Der Keniaurlaub scheint schon wieder ewig her zu sein, es ist einiges los hier.
Neuigkeiten aus dem Empfangsfoyer Ignace:
Wie das letzte Mal schon erwähnt, saß, als ich nach Kara zurückgekommen bin, ein neuer Junge im Empfangsfoyer. In der folgenden Woche haben wir noch einen aufgenommen und mittlerweile sind es drei Neue. Ich habe jetzt im Foyer Ignace also acht Jungs, mit denen ich täglich meine Zeit verbringe. Anfangs hat mir der Älteste mit 14 Jahren etwas Sorgen gemacht. Er war schon relativ lange auf der Straße und das merkt man einfach. Wenn ihm was nicht passt, wird nicht erst lange herumdiskutiert, sondern einfach zugeschlagen. Er ist auch schon zwei Mal abgehauen, ist aber Gott sei Dank an den folgenden Tagen wieder gekommen. Ich bin mir aber nicht sicher wie lange er es diesmal durchzieht. Wie einige sagen: „Wenn die Kinder Geschmack an der Straße finden, ist es schwer sie wieder davon wegzubringen.“ Schließlich muss man im Foyer zu einer bestimmten Uhrzeit aufstehen, kochen, fegen, lernen,… Die fünf Jungs, die schon da waren als ich im Januar hier ankam, sind mittlerweile ein eingespieltes Team, es gibt Streit und Rangeleien, aber die löst man zusammen mit den anderen recht schnell. Meine drei Neuen mischen die Gruppe schon ganz schön auf. Der Kleinste und Neueste ist seit etwa einer Woche da und ist momentan anscheinend in einer Provozier-Phase, gleichzeitig sucht er aber auch Nähe. Wie schnell Kinder ihre Laune ändern können, ist wirklich unglaublich und er lässt es sowohl bei mir, als auch bei den anderen Jungs extrem heraushängen.
Gleichzeitig gibt es dann noch einen Kleinen, der seit Dezember hier ist. Er ist körperlich und geistig unterentwickelt, über das Alter ist man sich etwas uneinig. In der Geburtsurkunde steht 10 (was nicht unbedingt stimmen muss, weil ich nicht weiß, ob sie vom Amt nicht vielleicht nachträglich ausgestellt wurde), manche sagen er ist 13, aussehen tut er wie 8 und benehmen wie 6. Jedenfalls zieht er leider auch etwas mit und schlägt gerne mal zu. In der Lernzeit beschäftige ich mich oft mit ihm, denn er versucht seit Dezember a, i und o auseinanderzuhalten und zu schreiben, kann mit den Fingern nicht bis 2 zählen und weiß nicht wie viele Punkte der Würfel zeigt, wenn er einen Punkt drauf hat. Ich habe jetzt angefangen Bilder mit den Anfangsbuchstaben des Alphabets zu malen und forme mit ihm mit Kinderknete die Buchstaben. Mal sehen was die nächsten Wochen so für Fortschritte bringen. Übrigens tun sich auch die anderen Jungs relativ schwer zu lesen. Das Problem hier ist meiner Meinung nach, dass man in der Schule hauptsächlich auswendig lernt. D.h. sie hören den Text einmal und merken ihn sich dann. Wenn also ein Wort falsch „gelesen“ wird, versuchen sie nicht die Buchstaben zu entziffern und zusammenzufügen, sondern spielen „Hans-guck-in-die-Luft“ und überlegen was das Wort sein könnte. In Deutschland bestimmt auch anfangs so, aber wahrscheinlich nicht mehr mit zwölf, dreizehn Jahren. Also heißt meine Freizeitbeschäftigung gerade „26 Bilder für 26 Buchstaben -“, „Plakate für die Klassenzimmer -“ und auch „neue Mensch-ärgere-dich-nicht Bretter malen“.
Nebenbei haben der fleißige Vollzeitbetreuer Samuel und ich gemeinsam beschlossen, den völlig kaputten Tischkicker im Foyer zu reparieren. Was völlig kaputt heißt? Man nimmt die Stangen (teilweise ohne Griffe) in die Hand und will spielen, doch die Figuren (soweit noch vorhanden) bleiben einfach stehen, weil Schrauben und alles fehlen. Die Kinder haben zwar trotzdem irgendwie ihren Spaß, aber spielende Figuren sind halt schon ein bisschen praktischer 😉 Also stelle ich mein erstes Spendengeld und Samuel seine „freie“ Zeit zur Verfügung, um den Kicker erst mal ganz auseinander zu nehmen um ihn danach schön wieder mit neuen Teilen zusammenzubauen:-)

Aktuelles aus dem Mädchenfoyer Jean Paul II:
Heute gab es ein kleines Event: Wir waren zusammen im „großen“ Fußballstadion von Kara, denn mein Mitvolontär und Fußballfreak Dominic hatte heute die Ehre dort zu spielen. Für umgerechnet ca. 15Cent Eintritt pro Person habe ich mich also mit drei kleinen und drei großen Mädchen (es konnten aus terminlichen Gründen leider nicht alle mit) in das fast leere Stadion gesetzt. Wir waren, abgesehen von zwei Mamas, die Saft und Nüsse verkauft haben, die einzigen weiblichen Personen. Macht nichts, wir hatten unseren Spaß und es ist immerhin mit Gleichstand ausgegangen 😉 Anschließend sind wir mit dem großen „Toyota-Panzer“, welcher ein Zweisitzer mit einer großen Ladefläche ist und den ich mittlerweile ab und zu fahre, ins Centre Don Bosco gedüst (die Kinder werden einfach auf die Ladefläche gepackt) und haben noch ein bisschen Basketball gespielt und anschließend im Foyer noch ein kleines Fotoshooting gemacht. Für die Mädchen ein Highlight-Tag. Gestern habe ich übrigens ein Puzzle mit 26 Teilen gefunden. Es stand drauf „Alter 3+“, ich habe es mit einer 14-Jährigen gemacht. Sie meinte, sie hat davor noch nie gepuzzelt. Irgendwann ist immer das erste Mal:-)

So, das war’s mal wieder meinerseits.
Liebe Grüße und bis bald,
eure Anna

Ach, fast hätte ich’s vergessen: heute ist mir doch tatsächlich ein Kleinbus mit der Aufschrift „Blumen Augsburg“ entgegen gekommen. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie ich mich gefreut habe hier ein kleines Stückchen Heimat fahren zu sehen 😉