Französischer Kolonialstil, deliziöses Essen, Abenteuer und sowas von Weißsein beschreiben das letzte Wochenende in groben Zügen ganz gut.
In Kambodscha gibt es dank der Roten Khmer kein ausgebautes Schienennetz, so dass unsere Reise in den Nordwesten des Königreiches mit einem proppevollen Bus losgehen sollte. Schon die Fahrt war ein Erlebnis für sich: da war z.B. dieses Mädchen, was keinen offiziellen Sitzplatz ergattert hatte und zwischen den Beinen seiner Mutter kauerte. Nach dem Traffic Jam in Phnom Penh gab es schon bald eine erste Pause und wir näherten uns dem Abenteuer Toilette im Dunkeln am Straßenrand. Es gab ungefähr 20 Kabinen ohne Riegel und Licht, dafür große Wasserkessel mit Schöpfkellen vor dem Schauplatz. Nach einigem Zittern, Bangen und buchstäblichem Po Zusammenkneifen ging die Busfahrt weiter. Auf der Strecke konnten die Leute aussteigen, wo sie wollten, was die Fahrt nicht unbedingt verkürzte, aber für viele quasi ein Abliefern vor der Haustür garantierte.
In Battambang angekommen, war es schon tiefste Nacht und die Stadt schien zu schlummern – ein absoluter Gegensatz zum chaotischen Verkehr und Nachtleben in der Hauptstadt. Bereits im Dunkeln war die gemütliche Atmosphäre zu spüren und wir schlenderten über den kleinen Nachtmarkt und die etwas kitschig beleuchteten Brücken des Sangkers.
Wer meine morgendliche Konstitution und meinen Sinn fürs Verschlafen kennt, wird sich nicht wundern, dass der nächste Morgen für mich der schönste seit Wochen war – es gab Kaffee!
‚Auf, auf zum fröhlichen Radfahren‘ war die Devise für den herzerwärmenden Samstag. Wir machten uns auf gen Norden der Stadt, um einige Pagoden zu besichtigen. Schon der Weg war interessant, weil wir so viel vom alltäglichen Leben der Menschen mitbekamen. An jeder Ecke gab es Zuckerrohrsaft zu schlürfen, Fischbuden zu begucken und spielende Kinder anzusehen. Gerade die Kleinsten sind sehr aus dem Häuschen, wenn sie uns sehen – dann versucht jeder, seine gelernten englischen Sätze aufzusagen und ein schmunzelndes ‚Hello‘ zu ernten.
Vor allem in den umliegenden Pagoden war am Wochenende viel los. In den frühen Morgenstunden hörten wir Musik und Gebete, und zwar laute, weil es auch Lautsprecheranlagen bereits bis nach Südostasien geschafft haben. Die Gesänge machen das Erlebnis, zwischen diesen architektonischen Schmuckstücken hindurchzuschlendern, ein bisschen wahrhaftiger. Am ‚Constitution Day‘ feiern die Menschen auf dem Gelände ihrer Pagoden – es gibt bunte Zelte und Fahnen, festlich angezogene Frauen und überhaupt ein konzentriertes Fröhlichsein. Das Leben um die Pagoden habe ich noch nicht ganz durchschaut: natürlich ist da der Heiligtumgedanke und ich assoziiere damit einen Ort zum Beten. Auf dem Gelände leben jedoch auch einige Familien, was nicht so richtig zu passen scheint: auf der einen Seite thront ein güldener Palast, zwei Meter weiter steht eine geflickte Hütte. Sicherlich erschließen sich mir mit der Zeit auch solche Alltagsgeheimnisse…
Den Rückweg in die Stadt traten wir im Regen an. Es war matschig, glitschig und so wunderschön, an überschwemmten Reisfeldern und glitzernder Weite vorbeizudüsen. Die Leute auf den Straßen hielten uns vermutlich für verrückt, weil sie nicht so häuftig Weiße im Regen und auf dem Fahrrad sehen. Für mich ist der Regen immer noch ein kleines Abenteuer namens Erfrischung.
Das Leben am, im und mit dem Fluss Sangker entdeckten wir am Nachmittag. Der Besuch eines kleinen Fischerdorfs zeigte uns ein Stück Leben der muslimischen Bevölkerung in Kambodscha. Es gab eine überraschend schlichte Moschee, wiederum viele spielende Kinder und sehr traditionelle Kleidung. Auch die Kleinsten tragen manchmal kunstvolle Gewänder und Hüte.
Mit einem TukTukTrip zu allen Touristenspots der Umgebung startete der Sonntag sehr entspannt. Es ging in den Süden der Stadt, erster Halt: Bamboo Train. Wie man auf den Fotos sieht, heißt diese witzige und als must-have angepriesene Fahrt den Schienen des letzten Jahrhunderts vertrauen und die Defition Zug hinter sich zu lassen. Gegenverkehr auf der eingleisigen Strecke wird hier ganz einfach gehandhabt (die Deutsche Bahn könnte sich an der kambodschanischen Kreaitivität etwas abschauen!): der Wagen, der mehr Personen trägt, bleibt auf den Schienen, die anderen müssen absteigen. Der Zug (erst die Sitzplatte, dann die Rollen) wird zur Seite gelegt und nach der Weiterfahrt der anderen wieder aufs Schienennetz gesetzt.
Die zweite große Attraktion war das Gebiet des Banhan Tempels und der Bat Caves. An den vielen bettelnden Kindern, die uns mit Papierfächern begleiteten, und überhöhten Eintrittspreisen war zu bemerken, auf welchem Touri-Erdenfleck wir gelandet waren. Trotzdem genossen wir den Ausblick auf die weiten Felder und versuchten, bezüglich der Hitze nicht davon zu schmelzen. Die uralten Heiligtümer und riesigen Buddhas waren mehr als beeindruckend. Nur der Umgang mit den Heiligtümern ist für mich ebenfalls noch etwas kontrovers, weil es einerseits viele Khmer gibt, die sich besonders schick machen und zu den Pagoden pilgern bzw. Opfergaben bringen. Andererseits läuft laute Popmusik oder die Leute posieren zu ominösen Fotos nahe dieser Stätten.
Die erste Höhle war eine der ‚Killing Caves‘, die diesen grauenhaften Namen zur Zeit der Roten Khmer erhalten hat. Davor stehen einige Skulpturen, die abnorme Foltermethoden veranschaulichen. Mönche, die in den Anlagen lebten, wurden teilweise von den Klippen in den Tod gestoßen. Noch heute werden Skelettreste aufbewahrt, um der Opfer zu gedenken.
Nach vielem guten Essen in der Stadt (meistens übrigens ca. unschlagbare 2-3 Dollar) war es an der Zeit, sich sportlich zu betätigen – auf ins Kayak hieß es am Montag. Wir schipperten also ganz gemütlich den Sangker hinunter in Richtung Battambang. Vorbei an grasenden Kühen, im Wasser schwimmenden Fischern und planschenden Kindern vertrauten wir dem Fahrgewässer immer mehr: Zum Glück war die Krokodilfarm im Norden der Stadt beheimatet!
In der Hoffnung, eure Lesefähigkeiten nicht überstrapaziert zu haben, wünsche ich ein glanzvolles Wochenende – bei euch mit ersten Tautröpfchen und farbenfrohen Herbstwäldern, bei mir mit dem ersten Blick in meine neue Stadt, – Sihanoukville – viel Meer und schillerndem Inselreichtum.
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