Zwischenseminar Teil 2 und das große Animatorentreffen

Als wir schließlich nach zweistündiger Busfahrt ankamen, fanden wir uns in einem sehr verschlafenen kleinen Ort wieder. Ohne die Beschreibung, die wir im Vorhinein per E-Mail erhalten hatten, hätten wir unsere Unterkunft aber dennoch höchstwahrscheinlich nicht gefunden. Von den wenigen vorhanden Einheimischen wurde unsere bunte Reisetruppe neugierig beäugt. Als wir eintrafen, waren neben den beiden Seminarleiterinnen Astrid und Ann-Kathrin schon eine Handvoll anderer andere Teilnehmer vor Ort. Das Wetter lud dazu ein, den großen Garten unseres Seminarhauses ausgiebig zu erkunden. Neben einem Spielplatz (auch für „große“ Kinder noch interessant) gab es einen kleinen Teich und viele gemütliche Plätzchen zum Entspannen. Als am Abend alle eingetroffen und die Zimmer verteilt waren, gab es eine große Kennenlernrunde. Im Gegensatz zu unseren anderen Don-Bosco-Freiwilligen in Afrika, Indien und Südamerika war es nicht rentabel, für uns wenige Osteuropäer ein eigenes Seminar abzuhalten. Deswegen waren wir mit Freiwilligen der Organisationen Jesuit Volunteers, Eirene-Friedensdienst und der Franziskanerinnen Salzkotten zusammengelegt worden. Ein wirklich toller Umstand, denn so ergab sich für uns die Möglichkeit, die Konzepte, Einsatzorte und natürlich die Volos der anderen Organisationen kennenzulernen. Zwar hatten wir so keine persönliche Betreuung durch Francesco und Niklas, aber Astrid und Ann-Kathrin waren ein hervorragender Ersatz! 🙂 Das Wochenprogramm wurde uns in diesem Zuge auch gleich präsentiert und wir stellten im Laufe der Tage schnell fest, dass das Verhältnis zwischen „Arbeits“- und Freizeit sehr entspannt war… 🙂 Es blieb also viel Zeit, sich gegenseitig auszutauschen, Erfahrungen zu teilen, zu reflektieren oder auch einfach nur zu spielen und zu lachen. Ich will gar nicht alle Programmpunkte einzeln aufzählen, sondern beschränke mich nur auf besonders interessante Eindrücke. Am ersten Tag machten wir ein sogenanntes Pecha Kucha. Jeder Freiwillige hatte eine kleine Auswahl an Bildern aus seinem Projekt zusammengestellt und hatte jeweils genau 10 Sekunden pro Bild Zeit, um zu beschreiben und zu erklären. Eine sehr interessante Möglichkeit, zu all den Erzählungen auch einen visuellen Eindruck der anderen Projekte zu erlangen, Anschließend tauschten wir uns über all die Erwartungen aus, die wir uns im Vorfeld gestellt hatten und die Erfüllungen/Enttäuschungen derselben.

Der nächsten zwei Tage standen ebenfalls wieder thematische Einheiten auf dem Programm; wir interviewten uns beispielsweise in Gruppen über unsere konkreten Aufgabenbereiche und Projekte innerhalb der Einrichtung und über unsere Erfahrungen in der anderen Kultur unserer Einsatzländer. Auch ein Sozialdrama über die Lebensweise einer Roma-Familie in Bosnien-Herzegowina haben wir uns angesehen. Wir persönlich haben im Projekt mit Roma nichts zu tun, gerade deswegen war es ein interessanter Einblick in die prekären Zustände im Herzen Europas.

Der folgende Tag war ein wahrlich ereignisreicher – ein Ausflug in die nahegelegene größere Stadt Subotica stand auf dem Programm! Nach dem Frühstück quetschten wir uns allein einen viel zu kleinen Bus und zuckelten gut eineinhalb Stunden durch die karge serbische Landschaft. Am Busbahnhof wurden wir bereits von unserem überaus kompetenten Führer empfangen, der uns in bestem Englisch mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt vertraut machte. Höhepunkt der Besichtigung war die prächtige Synagoge mit wunderbar verzierter Inneneinrichtung. Eine derart alte (Baujahr 1901-1903) im Jugendstil errichtete Synagoge ist in Deutschland ja leider kaum mehr zu finden… Das Gebäude ist mittlerweile profaniert, wird also nicht mehr aktiv für Zusammenkünfte benutzt und fungiert nun als eine Art Museum. Beim Gang durch die Stadt bekamen wir viele Informationen zum geschichtlichen Hintergrund der Stadt, die lange zu Österreich-Ungarn gehörte. An der Architektur und nicht zuletzt auch an der allgegenwärtigen ungarischen Sprache war das leicht zu erkennen. Nach unserer Führung hatten wir relativ viel Freizeit und aus einer spontanen Eingebung beschloss eine kleine Gruppe von uns, einen Kurzfilm zu drehen. Requisiten und Ausstattung waren relativ beschränkt, dennoch erdachten und verfilmten wir einen Kurzkrimi mit dem Titel „Der Dieb von Subotica“, der von einem flüchtigen Stirnbanddieb handelte. Unser Kameramann Gregor stand uns fachmännisch zur Seite und so entstand ein unterhaltsamer Minifilm, der jedermann erfreute!

Bisher hatten wir in unseren Gruppenarbeiten ja hauptsächlich unsere Erfahrungen reflektiert. Aber das Zwischenseminar ist ja nicht ausschließlich dazu da, das Vergangene zu reflektieren, sondern auch, um neue Inspirationen zu sammeln und voller Ideen an den Einsatzort zurückkehren zu können. Also erstellte jeder Volontär ein Plakat mit einer Aktivität, die er gerne im Laufe seines Freiwilligendienstes noch realisieren würde. Es waren sehr interessante Projekte, die davorgestellt wurden; von Blutspendeaktionen und LGTB-Sensibilisierungs-Workshops bis zu Umwelttagen oder Englischkursen waren alle erdenklichen Vorschläge dabei. Unser eigenes Projekt strukturierten wir nach speziellen Leitfragen wie beispielsweise: Was will ich mit meinem Projekt bewirken? Oder Welche Materialien benötige ich?. Später konnte jeder auf kleinen Zetteln spezifische Fragen an die anderen Volos stellen. Später am Nachmittag bereiteten wir alle gemeinsam unsere Abschiedsfeier vor, die wir mit Musik und Texten selbst gestalten konnten. Ein schönes Ritual führten wir draußen am Ofen durch: Jeder konnte seine Sorgen auf einen Zettel schreiben und anschließend verbrennen. Den Abend ließen wir nach einem bombastischen Buffet am Feuer ausklingen, bevor wir am nächsten Tag leider schon wieder die Heimreise antreten mussten. Nach einem emotionalen Abschied ging es mit dem Bus zurück nach Belgrad und von dort aus nach Timișoara. Dort hatten wir eine Übernachtung eingeplant, weil wir die doch äußerst lange Fahrt zurück nicht an einem Stück absolvieren wollten. Unser Hostel für eine Nacht war zwar sehr klein, aber durchaus fein und die perfekte Lage im Zentrum nutzten wir aus, um uns nochmals mit den anderen Volontären zu treffen, die in Timișoara wohnen. Am Tag darauf blieb uns nicht mehr viel Zeit für Sightseeing, denn um 14 Uhr fuhr unser Bus in die Heimat bereits ab. Im Gegensatz zur Hinfahrt hatten wir den Bus fast für uns alleine und somit viel Platz für die Nacht. „Platz“ ist für jemanden mit meiner Körpergröße natürlich immer relativ, aber jedenfalls kamen wir am nächsten Mittag einigermaßen ausgeruht mit zweieinhalb Stunden Verspätung wieder in Chișinău an. Zusammengefasst war das Zwischenseminar wirklich eine wunderbare Auszeit vom Alltag mit vielen neuen Leuten, tollen Seminarleiterinnen und einem tollen Haus mit wunderbarem Essen! Wir alle hätten gerne noch eine zweite Woche angehängt… 🙂

Das nächste große Ereignis nach dem Zwischenseminar war das Treffen aller Animatoren der drei Don Bosco-Zentren. Diese dreitägige Zusammenkunft findet jedes Jahr statt und der Veranstaltungsort „rotiert“immer zwischen den Zentren. Dieses Jahr war Constanța in Rumänien an der Reihe. Verglichen mit der Anzahl der Animatoren aus den beiden anderen Zentren waren wir „Chisinauer“ eher sparsam vertreten, aber mit immerhin 20 Personen haben wir uns freitagabends auf den langen Weg nach Constanța gemacht. Wir mussten uns auf unseren Kleinbus und die öffentlichen Linien aufteilen. Nach einer sehr langen Nacht kamen wir morgens als erste im Zentrum an und bekamen gleich eine kleine Führung durch die Gemüsegärten. Den gesamten restlichen Tag bekamen wir zur freien Verfügung und nutzten die Zeit für einen ausgiebigen Streifzug durch die Stadt. Constanța liegt direkt am Schwarzen Meer und so durfte natürlich auch ein Abstecher zum Strand nicht fehlen. Zwei mutige Animatoren nutzten sogar die Gelegenheit für ein kurzes Bad, obwohl es doch noch sehr frisch war! Abends kamen die restlichen Animatoren aus Bacău an und nach einem ersten Kennenlernen war der Tag mit einem „Gutenacht“ von den Salesianern auch schon zu Ende. Am nächsten Tag gab es nach dem Frühstück zwei thematische Einheiten von zwei jungen Salesianern mit interessanten Impulsen und Gruppenarbeiten. Am Nachmittag gab es ein großes Turnier aller möglicher Ballsportarten und wir bereiteten in Gruppen verschiedene Darbietungen für das Abendprogramm vor. Zur Auswahl standen beispielsweise Tanz, Comedy, ernstes Theater und Musik. Ich habe mich mit in der Musikgruppe engagiert und zusammen haben wir ein Lied gedichtet und am Abend in einer lustigen Gruppenperformance vorgestellt. Nach dem Abendprogramm gab es noch einen Gottesdienst nebst wunderbarem Kreuzweg mit Prozession bei Kerzenlicht über das gesamte Oratoriumsgelände. Leider war der Sonntag als dritter Tag auch Tag der Abreise und so gab es nur noch ein Vormittagsprogramm mit Erfahrungsaustausch und Vorschlägen für das kommende Jahr. Nach dem Gottesdienst hieß es dann Abschied nehmen und so traten auch wir wieder den langen Rückweg an. Anfangs war die Situation etwas ungewohnt, plötzlich mit 150 unbekannten Jugendlichen auf einmal zusammenzutreffen, aber ich habe mich gleich wohl gefühlt und es ergaben sich auch sehr nette Begegnungen und Gespräche! (Unser „Exotenstatus“ als Deutsche hat vermutlich auch dazu beigetragen :))

In meinem nächsten Beitrag, den ich schnellstmöglich verfassen und online stellen werde (ich weiß, bei mir dauert es immer etwas länger… ;)), werde ich euch vom moldauischen Osterfest und natürlich von einigen anderen Ereignissen erzählen! Jetzt sind wir für ein Wochenende in Rumänien, um den Papstbesuch live mitzuerleben. Auch dort werden wir mit Sicherheit spannende Tage verbringen!

Bis nächstes Wochenende

Euer Aaron

PS: Dieser Beitrag ist leider ohne Fotos, aber ich werde versuchen, einen Extraordner zu erstellen, in dem ich die Bilder separat hochlade. Ich hoffe, dass es klappt! 🙂 Im nächsten Beitrag kommen auf jeden Fall wieder Bilder im Artikel!

Halbzeitpause

Es ist faszinierend, wie schnell ein halbes Jahr vergehen kann. Noch vor einigen Jahren konnte ich es nur sehr schwer nachvollziehen, wenn sich beispielsweise meine Mutter beklagte, wie „schnell die Jahre vorbeirasen“. Bis man einmal schaut, ist es schon wieder Silvester und man muss sich wieder einen neuen Kalender kaufen. Dann hat man Geburtstag und es ist wieder eine Kerze mehr auf dem Kuchen; dabei kann man sich an den letzten Geburtstag noch so gut erinnern, als wäre es vorgestern gewesen. Klar, den Großteil meiner Lebenszeit habe ich, so Gott will, hoffentlich noch vor mir, aber jetzt merke auch ich langsam, wie schnell  Zeit vergehen kann. Man schaut sich zusammen Fotos aus einem Familienalbum an und die Fotos sind nicht wie angenommen vor sechs Jahren, sondern schon vor acht Jahren entstanden. Aber mein Freiwilligendienst ist hier gerade das beste Beispiel: Früher als Kind kam einem ein Jahr unendlich lang vor, nun ist man gefühlt vor ein paar Wochen erst angekommen und schon ist wieder ein halbes Jahr vorüber. Für meine Familie zuhause werden die sechs Monate mit Sicherheit gefühlt langsamer vergangen sein als für mich, aber die fremde Umgebung und die neuen Eindrücke ließen die Zeit in Windeseile vergehen. Jedenfalls gab es eins mit Sicherheit im ersten Halbjahr und das war viel Arbeit. Und so freuten wir uns immer mehr auf Entspannung in Form

Stadtpanorama von Brașov – wie man sieht, war es hier noch recht kühluf Erholung in Form

unseres Zwischenseminars, das in Nordserbien stattfinden sollte.

Die Reiseplanung nahmen wir komplett selbst in die Hand, zum Glück konnten wir hier auf die Erfahrungen von Denis zählen, unserem

Vorgänger, der letztes Jahr um die gleiche Zeit dieselbe Reise angetreten hatte. Auch wenn die Strecke weit war (immerhin über 1000 Kilometer insgesamt), entschieden wir uns für den Bus, um möglichst günstig unterwegs zu sein. Um unserer Gesundheit etwas entgegen zu kommen, fuhren wir nicht direkt die 15 Stunden am Stück bis in die rumänische Stadt Timișoara, sondern legten einen Zwischenstopp in Brașov (ehem. Kronstadt) ein. Doch der Reihe nach: Nachdem wir, voll bepackt mit Rucksäcken, Ukulele und Proviant zum Busbahnhof gebracht wurden, machten wir Bekanntschaft mit unserem Reisebus, der vermutlich in Deutschland nicht mehr durch den TÜV gekommen wäre… 🙂 Aber solange der Motor funktioniert, sieht man hier auch großzügig über gesplitterte Windschutzscheibe und Scheinwerfer hinweg! Nach den ersten zwei Stunden Fahrt gab es dann die erste Zwangspause an der Grenze. Wenn man einmal das Prozedere einer ausführlichen EU-Einreisekontrolle durch rumänische Zöllner erlebt hat, ist man gleich doppelt so froh um offene Grenzen innerhalb Europas! 🙂

Einer von vielen Hinweisen auf die deutschsprachige Minderheit in Rumänien

Jenseits der Grenze konnte ich, der zum ersten Mal in Rumänien war, zunächst keine wirklichen Unterschiede zum moldauischen Landschaftsbild feststellen. Einzig die plötzlich vorhandenen LIDL- und Penny-Märkte sorgten bei mir für etwas Heimatgefühl. 🙂 Viel mehr gab es dann aber nach Einbruch der Dunkelheit auch nicht mehr zu sehen und so zuckelten wir auf rumänischen Landstraßen durch die Nacht, bis wir um cirka 0 Uhr an einer einsamen Bushaltestelle am Stadtrand von Brasov ausgesetzt wurden. Von hier aus navigierten wir uns mit Dr. Google zu unserem Hostel, dessen Rezeption glücklicherweise noch besetzt war. Wir hatten uns ein sehr modernes Jugendhostel ausgesucht, das eher wie eine WG gestaltet war. Hier verbrachten wir mit zwei Briten im Zimmer eine erholsame Nacht.

Am nächsten Tag machten wir uns nach einem entspannten Morgenkaffee auf, die Stadt zu erkunden. Hierbei kann ich jedem, der auch nur ansatzweise in die Gegend um Rumänien kommt, einen Besuch in Brașov wirklich wärmstens empfehlen. Die Stadt liegt in einer Senke zwischen den Bergen und hat eine sehenswerte Altstadt mit interessanter Geschichte. Die deutschen Einflüsse sind unverkennbar; die Architektur der Häuser erinnert an die Heimat und man entdeckt an jeder Ecke deutschsprachige Schilder und Einrichtungen. Von einer jungen und sehr kompetenten Stadtführerin haben wir uns in der Gruppe (auf Englisch) durch die Stadt führen lassen und genossen das wunderbare Wetter. Gegen Abend mussten wir uns leider schon wieder auf dem Weg zum Busbahnhof machen, um die nächste Etappe bis Timișoara anzutreten.

Die achtstündige Fahrt konnte ich glücklicherweise fast komplett durchschlafen, was vielleicht auch daran lag, dass ich meinen etwas „gemütlichen“ Sitznachbarn unbeabsichtigt als Kopfkissen missbraucht habe… 😀 Jedenfalls kamen wir um 04:20, fast 45 Minuten früher als geplant an und wanderten (bei Eiseskälte) in die Innenstadt. Eigentlich war es geplant, dass uns der Fahrer nach Belgr

Wunderschöne Abendstimmung an der Belgrader Festung

ad um halb 8 aufsammeln sollte, also wollten wir die Zeit bei einem amerikanischen Schnellrestaurant totschlagen. Das hatte leider noch nicht geöffnet und so verharrten wir draußen in der Kälte und warteten auf bessere Zeiten… 🙂 Urplötzlich kam der erlösende Anruf und der Fahrer teilte uns mit, dass er in 20 Minuten vor Ort sein könne. Neben uns sammelte der Fahrer auch noch drei weitere Männer ein, die nach Belgrad mussten und wir hatten eine

sehr nette, wenn auch rasante Fahrt.

In Belgrad angekommen, waren wir vorerst relativ orientierungslos. Ohne Sprachkenntnisse oder Orientierung in einer fremden Stadt kann man sich wirklich recht verloren fühlen. .. Gott sei Dank gab es in der Nähe wieder ein einschlägiges Schnellrestau

rant (wer hätte es gedacht… :)) und wir konnten dort per Internet den Weg zu unserem Hostel recherchieren, das zum Glück nur zwei

Straßen weiter lag. Wir hätten es fast nicht gefunden, war es doch sehr unauffällig in einem der vielen Mietshäuser im Zentrum gelegen. Die Buchung des Hostels hatten wir komplett Gregor überlassen; er hatte uns jedenfalls nicht enttäuscht! Wir hatten ein komplettes Appartement ganz für uns, mit allem, was dazugehörte. Andreas und ich waren die ersten beiden aus unserer Don Bosco-Gruppe, die anderen sollten wir ge

Gute Stimmung am Abend 🙂

gen Abend am Busbahnhof abholen. Zwei Etagen über uns waren Michelle und Johanna eingezogen, zwei Freiwillige aus einer anderen Organisation. Mit ihnen machten wir uns auf den Weg und erkundeten zusammen die Innenstadt und die alte Festung. Abends holten wir Flora ab, die mit dem Bus aus Montenegro angekommen war. Gregor und Bettina hätten eigentlich auch schon vor Ort sein sollen, aber aufgrund diverser Komplikationen bei der Reise verspäteten sie sich um einige Stunden. Spät am Abend gab es aber trotzdem ein großes Wiedersehen mit viel Nudeln und Wein und so fielen wir alle erschöpft ins Bett.

Der nächste Tag begann regnerisch, aber das konnte uns nicht davon abhalten, diesmal vollzählig die Stadt zu besichtigen. Neben der Festung besuchten wir unter anderem auch noch ein kleines orthodoxes Kloster und die prächtige Krypta des größten Doms im Land. Für mehr Besichtigungen unter freiem Himmel konnten wir uns nicht mehr durchringen, da das anfängliche Nieseln leider in einen Platzregen ausgeartet war. Zu Mittag aßen wir in einem typisch serbischen Restaurant, machten viele lustige Fotos und lernten Louisa kennen, die ebenfalls auf dem Weg zum Seminar aus Sofia, Bulgarien angereist war. Sie schloss sich uns auch noch an und zusammen ließen wir den Tag in einer der vielen (noch verrauchten) Kneipen mit Livemusik ausklingen.

Zusammen waren wir schon ungefähr die Hälfte aller Seminarteilehmer!

Ärgerlicherweise war das Wetter am dritten Tag, dem Tag unserer Weiterreise zum Seminar, wieder wunderbar, aber man kann ja nicht alles haben… 🙂 Da wir schon gegen Mittag am Bus sein mussten, blieb uns nur noch Zeit für…… RICHTIG, natürlich die Festung, denn Louisa hatte sie auch noch nicht besichtigt. Wenn man schon dreimal dort war, ist das ganze natürlich auch nicht mehr besonders interessant, aber im Allgemeinen ist die Besichtigung wirklich sehenswert. Neben einer fantastischen Aussicht über Save und Donau gibt es dort eine Ausstellung lebensgroßer Dinosaurier sowie eine Sammlung verschiedener Panzer und Haubitzen. Danach ging es auch schon schwer bepackt zum Busbahnhof, wo wir die cirka 2,5-stündige Busfahrt zum Zwischenseminar nach Mali Idos antraten. Alle Ereignisse des Zwischenseminars auch noch in diesen Beitrag zu schreiben, würde jedoch den Rahmen sprengen 🙂 Aber lange willich euch nicht auf die Folter spannen, Teil 2 kommt in Kürze!

Bis dahin wünscht euch liebe Grüße

Aaron

Von Bischöfen und Schneebaden – die Weihnachtszeit in der Ferne

Seltsamerweise wurde ich im Laufe des Dezembers sehr oft von anderen Leuten im Umfeld der Einrichtung gefragt, ob ich zu Weihnachten nach Hause fahre. Anscheinend konnten sich viele nicht vorstellen, Weihnachten, das Fest der Familie nicht im Kreise ihrer Verwandten zu verbringen. Ich gebe zu, dass ich vor Beginn meines Freiwilligendienstes ebenfalls mit gemischten Gefühlen daran g

Unser reich gedeckter Tisch am Weihnachtstag

edacht habe, das Weihnachtsfest zum ersten Mal in meinem Leben nicht zuhause mit meiner Familie zu verbringen und natürlich hatte ich auch den ein oder anderen sehnsuchtsvollen Gedanken, aber irgendwann dachte ich mir: Zuhause ist es doch sowieso immer dasselbe, da kann ein bisschen Abwechslung und die Erfahrung eines für mich „untypischen“ Weihnachten auf keinen Fall schaden! Und ich wurde auf keinen Fall enttäuscht! 🙂

Der 24. Dezember war im Grunde genommen ein Tag wie jeder andere auch. Während zuhause in Deutschland den ganzen Tag lang Vorbereitungen für Heiligabend getroffen werden, war hier von Weihnachtsfeierlichkeiten noch nicht sehr viel zu spüren. Erst am Abend um 20:30 Uhr gingen wir alle zusammen in unsere Kirche zum Weihnachtsgottesdienst. Zuhause ist die Christmette immer einer der prunkvollsten Gottesdienste im ganzen Jahr, die Kirche ist brechend voll und es gibt viel Weihrauch und noch mehr Gesang. Anders hingegen die Messe hier: Der Gottesdienst war erstaunlich schlicht gehalten; einzig das Christkind in der Krippe und die gesungenen Weihnachtslieder wiesen auf den Anlass des Gottesdienstes hin. Nach der Messe war die gesamte Kirchengemeinde zu Plätzchen und heißer Schokolade eingeladen. Anstatt sich wie bei uns nach dem Gottesdienst wild durcheinander “Frohe Weihnachten” zu wünschen, sind wir hier nach einem Ritual vorgegangen, welches in Polen Tradition ist: Jeder Anwesende erhielt eine große essbare Oblate und nun konnte man jedem Frohe Weihnachten wünschen und sich gegenseitig ein Stück von seiner Oblate abbrechen. Ein sehr schöner Brauch, der bezweckt, dass man auch mehr auf bisher unbekannte Gemeindemitglieder zugehen und sich unterhalten kann. Es war auch eine gute Gelegenheit, “Frohe Weihnachten in mehreren Sprachen zu hören; in italienischer Sprache von den Salesianern “Buon natale”, auf rumänisch “Crăciun fericit” und von den älteren Damen auf russisch “С Рождеством (S Rozhdestvom)”. Ein wirklich sehr schöner

Knietief war der Schnee immerhin!

Auftakt zu den Weihnachtstagen!

Eine interessante Methode: Pappkartons zum Schutz vor der kalten Luft

Am nächsten Tag wurde das Weihnachtsfest mit einem gigantischen Mittagessen gefeiert, das die Salesianer mit unserer Hilfe vorbereitet hatten. Die Auswahl an verschiedenen Speisen war gigantisch; kein Wunder, dass wir uns die gesamten nächsten Tage problemlos von den übrig gebliebenen Resten ernähren konnten. Für das Essen richteten wir im Haus der Salesianer eine riesige Tafel her und sorgten für die weihnachtliche De

koration. Die Jungen hatten Lieder einstudiert, die sie unter Begleitung von Don Tiziano zum Besten gaben. Andreas und ich teilten unsere Geschenke aus; wir hatten für jedes Kind ein Päckchen mit deutschen Süßigkeiten hergerichtet, da Kinder-Schokolade und Haribo hier teurer, aber trotzdem sehr beliebt sind. Im Allgemeinen ist mir aufgefallen, dass die Tradition von Geschenken an Weihnachten hier nicht besonders populär ist. Ob es daran liegt, dass Weihnachten hier traditionell nach orthodoxem Kalender erst am 7. Januar gefeiert wird, weiß ich nicht; ich persönlich finde das aber nicht schlimm. Im Allgemeinen finde ich es wichtiger, sich im heutigen Zeitalter des Konsums wieder auf die eigentliche B

otschaft von Weihnachten zu besinnen.

 Nach dem Mittagessen machten wir uns alle zusammen in unserem Kleinbus auf den Weg quer durch die Stadt, um den traditionellen Besuch bei den Ordensschwestern abzustatten. Die Schwestern leiten im Chișinăuer Stadtteil Buiucani das “Casa Providenței”, eine ähnliche Einrichtung wie unser Don Bosco-Zentrum. Jedoch liegt hier der Schwerpunkt eher auf der Arbeit mit Kindergartenkindern und Senioren. Nach einer doch überraschend langen Fahrt wurden wir bereits erwartet und herzlich willkommen geheißen. Nach einer kleinen Gesangseinlage unsererseits gab es Tee und Plätzchen und sehr nette Gespräche. Als zweiten Weihnachtsbesuch fuhren wir in die Stadtmitte zur katholischen Kathedrale, die sehr versteckt im Schatten des Präsidentenpalastes liegt. Wir klingelten im Pfarrhof und der Bischof Anton Coșa höchstpersönlich bat uns herein. Wir sangen wieder unsere Weihnachtslieder und Andreas und ich präsentierten zusammen mit dem Bischof, der auch etwas Deutsch spricht die erste Strophe von “Oh Tannenbaum”! Ich denke es gibt auf der Welt nicht allzu viele Leute, die von sich behaupten können, mit einem Bischof Weihnachtsklassiker im Trio dargeboten zu haben… 😀 In jedem Fall war Weihnachten 2018 ein zwar ungewohnte

Spiel und Spaß am Silvesterabend

s, aber dennoch wunderbares Erlebnis, an das ich mich noch lange zurückerinnern werde!

Die übrigen Weihnachtsfeiertage vergingen, wie in Deutschland auch, eigentlich wie im Flug und schon stand als krönender Jahresabschluss die Silvesterfeier vor der Tür. Den 31. Dezember verbrachten wir größtenteils mit den Vorbereitungen von Essen für die Feier am Abend. Wir hatten uns alle Mühe gegeben, Canapées und selbst gemachtes Popcorn vorbereitet. Gegen Abend kamen wir alle im Aufenthaltsraum zusammen und jeder stellte nacheinander ein Spiel vor, das er sich überlegt hatte. Von Kartenhäuser bauen über Autonamen raten bis zu Eierlauf und dem Gordischen Knoten war alles dabei. Zwischendurch machten wir immer wieder Ess- und Trinkpausen. Um 23:30 Uhr versammelten wir uns  mit den anderen Jugendlichen der Jugendgruppe, die auch gekommen waren, in der Kirche und wir sprachen zusammen ein Dankgebet zum Jahresabschluss. Dann endlich war es soweit und wir konnten um Mitternacht mit Wunderkerzen und (alkoholkfreiem) Sekt das neue Jahr begrüßen! Wir selbst hatten nicht allzu viele Kracher, aber so konnte man sich wenigstens besser auf das andere Feuerwerk in der Umgebung konzentrieren. Im Anschluss daran ließen wir den Abend gemütlich bei einigen Runden „Just Dance“ auf der Spielekonsole ausklingen lassen. 

In den kommenden Januartagen wurden wir von Schneemassen heimgesucht, auch wenn es daheim natürlich noch deutlich schlimmer war. Alles war komplett eingeschneit und wir sehnten uns schon nach Tageslicht, da unser Dachfenster keinerlei Licht in unser Zimmer bringen konnte.  Die Schule musste bei uns jedenfalls nicht ausfallen, auch wenn die Wege sowohl zu Fuß als auch mit dem Auto nur sehr schwer zu bewältigen waren. Der Winterdienst ist hier leider im Prinzip nicht existent, was im Straßenverkehr erhöhte Vorsicht verlangt. So hinderlich die Schneemassen auch waren, im Oratorium boten sich ganz neue Möglichkeiten. Neben Schneeballschlachten war es bei den Jungs sehr beliebt, auf das Dach zu klettern und von da aus in einen großen Schneehaufen zu springen. Zur allgemeinen Abhärtung gingen Andreas und ich auch mit den mutigen Jungen „Schneebaden“, das heißt oberkörperfrei im Schnee umherzurollen und sich den Kopf einzuseifen.

Ende Februar werden wir nach Serbien auf unser Zwischenseminar fahren, das wir Volos von Don Bosco zusammen mit weiteren Freiwilligen aus Deutschland verbringen werden. Dazu werde ich ebenfalls einen ausführlichen Bericht schreiben! Bis dahin wünscht euch frostige Grüße

Euer Aaron

Advent in Chișinău

Ein Gruppenfoto von allen Kindern mit Don Tiziano, dem Leiter des Casa Mama Margherita

„Gäbe es keinen Winter, wüssten wir nicht um die Kraft des Sommers“

Mit diesem Zitat leite ich meinen nächsten Beitrag für euch ganz bewusst ein. Für mich persönlich ist der Winter eine Jahreszeit, auf die ich keinesfalls verzichten wollen würde. Die „stille Jahreszeit“, wie er auch gerne genannt wird, bildet genau das passende Gegengewicht zum heißen, energiereichen und pulsierenden Sommer. Zusammen mit dem Frühling, i

n dem die Welt wieder aus der Winterruhe erwacht und dem Herbst als Mischung aus goldener Erntezeit und auch mal trüber Tristesse ergibt sich die perfekte Abwechslung im Jahreskreis. Tja, warum philosophiere ich hier großartig über die Jahreszeiten? Da ich im September hier in Chișinău angekommen bin, durfte ich Gott sei Dank einen wunderbaren Spätsommer erleben und im Vergleich zu eher sparsamen Temperaturen in Deutschland konnte ich hier bei Temperaturen über 30 Grad gleich die kurzen Hosen wieder auspacken! Momentan jedoch sind derartige Temperaturen höchstens in der Duschkabine zu realisieren… 🙂 Der Winter ist eingekehrt in der Republik Moldau und nach einer vergleichsweise kurzen Regen- und Nebelphase fielen Mitte November überraschenderweise schon die ersten Schneeflocken. Nachdem es in Deutschland letzten

Eine beliebte Freizeitbeschäftigung bei Kälte: Karten spielen!

Winter mit Schnee ja relativ dürftig bestellt war, war der plötzliche Wintereinbruch schon sehr überraschend. Die Temperaturen sanken im Folgenden rapide und schon bald war ich mehr als heilfroh über all die Winterklamotten, die ich mir im August vor der Ausreise noch eingepackt hatte.

Auf dem Gelände der „Fundația Don Bosco“ stand im November eine große Renovierung an. Die gesamte Rückseite der Turnhalle sowie des Oratoriumsgebäudes benötigten dringend eine Generalsanierung. Das hieß für uns: Schrauben entfernen, Metallverbindungen mit der Flex lösen und viel Dämmwolle in Säcke verfrachten. Mit den Schutzanzügen und Atemmasken, die wir bekamen, sahen wir zwar sehr abenteuerlich aus, jedoch waren sie bitter nötig. Jede

Bei uns (wenn überhaupt) nur auf Oldtimertreffen zu finden; hier im täglichen Einsatz überall unterwegs: ein GAZ-53-LKW aus Sowjetzeiten

r, der schon einmal Glaswolle in jeder einzelnen Ritze seiner Kleidung hatte, weiß, wovon ich schreibe… 🙂 So entfernten wir Schritt für Schritt die komplette Verkleidung der Außenwand. So anstrengend die Arbeit auch war, anschließend konnten wir umso stolzer auf unsere verrichtete Arbeit sein! Abgesehen von den Arbeiten außer Haus, zu denen beispielsweise auch das Befüllen von Sandsäcken für die Autos gehört (für den Fall, dass das Autos im Schnee stecken bleibt), helfen wir auch viel in der Küche mit. Immerhin müssen neun Jungen und zwei Volontäre verpflegt werden und die Köchin der Einrichtung ist auf jede helfende Hand angewiesen. Kartoffeln, Karotten, Zwiebeln und Rote Beete kommen in diversen Zubereitungsformen quasi immer auf den Tisch. Meine Kartoffelschälgeschwindigkeit erhöht sich kontinuierlich, auch wenn anfangs des Öfteren auch mal ein Finger dran glauben musste… 🙂

Unsere Straße mit leider nur spärlichem Schneefall

Die Schneepracht des November hat sich im Dezember leider nur dürftig fortgesetzt; jetzt sind die Gehwege vor allem matschig und schlammig. Die Chance auf weiße Weihnachten wird leider nicht besonders hoch sein, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt! Trotz des fehlenden Schneefalls weihnachtet es bereits; in der Stadtmitte glitzern bereits Deko-Weihnachtsbäume (zwar teilweise sehr kitschig, aber trotzdem schön :)) und die ersten beiden Kerzen auf dem Adventskranz in unserer Kirche wurden bereits feierlich entzündet. Am zwölften Dezember hatte mein Mitvolontär Andreas Geburtstag und wurde von uns allen gebührend gefeiert! Im Oratorium basteln wir zusammen mit einigen der Jungs bereits Sterne zur Dekoration des Christbaums. Wie ihr seht, unterscheidet sich die Vorweihnachtszeit hierzulande nicht allzu stark von daheim! 🙂

Ich wünsche euch allen eine besinnliche Adventszeit und ein gesegnetes Weihnachtsfest! Oder wie man hier sagt: „Crăciun fericit!“

Euer Aaron

Von Weckern, Durak und anderen Geschichten – unsere Tagesroutine

Das „Gimnaziul Nr. 31“, die Schule für fast alle Kinder aus der Gegend

„Was treibst du hier eigentlich so die ganze Zeit?“ „Was sind deine Aufgaben?“ „Hast du viel zu tun oder gibt es zwischendurch auch Zeit zum Entspannen?“ – mit diesen Fragen wurde ich in letzter Zeit sehr häufig konfrontiert. Natürlich habe ich allen, die mich kontaktiert haben, einen Überblick über meinen Tagesablauf gegeben, aber so richtig ausführlich konnte ich über WhatsApp und Co. irgendwie auch nicht werden… Nachdem ich jetzt auch schon etwas über einen Monat hier vor Ort bin und bis auf das ein oder andere neue Erlebnis in der Tagesroutine angelangt bin, gebe ich euch einen ausführlichen Überblick über meinen normalen Wochenablauf und alles weitere. Ich hoffe, ihr verzeiht mir, wenn ich ab und zu ein wenig abschweife, aber ich will euch ja mit Details nicht verschonen… 🙂

Wie aus Schulzeiten gewöhnt, klingelt mein Wecker an normalen Wochentagen um 06:30 Uhr. Naja, „gewöhnt“ ist wohl etwas optimistisch, denn wie vermutlich die meisten meiner Volo-Kollegen habe ich in den Wochen nach den Abiturprüfungen meine freien Tage exzessiv benutzt, meine über all die Jahre verlorenen Stunden an Schlaf zu kompensieren… 😉 Jedenfalls erklingt jeden Morgen pünktlich der melodische Wecker von Andreas (mit „melodisch“ ist das Lied „International You Day“ von No Use For A Name gemeint, wen es interessiert… :)) und eine halbe Stunde später begeben wir uns durch die mittlerweile schon ziemlich kühle Morgenluft hinüber ins „Casa Familia“. Dort ist es seit cirka eineinhalb Wochen unsere Aufgabe, das Frühstück für die Jungs herzurichten, da die bisher dafür zuständige Studentin Maria nach Italien zurückgekehrt ist. Je nach Tagesplan bereiten wir dort Milch mit Müsli, Haferflockenbrei, Griesbrei oder Hirse mit Reis zu. Ergänzt wird dieses Basisgericht entweder mit Käsebroten oder Salamibrot. Zu trinken gibt es Tee. Wenn die Jungs dann alle aus den Federn gekommen sind, frühstücken wir gemeinsam. Der Älteste der Jungen frühstückt schon früher als alle anderen, da er nicht wie alle anderen die Schule in der Nachbarschaft besucht, sondern schon auf die Oberschule geht. Diese befindet sich in einem anderen Stadtteil und somit muss er das Haus früher als alle anderen verlassen.

Um 10 Minuten vor acht (so sollte es zumindest sein) begleiten wir die Jungs zur Schule. Der Weg ist nicht weit; das

Das Oratorium bei Nacht

„Gimnaziul Nr. 31“ befindet sich nur zehn Minuten vom Centrul Don Bosco entfernt. Das Gimnaziul hier ist nicht mit dem deutschen Gymnasium zu vergleichen; es ist eher eine Kombination aus Grund- und Sekundarschule, in der alle Kinder von der ersten bis zur neunten Klasse gemeinsam unterrichtet werden, ehe sie sich für ihre weitere Schul/-Berufswahl entscheiden. Wenn die Kinder in der Schule sind, haben wir den Vormittag über genug Zeit, um Rumänisch zu lernen, allgemeine Schreibarbeit zu erledigen oder uns auch noch mal ein bisschen hinzulegen… 😉 Um 12 Uhr essen wir bei den Salesianern zu Mittag, da die Kinder in der Schule verpflegt werden. Man merkt deutlich, dass wir uns in der italienischen Provinz der Salesianer befinden: die Spaghetti als Vorspeise stehen ausnahmslos jeden Tag auf dem Tisch! Ansonsten ist das Essen jedoch eher moldauisch; Gemüse und Fleisch (außer Freitags!) stehen häufig auf dem Speiseplan.

Nach dem Essen brechen wir zu unserem Rumänischunterricht auf, den wir dreimal die Woche nehmen. Den Unterricht gibt uns Olga, eine sehr nette Lehrerin, die Englisch, Rumänisch und Russisch spricht. Neben Grammatik und Wortschatz gibt sie uns gern auch mal die ein oder andere Anekdote über Land und Leute oder Geschichten aus ihrer Kindheit im äußersten Norden des Landes mit auf den Weg. Wir treffen uns immer an der Nationalbibliothek; das Wetter lässt es jedoch fast immer zu, dass wir uns auf den Vorplatz in die Sonne setzen. Falls wir keinen Unterricht haben, gehen wir um 15 Uhr Albert von der Schule abholen. Jedoch muss man sagen, dass wir dafür eher selten Zeit haben, denn an den unterrichtsfreien Tagen (Dienstag und Freitag) haben wir noch eine spezielle Aufgabe. Hierzu muss ich im Vorfeld erklären, dass auf dem Don-Bosco-Gelände eine gut ausgestattete Werkstatt liegt, in dem Lehrlinge ihre Ausbildung zum Schweißer absolvieren können. Da hier in Chișinău nur der praktische Teil der Ausbildung erfolgen kann, müssen wir zusammen mit Victor (wer das ist, erkläre ich noch genauer) die Lehrlinge aus zwei anderen Orten an der Berufsschule abholen und nach Chișinău fahren. Da heißt es sehr früh aufstehen, dass die Praxiseinheit rechtzeitig um 9 Uhr beginnen kann! Dabei legen wir beachtliche Wegstrecken zurück: die Strecke nach Hîncești (40 km) fahren wir dreimal und die nach Căușeni (knappe 80 km) zweimal hin und zurück. Zum Verkehr vor Ort plane ich jedoch noch einen zusätzlichen Beitrag… 😉

Nach dem Abendessen findet von 20 bis 21 Uhr das Oratorium statt. Das Oratorium gibt es in quasi jeder Don-Bosco-Einrichtung in irgendeiner Form; hier können alle Kinder und Jugendlichen die wollen in ungezwungener Atmosphäre zum Spielen kommen oder sich einfach nur austauschen. Zur Verfügung stehen uns ein großer Außenbereich mit Kunstrasen-Fußballplatz, Basketballfeld und Volleyballplatz. Des Weiteren gibt es einen Innenbereich mit vielen Kickern, Tischtennisplatten und einer großen Auswahl an Karten- und Brettspielen. Hier haben mir die Jungs schon „Durak“ (zu deutsch Dummkopf), ein populäres russisches Kartenspiel beigebracht. Das ist wirklich sehr lustig und im Gegensatz zum Schafkopfen kann man nicht sooo viel falsch machen… 😀

Typisch Jungs – normaler Fußball wäre ja langweilig 😀

Nach dem Oratorium gibt es noch von Don Tiziono oder von Don Andrei die altbekannte „Gute Nacht“. Das ist ein Don-Bosco-typisches Abendritual, in dem eine kleine Geschichte erzählt wird. Das kann eine Lebensweisheit sein oder einfach nur ein schöner Gedanke, den man mit ins Bett nimmt. Abschließend gibt es noch ein Ave-Maria/Vaterunser und dann geht’s ab ins Bett, um fit für den neuen Tag zu sein.

Am Wochenende ist der Tagesplan etwas entzerrt. Die Jungs können länger schlafen, allerdings steht am Samstagvormittag Zimmer-Putzen und Hausarbeit und am Sonntagvormittag der Gottesdienst auf dem Plan, der auch immer brav von allen besucht wird. Am Nachmittag hat das Oratorium geöffnet und es bleibt Zeit zum Computerspielen und für andere Aktivitäten. Am Sonntagabend haben Andreas und ich genauso wie am Donnerstagabend unsere Zeit zur freien Verfügung.

SO! Wer es bis hierhin durchgehalten hat – bravo! Ich weiß, ich erschlage euch mit Informationen, aber besser ausführlich als nie! 😉 Mein nächster Beitrag kommt mit Sicherheit bald und ich habe noch einiges zu erzählen… 🙂

Ich grüße euch alle, ob Mitvolontär oder ganz normaler Leser und wünsche euch noch schöne Oktobertage!

Bis bald/Pe curînd

Euer Aaron

 

Die Ankunft in Chisinau

Bună ziua alle zusammen!

Jetzt bin ich schon seit zwei Wochen hier und ich weiß, ich habe mit dem nächsten Blogeintrag etwas lange auf mich warten lassen… Ich bin jedenfalls gut angekommen! 🙂 Und das, obwohl der Tag der Reise frühmorgens am Flughafen in München schon nervenaufreibend genug begann. Nachdem ich in Begleitung meiner Familie und einigen guten Freunden mit meinem Reisegefährten Andreas zusammengetroffen war, wollten wir uns am Check-In-Schalter unsere Bordkarten abholen. Doch die Hiobsbotschaft des freundlichen Flughafenmitarbeiters wirkte effektiver als jeder noch so starke Kaffee: Wegen des zu spät gebuchten Rückflugtermins und des fehlenden dafür erforderlichen Visums könnte man uns das Boarding leider nicht gestatten, es sei denn, wir würden eine 1.500 Euro teure Umbuchung des Rückflugs vornehmen! Nach einigen (vergeblichen) panischen Anrufen bei Francesco und viel taktischem Feingefühl konnten wir uns doch noch eine Sondergenehmigung beim Vorgesetzten des Mitarbeiters erkämpfen. So stand nach dem ersten Schreck dem Abflug nichts mehr im Wege! Der Flug mit Umstieg in Warschau verlief reibungslos, allein der kleinen Propellermaschine, die uns von Warschau nach Chisinau brachte, stand ich anfangs noch etwas skeptisch gegenüber…

Der Temperaturunterschied zwischen Deutschland und Moldawien war weitaus größer als erwartet. Während wir in Deutschland mit langen Hosen, Pullover und (aus Platzspargründen) mit unseren Winterstiefeln bekleidet aufgebrochen waren, wurden wir am Flughafen von Don Andrei und Alexei (einem der Jugendlichen im Projekt) bei strahlendem Sonnenschein und großer Hitze in Empfang genommen. Nach einer zehnminütigen Autofahrt in Richtung Innenstadt kamen wir endlich im Centrul Don Bosco an, wo wir gleich unser Zimmer unterm Dach beziehen konnten. Anschließend durften wir nach einer kleinen Brotzeit die anderen Jungs, Maria, die als Erzieherin hier arbeitet und auch gut Englisch spricht und Don Tiziano, den zweiten Salesiander in der Einrichtung kennenlernen. Alle haben uns sehr herzlich aufgenommen und die Kinder hatten keinerlei Berührungsängste. Im Gegenteil: beim Oratorium, das fast jeden Abend als Spiel- und Freizeitangebot für die Kinder im Heim sowie aus der Nachbarschaft geöffnet hat, wurden wir gleich ins allabendliche Fußballspiel integriert, Ob ich dabei mit meinem eher rudimentären Fußballtalenten großartig Eindruck schinden konnte, sei dahingestellt… 😀

Soweit von mir als erstes Lebenszeichen – in meinem nächsten Blogeintrag werde ich euch vom Alltag und den vielen interessanten und auch lustigen Gegebenheiten erzählen, die ich hier in Chisinau bereits beobachten konnte!

Bis bald/Pe curînd!

Euer Aaron

 

Unmengen an Weintrauben gleich neben unserem Haus!

 

Die kleine katholische Kirche, die sich auf dem Gelände des Centrul Don Bosco befindet

Die Anfänge meines Freiwilligendienstes

Unfassbar, wie die Zeit vergeht…

Jetzt sind es nur noch fünf Tage bis zur Ausreise. FÜNF! Ich kann es selbst kaum fassen, wie rasend schnell die Zeit von der ersten Idee, einen Freiwilligendienst zu absolvieren bis zum heutigen Tag vergangen ist. Wenn mir vor eineinhalb oder zwei Jahren jemand vorgeschlagen hätte, für ein ganzes Jahr meiner Familie und meinen Freunden den Rücken zu kehren, hätte ich ihn wohl für verrückt erklärt…

Die Entscheidung, einen Freiwilligendienst über Don Bosco Volunteers zu absolvieren, habe ich überraschenderweise relativ spontan getroffen. Eigentlich weiß ich auch gar nicht, wie ich damals so schnell über meinen Schatten springen konnte. Meine Mutter hatte mir damals nur am Rande den Hinweis gegeben, dass der Anmeldeschluss bei den Freiwilligendiensten für 2018/2019 bald vorbei sei. Ich habe mich gleich informiert und war sofort angetan! Die Zusage auf meine Bewerbung kam sehr schnell und ehe ich mich’s versah, war ich schon beim Informationswochenende in Benediktbeuern mit dabei. Und was soll ich sagen – der Zusammenhalt und die Gemeinschaft unter uns zukünftigen Volunteers war sofort zu spüren, obwohl wir uns alle zum ersten Mal gesehen haben! Unsere Coaches Francesco und Niklas und nicht zuletzt die zahlreichen ehemaligen Freiwilligen haben uns während allen drei weiteren Seminaren optimal auf unsere Aufgaben im Ausland vorbereitet! Neben den Vorbereitungsseminaren haben alle Volunteers ein zweiwöchiges Praktikum in einer Einrichtung ihrer Wahl absolviert, um uns noch mehr mit dem Tagesablauf und den Tätigkeiten in Don Bosco- Einrichtungen vertraut zu machen. Ich habe meinen Dienst im Aktionszentrum in Benediktbeuern absolviert, wo ich in der Gemeinschaft der Inlandsvolontäre wohnen durfte. Ich konnte an Orientierungstagen verschiedener Schulklassen teilnehmen und die Referent*innen bei pädagogischen Übungen und Spielen unterstützen. Eine wirklich tolle Zeit, die mich noch mehr in meinem Vorhaben bekräftigt hat!

Doch warum eigentlich ausgerechnet nach Moldawien – oder Republik Moldau, wie das Land im offiziellen Sprachgebrauch heißt?

Diese Frage wurde mir in den letzten Wochen ziemlich oft gestellt. Die Entscheidung, meinen Freiwilligendienst in Moldawien zu absolvieren, hat sich relativ spontan ergeben. Zuerst war mir lustigerweise gar nicht bekannt, dass aus Benediktbeuern auch Freiwillige nach Südosteuropa entsendet werden würden; bisher waren nur die „großen“ Ziele Afrika, Indien und Südamerika im Gespräch. Doch nicht zuletzt aufgrund der interessanten Informationen und Erzählungen von den Ehemaligen Roman (Ukraine) und Philipp (Slowenien) bildete sich nach und nach ein kleiner, aber feiner Kreis an zukünftigen Osteuropavolontären heraus. Für uns hatte Francesco einige Projekte in Montenegro, Albanien, dem Kosovo und eben auch Moldawien zur Auswahl. Da das Projekt in Moldawien für zwei Freiwillige ausgelegt war und mir mein Mitvolontär Andreas auf Anhieb sympathisch war, beschloss ich kurzerhand, mich für das Projekt in Moldawien zur Verfügung zu stellen. Meine Eltern waren zwar zuerst erstaunt von meinem doch eher ungewöhnlichen Ziel, waren danach aber trotzdem Feuer und Flamme für mein Vorhaben.

Die Vorbereitungen

Nachdem ich meine Einsatzstelle nun wusste, konnte ich endlich mit den genauen Recherchen beginnen. Über Francesco habe ich Kontakt zu Denis aufgenommen, der als unser Vorgänger gerade an Ort und Stelle im Projekt war. Gerade bei solch einem unbekannten Land ist es eine enorme Erleichterung, jemanden mit Fragen löchern zu können. Um seine Tipps bezüglich der Einrichtung, der Stadt Chişinău und nicht zuletzt auch den Temperaturen bin ich ihm sehr dankbar! Hoffentlich lernen wir uns beim Dreikönigstreffen persönlich kennen. 🙂

Das Kofferpacken habe ich vor mir hergeschoben solange es ging, muss ich gestehen. 🙂 Naja, für ein ganzes Jahr zu packen, haben sicher die wenigsten von uns schon einmal gemacht und da gilt es natürlich, einiges an Listen zu schreiben und selbstverständlich auch nicht die Gewichtsgrenze des Koffers zu überschreiten. Aktuell habe ich nur im Groben gepackt, das Chaos in meinem Koffer ist dementsprechend groß. Neben den Klamotten für vier Jahreszeiten (die Winter in Moldawien können ziemlich kalt werden, sogar noch kälter als bei uns) müssen auch noch meine Ukulele, ein Reiserucksack und verschiedenste Bücher verstaut werden… Ich hoffe inständig, dass mein Koffer nicht aus allen Nähten platzen wird! 🙂

Daneben gab es natürlich noch eine ganze Reihe an weiteren Dingen zu erledigen wie zum Beispiel die vielen verschiedenen benötigten Impfungen oder die Beantragung aller wichtigen Dokumente. Da bei mir alles relativ reibungslos funktioniert hat, steht einer Ausreise nicht mehr viel im Wege! 🙂

So – nun könnt ihr euch grob ein Bild davon machen, wie es überhaupt zu meinem Freiwilligendienst gekommen ist und was bisher alles im Vorfeld bei mir geschehen ist!

Mein nächster Beitrag kommt bestimmt, allerdings dann schon aus Moldawien!

Bis bald,

Euer Aaron