Endlich komme ich dazu, meinen nächsten Blogeintrag zu verfassen! Seit dem Letzten Beitrag ist sehr viel passiert und ich werde einiges nachholen (:
Nachdem wir die Street Vendors (siehe letzter Blogeintrag) besucht hatten, stand uns eine kräftezehrende Zugfahrt bevor. Wir waren an diesem Tag früh morgens losgefahren, kamen mittags an, besuchten die Street Vendors und fuhren am selben Abend wieder zurück. Zum Glück hatten wir einen Zug gebucht, in dem man sich hinlegen konnte. Die Fahrt war trotzdem anstrengender als erwartet. Die Geschwindigkeit des Zugs ist nicht mit der in Deutschland zu vergleichen. Wenn ich aus dem Fenster schaute, hatte ich das Gefühl, ich könnte neben dem Zug herlaufen. Dementsprechend dauerte unsere Fahrt etwa sechs Stunden.
Ich hatte zum Glück eine Liege ganz oben erwischt, sodass ich von den Passagieren unter mir nicht viel mitbekam. Richtig schlafen konnte ich jedoch nicht, da in regelmäßigen Abständen ein lauter Knall zu hören war. Vermutlich lag das an der Qualität der Gleise, was auch die langsame Geschwindigkeit erklärte. Als wir schließlich gegen sieben Uhr morgens zurück waren, ruhten wir uns erst einmal aus.
Es waren gerade Diwali-Ferien, weshalb viele der Jungen nach Hause gefahren waren und nur noch wenige im Shelter geblieben sind. Das gab uns die Möglichkeit, uns ein bisschen persönlicher mit den Jungs zu beschäftigen. In dieser Zeit spielten wir viel Fußball und Tischtennis. Vormittags gab ich Computerunterricht. Themen waren unter anderem das 10-Finger-Schreiben und nützliche Tastenkombinationen.
Die Kinder haben selbst in den Ferien einen strikt durchgeplanten Tagesablauf (siehe Foto). Aktionen wie ein Ausflug an den Strand waren da eher die Ausnahme. Wir fuhren um halb sechs morgens los, da um diese Uhrzeit noch nicht so viel los war. Das bedeutete jedoch nicht, dass der Strand leer war, sondern nur, dass er nicht überfüllt war. Wir trafen auf viele Menschen: Clubbesucher, Obdachlose, die am Strand schliefen, Paare, die eine romantische Nacht verbringen wollten, sowie Besitzer der kleinen Strandrestaurants oder Streetfood-Verkäufer, die den Menschen Chai und frittierte Snacks anboten. Neben diesen Menschen begegneten wir auch schläfrigen Kühen und Hunden.
Nachdem wir mit den Jungs ein bisschen Fußball gespielt und am Strand entlanggelaufen waren, kauften wir bei einem der Streetfood-Verkäufer süßen Chai und Samosas. Ich schätzte den Verkäufer auf etwa 18 Jahre. Er sah aus, als hätte er die ganze Nacht davor nicht geschlafen.
Der Sonnenaufgang Am Strand
Einige Zeit später besuchten wir zusammen mit zwei indischen Frauen den Mapusa-Markt. Hier in Goa gibt es – mit einer Ausnahme – keine großen Einkaufsläden, wie wir sie aus Deutschland kennen. Stattdessen gibt es unzählige kleinere Geschäfte, die Dinge des täglichen Bedarfs wie Obst, Snacks, Shampoo, Zahnpasta oder Kochzutaten verkaufen. Viele Geschäfte spezialisieren sich auf bestimmte Bereiche wie Kleidung, Schuhe oder Gewürze. Je näher man dem Markt kommt, desto mehr Geschäfte gibt es, bis sie schließlich in Stände für Obst, Gewürze und Kleidung übergehen.
Viele Stände bestehen aus einem ausgebreiteten Tuch, auf dem die Waren präsentiert werden. Der Markt hat die ganze Woche über geöffnet, und man findet dort wirklich alles. Wir kauften ein paar Früchte, die wir noch nie zuvor gesehen oder probiert hatten. Als weiße Menschen fielen wir hier natürlich sehr auf. Obwohl Goa touristisch ist, bewegen sich die meisten Touristen nicht in den Gegenden, in denen wir unterwegs waren. Dadurch wurden wir oft angestarrt, beobachtet oder angesprochen. Die Gespräche mit den Einheimischen waren meist angenehm. Sie fragten, woher wir kommen, was wir machen, welchen Abschluss wir haben, und nicht selten luden sie uns zu sich nach Hause ein.
Schnell fasste ich Vertrauen in diese Gastfreundschaft, das sollte mir später jedoch zu einem kleinen verhängniss werden.
Als wir das erste Mal alleine auf dem Mapusa-Markt unterwegs waren, wurden wir direkt von geschäftstüchtigen Händlern erkannt. Vermutlich wissen sie nach jahrelanger Erfahrung genau, wie Touristen aussehen, und möchten ihren Anteil am Tourismus verdienen. Wir waren in diesem Moment noch ein bisschen geschafft von der Hinfahrt in einem Überfüllten Buss. Kaum hatten wir den Markt betreten, kam eine ältere Frau zielstrebig auf uns zu und wollte uns Schmuck verkaufen.
Der Preis für eine Kette lag bei ihr bei 250 INR, was umgerechnet etwa 2,50 € sind. Zum Glück wussten wir bereits, dass das ein sehr hoher Preis war. In einem Laden mit festen Preisen hatten wir zuvor genau dieselben Ketten für 50 INR (etwa 0,50 €) gesehen. Als ich ihr das sagte, ignorierte sie es geschickt und legte uns ungefragt Fußkettchen an. Sie redete ununterbrochen auf uns ein, und es war schwierig, in dem Moment einen klaren Gedanken zu fassen. Mit indischem Akzent versuchte sie uns zu überzeugen: „Schau doch, wie schön, nicht wahr?“
Ich antwortete: „Ja, aber es ist mir ehrlich zu teuer.“
Sie erwiderte: „Oh komm, kauf es für mich. Eines für dich und eines für deine liebe Mutter.“
Ich nahm die Kette ab und legte sie zurück. Doch sie ließ nicht locker: „Okay, pass auf. Weil ich dich mag, gebe ich dir einen guten Preis: 400 INR für zwei, eine für dich und eine für deine Mutter.“ Ich sagte: „Nein, das ist mir immer noch zu teuer. Ich würde sie für 200 INR nehmen.“
Sie schaute mich enttäuscht an, als sei dieser Preis wirklich nicht gerecht. Obwohl ich wusste, dass 200 INR für beide Kettchen immer noch das Doppelte des Normalpreises war, bekam ich ein schlechtes Gewissen und begann, an meinem Wissen zu zweifeln. Meine Fassade begann zu bröckeln.
„Kauf sie für mich für 300“, bat sie. Schließlich gab ich nach: „Okay, für 250 nehme ich sie.“
„Okay, weil ich dich mag“, sagte sie wieder und hielt mir ihre Hand hin, um unsere Verhandlung zu besiegeln.
Erst später fiel mir auf, dass ich ursprünglich gar nicht vorhatte, diese Kettchen zu kaufen.
Vielen Vielen Dank für das Lesen meines Blocks. Ganz liebe Grüße, eure Adele(:
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