengymnastik haben wir das Camp mit „Causerie“ begonnen, was so etwas wie „labern“ bedeutet. Wir haben das mit den Älteren gemacht: in kleinen Gruppen ein Thema ausdenken und dann in der großen Gruppe ausdiskutieren. Da entstanden dann Themen wie „die Rolle der Frau in der Gesellschaft“ oder „Abtreibung“. Natürlich wurden auch tägliche Probleme von Mädchen im Teenie-Alter angesprochen, wie (ganz typisch) hinter dem Rücken lästern usw. Aber die erst genannten Themen haben mich sehr beschäftigt: ein Mädchen meinte in Togo würde es viele Abtreibungsfälle geben, was zu einem relativ langen Gespräch geführt hat. Wieso gibt es so viele Abtreibungen? Wie ist das mit Verhütung? Und Aids?  Es kam auch zur Sprache, dass ein Kind zusammen von Moslem und Christ absolut gar nicht geht. Und, und, und,…
Ein anderes Thema: die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Tja, darüber kann man sich natürlich streiten. Die Mädchen wachsen im Foyer relativ traditionell auf, die Betreuerinnen sind schon ziemlich betragt und sehr traditionell.
Kurzer Exkurs: die Frau in Togo ist für Küche, Haushalt und Kinder zuständig. Wenn die Familie Besuch bekommt, wird der Besuch vom Mann begrüßt und die Frau bringt Trinken und Essen. So schnell und unscheinbar sie kommt, verschwindet sie danach auch wieder – nahezu unbeachtet. Bildungschancen für die Frau in Togo fast gleich null. Mit der Zeit hat sich das etwas gewandelt, doch wenn man in die Dörfer geht, trifft man nahezu keine Frau, die Französisch spricht (wie z.B. in Anyron, wo ich 4 Monate war). Auch heute werden Mädchen oft gar nicht erst eingeschult, damit sie im Haushalt oder beim Verkaufen helfen können. Wie kann die Frau eine Chance haben sich weiter zu bilden, geschweige denn eine Arbeit zu finden, die anders aussieht, als mit dem Baby auf dem Rücken auf dem Markt die Ware verkaufen zu wollen?
Seit einiger Zeit fangen die Frauen in Lomé an, auf die Straße zu gehen, zu protestieren und zu zeigen, dass sie die Schnauze voll haben. Doch das bedeutet noch lange nicht, dass sich das bald ändern wird. (Exkurs Ende)
Victoria und ich haben versucht den Mädchen klar zu machen, dass das Leben der Frau nicht bedeuten muss, Tag für Tag aufzustehen um zu fegen, zu kochen, zu stillen und Wäsche zu waschen. Als ich erzählt habe, dass bei uns mittlerweile sogar manchmal die Männer zuhause beim Kind bleiben und die Frauen arbeiten gehen, meinte ein Mädchen, die dabei ist Abi zu machen, „das, was ihr da erzählt, ist doch nur ein Traum“. – „Richtig, in Deutschland und in Spanien war es auch mal ein Traum. Doch jetzt ist es Realität geworden. Aber es liegt in eurer Hand etwas zu verändern.“ Wer weiß, vielleicht erinnern sie sich ja mal an unsere Worte…

Ansonsten haben wir viele verschiedene Spiele gespielt, und Freundschaftsbänder und Teppiche geknüpft (ja, ich kann jetzt auch Teppich knüpfen ;-)) und am Freitag gab es noch ein Highlight: wir sind in einen Nationalpark in der Nähe gegangen. Wir haben zwar keine Krokodile, Löwen oder Elefanten gesehen, aber die Kleinen haben schon bei Rehen und Gnus vor Angst gezittert und geweint, von dem her war es vielleicht gar nicht schlecht so 😉

Nächste Woche fahre ich vielleicht mit den kleinen Jungs ins Camp. Da gibt’s dann wieder Berichte!

Bis bald,
eure Anna

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  1. Simon

    Meine Freundin die Revolutionärin ^^
    Ich finds Klasse was du da unten alles für die jungen Menschen machst !
    Weiter so mein Schatz! :-*

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