Seit Beginn des neuen Schuljahres im Februar ist für den Monat März eine Sportwoche angesetzt. Was kann man sich darunter vorstellen?

Ursprünglich dachte ich, dass eine Schulwoche im März von Montag – Freitag gemeinsam gesportelt wird und vielleicht kleinere Wettkämpfe stattfinden. Schnell wurde mir bewusst, dass mehr dahintersteckt.

An der Auxilium Secondary School Nongpoh, an der wir unterrichten, gibt es vier Häuser: „Red House“, „Blue House“, „Yellow House“ und „Green House“. Allen SchülerInnen, LehrerInnen und lehrenden Schwestern wurden für dieses Schuljahr neue Häuser zugeteilt. Auch Vroni und ich sind Mitglieder bei je einem Haus. Ich bin im roten Haus – meine Lieblingsfarbe… 🙂 Die SchülerInnen tragen am Mittwoch und Freitag immer das „Haus-T-Shirt“, d.h. ein T-Shirt in der Farbe ihres Hauses. Seit diesem Schuljahr werden dazu graue lange Sporthosen und weiße Turnschuhe getragen. Ab Anfang März wurden nicht nur die neuen Schuluniformen verkauft, sondern es wurde auch fleißig geprobt: Klasse zwei – vier studierte einen Tanz ein. Die fünfte bis zehnte Jahrgangsstufe übte Marschieren. Zuerst wurde dazu im Takt getrommelt, dann im Rhythmus zu einem Lied marschiert. Wie bei Militär wurden unterschiedliche Anweisungen von den jeweiligen „House Captains“ gerufen und befolgt. Damit das alles für den Besuch mehrerer „Chief Guests“ gut funktioniert, wurde seit Beginn des Monats täglich mindestens eine Schulstunde geprobt. Natürlich stand am Morgen des jeweiligen Schultags noch nicht fest, wer wann probt. So musste ich mich immer sehr spontan darauf einstellen, doch keinen Unterricht zu halten. Das finde ich persönlich schade, da ich gerne unterrichte. Die ersten Märzwochen sahen so aus, dass ich nur circa die Hälfte meiner Stunden gehalten habe. An einem Tag hatte ich durch das viele Proben gar keinen Unterricht… 🙁

Eigentlich sollte die Spotwoche in dem Zeitraum zwischen 18. und 22.03.2019 stattfinden. Von Montag – Mittwoch sollte aufgebaut, hergerichtet und geprobt werden und am Donnerstag und Freitag sollten wichtige Gäste von außerhalb kommen und Wettkämpfe stattfinden. So weit so gut. – Natürlich kam alles anders: Am Donnerstag und Freitag waren ganz spontan Feiertage und so wurden die „Hauptsporttage“ mit den Wettkämpfen auf Dienstag und Mittwoch vorverlegt. Zum Glück wurde das Plakat auch sehr spontan in den Druck gegeben und die Gäste erst kurzfristig geladen. 😉

Plakat

Es wurde also nicht nur den ganzen März geprobt und trainiert, bereits Montag, den 11.03.2019 gab es zusätzlich ein doppelstündiges Häusertreffen, wo zehn Rupie pro Person eingesammelt wurden und sich die einzelnen SchülerInnen für ein oder mehrere Kategorien eingetragen, an denen sie teilnehmen wollten. Das gestaltete sich etwas schwierig, da zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht feststand, welche Kategorien es geben sollte. Von dem Geld wurden Snacks, Trinken und Preise wie Medaillen gekauft.

Gelb gegen Blau. Rot gegen Grün. Am Dienstag und Mittwoch fanden Fußballspiele statt – während der Schulzeit, ganz klar. Sowohl die Mädels als auch die Jungs des roten Hauses gewannen – ich war sehr stolz!

Fußballspiel

Mehr oder weniger fußballbegeistert haben die Mädels und ich zugeschaut. 😀

Hier ist „Häuser-Schuluniform“ schön zu erkennen.

Am Donnerstag wurde hergerichtet. Jedes Haus hat ein Zelt aus Bambus aufgebaut, dass später Schutz vor Sonne und Regen bieten konnte. Ich habe dabei geholfen ein Zelt für die „Chief Guests“ zu dekorieren.

Am Freitag ging es dann mit den ersten Wettkämpfen los. Welches Haus hat am Ende der Sportwoche am meisten Punkte gesammelt? Welches Haus schlägt sich am besten, rennt am schnellsten, marschiert am korrektesten, wirft am weitesten und springt am höchsten? – Noch ist es unklar…

Die zweite – vierte Klasse hatte ihre eigenen Wettkämpfe in Form von mehreren Spielen. Die SchülerInnen der fünften – zwölften Klasse wurden dagegen in Subjunior (U 14), Junior (U 16) und Senior (Ü 16) aufgeteilt und hatten ihre Wettkämpfe geschlechtergetrennt.

Die Kleinen (Klasse zwei – vier) starteten am Freitagnachmittag mit dem „Potato-Race“. Das ist eine Art Staffellauf, wo die Kinder häuserweise Kartoffeln schnell von einem Feld in das circa 50 m entfernte Feld legen müssen. Wieder zurück, abklatschen und der/die Nächste ist an der Reihe.

Die Großen (Klasse fünf – zwölf) haben am Freitag mit dem Werfen begonnen. Es gab unterschiedliche Kategorien und die LehrerInnen waren sich bis zum Schluss selbst noch nicht sicher, welche es genau sind… Zuerst durften alle werfen, die wollten. Ich finde es gut, dass sich JEDER ohne großen Leistungsdruck ausprobieren durfte. Im anschließenden Finale war es nur denjenigen erlaubt zu werfen, die es über eine vorerst gezogene Line geschafft haben. Mein Job bestand darin, zu messen, wie weit sie es geschafft haben und den Gewinner/ die Gewinnerin zu ermitteln. Da das Maßband etwas kurz war und die SchülerInnen teilweise dreimal soweit geworfen haben, war das sehr mühsam. Aber mit der Zeit hatte ich den Dreh raus. 😉

Beim „Shot Put“ mussten die TeilnehmerInnen einen schweren Ball so weit wie möglich nach vorne schleudern. Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, dass das schwerer ist als es aussieht.

Shot Put

„Javelin Throw“, so nennt man hier da Speerwerfen. Achtung: Der Wurf wird nur gewertet, wenn der Speer mit den Spitze zuerst den Boden berührt UND stecken bleibt. Mein „Abmess-Einsatz“ hat sich durch diese Regel sehr verringert, da sie in circa 95% der Fälle nicht eingehalten wurde.

Javelin Throw

Danach gab es noch „Discus Throw“. Dabei wird eine schwere, linsenförmige Scheibe so weit geworfen wie nur möglich.

Discus Throw vor der Schule

Nach dem Wochenende ging es am Montag mit dem Springen weiter. Dazu wurde eine improvisierte Sprunggrube ausgehoben.

Die SchülerInnen probierten sich im „Long Jump“ (Weitsprung) und „High Jump“ (Hochsprung) aus. Ich war sehr beeindruckt wie hoch die Senior Boys sprangen. – Die Sprunglatte (natürlich aus Bambus) war in etwa so hoch wie ich groß bin (1,68 m)!

Long Jump

High Jump

Außerdem wurden die letzten Vorbereitungen getroffen und die Kleinen sollten zur Dekoration Blumenkränze flechten.

Am Dienstag, dem ersten „Hauptsporttag“ wurden mehrere „Chief Guests“ empfangen. Zu Beginn der richtigen Wettkämpfe wurde eine Fahne gehisst. Danach haben die Großen ihren Marsch gezeigt.

Ganz vorne sind der „School Captain“ und der „School Vice Captain“ zu erkennen. Im Hintergrund sieht man die SchülerInnen häuserweise aufgeteilt.

Die jeweiligen „House Captains“ sind nach vorne gekommen, um in einer Art „Schwur“ gerechte Wettkämpfe zu versprechen. Dabei haben sie ihre rechte Hand nach oben gestreckt. Wie man in dem Bild gut erkennen kann, erinnert das sehr an den Hitlergruß. Am Anfang kam mir das ganze Marschieren und die Einteilung in vier Häuser noch etwas komisch und „Fehl am Platz“ vor. V.a. das „Armheben“ hat mich zu Beginn geschockt. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran, dass es hier eben anders ist. Indien hat nicht die gleiche Geschichte wie Deutschland. Viele wissen über Hitler, den zweiten Weltkrieg und den Nationalsozialismus nicht Bescheid. Auf keinen Fall wollen sie mit ihrem Handeln etwas in diese Richtung aussagen.

„Schwur“ und gehisste Fahne

Nach zwei Begrüßungsreden haben einige Mädchen ein selbstgeschriebenes Lied gesungen, welches live von einem Lehrer mit der E-Gitarre begleitet wurde.

Die Mädels singen im traditionellen Khasi-Kleid.

Im Anschluss daran zeigten 15 Mädels zwei verschiedene Tänze.

Tanz 1

Tanz 2

Auch die Kleinen durften ihr Tanztalent zeigen.

Anlässlich des „Annual School Sports“ wurde wie bei Olympia ein Sport-Feuer entzündet und eine 200-Meter-Runde damit gelaufen.

Sportfeuer

Dann durften die Jungs und Mädels selber ran: 100 m Sprint war angesagt.

Sowohl die Kleinen…

…als auch die Großen laufen mit Begeisterung.

Nach einer kurzen Mittagspause hatten die Kleinen ein weiteres Spiel, das an Reise nach Jerusalem erinnert hat. Strahlend kamen die GewinnerInnen meines Hauses wieder zurück ins rote Zelt.

Die Kleinen bei einem Spiel

Leider gab es am Dienstag ein überraschendes Gewitter. Es hat gegen 14.00 Uhr so stark geregnet, dass die Wettkämpfe abgebrochen werden mussten. Obwohl mir eine Schülerin Zuflucht unter ihrem Schirm gewährleistet hat, war ich nass bis auf die Unterhose. Eine Sache ist mir inzwischen klargeworden: Wenn es hier regnet, dann „gscheid“! Das Wasser kommt mit so einer Wucht von oben runtergeschossen, dass es bestimmt einen halben Meter wieder nach oben spritzt und man trotz Schirm von unten nass wird. – Aber was soll’s? Ich liebe den Regen. <3

Nur um einen Eindruck zu bekommen….

Am letzten Tag, dem Mittwoch, gab es als Finale das große Rennen. Zuerst 200 m, dann 400 m und zu guter Letzt sogar 800 m! Da wird natürlich fleißig angefeuert!!!

Auch ich bin in passender Uniform mittendrin.

Die Zwei-Viertklässler Jungs hatte ein weiteres Spiel, das sich „Cock-Fight“ nennt. Dabei sind die Teilnehmer auf je einem Bein gehüpft und haben versucht, ihren Gegner umzuschubsen. Auch wenn es meiner Meinung nach pädagogisch nicht das wertvollste Spiel ist, war es lustig zuzuschauen. Erstaunlicher Weise gab es keine Verletzten und die Schüler hatten ihren Spaß.

Auch die großen Mädels durften spielen und konnten bei „Sky-Ball“ zeigen, wie schnell und geschickt sie sind. Bei diesem Spiel stehen immer zehn Teilnehmerinnen eng hintereinander und geben einen fußballgroßen Ball von vorne über ihre Köpfe nach hinten. Ist dieser bei der letzten Person angekommen, so rennt sie möglichst schnell nach vorne, um den Ball wieder nach hinten geben zu können. Das Ganze wird sooft wiederholt, bis die erste Person wieder am Anfang der Menschenkette steht.

Sogar die LehrerInnen mussten sich beim „Lehrer-Rennen“ sportlich betätigen. Bei mir hat es zwar nicht für das Siegerpult gereicht, aber Hauptsache die SchülerInnen hatten ihren Spaß.

Man kann ja wenigstens so tun als ob…

Am Nachmittag durften sich die Kleinen beim Sackhüpfen und die Großen beim Seilzeihen verausgaben.

Sackhüpfen

 

Seilziehen

Zu guter Letzt gab es noch einen Staffellauf und sehr lange Siegerehrung. Ich habe erfahren, dass nicht nur die Wettkämpfe während der ganzen Zeit bewertet wurden, sondern, dass es auch Punkte auf die Disziplin der SchülerInnen gab. Jedes Haus hat mehrere Medaillen abgeräumt und am Schluss hat das Gelbe Haus gewonnen.

Die folgenden Feiertage haben sich wirklich alle verdient!

Wer die unterstrichenen Wörter mitgezählt hat, der weiß, wie viele unterschiedliche Kategorien bzw. Programmpunkte es gab: 29! Und das jeweils aufgeteilt in Jungen und Mädchen sowie Subjunior, Junior und Senior. – Dass es nicht in einer Woche zu schaffen ist, ist kein Wunder. (Außer es hätten ausschließlich Deutsche die ganze Woche geplant und organisiert – dann vielleicht schon 😉 )

Auch jetzt Ende März ist es noch nicht ganz vorbei: Am 4. und 5. April wird ein weiterer Ehrengast zu Besuch kommen und einige Sachen werden anlässlich dessen nochmal aufgeführt. Ich freue mich schon darauf.

Ganz liebe Grüße aus dem verregneten Indien,

Eure Anita

Hier noch ein letztes Bild. Ich weiß nicht genau warum, aber irgendwie mag ich das besonders: